Protokoll der Sitzung vom 19.12.2013

Beschämend ist es in erster Linie, weil der parlamentarische Gutachterdienst der Landesregierung bescheinigt, dass ihre bisherige Praxis, parlamentarischen Anfragen zur Tätigkeit des Effizienzteams zu begegnen, die Anforderungen der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung verfehlt.

Beschämend ist es, weil die Landesregierung durch die Opposition seit Beginn der Wahlperiode in vielen Sitzungen des Haushalts- und Finanzausschusses sowie in Kleinen Anfragen mit nahezu allen vom Gutachter als durchgreifend erkannten Argumenten konfrontiert worden ist.

Beschämend ist es des Weiteren, weil die Landesregierung sich zu keinem Zeitpunkt bereitgefunden hat, sich mit den von der Opposition vorgetragenen Argumenten auch nur ansatzweise auseinanderzusetzen,

(Beifall von der FDP)

geschweige denn versucht hat, verfassungsgerichtlich klar vorgegebene Substantiierungs- und Begründungslasten zu erfüllen.

Die inkonsistenten Verlautbarungen der Landesregierung, die darin gipfeln, das Effizienzteam höchstselbst zu einem Vorgang zu erklären, bewertet der Gutachter in ihrer Konsequenz dann wie folgt – ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin –:

„Eine solche Sichtweise führte … die parlamentarischen Kontrollrechte vollständig ad absurdum und kann mit der gewaltenteilungsrechtlich gewollten Mäßigung der Machtfülle der Regierung und deren Kontrolle nicht in Einklang gebracht werden.“

Mit dem Zuschnitt des Effizienzteams, namentlich der Berücksichtigung von vier Mitgliedern der regierungstragenden Fraktionen, hat die Landesregierung den Zweck des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung, auf den sie sich beruft, geradezu auf den Kopf gestellt.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Statt zu verhindern, dass es zu einem Mitregieren Dritter bei Angelegenheiten kommt, die der alleinigen Kompetenz der Regierung unterliegen, hat die Landesregierung diese Mitregierung geradezu institutionalisiert, wie es sich in der Einrichtung einer Geschäftsstelle des Effizienzteams im Finanzministerium manifestiert.

(Beifall von der FDP)

Noch ein weiterer Punkt: In der November-Ausgabe der „Nordrhein-Westfälischen Verwaltungsblätter“ ist ein Beitrag abgedruckt, der auf ein Gutachten zurückgeht, das der Verfasser während seines Referendariats in der Staatskanzlei des Landes NRW erstattet hat. Das Thema ist: „Die Reichweite der Informationsansprüche des nordrhein-westfälischen Landtags gegenüber der Landesregierung.“

Ziel des Beitrags ist es, die von der Rechtsprechung anerkannten Fallgruppen zur Zurückhaltung von Informationen und Auskunftsverweigerung gegenüber dem Parlament im Interesse einer wohl erwogenen und gerichtsfesten Staatspraxis herauszuarbeiten. So der regierungsfreundliche Ansatz.

Aber auch dieser Autor kommt beispielsweise zu dem Schluss, dass es wichtig sei, zwischen Entscheidungsgrundlagen und Entscheidungsfindung zu differenzieren: Hole die Landesregierung externen Sachverstand ein, auf dessen Grundlage die Willensbildung gestützt wurde, müssten Informationen über die Entscheidungsgrundlagen, nämlich die eingeholten Studien, offengelegt werden. Dies gelte auch dann, wenn eine Sachnähe zur späteren Willensbildung bestehe. – Soweit der Beitrag.

Dass die Landesregierung zu den von Ernst & Young und Baker Tilly Roelfs im Effizienzteam gemachten Vorschlägen keine Auskunft gibt, erscheint auch vor diesem Hintergrund völlig unverständlich.

Fazit für die Landesregierung: Sie sollte vielleicht öfter mal dem Rat ihrer Rechtsreferendare folgen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Für die externen Unterstützungsleistungen hat die Landesregierung für die Jahre 2013 und 2014 knapp 1,1 Millionen € vorgesehen, von denen 766.000 € bereits verausgabt worden sind, die Aufwendungen aus 2012 und damit insbesondere die beiden Gutachten von PwC wohl nicht mitgerechnet. Die Kosten von mindestens 475.000 € kommen da noch obendrauf. Und wofür? – Für nichts!

(Zuruf von der FDP: Hört, hört!)

Einsparungen Fehlanzeige! Wir wissen nunmehr regierungsamtlich: Beim Effizienzteam ist außer Spesen nichts gewesen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Das Effizienzteam ist also nicht mehr als ein PRGag.

Das fällt nicht nur auf die Landesregierung zurück, sondern insbesondere auch auf die auserwählten vier, die Fraktionsvorsitzenden und haushaltspolitischen Sprecher von SPD und Grünen und damit auf Rot-Grün insgesamt.

Meine Damen und Herren, auch in anderen Zusammenhängen kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Landesregierung die neuere verfassungsgerichtliche Rechtsprechung zu den Informationsrechten des Parlaments nicht verinnerlicht hat. Ich nenne namentlich nur die PriggenEntscheidung des Verfassungsgerichtshofs und die BND-Entscheidung des Bundesverfassungsge

richts.

