Protokoll der Sitzung vom 14.05.2014

Sie würden diejenigen für durchgeknallt halten, die eine solche Frage stellen würden.

Ich will Ihnen die Antwort geben, warum ich in Stralsund und auf Schloss Granitz war:

(Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])

weil sich das für den Vorsitzenden der Veranstaltung so gehört – er hat eingeladen, und zwar für beide Tage – und weil das von den Gastgebern, von den Teilnehmern und auch von den Medien erwartet wird, die sich dort eingefunden haben

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Haben Sie keinen Stellvertreter?)

und die die anwesenden Politiker nach den wichtigen Themen gefragt haben: Wie weit seid ihr mit den „Selbstanzeigen“? – Das stand Wochen vorher in der Zeitung. – Wie sieht es aus mit der Steuerschätzung? Was ist mit dem Thema „kalte Progression“? – Das waren doch alles Themen, die in Granitz schon auf der Tagesordnung standen. Und dazu wollen die Anwesenden auch vom Vorsitzenden etwas wissen.

Jetzt kam diese Jahres-FMK, wie Herr Möbius ja selbst gesagt hat, nicht plötzlich; sie war monatelang vorher angekündigt. Auch die HFA-Sitzung kam nicht plötzlich. Deshalb habe ich zwei Tage vorher die Obleute eingeladen und sie über die Umstände der Trennung von Herrn Voigtländer informiert. Es gab keine weiteren Fragen. Ich habe angekündigt, an dem Donnerstag nicht dabei sein zu können. Es gab keinen Protest. Das, was Sie wollten, war vielmehr, eine Überschrift zu suchen, mit der Sie anschließend in die Zeitungen gehen. Sie wollten keine ernsthafte Auseinandersetzung. Das muss man doch mal festhalten.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ich bin als Mitglied des Aufsichtsrats zum Stillschweigen über den Inhalt der mit Herrn Voigtländer getroffenen Vereinbarung verpflichtet. Ich sage ganz ausdrücklich: Leider! – Ich hätte nicht ein einziges Problem damit, Ihnen hier jedes einzelne Detail dieser vertraglichen Vereinbarung zu nennen und zu begründen. Dass ich das nicht darf, ist doch das, was Sie als Chance nutzen für das, was Herr

Stein „neue Spekulationen“ nennt. Mit jedem fehlenden Detail erfinden Sie sich eine Welt, die nicht besonders von Sachkenntnis geprägt ist.

Beispiele dafür sind die Äußerungen von Herrn Möbius und Herrn Witzel dazu, es könne doch gar keine Debatten über die Höhe von Gehältern gegeben haben. Ich will hier nicht in die Details gehen, aber theoretisch hat Herr Mostofizadeh es ja angesprochen: Man kann sehr wohl in einem Vertrag Elemente haben, die bei einem Unternehmen, das 2016 verkauft wird, erst nach 2016 wirksam werden und deswegen nicht der FMStFG unterliegen, die aber den Kaufpreis verändern können und die dann sehr wohl etwas mit dem Steuerzahler zu tun haben. Wir haben auch eine Institutsvergütungsverordnung, die auf das Wollen der Politik hin strenger gefasst worden ist und die deshalb auch Anpassungen von Verträgen notwendig gemacht hat.

Mehr will ich dazu gar nicht sagen. Ich will nur eines sagen – das wiederhole ich; das habe ich Ihnen auch in dem Obleutegespräch gesagt –:

Es musste Verhandlungen geben. Es hat Verhandlungen gegeben. Diese Verhandlungen sind von beiden Seiten, von Herrn Voigtländer und seinen Begleitern genauso wie vom Aufsichtsratsvorsitzenden – nicht vom Finanzminister –, und zwar schon vom vorigen und vom gegenwärtigen Aufsichtsratsvorsitzenden, geführt worden. Sie waren von beiden Seiten professionell. Aber auch wenn beide Seiten professionell verhandeln, kann man trotzdem zu dem Ergebnis kommen: Es gibt keine Einigung.

Diese Professionalität hat sich dann – das muss ich sagen – auch in der Art der Vereinbarung über diese Trennung fortgesetzt. Ja, es stimmt tatsächlich: Der Aufsichtsrat hat mit sofortiger Wirkung die Bestellung von Herrn Voigtländer widerrufen. Deswegen – oh Wunder! – ist danach Herr Voigtländer auch nicht mehr zur Arbeit erschienen.

