Protokoll der Sitzung vom 29.01.2014

Das ist beschämend, Herr Römer. Damit haben Sie gezeigt, dass es sehr wohl gelingt, den Interessengegensatz zwischen SPD und Grünen hier deutlich zu machen. Ansonsten hätten Sie ja in der Sache argumentiert. Aber wir haben in der Sache nichts gehört. Sie haben sich da in ein paar Details verloren und haben Ihre Beschwörungsformeln gebracht.

(Thomas Eiskirch [SPD]: Ganz kleines Karo!)

Reiner Priggen hat seine Textbausteine von der Festplatte noch einmal dargestellt, die habe ich alle schon gehört. Aber im Prinzip haben Sie über die aktuellen Eckpunkte von Sigmar Gabriel nichts gesagt. Sie haben sich dazu nicht positioniert.

Hier ist insbesondere von der SPD von einer angeblichen „Lösung“ gesprochen worden, die Gabriel gefunden habe. – Verehrte Kollegen, Sie sind noch nicht einen Zentimeter weiter als Schwarz-Gelb damals bei der Strompreisbremse. Denn Sie haben unverändert keine Mehrheit im Bundesrat für Ihre Position.

(Beifall von der FDP)

Frau Ministerpräsidentin, an dem Tag, als Sie mit Herrn Gabriel über Energiepolitik gesprochen haben, nämlich am 20. Januar – das Datum haben Sie gerade genannt –, an dem Tag, als Sie bei Herrn Gabriel gesessen haben, hat Johannes Remmel dem WDR Interviews gegeben, in denen er mit der Blockade der Vorschläge von Gabriel im Bundesrat bereits gedroht hat. Das ist die Realität.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Frau Kraft, das, was Sie in Berlin als Industriekapitänin verhandelt haben, das wird hier in NordrheinWestfalen von Ihrer Koalition offensichtlich nicht mitgetragen. Bündnis 90/Die Grünen lehnen den Koalitionsvertrag und die Eckpunkte von Sigmar Gabriel ab. Sie haben in Wahrheit noch kein energiepolitisches Konzept. Sie haben gute Vorschläge.

(Reiner Priggen [GRÜNE]: Sollten wir den auch noch unterschreiben?)

Die Bundesregierung hat anerkennenswerte Vorschläge gemacht. Ich habe eben dargestellt: noch zögerlich aus unserer Sicht. Aber immerhin gehen diese Vorschläge in die richtige Richtung. Bis dato gibt es aber keine gemeinsame Linie. Insbesondere hier in Nordrhein-Westfalen gibt es veritable Interessengegensätze nicht nur bei der Windkraft, sondern auch darüber hinaus.

Sie können so viele Beschwörungsformeln hier einbringen, wie Sie wollen: Sie werden an Ihren Taten gemessen werden, Frau Kraft. Entweder werden Sie im Bundesrat die Vorschläge von Gabriel blockieren müssen, weil Sie mit den Grünen nicht zurande kommen, oder Sie werden dem Konzept von Sigmar Gabriel die Zähne ziehen müssen, damit die

Grünen an Bord sind. Beides wäre für NordrheinWestfalen schlechte Politik.

(Beifall von der FDP und Armin Laschet [CDU])

Vielen Dank, Herr Kollege Lindner. – Für die grüne Landtagsfraktion spricht jetzt Frau Kollegin Brems.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Präsident! Als ich den Anfang der Ausführungen von Herrn Laschet gehört habe, dachte ich: Jetzt kommen Laschets Sachgeschichten. Es wurden dann leider doch Laschets Lachgeschichten.

(Zurufe von der CDU)

Sie haben selber auch gemerkt und es selbst als lächerlich befunden, wie Sie auf Bundesebene das Nichtstun der eigenen Partei, der eigenen Regierung damit entschuldigen, dass andere einen aus sachlichen Gründen daran hindern. Das fand ich schon eine bemerkenswerte Volte, die Sie hier geschlagen haben.

Was wir als Grüne ganz klar sagen, ist Folgendes: Wir haben jetzt den ersten Schritt der Systemeinführung der Erneuerbaren Energien hinter uns. Das ist klar. Daran hat das Erneuerbare-Energien-Gesetz den entscheidenden Anteil. Daran hat auch der Einspeisevorgang einen entscheidenden Anteil.

