Erstens müssen die verantwortlichen Politiker in Deutschland von der Landesregierung bis hin zur Bundesregierung endlich aktiv werden und das Ausmaß der staatlichen Wirtschaftsspionage gegen Deutschland aufklären.
Zweitens brauchen wir in NRW eine Aufklärungskampagne, die den Unternehmen dabei hilft, die Gefahr richtig einzuschätzen und geeignete
Schutzmaßnahmen zu entwickeln. Bemühungen in dieser Hinsicht müssen dringend intensiviert werden. Noch immer hat nur jedes zweite Unternehmen einen Beauftragten für IT-Sicherheit.
Die Bedrohungslage hat sich geändert. Wir haben es nicht mehr mit zwielichtigen Hackern zu tun, sondern mit staatlichen Geheimdienstapparaten. Das Problem sind nicht mehr Viren und Schadcode – viel schlimmer: Firmen wie Microsoft melden ihre Sicherheitslücken ihrer Software zunächst an die NSA, bevor sie sie beheben.
Antivirenprogramme ausländischer Hersteller stehen im Verdacht, geheime Hintertüren zu enthalten, über die Nachrichtendienste Zugriff auf Firmennetzwerke erhalten können. Mit einem solchen Bedrohungsszenario dürfen wir die Wirtschaft nicht alleine lassen!
Drittens brauchen wir eine staatliche Förderung der Entwicklung von benutzerfreundlicher Kryptosoftware, mit der sich Unternehmen und Bürger vor Abhörmaßnahmen schützen können.
Viertens sollten wir dringend eine Taskforce auf Landesebene einrichten, die das Problem staatlicher Wirtschaftsspionage mit der nötigen Expertise behandeln kann.
Fünftens müssen wir auf internationaler Ebene verbindliche Abkommen entwickeln, die eine gegenseitige Wirtschaftsspionage zwischen Deutschland und verbündeten Staaten ausschließen.
Kurz gesagt: Die Bedrohung durch staatliche Wirtschaftsspionage ist real; sie findet statt. Die Verantwortlichen in Deutschland müssen endlich aufhören, Däumchen zu drehen. Wir müssen schnellstens umfassende Sicherheitskonzepte entwickeln, statt die Wirtschaft mit dem Problem staatlicher Wirtschaftsspionage allein zu lassen.
Ein Nachrichtendienst, der umgebaute U-Boote verwendet, um Kabel anzuzapfen, lässt sich nicht durch das Installieren einer Firewall aufhalten. – Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Das ist nun die dritte Debatte, die wir im Zusammenhang mit dem Themenschwerpunkt „O tempora, o mores“ an diesen Plenartagen führen. Ich würde mich deshalb im Sinne dessen, was Minister Jäger gestern bereits zum Ausdruck gebracht hat, heute ein Stück weit auf den Themenschwerpunkt Wirtschaftsspionage beschränken, um Doppelungen zu vermeiden. Ich denke, das macht ausdrücklich Sinn.
Aufgrund der aktuellen Erkenntnisse zu Prism und Tempora müssen wir davon ausgehen, dass es auch zu einer massiven Ausspähung von Daten aus Wirtschaftsunternehmen gekommen ist. Das bedeutet, dass auch NRW-Betriebe mittels Wirtschaftsspionage in ihrer wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit auf den internationalen Märkten angegriffen und ihrer innovativen Ideen und damit ihres wesentlichen Wettbewerbsvorteils beraubt worden sind.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, das ist schlichtweg skandalös.
Ich will nicht verhehlen, dass es mir kein gutes Gefühl von Sicherheit vermittelt, wenn die Bundeskanzlerin heute in einem Interview mit der Zeit sagt, sie habe von Prism aus den Medien erfahren. Man muss sich fragen, wo heutzutage das Sicherheitsrisiko wirklich liegt.
Dass Wirtschaftsspionage auch durch sogenannte befreundete Staaten passiert, ist spätestens seit der Erkenntnis des EU-Parlaments zum Kommunikationsabhörsystem Echelon im Jahr 2001 bekannt. In Ihrem Antrag ist darauf verwiesen. Immerhin musste
aufgrund dieser Erkenntnisse im Jahre 2004 eine Abhöreinrichtung in Bayern geschlossen werden. Allerdings, trotz der Beteiligung Großbritanniens, ohne weitergehende Maßnahmen in der Europäischen Union.
Gefühlt wussten wir alle, dass Staaten wie China systematisch versucht haben, sich Wettbewerbsvorteile durch staatlich unterstützte Wirtschafts- oder Industriespionage zu verschaffen. Real scheint dies allerdings auch massiv durch sogenannte befreundete Staaten zu geschehen.
Früher, zu Juso-Zeiten von Gerhard Schröder, hätte man, um so etwas zu beschreiben, von Stamokapähnlichen Verhältnissen gesprochen. Um mit dem Stichwortgeber dieser sich durch die Plenartage ziehende Debatte Cicero zu sprechen:
Wie hoch der Schaden ist, der unsere Wirtschaft trifft, ist allerdings schwer zu schätzen. Die Zahlen und Untersuchungen hierzu sind aus meiner Sicht mit extremer Vorsicht zu genießen, weil Unternehmen selbstverständlich kein Interesse daran haben, sich als Opfer von Spionage darzustellen. Eine mir vorliegende Studie aus dem Jahr 2004 geht von einem bundesweiten Schaden von 8 Milliarden € pro Jahr aus. Wenn diese Zahl valide ist, wären dies für Nordrhein-Westfalen ca. 2 Milliarden € pro Jahr.
