Ähnlich geht auch der Europäische Gerichtshof vor. Er wertet die in der EU-Richtlinie beschriebene Datenspeicherung zu Recht einerseits als sehr starken Eingriff in die Grundrechte aus den Artikel 7 und 8 der EU-Charta, beschreibt aber gleichzeitig eine
Vielzahl von Voraussetzungen, die die Vorratsdatenspeicherung dennoch rechtskonform machen können, zum Beispiel: Festlegung einer maximalen Speicherungsdauer, Differenzierung zwischen den Kommunikationskanälen, also zwischen Telefon und Internet, aber auch Differenzierung zwischen den Adressaten der Speicherungen.
Da fällt einem sofort derjenige ein, der Berufsgeheimnisträger ist, bzw. fallen einem auch Leute ein, die das Recht der Pressefreiheit für sich reklamieren. Ich denke, es ist kaum möglich, die der allgemeinen Speicherung zu unterziehen.
Es kann und muss aus unserer Sicht so sein, dass wir baldmöglichst zu einer europarechtskonformen Verfassungsreform und vor allen Dingen auch zu einer europaweiten Regelung kommen, die zudem noch mehrheitsfähig sein muss. Das sind Anforderungen, die man nicht eben mal schnell mit links nebenbei erfüllen kann. Das muss intensiv beraten werden und erfordert sehr gewissenhafte, gründliche Arbeit.
Deswegen bin ich der Meinung, heute hier zu sagen – wie es die Grünen und die Linken im Bundestag gesagt haben –, wir dürfen uns gar nicht mehr mit dem Thema beschäftigen, wäre quasi ein Befassungsverbot für das Parlament. Das geht gar nicht.
Aber auch, was die FDP heute fordert, zu sagen, wir legen uns heute fest, wir verzichten auf das Instrument der Vorratsdatenspeicherung, halte ich erstens für falsch und zweitens für völlig verfrüht. Ich würde mich auf eine intensive konstruktive, ruhig kritische Diskussion freuen, …
… die dazu führt, dass wir europaweit die Sicherheitsstandards nicht nur zum Selbstzweck, sondern vor allen Dingen zum Schutz der Opfer erhöhen. – Danke schön.
Vielen Dank, Herr Kollege Lohn. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Herr Kollege Bolte.
uns vorgeworfen, nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs – wie im Übrigen vor diesem Urteil auch schon – eine kritische Haltung zur Vorratsdatenspeicherung einzunehmen. Dass die CDU sofort nach dem Urteil nach einer Wiedereinführung gerufen hat, passt auch nicht so richtig in diese Argumentation, die Sie gerade zum Besten gegeben haben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist in relativ kurzer Frist das dritte Mal, dass wir uns hier in diesem Hohen Hause mit der Frage der Vorratsdatenspeicherung auseinandersetzen. Das ist zweifelsohne ein hochinteressantes Thema, das uns insgesamt schon seit vielen Jahren beschäftigt und wozu es auch immer wieder etwas Neues zu diskutieren gibt, zuletzt das Urteil des Europäischen Gerichtshofs.
Ich habe im Zusammenhang mit diesem Urteil immer gesagt: Dieser 8. April 2014 ist ein guter Tag für die bürgerlichen Freiheitsrechte in Europa gewesen, an dem der EuGH die Richtlinie über die Vorratsdatenspeicherung für nichtig erklärt hat. Denn es ist nach den Diskussionen, die wir hatten, keine Neuigkeit: Für uns als Grüne stellt die Vorratsdatenspeicherung einen massiven und unverhältnismäßigen Eingriff in die Grundrechte dar.
Der Gesetzgeber hat immer die Abwägung zu treffen, ob eine angestrebte Maßnahme, ein angestrebter Grundrechtseingriff nicht nur geeignet, sondern auch verhältnismäßig ist. Auch bei der Geeignetheit gab es immer schon kritische Stimmen. Bei der Verhältnismäßigkeit ist das Urteil des EuGH eindeutig. So, wie es bisher gelaufen ist, ist es mit den Grundrechten unvereinbar.
Ich fand, einen bemerkenswerten Kommentar zu diesem Urteil hatte Heribert Prantl geschrieben, der das Urteil als das Ende der Maßlosigkeit bezeichnet hat. Ich glaube, da ist viel dran. Da ist auch insgesamt viel dran für die innenpolitische Diskussion, wie wir sie in den letzten Jahren erleben mussten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, aus meiner Sicht ist klar: Der Ball für die weitere Diskussion liegt zunächst in Brüssel. Es ist eine sehr vernünftige Position, die der Bundesjustizminister eingenommen hat, dass es nämlich sinnvoll ist, jetzt nicht auf nationale Alleingänge zu setzen.
Wir haben es mehrfach dargestellt: Für den Fall, dass eine Bundesregierung auf die Idee kommt, sich auf das Abenteuer einzulassen, vielleicht noch einmal alle Spielräume und Möglichkeiten, die sich aus diesen Urteilen des EuGH und des BVerfG ergeben, auszupressen, haben wir als Koalition klare Spielregeln. Wir haben auch klare Spielregeln für das weitere Verfahren. Dann wird erst im Bundes
Für den Fall, dass wir uns in der Koalition bis dahin nicht auf eine Position verständigen konnten, würde sich Nordrhein-Westfalen – wie wahrscheinlich auch viele andere Länder – der Stimme enthalten. Man muss kein Meister der Mathematik sein, um herauszufinden, dass die derzeitige Regierungskoalition in Berlin im Bundesrat aus dem Stand nicht auf 35 Stimmen kommt.
