Als Beispiel nehme ich einmal eine kleine Gemeinde, nämlich die Gemeinde Herscheid im Märkischen Kreis. Sie hat einen parteilosen Bürgermeister, ist also auch ein Stück weit unabhängig von den parteipolitischen Scharmützeln, die es hier gibt. In ihrer Stellungnahme steht, dass die raumordnerische Festlegung des LEP-Entwurfs insbesondere zum Siedlungsraum und zum Klimaschutz eine eigenverantwortliche und selbstbestimmte Entwicklung der Kommunen erheblich erschwere und ihre Planungshoheit in hohem Maße einschränke. Deshalb lehne die Gemeinde den LEP-Entwurf in vorliegender Fassung ab.
Wesentlich größer ist die Stadt Köln. Ihr Oberbürgermeister Roters von der SPD – auch unverdächtig, mir Stichworte zuspielen zu wollen – bringt es auf den Punkt. Die Stadt Köln erklärt, die Regelungsdichte der Ziele schränke die Planungshoheit der Kommunen so massiv ein, dass dies über das verfassungsmäßig gebotene Maß hinausgehe.
Dieser LEP-Entwurf stößt also auf die Kritik großer und kleiner Kommunen flächendeckend im ganzen Land, weil hier zu viel durchregiert wird und weil hier zu viel mit Zielen und zu wenig mit Grundsätzen gearbeitet wird. Die Forderung ist unisono, diesen Plan komplett zu überarbeiten.
Schauen wir uns jetzt einmal die Einzelregelungen an. Was machen Sie? – Sie saugen jetzt aus den Flächennutzungsplänen die Reserven, die bisher nicht in Bebauungsplänen ausgewiesen sind, heraus. Warum eigentlich? Man argumentiert, wenn kein Bedarf da sei, könne man sie ja aus der Planung herausnehmen. Wenn kein Bedarf da ist, bleibt das Grünland aber Grünland, bleibt der Wald Wald und bleibt der unbeplante Bereich eben unbeplant. Wo ist dann das Problem?
Auf der anderen Seite ist das eine große Belastung für die Kommunen. Wenn sie auf ihrem städtischen Gebiet keine Spielmasse haben, um innerhalb des
Flächennutzungsplans diesen oder jenen Teil als Bebauungsplan auszuweisen, hängen sie am Fliegenfänger der Grundstückseigentümer. Dann kennt der Preis bekanntlich nur eine Richtung.
durch ein Regierungshandeln von Rot-Grün Bauland für junge Familien teurer. Ich bin nicht sicher, dass Sie das wirklich wollen.
Herr Minister Groschek – vielleicht können Sie ihm das Lob ausrichten; wenn er von mir gelobt wird, freut er sich bestimmt darüber – hat Mitte Dezember 2013 in einer Pressemitteilung an die Kommunen appelliert, sie mögen mehr Bauland ausweisen, damit auch mehr Flächen für sozialen Wohnungsbau zur Verfügung stehen. Das passt hinten und vorne nicht zu dem, was hier im Landesentwicklungsplan gemacht wird.
Im Ziel 6.1-11 führen Sie viele Dinge kumulativ zusammen. Durch die Bevölkerungs- und Wirtschaftsentwicklung muss ein Mehrbedarf an Land angezeigt sein. Zusätzlich muss der Bedarf einer Firma hinzukommen – und, und, und.
Wenn man das alles macht, und zwar bewusst – ich bin nicht ganz sicher, ob Sie das immer bewusst tun –, geht man weit über die Festlegung des jetzigen LEP hinaus und verkennt die realen Zusammenhänge.
Jeder von Ihnen weiß doch aus Betriebsbesichtigungen und der eigenen beruflichen Erfahrung ganz genau, dass heute die Frage, wie viel Fläche die Wirtschaft braucht, nichts mehr mit der Bevölkerungszahl zu tun hat. Dort hat es ein Auseinanderentwickeln gegeben. Ich komme aus einer Textilregion. Früher waren in einer Halle mit fünf, zehn oder 20 Webstühlen zwei oder drei Weber tätig. Heute stehen dort 50 Webstühle, um die sich eine einzige Person kümmert. Deswegen ist es falsch, diesen Zusammenhang zu unterstellen. Schauen Sie sich das bitte noch einmal an.
Als letzten Punkt möchte ich die entlarvende Formulierung im dritten Absatz bei Ziel 6.1-11 anführen. Ich lese diesen Absatz einmal komplett vor:
„Ausnahmsweise ist im Einzelfall die bedarfsgerechte Erweiterung vorhandener Betriebe möglich, soweit nicht andere spezifische freiraumschützende Festlegungen entgegenstehen.“
Mit der Formulierung „Ausnahmsweise ist im Einzelfall …“ machen Sie Wirtschaftswachstum und Entwicklung von florierenden Betrieben überall im Land zur Ausnahme im Einzelfall. Ich bin nicht sicher, dass Sie das für richtig halten.