Jetzt, mit der Wende hin zum 25-%-Anteil erneuerbarer Energien, geht es darum, die nächsten Schritte zu machen. Bei diesem Schritt der Systemdurchdringung geht es darum, sich auch das Erneuerbare-Energien-Gesetz anzugucken, ganz klar. Aber die Frage ist: An welchen Stellen und wie macht man das? Das Erneuerbare-Energien-Gesetz muss verändert werden. Es gibt an einigen Stellen massive Überförderungen, an die man schon längst hätte herangehen müssen. Man hätte da schon längst auch im Sinne der erneuerbaren Energien, im Sinne der Kostenentwicklung etwas machen können.

Aber das, was wir jetzt teilweise an Vorschlägen haben, ist wirklich destruktiv. Als Beispiel ist eben schon einmal die kurze Zeitspanne von wenigen Tagen bis zur Genehmigung von Windanlagen genannt worden. All das sind Sachen, die gerade nicht für Investitionssicherheit, sondern für genau das Gegenteil sorgen. Das haben wir hier eben schon mehrfach gehört. Es gibt Beispiele aus dem ganzen Land dafür, dass gerade bei Investitionen in BürgerEnergieanlagen die Menschen sehr verunsichert sind.

Der nächste Punkt betrifft die Energieträger bei den Erneuerbaren, die die Energiewende ausmachen, die diese Energiewende jetzt billig machen: Photovoltaik und Windenergie sind die beiden Träger der Energiewende. Das sind die beiden, die in den letz

ten Jahren massive Lernkurven, was den Preis angeht, hinter sich haben. Gerade die beiden sind die günstigsten erneuerbaren Energieträger. Sie sind hier und da schon günstiger als viele neue konventionelle Kraftwerke.

Wenn man genau da mit einem Deckel und mit massiven Kürzungen herangeht, dann bringt das für die Kostenstruktur überhaupt nichts, sondern es macht die Energiewende und den Ausbau der erneuerbaren Energien einfach nur kaputt.

Es gibt eine Studie von McKinsey, die dargestellt hat: Wenn man die Windstromvergütung in diesem und im nächsten Jahr um 15 % kürzt, dann macht das eine Verringerung der EEG-Umlage von 0,03 Cent pro Kilowattstunde aus. Daran sieht man: Es ist genau das Falsche, an die beiden Energieträger heranzugehen, die die Energiewende günstig machen werden.

Ein dritter Punkt: Die Bürgerinnenbeteiligung bei Windenergie, bei Fotovoltaik ist eine der tragenden Säulen der Energiewende. Das ist das Rückgrat der Energiewende. So hat die Energiewende überhaupt erst stattfinden können; denn in den Großteil der Erneuerbare-EnergienAnlagen wurde und wird von Bürgerinnen und Bürgern in Genossenschaften oder einzeln investiert. Genau da ist die Verunsicherung jetzt besonders groß. Genau da werden Banken womöglich sehr zurückhaltend sein. Wenn große Energieversorger sagen, dass sie die Unsicherheiten noch irgendwie gemeinsam bewältigen, so ist das Ganze, sobald ein paar Bürgerinnen und Bürger zusammen sind, schon nicht mehr so einfach. Da sind die Banken dann sehr zurückhaltend.

Das alles kann dazu führen – wir haben es schon gesagt –, dass massive Investitionen in NordrheinWestfalen unterbleiben. Das finden wir investitionsfeindlich für Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Dann komme ich gerne noch zur FDP: Sie versuchen sich ja an einer Legendenbildung, Herr Lindner, dass Sie jetzt die Naturschützer seien, weil Sie gegen die Windenergie im Wald sind. Ich finde es schon sehr spannend, wie Sie wie ein Fähnlein im Wind an diesen und vielen anderen Stellen, da, wo es Ihnen passt, auf einmal den Naturschutz herausholen und sagen: Das ist hier das Problem. – Sie spielen sich hier als Naturschützer auf. Wir haben darüber schon vor einigen Wochen miteinander diskutiert. Keiner der Naturschutzverbände in Nordrhein-Westfalen nimmt Ihnen das ab. Da ist Hopfen und Malz verloren.

Dann zum Thema „Investitionssicherheit“: In vielen Branchen merken Sie das immer wieder an, aber im Bereich erneuerbare Energien, im Klimaschutz ist es Ihnen vollkommen egal, dass Bürgerinnen und Bürger schon fünfstellige Summen investiert haben

und jetzt nicht mehr wissen, wo und ob ihre Windanlage noch gebaut werden kann. Das ist Ihnen vollkommen egal. Inhaltlich hat eben Herr Laschet mehr gesagt, Herr Lindner, …

Frau Kollegin Brems, die Redezeit.