Ich finde interessant, was dieses Urteil als Diskussion innerhalb der deutschen Parteienlandschaft hervorgebracht hat. Hans-Willi Körfges bin ich sehr dankbar dafür, dass er aufgezeigt hat, dass es innerhalb der Sozialdemokratie vor dem Urteil schon sehr viele gab, die eine äußerst kritische bis ablehnende Haltung zur Vorratsdatenspeicherung eingenommen haben. Ich finde es hochinteressant, diese Diskussion weiter zu begleiten und zu beobachten. Denn bisher gab es eine Mehrheit innerhalb der SPD, die das anders gesehen hat und – das haben wir alle beobachtet – für eine Weiterführung der Vorratsdatenspeicherung war.
Sollte es dazu kommen, dass es irgendwann einmal wieder ein Bundesgesetz zu diesem Thema gibt, dann werden wir schauen: Ist auch auf Sie Verlass? Im Moment betrifft es nur Sachsen, die sächsische Landesregierung. Auch da gibt es noch keine klaren Bekenntnisse.
Aber grundsätzlich muss man sehen: In der Opposition flott reden, das kann jeder. Wenn wir uns einmal einen Blick auf die Regierungsarbeit der FDP erlauben, Herr Kollege Orth, dann sehen wir, dass wir uns von Ihnen keine Ratschläge abholen müssen.
Hans-Willi Körfges hat es angesprochen: OnlineDurchsuchungen von der FDP, von Innenminister Wolf eingeführt. Sie, Herr Dr. Orth, sagten damals, das sei das „angemessene Instrumentarium“, das Sie damals in das Verfassungsschutzgesetz geschrieben haben. Innenminister Wolf hielt unsere grundrechtlichen Vorbehalte für „völlig abwegig“.
Wenn man sich das vergegenwärtigt, dann sieht man einfach, dass Ihr Antrag nicht nur eine große zeitliche Nähe zur Europawahl hat, sondern auch eine sehr große Wahlkampfkomponente insgesamt.
Im Übrigen, liebe Kolleginnen und Kollegen, gehe ich davon aus, dass das Thema „Vorratsdatenspeicherung“ uns noch länger
Wir Grüne werden natürlich mit großem Interesse die Meinungsbildung in allen anderen politischen Gruppierungen begleiten. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Bürgerinnen und Bürger im Saal und im Livestream! Gruß auch an die Sicherheitsesoteriker! Am 8. April dieses Jahres sprach der Europäische Gerichtshof von Bürgerrechtlern lange erwartetes Recht. Liebe Kollegen von SPD und CDU, Überraschung: Die Vorratsdatenspeicherung ist rechtswidrig. Sie ist ein Eingriff in die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger – ich zitiere das Gericht mit Erlaubnis der Präsidentin – von großem Ausmaß und besonderer Schwere. – Ende des Zitats.
Der EuGH erteilte dann auch der Nutzung der Daten für die Kriminalitätsbekämpfung eine klare Absage, Herr Lohn.
Das Urteil unseres höchsten EU-Gerichts zeigt: Nicht wir, die Bürgerrechtler, die Verfechter von Grundrechten, wir Freunde der Privatsphäre, nicht wir lagen falsch, sondern diejenigen, liebe CDU und SPD, die entgegen wichtigen Grundprinzipien unseres Rechtsstaates eine anlasslose und undifferenzierte Massenüberwachung der Gesellschaft beschlossen hatten.
Der Europäische Gerichtshof hat die Richtlinie regelrecht auseinandergenommen. Sie war unverhältnismäßig. Im Text regierten ein Überwachungsfanatismus und eine Blindheit für objektive und zielgerichtete Ermittlungsarbeit. Lesen Sie sich das Urteil durch! Dann werden Sie feststellen, dass der Europäische Gerichtshof an vielen, vielen Stellen das Fehlen objektiver Kriterien verurteilt hat.
Die Hardliner predigen aber – wir haben es eben wieder erlebt – entgegen besseren Wissens immer noch, wir bräuchten eine Vorratsdatenspeicherung. – Nein, wir brauchen eine zielgerichtete und verhältnismäßige Polizeiarbeit.
Wenn berechtigter Verdacht besteht, dann sollen die Ermittlungsbehörden notwendige und verhältnismäßige Befugnisse erhalten, aber auch nur dann. Jedwede Forderung nach einer Vorratsdatenspeicherung hingegen ist demokratiefeindlich,
Meine Damen und Herren, Ihr Sicherheitsesoteriker: Die Vorratsdatenspeicherung ist tot. Der Europäische Gerichtshof hat zu Recht der Vorratsdatenspeicherung den Todesstoß versetzt. Jetzt müssen wir ihr einen schnellen und überdeutlichen politischen Abgang bereiten. Wir brauchen eine klare Absage an dieses rechtswidrige Instrument und eine deutliche Zusage für die Grundrechte unserer Bürger.