Herr Kollege Wüst, wenn ich einmal dazwischen darf? Sie gewinnen auch ein bisschen Redezeit; das ist auch schön. Der Kollege Eiskirch würde Ihnen gern noch eine Zwischenfrage stellen. Würden Sie die zulassen?
Oh, ich freue ich mich sehr, wenn sich der Kollege Eiskirch mit dem wichtigen Thema auseinandersetzt.
Sehr geehrter Herr Kollege Wüst, würden Sie konstatieren wollen, dass sich das ausnahmsweise auf den Textabschnitt direkt davor bezieht, in dem mit dem sogenannten Hürdenlauf der Regelfall beschrieben worden ist? Damit soll deutlich gemacht werden, dass es neben den normalen Möglichkeiten, Flächen neu in Angriff zu nehmen, wenn man den Hürdenlauf beschritten hat, eine generelle Ausnahme etwa bei Betriebserweiterungen gibt, davon abzuweichen, und die Einzelfallprüfung logischerweise bei Dingen vorgenommen werden muss, die ganz andere Regelungszusammenhänge, zum Beispiel emissionsschutzrechtliche etc., haben, die im LEP gar nicht geregelt werden können. Wenn die aber nicht dagegen sprechen, ist dies dann sozusagen als Ausnahme von den normalen Regeln, die davor stehen, möglich.
Es ist schön, dass Sie, wo Sie ansonsten immer von einem Landesermöglichungsplan sprechen, jetzt konstatieren, dass da ein Hürdenlauf stattfindet. Vielen herzlichen Dank dafür!
Aber dann sagen Sie mir doch einmal bitte, welcher staatliche Kontrolleur die bedarfsgerechte Entwicklung einer Firma am Ende abstempelt.
Ihre Kollegen aus Ostwestfalen haben schon recht, wenn sie die Detmolder Erklärung unterstützen. Ihr kundiger Kollege Rahe ist ja auch dabei. Ich kann ihn nur beglückwünschen.
Wer verhindern will, dass Kommunen entmündigt werden und Bauland für Familien teurer wird, wer verhindern will, dass Wirtschaftswachstum zur Ausnahme im Einzelfall wird, der kann am Ende nicht
(Der Saaldiener kippt das für den folgenden Redner gerade neu am Redepult aufgestellte Wasserglas um. Bevor der Abgeordnete sei- ne Rede halten kann, vergeht eine Weile mit Reinigungsarbeiten.)
(Vereinzelt Heiterkeit – Thomas Eiskirch [SPD]: Dann hätte ich ja in Ruhe meine Rede zu Ende schreiben können!)
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Alle Bemerkungen, die mir dazu einfallen, würden zu einer Rüge führen. Deswegen lasse ich die.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist schon spannend: Die CDU möchte, dass die Landesregierung den Entwurf des Landesentwicklungsplans zurückzieht. Das ist aus folgendem Grund spannend: Wenn es jemand in diesem Hause gibt, der Übung darin hat, Landesentwicklungspläne zurückzuziehen, dann ist es die CDU.
Frau Thoben war damals diejenige, die gekniffen hat. Ich habe Ihnen beim letzten Mal gesagt: Ich würde es mittlerweile verstehen, weil Frau Thoben uns unterstellt hatte, dass wir in einer Kommunalwahl 2009 die gleiche Schäbigkeit an den Tag legen würden, die Sie momentan an den Tag legen. Bei uns war das unbegründet. Ich kann aber verstehen, warum Sie auf diese Idee gekommen sind.
Frau Thoben hat den LEP zurückgezogen, weil die CDU schlicht und ergreifend in der wirklichen Gestaltungsaufgabe von Politik, nämlich bei widerstrebenden Interessen in der Lage zu sein, gegeneinander abzuwägen, Erfahrungen im Ausfall hat. Ich will dazu gleich noch einmal kommen.
Zuvor kurz zum Inhalt: Wir bekommen im Moment – ich finde es toll, wie die Landesregierung die Transparenz dadurch herstellt – all die Stellungnahmen sukzessive und unkommentiert ins Internet gestellt.
Wir als Parlamentarier brauchen aber aus meiner Sicht auch eine gewichtete und kommentierte Beratungsgrundlage. Das ist ja auch zugesagt.
In diesen Stellungnahmen steht eines fast überall vorneweg – und das passt nicht zu Ihrem Antrag –: Gut, dass es jetzt endlich einen Entwurf zu einem neuen LEP gibt. Der alte ist so alt und geht so weit an den Realitäten vorbei, dass es dringend notwendig ist, dass es einen neuen LEP für NordrheinWestfalen gibt.
Der alte ist von 1995. Das ist eine Welt, die mit der heutigen in vielen Dingen nichts mehr zu tun hat und deswegen im LEP auch nicht mehr richtig abgebildet sein kann. Die Menschen, die wir um Stellungnahmen gebeten haben, sagen: Gut, dass es einen neuen gibt.