Protokoll der Sitzung vom 05.07.2012

(Beifall von den GRÜNEN)

Treibhausgase gefährden aber unsere Erde eben nur indirekt, schleichend und vor allem in Regionen, die ganz, ganz weit weg von uns liegen: in Bangladesch, in der Sahel-Zone und in Gebieten, die noch viel weiter entfernt sind. Gerade deshalb aber weil

wir diese Veränderungen nicht sehen, weil wir sie nicht riechen, weil wir sie nicht fühlen und nicht am eigenen Leib ganz direkt erfahren können, haben wir eine Verantwortung, hier zu handeln. Deswegen haben alle Industrienationen eine Verantwortung, Treibhausgasemissionen einzudämmen. Das gilt für alle Industrieländer, auch für Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Denn eines ist doch klar: Wenn NordrheinWestfalen nicht handelt und nicht der eigenen Verantwortung gerecht wird, dann wird auch die Bundesregierung ihre gesetzten Klimaschutzziele niemals erreichen können. Deshalb ist es so wichtig, dass wir in Nordrhein-Westfalen endlich ein Klimaschutzgesetz bekommen, mit dem wir unserer Verantwortung gerecht werden und unsere Kommunen, die Bürgerinnen und Bürger, das Handwerk, den Mittelstand und unsere Industrie für die Zukunft fit machen. – Danke schön.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Brems. – Für die FDP-Fraktion hat der Kollege Höne das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Klimaschutzgesetz, wie es hier eingebracht wurde, stellt eine Feuerprobe dafür dar, ob die Dinge in der NRW-Landesregierung so bleiben, wie sie 2010 bis 2012 waren, oder ob es Veränderungen gibt. In diesem Fall stelle ich ganz konkret die Frage: Bleibt es dabei, dass im Industrie- und Energieland Nummer eins ein grüner Umweltminister alles und ein roter Wirtschaftsminister nichts zu sagen hat.

(Beifall von der FDP)

Es ist ganz offensichtlich, dass die SPD nicht will, dass das Verhältnis so einseitig bleibt. Das hat man im Wahlkampf spüren können. Man konnte das bei der Regierungsbildung bzw. der kleinen -umbildung deutlich sehen: Man möchte die Kompetenz im Wirtschaftsbereich stärken.

Dazu passen auch Äußerungen von Herrn Römer in der „Welt“ vom letzten Sonntag. Er antwortete auf die Frage, was denn mit dem Klimaschutzgesetz passieren soll: „Das wird dem Landtag bald in veränderter Form vorgelegt.“ – Die nächste Frage lautete: „Mit welchen Veränderungen?“ – Antwort: „Die Erkenntnisse aus den umfangreichen Anhörungen werden in den Entwurf eingearbeitet.“

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn man den alten und den neuen Entwurf miteinander vergleicht, stutzt man bei diesen Antworten eigentlich ein bisschen. Man könnte meinen, die SPD habe ihren Wahlsieg zur Umsetzung eben solcher Ankündigungen wirklich genutzt – genutzt zugunsten eines

fairen Ausgleichs verschiedener Interessen im Bereich des Klimaschutzes, genutzt auch im Interesse des Industriestandortes NRW und der damit verbundenen Arbeitsplätze.

Veränderungen findet man aber im Vergleich zum alten Entwurf nicht. Herr Kollege Römer, die substanziellste Veränderung im Klimaschutzgesetz ist die neue Drucksachennummer. Und die hat nicht die SPD durchgesetzt, sondern die Landtagsverwaltung.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Es handelt sich um alten Wein in neuen Schläuchen. Dieser Wein ist ja in den Anhörungen der letzten Legislaturperiode bereits bewertet worden. Die Kritik war – ich kann das kurz zusammenfassen – vernichtend.

Zunächst einmal standen und stehen wieder einmal, muss man leider sagen, bei einem rot-grünen Gesetz berechtigte verfassungsrechtliche Bedenken im Raum.

