Protokoll der Sitzung vom 14.05.2014

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit Beginn des Jahres 2006 gibt es Änderungen in den Bestimmungen zur Fälligkeit der Gesamtsozialversicherungsbeiträge. Davor wurden die Sozialversicherungsbeiträge spätestens bis zum 15. des Folgemonats zur Zahlung gebracht. Ab 2006 werden die Sozialversicherungsbeiträge spätestens bis zum drittletzten Bankenarbeitstag des laufenden Monates entrichtet. Steht die tatsächliche Beitragsschuld wegen schwankender Entgelte nicht fest, so ist sie zu schätzen.

Es ist schon darauf hingewiesen worden, dass das Arbeits- und Sozialministerium 2007 bei den Arbeitgebervereinigungen einschließlich der Handwerksverbände in NRW nachgefragt hat, ob seitens der Unternehmen Bedarf nach Änderungen besteht. Grundlage für diese Befragung, war eine mögliche Initiative über den Bundesrat.

Die Unternehmensverbände haben übereinstimmend festgestellt, dass es keinen Änderungsbedarf gibt. Dies hat dazu geführt, dass die Landesregierung weitere Initiativen über den Bundesrat unterlassen hat.

Die Unternehmen haben darauf hingewiesen, dass die derzeitige Regelung natürlich eine gewisse Be

lastung für die Unternehmen beinhaltet – Zahlen sind ja genannt worden –, aber dass sich die Unternehmen zwischenzeitlich an die neue Vorgehensweise gewöhnt haben und deshalb keine Veränderung der Zahlungsmodalitäten anstreben.

Des Weiteren muss man darauf hinweisen, dass allein in der Rentenversicherung bei einer Rückkehr zum alten Zahlungsmodus eine Erhöhung der Beiträge anstehen würde. Damals ging man von 0,5 Prozentpunkten aus, und man wäre über diese Anhebung zu Lohnnebenkosten von über 20 % gekommen. Das wollte man nicht, weil die Lohnnebenkosten gerade in arbeitsintensiven Unternehmen bremsend für die Beschäftigung sein können, wenn man den Bogen überspannt. Dies will natürlich niemand.

Im Laufe der Zeit wurden auch Zahlungsvereinfachungen umgesetzt, die Unternehmen mit schwankenden Entgelten die Beitragszahlungen erleichterten. Dies ist für das Handwerk aufgrund sehr vieler säumiger Kunden ein sehr wichtiger Punkt. Die Rücknahme der Vorverlegung der Fälligkeit würde bedeuten, die Sozialversicherungsträger massiv zu belasten, da – auch darauf ist schon hingewiesen worden – im betreffenden Jahr nur elf Monatsbeiträge entrichtet würden. Außerdem wäre eine abermalige Umstellung mit einer Umstellung der Abrechnungssysteme verbunden. Auch dies kostet Zeit und Geld.

Wenn gefragt wird: „Was machen die Sozialversicherungsträger mit den hohen Beständen?“, kann ich nur antworten: Perspektivisch brauchen wir jeden Cent. Denken Sie an die demografische Entwicklung, an die damit verbundenen Konsequenzen für alle Sozialversicherungssysteme, die auf einer Beitragsbezogenheit beruhen, ausgehend von den Bruttolohnsummen! Das Dümmste wäre, jetzt eine breite Diskussion über die Senkung der Beiträge zu führen. Hierzu gibt es keine Spielräume.

Im Übrigen muss ich Ihnen sagen: Wahlgeschenke sind nicht vergeben worden. Wer die abschlagsfreie Rente nach 45 Versicherungsjahren als Wahlgeschenk bezeichnet, versündigt sich an der Würde der Menschen, die 45 Jahre gearbeitet haben. Das kann ich Ihnen sagen.

(Beifall von Achim Tüttenberg [SPD])

Die haben dafür doch Beiträge gezahlt. Wo sind denn da die Geschenke? Ich glaube, da ist einiges in den Köpfen verquer angekommen.

(Beifall von Christof Rasche [FDP] – Zuruf von Ralf Witzel [FDP])

Herr Kerkhoff, ich kann Ihnen nur sagen, ich freue mich auf Ihre Positivliste, die Sie für eine mögliche CDU/FDP-Regierung zusammenstellen wollen. Allerdings merke ich an, Schwarz-Gelb funktioniert bekanntlich nur im Dortmunder Westfalenstadion. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von den PIRATEN – Zuruf von den PIRATEN: In Aachen funktioniert das auch!)