Nun wissen wir, dass seit 2004 eine erhebliche Zunahme von Spionagetätigkeit zu verzeichnen ist. Nach einer Studie von Corporate Trust aus dem Jahre 2012 sind dabei insbesondere mittelständische Unternehmen stark gefährdet. Die Unternehmen sind zwar imstande, mit einfachen Maßnahmen durch Basistechnologien wie Firewall oder Passwortschutz vereinzelte Hackerangriffe abzuwehren, aber klar ist, dass diese traditionellen Sicherungsinstrumente keinen wirksamen Schutz vor staatlich gelenkter Wirtschaftsspionage bieten.
Für die Zukunft merken nahezu alle Unternehmen an, dass eine dringende Notwendigkeit besteht, die IT-Sicherheit im eigenen Betrieb auszubauen.
Meine Fraktion unterstützt vor diesem Hintergrund die Aktivitäten zur Spionageabwehr durch den Verfassungsschutz des Landes Nordrhein-Westfalen ausdrücklich. Diese Aktivitäten sind auf Sensibilisierung und verbesserten Schutz von Unternehmen ausgerichtet. Insgesamt haben alleine im letzten Jahr hierzu 210 Informationsveranstaltungen stattgefunden.
Unabhängig davon müssen wir diskutieren, welche Maßnahmen darüber hinaus entwickelt werden können und müssen, Wirtschafts- und Industriespionage zu erschweren und zu verunmöglichen. Ich meine persönlich, dass diese Frage wirklich eine vertiefte Diskussion verdient hat. Insoweit stimmen
Und machen Sie sich keine Sorgen: Sie brauchen als Piraten nicht als Sachwalter dieser Unternehmen in Nordrhein-Westfalen alleine aufzutreten.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste auf den Tribünen! Ich finde es schon erstaunlich, dass es Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Piraten, gelungen ist, das Plenum mit mindestens drei fast identischen Anträgen zum Thema Überwachung und Spionage durch internationale Geheimdienste zu beschäftigen.
Es ist mir schon klar, dass es bei Ihnen um ein ureigenes Thema der Piraten als Internetpartei geht. Aber ein Antrag hätte auch gereicht,
um in diesem Hohen Hause über Spionage zu diskutieren – obwohl die ganze Angelegenheit eigentlich kein spezifisches Landesthema ist, sondern über die Grenzen Nordrhein-Westfalens hinaus Bedeutung hat.
In einem Punkt sind wir uns sicher einig. Es kann und darf nicht sein, dass Geheimdienste von befreundeten Ländern wie den USA oder Großbritannien Institutionen und auch Wirtschaftsunternehmen ihrer engsten politischen Partner ausforschen.
Hier müssen viele Fragen beantwortet werden. Hier ist jede Menge Aufklärung gefragt. Das hat Bundesminister Friedrich in der Bundestagsdebatte am 26. Juni unmissverständlich erklärt. Er hat auch zugesagt, ein Gesetz auf den Weg zu bringen, ein ITSicherungsgesetz, das verhindern soll, dass kritische Infrastruktur in Deutschland zum Schaden des ganzen Landes und der Wirtschaft beschädigt und sabotiert werden kann. Ziel von Tempora und Prism ist längst nicht mehr nur Terrorabwehr. In Zusammenarbeit mit Kommunikations- und Internetdiensten entschlüsseln die Nachrichtendienste auch Geheimnisse der Wirtschaft, wie sie mitgeteilt haben.
Erklärt werden muss, inwieweit von der Bespitzelung durch die staatlichen Geheimdienste Industrieunternehmen in Nordrhein-Westfalen und ganz Deutschland betroffen sind. Es darf nicht sein, dass Innovation aus NRW, die den Unternehmen hier große wirtschaftliche Erfolge beschert hätten, plötz
Ziel von Wirtschaftsspionage sind laut Verfassungsschutz: Produkte, Dienstleistungen, Kunden und Zuliefererdaten sowie Kalkulationen, aber auch Behörden, die beispielsweise aufgrund von Genehmigungsverfahren Betriebsunterlagen besitzen.
„Made in Germany“ und auch „Made in NRW“ sind weltweit anerkannte Qualitätskriterien. Das unternehmerische Wissen und vor allem auch die Innovation werden zunehmend digital verwaltet. Das Internet hat in den vergangenen Jahren gerade hier eine immer größere Bedeutung erlangt und damit auch die Angriffsmöglichkeit für Spionage. Immense finanzielle und vor allem auch Imageschäden sind die Folgen für die Unternehmen.
Waren es früher Hightech-Konzerne, die Ziele von Spionage waren, trifft es jetzt vermehrt den Mittelstand. Laut Verfassungsschutz NRW entfallen lediglich 3,9 % der Schäden auf Konzerne, aber – interessant – 57 % auf mittelständische und 38,5 % auf kleinere Unternehmen. Vielen Unternehmen ist diese Gefahr nicht bewusst. Sie werden durch die aktuelle Diskussion sicherlich aufgerüttelt.
Die Unternehmer selbst müssen für diese Problematik sensibilisiert und geschult werden. Seit 2011 gibt es in Nordrhein-Westfalen die Sicherheitspartnerschaft gegen Wirtschaftsspionage und Wirtschaftskriminalität in NRW, in welcher das Innenministerium, das Wirtschaftsministerium, der Verband für Sicherheit in der Wirtschaft NRW und die IHK NRW zusammenarbeiten. Ziel ist es, Unternehmer für die Problematik zu sensibilisieren und zu schulen. Das wird also bereits getan.
Ob es darüber hinaus Möglichkeiten gibt, NRWUnternehmen vor Spionage zu schützen, können wir gerne im Ausschuss erörtern. Wir stimmen deshalb der Überweisung des Antrags in den Wirtschaftsausschuss zu. – Danke schön.