Inhaltliche Kritik kam in selten gesehener Einigkeit aus der Wissenschaft, aus der Wirtschaft, von den Gewerkschaften. Diese Kritik war aus Sicht der FDP absolut berechtigt und nachvollziehbar. Die Begründung dafür ist ganz einfach. Herr Minister Remmel, Ihr Klimaschutzgesetz schützt das Klima einfach nicht. Sie packen ein globales Problem mit den falschen regionalen Werkzeugen an.

(Beifall von der FDP)

Das gegenwärtige System des Emissionszertifikatehandels führt dazu, dass CO2-Einsparungen hier in Nordrhein-Westfalen zum größten Teil an anderen Stellen in der EU durch mehr Verbrauch wieder ausgeglichen werden, meistens bei geringeren Umweltstandards. Wenn wir als einzelnes Bundesland also in dieses Handelssystem so hineinpfuschen, zerstören wir dessen Effizienz. Das ist sicherlich nicht im Interesse des Klimaschutzes.

(Beifall von der FDP)

Wie absurd dieses Gesetz ist, zeigt sich, wie ich finde, sehr deutlich an einem kleinen Beispiel. Ein Unternehmen, das heute schon produziert, baut eine neue Produktionsanlage. Diese Anlage ist in der Lage, die doppelte Menge zu produzieren, allerdings nur bei 25 % erhöhtem Schadstoffausstoß. Pro Stück ist das Produkt also umweltfreundlicher geworden. Das Unternehmen ist wettbewerbsfähiger.

Nach Ihrem Gesetz wären solche Ausweitungen der Kapazität gar nicht mehr möglich. Die zusätzlichen Produkte würden dann in anderen Ländern hergestellt. Sie schützen also unter dem Strich eben nicht das Klima.

(Beifall von der FDP)

Sie verunsichern dafür aber Unternehmen in Nordrhein-Westfalen und gefährden langfristige Investitionen.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Die verunsichern Sie mit Ihren Wortbeiträgen!)

Und Sie gefährden Arbeitsplätze in NordrheinWestfalen.

(Beifall von der FDP)

Es gibt sicherlich ein, zwei Lichtblicke im Gesetzentwurf. Ein Monitoring zum Beispiel zur Ermittlung und Bewertung der entsprechenden Einsparpotenziale ist absolut sinnvoll. So kann man gewährleisten, dass vor Ort die effizientesten Lösungen auch umgesetzt werden können. Da sind wir nahe beieinander.

Wir wehren uns aber dagegen, dass das Gesetz über die Landesplanung sämtliche Vorhaben, die wirtschaftliche, die soziale, die sonstige Umweltschutzzwecke verfolgen, unter den absoluten Vorrang des Klimaschutzes stellt und sie sich auch vor diesem rechtfertigen müssen.

Ziel muss es aus unserer Sicht sein, einen fairen und langfristig sinnvollen Interessenausgleich zu schaffen. Nur dann kann man nämlich auch in der Gesellschaft die Akzeptanz für Klimaschutzmaßnahmen steigern.

Wir wehren uns auch dagegen, dass die in den Klimaschutz aufzunehmenden Maßnahmen bereits jetzt verbindlich feststehen, obwohl doch noch gar nicht sicher ist, welche Maßnahmen sich im Einzelnen als tauglich erweisen werden. In der gegenwärtigen Form läuft es darauf hinaus, dass Verbrauchern und Wirtschaft kostspielige, aber kaum effiziente CO2-Minderungsmaßnahmen quasi planwirtschaftlich vorgegeben werden. Effektivität und Effizienz sind doch für Sie, wenn überhaupt, nur zweitrangig.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in den gestrigen Debatten wurde oft gesagt, dass kein Gesetz dieses Haus so verlässt, wie es hineingekommen ist. Ich persönlich hoffe das gerade bei diesem Gesetz wirklich sehr. Insbesondere hoffe ich, dass sich das Kräfteverhältnis zwischen unserem grünen Umweltminister und dem roten Wirtschaftsminister ein bisschen mehr angleicht. Ich freue mich darum auf die Beratungen im Ausschuss. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die Piratenfraktion spricht der Kollege Rohwedder.