Vielen Dank, Herr Minister. – Für die FDP hat sich noch einmal Herr Kollege Alda zu Wort gemeldet. Bitte schön.

Herr Präsident, schönen Dank, dass ich noch einmal reden darf. – Herr Minister, Sie sind der Einzige, den ich vom Lob ausnehmen muss. Ich darf mich bei allen bedanken. Ich hatte den Eindruck, dass man sehr konstruktiv an die Sache herangegangen ist. Bis auf einen meines Erachtens fachlichen Fehler – ich sagte ja, ich spreche aus der Praxis – habe ich nur die Bereitschaft gefunden mitzureden. Dass das nicht einfach ist, kann ich Ihnen auch aus der Praxis bestätigen.

Ich frage Sie aber, Herr Minister, 13 Beiträge sind kassiert worden. Elf fehlen plötzlich. Wo sind die denn? Die sind verfrühstückt worden. Das ist das Problem. Genau das ist der Punkt, bei dem ich Ihnen sage: Je mehr Sozialversicherungsbeiträge Sie kassieren, je mehr Sie die Beiträge erhöhen, desto mehr verschwinden in einem unendlichen Schlund. Das wird definitiv alles verfrühstückt und ist dann weg.

Trotzdem wollte ich meinen Redebeitrag nicht mit bösen Worten beenden, sondern möchte nur sagen: Diejenigen, die die Last tragen, liebe Kolleginnen und Kollegen, stöhnen nicht bei den IHKs und den Verbänden, die weinen leise untereinander und hoffen, dass sie mit ihren Banken überleben. – Danke schön.

(Beifall von der FDP – Minister Guntram Schneider steht noch in der Nähe des Red- nepults.)

Das war keine Kurzintervention, sondern ein regulärer Debattenbeitrag.

(Minister Guntram Schneider: Darf ich noch mal?)

Wenn die Regierung das Wort ergreifen möchte, hat sie immer das Recht dazu. Bitte.

Herr Alda, drei Anmerkungen:

Erstens. Ich glaube, unsere Rentenversicherung und die Sozialversicherung insgesamt sind so verantwortungsvoll, dass sie kein Geld verfrühstücken.

Zweitens. Ich vertraue auch in diesem Punkt den Verbänden der Wirtschaft und den Kammern und

glaube, dass sie das wiedergeben, was in den Unternehmen gedacht wird.

Drittens. Ich bin auch der Auffassung, dass wir im Ausschuss darüber nachdenken müssen, wie man arbeitsintensive Unternehmen weiterhin entlastet. Dies ist eine Selbstverständlichkeit. – Danke schön.

Vielen Dank, Herr Minister. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Wir sind am Schluss der Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 16/5468 an den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales – federführend – sowie an den Ausschuss für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk. Die abschließende Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer dieser Überweisungsempfehlung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Ist jemand dagegen? – Enthält sich jemand? – Das ist jeweils nicht der Fall. Damit ist die Überweisungsempfehlung einstimmig angenommen.

Ich rufe auf:

12 Professionelles Management für Autobahn

baustellen einführen

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 16/5765

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Redner für die antragstellende CDU-Fraktion Herrn Abgeordneten Schemmer das Wort. Bitte, Herr Kollege.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! NordrheinWestfalen ist auf vielen Gebieten Schlusslicht, zum Beispiel bei der Haushaltskonsolidierung. Die PISAErgebnisse sehen nicht besser aus. Bei den Arbeitslosenquoten der westdeutschen Bundesländer sind wir auch Schlusslicht. Wir haben mehr als doppelt so viele Arbeitslose als Bayern und BadenWürttemberg und fast doppelt so viele wie Hessen oder Rheinland-Pfalz.

Und wo sind wir Spitze? Bei den Staus. In keinem Land sind die Straßen so verstopft wie in NordrheinWestfalen. Nordrhein-Westfalen war 2013 wieder Stauland Nummer eins, und in 2014 wird kräftig daran gearbeitet, diesen Spitzenplatz zu halten.

Zwar kommen wir nach den offiziellen Zahlen nur auf 57.000 km Stau im Jahr, geschönt vom Ministerium. Der ADAC spricht von 221.000 km. Ich glaube, das ist deutlich näher an der Wirklichkeit.

