Sie haben nicht einen einzigen Vorschlag gemacht. Herr Kollege Körfges hat gefragt: Wo ist denn diese Regierung fahrlässig?
Ich stimme mit Herrn Körfges überein, dass es keine Belege gibt. Wenn Sie das kritisieren, dann hätten Sie gestern das Interview von Herrn Maaßen lesen sollen, dem Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz.
Ich habe den Eindruck – das muss man mal einschieben, Herr Kern sitzt auch schon sprungbereit wie ein Leopard –: Seitdem Ihre Zahlen in den Keller gehen, steigt Ihr Blutdruck so, dass Sie hier nur noch durch die Gegend bellen. Seien Sie ruhig!
Nehmen Sie blutdrucksenkende Mittel, Herr Kern! Dann nehmen wir Sie vielleicht ernst. So ist es nichts anderes als rhetorischer Klimbim – Herr Kollege Körfges hat es gesagt –, der verhindert, dass wir hier ernsthafte Debatten führen.
„Wir haben weder valide Erkenntnisse, dass die Amerikaner Breitbandkabel in Deutschland anzapfen, noch ob … das Handy der Kanzlerin abgehört worden ist.“
Gleiche Aussagen haben wir mehrfach im Innenausschuss gehört, zuletzt am 16. Januar durch den Innenminister. Ich habe nicht erlebt, dass die Vertreter der Piraten im Innenausschuss dann zu großer Form auflaufen, dem Minister vorhalten, was er verschweigt, oder dem Minister vorhalten, wo er was tun könnte. Wir haben nicht einen einzigen Vorschlag der Piraten, wie diese Landesregierung denn agieren könnte.
Ich würde ja gerne dabei mitmachen, ihr vorzuhalten, sie sei fahrlässig. Das ist unsere Aufgabe. Nur, hier haben Sie sich die falsche Situation ausgesucht. Hier trifft das nicht zu. Und Sie müssen sich die Frage gefallen lassen: Auf welcher Grundlage bringen Sie uns heute zum x-ten Mal in Not, über Vermutungen, Spekulationen und unbestätigte Aussagen reden zu müssen?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Veröffentlichungen über die Sammelwut der NSA haben bei vielen Bürgern Sorge, Verunsicherung und Empörung ausgelöst. Zu Recht! Aber solche Debatten helfen uns überhaupt nicht. Sie vernebeln, sie verunsichern, und sie machen deutlich, dass auch die Piraten ratlos sind.
Die Bundesregierung hat doch zu einem Zeitpunkt, als das Ausmaß der Sammelaktion noch nicht gänzlich erkennbar war, reagiert.
Ich mache auch keinen Hehl daraus: Die Antworten aus den USA sind bislang höchst unbefriedigend. Die wichtigsten Fragen sind nicht beantwortet.
Keine Sorge! – Der Maßstab für uns und unsere Partner ist, dass auf deutschem Boden für alle deutsches Recht zu gelten hat.
Allerdings nehmen Sie nicht zur Kenntnis, ist, dass innerhalb der USA längst eine ernsthafte Debatte begonnen hat
(Nicolaus Kern [PIRATEN]: Die Sie nie ange- stoßen haben! – Gegenruf von der CDU: Aber Sie! – Nicolaus Kern [PIRATEN]: Ja!)
über die Möglichkeiten und Grenzen der Aufklärung, über die Frage der Verhältnismäßigkeit und über den Umgang mit Freunden und Verbündeten. Dies ist den USA längst deutlich geworden. Die einflussreiche demokratische Senatorin Feinstein, Vorsitzende des Kontrollgremiums des Senats, hat klar gesagt, dass die Überwachung von Regierungen, von Bundeskanzlerin Angela Merkel abzulehnen sei.
Sie will eine vollständige Überprüfung aller Geheimdienstprogramme, damit der Senat darüber voll unterrichtet ist. Das ist auch in den USA ein Fortschritt. Auch in den USA erkennt ein größer werdender Teil der Öffentlichkeit, dass nicht jede Abhörmaßnahme, die technisch möglich ist, ethisch verantwortbar und damit auch rechtlich zulässig ist.
Meine Damen und Herren, Sie können noch so schreien: Im Licht der überbordenden NSADatensammlung gibt es eine ganz andere zentrale Aufgabe. Diese zentrale Aufgabe heißt in Deutschland und in Europa: Rückgewinnung der Souveränität über den Umgang mit unseren Daten. Dazu brauchen wir sowohl rechtliche als auch technische Mittel.
Lächeln, Herr Kern, ist das, was Sie können. Lächeln und rhetorische Bluffs, mehr haben Sie doch nicht drauf!
Digitalisierung braucht Vertrauen. Die Menschen in Deutschland müssen darauf vertrauen dürfen, sich auch im Cyber-Raum frei und sicher bewegen zu können. Das wollen wir schützen. Diese Arbeit haben wir jetzt zu erledigen.
Ich denke daran, dass wir Unterstützung für mehr und bessere Verschlüsselung der Datenkommunikation brauchen. Ich denke daran, dass die Förderung vertrauenswürdiger Hersteller und Dienstleister in Deutschland wichtig ist. Ich denke an das IT-Sicherheitsgesetz, das die Koalition in Berlin auf den Weg bringen will, mit dem sie gerade die Betreiber kritischer Infrastrukturen wie die Provider in die Pflicht nehmen will. Und ich denke an die Prüfung von Möglichkeiten für ein europäisches Routing bzw. eine europäische oder eine deutsche Cloud.
Darüber müssen wir nachdenken. Die Schreierei, was alles technisch möglich ist – das wissen wir –, bringt nichts.
Zu dieser Verantwortung gehört aber auch, Bürgern klarzumachen, dass es hundertprozentige Sicherheit beim Telefonieren und beim E-Mail-Verkehr nicht gibt. Hier ist jeder Bürger selbst verantwortlich.
Einen Verdienst hat Snowden: Er hat die deutsche Wirtschaft dazu gebracht, das Thema „Schutz vor Wirtschaftsspionage“ sehr ernst zu nehmen.
Die 50 Milliarden € Schaden werden akzeptiert und wirtschaftsweit anerkannt. Der Weg, sich ein Stück selber zu schützen, ist wichtig. Da liegt die Aufgabe der Zukunft, zu sagen: Das, was technisch möglich ist, wird gemacht. Den verantwortungsvollen Umgang damit wollen wir bei jedem erreichen. Dann sind wir einen Schritt weiter. Ersparen Sie uns so lange so sinnlose Debatten wie heute.
Vielen Dank, Herr Kollege Biesenbach. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Herr Kollege Bolte.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Biesenbach, ich gehe davon aus: Den aktuellen Bezug der morgigen Aktuellen Stunde wird uns Herr Hegemann gleich in der zweiten Runde darlegen.