Frau Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Piratenpartei in Nordrhein-Westfalen hat bereits 2010 zur

Landtagswahl die Forderungen der Klima-Allianz nach einem Klimaschutzgesetz unterstützt. Erstaunlicherweise sind nicht alle unsere Forderungen aus dem Jahr 2010 bisher umgesetzt worden, auch nicht diese Forderung. Deshalb halten wir diese Forderung aufrecht. In einem Positionspapier für die Landtagswahl 2012 haben wir das noch einmal unterstrichen. Auch hier möchte ich das tun.

Die Fiaskos, die die groß angelegten globalen Regelungsversuche wie die UN-Klimakonferenz in Kopenhagen, Durban usw. und auch die jetzt gescheiterte Nachhaltigkeitskonferenz in Rio erlebt haben, zeigen die Notwendigkeit des Handelns auf regionaler und lokaler Ebene. Wir müssen global denken, aber lokal handeln. Die Energiewende, die ja ein wichtiger Bestandteil des Klimaschutzes ist, ist dezentral und sie ist lokal. Die Rahmenbedingungen dafür werden auf höheren Ebenen geschaffen, zum Beispiel hier auf Landesebene mit einem Klimaschutzgesetz. Das ist dafür durchaus geeignet. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung.

(Beifall von den PIRATEN)

In unserem Programm zur Landtagswahl haben wir geschrieben, dass wir die Formulierung verbindlicher Ziele innerhalb eines bestimmten zeitlichen Rahmens in diesem Bereich der Umweltpolitik ablehnen. Erfolgreiche Umweltpolitik muss sich ständig am Möglichen und Erwünschten messen und Impulse für die Zukunft geben.

Verbindliche Ziele, ganz eng formulierte verbindliche Ziele haben nämlich Nachteile. Es hat sich inzwischen gezeigt, dass es keine Konsequenzen gibt, wenn man diese Ziele nicht erreicht. Da wird einfach mit den Schultern gezuckt: Ja, schade.

Neue technische Entwicklungen machen ein ständiges Nachbessern der Zielvorgaben nötig. Die neuen technischen Entwicklungen können ihre Möglichkeiten nicht entfalten, ihre positiven Wirkungen, wenn diese Zielvorgaben nicht als Minimalziele dann zumindest definiert sind. Wir finden, die Zielvorgaben werden in diesem Gesetzentwurf als Minimalvorgaben definiert. Dadurch hat man die Möglichkeit, neue technische Entwicklungen, die sich durch Forschung und Entwicklung ständig neu ergeben, dort noch einzuarbeiten. Das ist auch ein guter und richtiger Weg, der hier gegangen wird.

Positiv hervorzuheben ist bei dem Entwurf auch die Einsicht, dass Maßnahmen am effektivsten auf lokaler Ebene durchgeführt werden können und müssen.

In der Begründung für den § 5, der das ausführt, fehlen uns aber die positiven wirtschaftlichen Aspekte, die die lokale Energiewende mit sich bringt, die auch den wichtigsten Teil des Klimaschutzes ausmachen werden, die regionale Wertschöpfung für die kleinen und mittelständischen Betriebe, für die Arbeitsplätze und die Steueraufkommen. Das sollte dort unbedingt noch erwähnt werden, um

auch der Demagogie den Wind aus den Segeln zu nehmen, so etwas wie Klimaschutz, Umweltschutz und Energiewende würde der Wirtschaft schaden, obwohl das genaue Gegenteil der Fall ist.

(Beifall von den PIRATEN)

Wir begrüßen auch ausdrücklich die in § 6 vorgesehenen Dialog- und Partizipationsverfahren. Das ist nun wirklich ein Piratenthema: direkte Bürgerbeteiligung.

(Zurufe von Renate Hendricks [SPD] und Rainer Schmeltzer [SPD])

(Zuruf von Rainer Schmeltzer [SPD])

Ja, das ist gut, wenn Sie das mit übernehmen. In diesem Fall dürfen Sie gerne raubkopieren. Das ist kein Verbrechen.