Alleine durch Baustellenstaus entsteht jährlich ein gewaltiger volkswirtschaftlicher Schaden. Weltmeister waren wir im Stausommer 2013 wegen der unkoordinierten und nicht abgestimmten Baustellenplanung. Ich erinnere an das Verkehrschaos durch die Teilsperrung A 52 Ruhrtalbrücke Essen – Düsseldorf.

2014 sieht das Ganze aber nicht besser aus. Gucken wir es uns an: Westkreuz A 40 Essen – Bochum, Fertigstellung war 2014 geplant. Wir kommen locker wieder einmal in das Jahr 2015 oder – da fahre ich laufend her – die A 31 vom Ruhrgebiet Richtung Nordsee. Seit drei Jahren wandert wöchentlich der Stau, und der Fotoapparat am Straßenrand wandert mit.

Die Sperrung der A 40 und der A 52 dauerte viel länger als ursprünglich angekündigt. Autobahnausfahrt am Westkreuz der A 40, Bochumer Westkreuz Richtung Dortmund. A 59: Gucken wir uns das Desaster derzeit an. Kurzum: Chaos allerorten. Die Landesregierung steht dem hilflos gegenüber, sieht eher aus wie eine Laienspielschar.

Die Gründe für die vielen Staus sind schlicht verkehrte Planungen durch die rot-grüne Landesregierung. Wir hatten den Planungsstopp im Jahre 2011 durch den Staatssekretär Becker. Der damalige Minister hat mitgemacht, ob er es gemerkt hat, weiß ich nicht.

2013 haben Sie 40 Millionen € an den Bund zurückgegeben. Sie hätten sich einmal ansehen sollen, wie das in den Jahren 2008 bis 2010 war, als wir noch 143 Millionen € zusätzlich vom Bund bekommen haben.

Die Fehlplanungen gehen voran. Nun bin ich sehr viel unterwegs wie andere wahrscheinlich auch. Wenn man an so einer Baustelle auf der A 31 vorbeifährt, dann arbeitet da, wie gesagt, immer nur ein Mann, nämlich derjenige, der die Blitze aufstellt. Von Effizienz bei der Baustellenplanung keine Spur.

Bei manchen Baustellen hat man eher das Gefühl, dass die dort arbeitenden Menschen bereits in der dritten Generation tätig sind. Beeinträchtigungen muss es natürlich immer geben. Aber würde man vernünftige Planungen machen, käme man sicherlich auch deutlich weiter und besser voran.

Unsere Forderungen: professionelles Baustellenmanagement, um die Bauzeiten deutlich zu verkürzen, das Ganze etwas bündeln und nicht nebeneinanderher laufen lassen, also wenn die Autobahn eine Baustelle hat, soll die parallel laufende Bahnstrecke nicht gleichzeitig auch eine haben. Ausnutzen der Tageshelligkeit von April bis Oktober, Sechs-Tage-Woche, häufiger bei den stark befahrenden Straßen auch Nacht- und Wochenendarbeit, insbesondere aber für die Firmen Bonus und Malus, und zwar vertraglich geregelt. So könnte man den volkswirtschaftlichen Schaden deutlich reduzieren.

Als dann erstmalig im April dieses Jahres die Ministerpräsidentin sagte „ich stehe dauernd im Stau“, da kann ich nur sagen: Wenn sie dann doch noch einmal festgestellt hat – das hat zwar lange gedauert, vier Jahre –, dass es diese vielen Staus hier gibt, dann sollte das vielleicht ein Ansporn für Rot-Grün sein, das Ganze zu beseitigen. Ich habe sie hier heute nicht gesehen, weil sie krank ist. Ich wünsche und hoffe, dass sie zuhause besser genesen wird, als sie genesen würde, wenn sie laufend im Stau stünde. – Schönen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Schemmer. – Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Tüttenberg.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach dem frenetischen Beifall der CDU fällt es mir natürlich jetzt schwer, hier einzusteigen. Immerhin, Herr Kollege Schemmer, nachdem Sie wieder auf dem Platz sitzen, ist Ihre Fraktion wieder zweistellig vertreten. Das ist immerhin auch bemerkenswert –

(Widerspruch von der CDU – Christof Rasche [FDP]: Unverschämtheit!)

bei einem Antrag, den Sie hier eingebracht haben. Es ist ja Ihr Antrag, über den gesprochen wird. Ihre magere Anwesenheit zeigt doch, wie ernst Sie selbst Ihren Antrag nehmen.