Das gilt insbesondere für eine zunehmende Zahl von Antworten auf Kleine Anfragen. Das gilt aber auch für die Übersendung von Akten an den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss BLB, bei der diese Landesregierung in bewusster Verkennung der durch die BND-Entscheidung verteilten Darlegungslast Unterlagen unter pauschaler Berufung auf den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung zurückhält.

(Beifall von der FDP)

Meine Damen und Herren Minister, schaffen Sie endlich Ordnung und stellen Sie einen rechtskonformen Umgang der Regierung mit dem Parlament sicher, indem Sie umfassend die legitimen Informationsrechte des Parlaments erfüllen. Denn es gilt: Die Staatspraxis hat der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zu folgen und nicht umgekehrt. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der FDP, der CDU, Dietmar Schulz [PIRATEN] und Robert Stein [frakti- onslos])

Vielen Dank, Herr Kollege Wedel. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Frau Kollegin Beer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Wedel, die Qualität Ihrer Ausführungen haben Sie mit den ersten Sätzen deutlich gemacht. Dieses Gutachten ist nicht im Auftrag der Präsidentin, sondern der CDU-Landtagsfraktion erstellt worden.

(Beifall von der SPD)

Wenn das die Sorgsamkeit Ihrer Recherchen belegt, haben wir damit einen ganz eindeutigen Beweis, wie ernst dieser Beitrag zu nehmen ist.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Was die Ernsthaftigkeit der Diskussion angeht, muss ich fragen: Herr Möbius, wo haben Sie eigentlich Ihre Kolleginnen und Kollegen gelassen, die heute Morgen diesem Anliegen des Parlamentaris

mus doch eigentlich hier folgen sollten? Das ist schon bemerkenswert.

(Zuruf von Christian Möbius [CDU])

Sie versuchen hier eine Sache hochzuziehen …

(Zuruf von Christian Möbius [CDU])

Das gilt für die Piraten genauso. Sie sind mehr mit sich selbst beschäftigt als mit den Dingen des Parlamentarismus.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Dietmar Schulz [PIRATEN]: Das ist ja billig! – Weitere Zurufe von den PIRATEN)

Wir wollen gemeinsam festhalten, dass natürlich das grundgesetzlich verbriefte Auskunftsrecht der Abgeordneten gegenüber der Regierung von der Regierung zu achten ist. Das eint uns doch. Die Auskunftsrechte sind ein wesentliches Instrument, um die Regierung zu kontrollieren. Es geht um Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Entscheidungsprozessen und von Entscheidungen. Für die parlamentarischen Willensbildungsprozesse sind diese Informationen unerlässlich. Das ist sicherlich etwas, was hier Konsens ist, auch heute Morgen.

Aber man muss allerdings nicht erst einen Gutachter bemühen, um zu erfahren, dass genau diese Auskunftsrechte auch Grenzen haben. Da Sie ja – bis auf die Piraten – alle Regierungserfahrung haben, wissen Sie genau, meine Damen und Herren von der CDU, dass es einen Arkanbereich gibt und die Grenzen der Auskunftsrechte der Abgeordneten an der Stelle enden, wo es um noch laufende Entscheidungsprozesse geht. Das ist nachvollziehbar; denn bevor man eine Entscheidung trifft, muss man sie vorbereiten. Vielleicht ist das bei Ihnen ja anders. Wir halten dieses sorgsame Prozedere auf jeden Fall ein.

(Zuruf von Daniel Sieveke [CDU])

Das Bundesverfassungsgericht billigt der Regierung zu, diese laufenden Entscheidungsprozesse nicht offenbaren zu müssen. Nur so gibt es die Freiheit, zu revidieren, sich abzustimmen, Dinge zu bewerten, Informationen einzuholen, auch im Prozess über den Gegenstand zu lernen, um dann eine fundierte Entscheidung zu treffen. Danach und erst danach kommt die Stunde des Parlaments, die Stunde der Opposition, die sie dann natürlich auch wahrnehmen soll.

Sehr geehrte Damen und Herren, das Effizienzteam bemüht sich darum, Einsparpotenziale zu identifizieren, die einen Beitrag zur Konsolidierung des Haushalts leisten können. Das ist ein schwieriges, hochsensibles Unterfangen, und es ist in der Tat ein komplexer Prozess. Dieser Prozess ist noch nicht abgeschlossen.

Meine Damen und Herrn, es gibt auch keine Hinterzimmerpolitik bei der Arbeit des Effizienzteams. Sie wissen, dass es dieses Team gibt, wer daran teil

nimmt, Sie haben eine Reihe von Informationen und Gutachten erhalten, und Sie sind in der Lage, darüber zu debattieren und die von Ihnen vorgelegten Gutachten eigenständig auszuwerten. Sie können selbst strukturelle Einsparvorschläge einbringen. Aber was machen Sie stattdessen? – Sie versuchen, einen schwierigen Arbeitsprozess zu skandalisieren. Wir erleben dann in Ihrer Haushaltsmaschinerie immer die Aufwärmung von alten Anträgen, ob es nun die Studienbeiträge sind, die Elternbeitragsfreiheit im Bereich KiBiz oder was auch immer ist: keine eigene Leistung, was strukturelles Herangehen an diesen Haushalt angeht!

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Noch etwas, meine Damen und Herren: Wenn es Hinterzimmerpolitik hätte geben sollen, dann hätte man es einfacher machen können. Dann hätte dieser Kreis nämlich im Verborgenen gearbeitet.

(Daniel Sieveke [CDU]: Dann hätten Sie da- für kein Geld bekommen!)