Ich kann Ihnen sagen – darüber habe ich mich ausdrücklich juristisch beraten lassen, weil ich so viel wie möglich sagen will –: Ich habe selten eine vertragliche Trennungsvereinbarung mit einem Banker erlebt, von der man sagen muss: Sie war fair – das rechne ich Herrn Voigtländer hoch an –, und sie hat, was Sie gerade ein bisschen insinuieren wollten, um möglichst bei den Menschen Unruhe zu schaffen, im Vergleich zu allem, was ich bisher in anderen Bereichen erlebt habe, eben nicht viel Steuergeld gekostet. Sie hat in einem geringen Umfang Steuergeld gekostet, weil es schließlich um eine vertragliche Regelung, um einen Vertrag ging, der Gültigkeit hatte, und um eine Einigung, weil eine Fortsetzung dieses Vertrages, eine Übertragung dieses Vertrages nicht zustande gekommen ist.

(Robert Stein [fraktionslos]: Ist denn ein Ver- trag da?)

Ich kann Ihnen hier sagen: Es gibt keine Abfindung. Es gibt keine Einmalzahlung. Es gibt keinerlei Ver

einbarungen, die in die Zukunft hineinwirken. Nennen Sie mir mal irgendwelche anderen Auflösungen von Verträgen, die noch eine Restlaufzeit von dreieinhalb Jahren hatten, bei denen das der Fall war.

Vor dem Hintergrund der Debatte, die wir hatten und über die ich Stillschweigen zu bewahren habe, halte ich das für einen richtigen und angemessenen Schritt. Er ist auch nicht das Eröffnen einer Baustelle, wie es Herrn Optendrenk in die Welt setzen wollte. Jeder hier weiß doch – auch die Zuhörerinnen und Zuhörer –, dass nicht dieser Finanzminister jetzt eine Baustelle WestLB oder Portigon eröffnet hat.

Ihre Redezeit.

Vielmehr geht es darum, eine Baustelle zu bearbeiten, sie möglichst schonend für den Landeshaushalt und den Steuerzahler abzuwickeln und das Ganze weiterzuentwickeln. Das tun wir.

Deswegen kann ich zum Schluss die Frage von Herrn Witzel wie folgt beantworten: Ja, ich bin der Überzeugung, dass innerhalb der Planungen und der immer wieder notwendigen Anpassungen an die veränderten Rahmenbedingungen der Weg von Portigon jetzt mindestens genauso beherzt weitergegangen werden kann, wie wir ihn bisher gegangen sind. Die Trennung ist lediglich aufgrund einer nicht zum Abschluss gekommenen Verhandlung über eine Vertragsanpassung erfolgt. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Finanzminister. – Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Dr. Optendrenk.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie berechtigt die Kritik am Verhalten des Finanzministers ist, hat sich an dem großartigen Klamauk der Redner der Regierungsfraktionen aus meiner Sicht sehr plastisch gezeigt.

(Beifall von der CDU – Zurufe von Dietmar Bell [SPD] und Martin Börschel [SPD])

Hier haben zwei Abgeordnete gesprochen, von denen nur einer die Gelegenheit hatte, an der Obleuterunde teilzunehmen. Der andere weiß also gar nicht, was dort besprochen worden ist – es sei denn, jemand hat es ihm erzählt.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Ja! Wir reden mitei- nander!)

Dann wird argumentiert: Sie sind ja in der Obleuterunde unterrichtet worden. – Ich frage Sie alle: Wir

sind 237 Abgeordnete des Landtags NordrheinWestfalen. Mit der Abwicklung der alten WestLB, mit der Portigon geht es um eine der wichtigsten finanziellen Fragen des Landes Nordrhein-Westfalen, was zukünftige Risiken betrifft. Und da soll ein Obleutegespräch, also Hinterzimmerpolitik, ersetzen, dass sich ein Gremium des Parlaments offiziell damit beschäftigt und der Minister dort auch persönlich Verantwortung übernimmt?

(Beifall von der CDU, der FDP und den PIRATEN)

Liebe Kollegen Börschel und Mostofizadeh, die Argumente, die Sie gebracht haben, lauten doch einfach: Am liebsten hätten wir, dass das Thema kleingekocht und möglichst intransparent behandelt wird, weil da keiner mehr Fragen stellen sollte.

(Hans-Willi Körfges [SPD]: Wir haben Geset- ze!)

Sie haben das Wort „Transparenz“ 57 Mal in Ihrem Koalitionsvertrag stehen. Das sollten Sie noch ein paar Mal lesen, bis Sie es verstanden haben.