… und mehr Hoffnung für Investitionssicherheit gegeben, sodass wenigstens drei Fraktionen im Landtag, die von Bedeutung dafür sind, wie es weitergeht, eine Linie vorgeben. Da haben Sie sich komplett diskreditiert. – Danke.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Brems. – Für die Piratenfraktion spricht der Kollege Rohwedder.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer hier und draußen! Es ist ja immer spannend, wenn die FDP die Zielsetzung eines SPDMinisters begrüßt. Mit diesem Antrag trifft die unverhoffte Unterstützung Minister Gabriel und sein Eckpunktepapier für eine Reform des EEG. Ob er sich darüber freut, das wissen wir nicht, aber das interessiert uns auch nicht besonders; denn wir sprechen hier nicht für die SPD oder Herrn Gabriel, wir sprechen für uns, und wir stehen zum Umstieg auf erneuerbare Energieträger.

(Beifall von den PIRATEN)

Wofür stehen Sie eigentlich, liebe Kollegen von der FDP? – Für einen marktwirtschaftlichen Neustart der Energiewende. Wie immer muss es marktwirtschaftlich sein, das allein seligmachende Modell für alles Glück der Welt – ganz normale Wirtschaftsesoterik, wie man sie von Ihnen kennt.

(Beifall von den PIRATEN)

Ob es überhaupt möglich ist, die Energiewende mit den Mitteln der ungeregelten Marktwirtschaft voranzubringen, das darf und muss bezweifelt werden.

(Beifall von den PIRATEN)

Hätten wir die Einführung der Nuklearenergie dem Markt überlassen, dann gäbe es also weltweit kein einziges Atomkraftwerk. Das wäre schön gewesen. Würden wir sie heute dem Markt überlassen, dann fände sich kein Versicherungskonzern, der eine Haftpflichtversicherung anbieten würde, und die Reaktoren müssten genauso stillgelegt werden wie ein Auto, für das der Halter keine Versicherung abgeschlossen hat.

Aber die Energiewende soll der Markt nun neu starten – der zukunftsblinde Markt, der nichts antizipieren, nichts vorhersagen und immer nur verspätet

reagieren kann. Wer das fordert, der will das Ende der Energiewende, und er pfeift auf den Klimaschutz.

(Beifall von den PIRATEN)

Er pfeift ebenso auf die vielen Arbeitsplätze, die im Bereich der Erneuerbaren entstanden sind und noch entstehen werden. Er pfeift das Lied der großen Energiekonzerne, der Oligopole, die von einer Wende nichts wissen wollen und sich dabei auf die Politik verlassen haben. Denn sie selber sind zu träge und zu unflexibel für Reformen. Genau darum geht es hier. Minister Gabriel stimmt in das Lied der Konzerne mit ein, und die FDP – wen wundert das? – springt ihm dabei zur Seite.

(Beifall von den PIRATEN)

Nun sind die von Minister Gabriel in seinen Eckpunkten genannten Mittel wie Mengensteuerung, verbindliche Festlegung von Ausbaukorridoren und Ausnahmen für die stromintensive Industrie nicht gerade typisch für eine Marktwirtschaft. Das sind ja eher Mittel der staatlichen Lenkung. Aber es geht ja auch gar nicht um einen echten Markt, es geht um die Interessen von Konzernen, die es gewohnt sind, dass man auf sie hört oder besser: ihnen hörig ist. Es geht darum, die Macht der Oligopole, die am Bröckeln ist, wieder zu stärken und zu zementieren.

Kanzlerin Merkels Ausstieg aus der Atomenergie und die eilig verkündete Energiewende waren Unfälle, die es nicht hätte geben dürfen. Jetzt geht es darum, die Energiewende auszubremsen; denn es wird eng für RWE, E.ON, Vattenfall und EnBW.

(Dr. Joachim Stamp [FDP]: Sie setzen auf die Russen!)

Statt mit Gabriel zu singen, sollte man ihm vors Schienbein treten – natürlich symbolisch gesprochen. Eine Reform des EEG ist nötig. Dabei müssen zwei Ziele Priorität haben: Der Umstieg auf Erneuerbare darf nicht gebremst werden, und – das ist entscheidend – die Energiewende muss in der Hand der Bürger bleiben. Heute sind rund 90 % der Anlagen bei den Erneuerbaren in Bürgerhand.

(Beifall von den PIRATEN)