(Beifall von der CDU, der FDP und Robert Stein [fraktionslos])

Herr Minister, wir hatten im Vorfeld der Beantragung der Aktuellen Viertelstunde im HFA auch schriftlich die Bitte geäußert, die ursprüngliche Vereinbarung, dass die Tagesordnung des HFA so gestrickt wird, dass Ihre vollständige Anwesenheit in Stralsund möglich ist, aufgrund eines aktuellen Vorgangs noch einmal zu überdenken. Im Lichte der Situation und im Lichte des Informationsbedürfnisses haben wir darum gebeten, dass derjenige, der im Kabinett politisch dafür verantwortlich ist, sich gegenüber dem HFA dazu äußert. Das ist weder unzumutbar, noch ist es überfallartig auf Sie zugekommen.

(Beifall von der CDU, der FDP und Robert Stein [fraktionslos])

Als Eigentümervertreter und Aufsichtsratsmitglied haben Sie an der Herbeiführung dieser Situation ja selbst durch eine Entscheidung mitgewirkt. Wenn dann beantragt wird, der Minister möge als Eigentümervertreter – 100 % der Portigon gehören dem Land Nordrhein-Westfalen, und zwar mit allen damit verbundenen Risiken – doch bitte einen Tagesordnungspunkt lang selbst anwesend sein und erst danach die Reise nach Stralsund antreten …

(Minister Dr. Norbert Walter-Borjans: Sie ha- ben doch gehört, dass das gar nicht geht!)

Natürlich geht das! Haben Sie kein Dienstfahrzeug? Das ist doch nicht wahr.

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Herr Minister, diese Bitte haben wir schriftlich an Sie gerichtet. Wenn Sie dann endgültig entscheiden, dass Sie es anders machen, sagen Sie aber bitte nicht, das gehe gar nicht anders. Ich weiß aus

früherer Zeit, dass Finanzminister, selbst wenn sie Vorsitzende der FMK und des Finanzausschusses des Bundesrates waren, auch schon mal erst abends zum ersten Teil gefahren sind und vorher den stellvertretenden Vorsitzenden – er ist genau dafür gewählt worden, Sie zu vertreten – haben repräsentieren lassen. Auch damals ging es um die WestLB.

(Beifall von der CDU, der FDP und Robert Stein [fraktionslos])

Herr Minister, es stellt sich auch die Frage, ob es nicht eine wesentliche Gabe eines guten Politikers ist, große und kleine Kartoffeln zu unterscheiden.

(Beifall von der CDU – Martin Börschel [SPD]: Ja, da haben Sie recht!)

In der akuten Situation, in der wir sind, gehört die Abwicklung der Portigon zu den größeren Kartoffeln. Die langfristigen Prozesse, die auf der FMK besprochen worden sind – bei einer Jahres-FMK werden nämlich alle anderen Tagesordnungspunkte in der Regel einstimmig behandelt, und zwar freitags morgens –, können Sie auch in einem anderen Rahmen besprechen – notfalls per Telefon. Die direkte Verantwortlichkeit eines Ministers im Parlament hat Vorrang gegenüber einer Aufgabe in der FMK. Davon bringen Sie mich auch nicht ab.

Wenn wir uns noch einmal vor Augen führen, worum es bei der Portigon denn geht, stellen wir fest, dass die Frage des Kollegen Witzel sehr viel berechtigter ist, als Sie hier den Anschein erwecken.

Wir haben im Sommer 2012 in diesem Landtag das Restrukturierungsgesetz behandelt. Dieses Gesetz ist mit den Stimmen der Koalition verabschiedet worden. Wir haben uns damals der Stimme enthalten.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Beim zweiten Versuch haben Sie sich enthalten!)

Damals haben unsere Sprecher unsere Zweifel daran deutlich gemacht, dass das im Restrukturierungsgesetz angelegte Modell tragfähig ist. Auch damals ging es schon um die Abwicklung über eine PFS, die allerdings noch nicht so hieß; seinerzeit lautete der Arbeitstitel „SPM-Bank“. Damals war klar: Wenn das nicht sehr sorgfältig gehandhabt wird, können Milliardenrisiken zusätzlich auf den Steuerzahler von Nordrhein-Westfalen zukommen. Und bei Milliardenrisiken muss man besonders vorsichtig sein, gerade wenn es sich um das Geld anderer Leute, nämlich der Bürgerinnen und Bürger, handelt. Deshalb ist dieser Punkt fundamental wichtig.