Protokoll der Sitzung vom 02.07.2014

Herr Kollege Laschet, wenn Sie sich dieser Auseinandersetzung nicht stellen – und ich habe bisher noch keinen Versuch von Ihnen gesehen, das zu tun –, dann werden die Menschen in ihrer Haltung bestätigt werden: Ja, die CDU in NordrheinWestfalen sitzt zu Recht auf dieser Oppositionsbank. Da gehört sie auch hin.

Ich sage Ihnen: Bleiben Sie da. Sie haben Ihre Oppositionsrolle verinnerlicht. Ihre Rede war der letzte Beweis dafür, meine Damen und Herren. – Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Römer. – Für die FDP-Fraktion hat Herr Kollege Lindner das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Kollege Römer, Sie haben Armin Laschet eben vorgeworfen, er würde nicht über die Zukunft sprechen, und selber dann eine Rede gehalten, in der Sie sich mehr an der Regierungsbilanz von Schwarz-Gelb bis 2010 abgearbeitet haben

(Stefan Zimkeit [SPD]: Die war so negativ, dass wir noch eine Stunde darüber reden könnten!)

als an der mittelfristigen Finanzplanung dieses Landes.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Herr Römer, meine Lieblingspassage Ihrer Rede war – das werde ich mir nachher auch noch einmal in der exakten Formulierung aus dem Protokoll zur

Seite legen –, dass Sie allen Ernstes am heutigen Tag an diesem Pult gesagt haben:

„Deshalb haben wir dieses Besoldungsgesetz so angelegt, wie es im Grunde auch vom Gericht bestätigt worden ist.“

(Heiterkeit und Beifall von der FDP und der CDU)

Das haben Sie hier so gerade gesagt. Das ist ein Zeichen für fortschreitenden Realitätsverlust, Herr Kollege Römer. Sie haben gestern nicht gewonnen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Herr Römer, eine so krachende Niederlage – Zeitungen schreiben heute, es sei keine Ohrfeige, sondern ein Faustschlag ins Gesicht gewesen – hier vor den Augen der Öffentlichkeit in einen großen Sieg umzudeuten, wird selbst Ihnen und den sozialdemokratischen Begriffsklempnern nicht gelingen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Ich erlaube mir auch einen einzigen Blick zurück, Herr Römer, weil das so nahe liegt. Ich habe mir während Ihrer Rede noch einmal herausgesucht, was Sie am 10. Juli 2013 gesagt haben, also vor fast genau einem Jahr, als das gestern für nichtig erklärte Gesetz hier beschlossen wurde. Damals haben Sie gesagt – Zitat –:

„Wir werden heute selbstverständlich ein verfassungskonformes Gesetz verabschieden.“

Und weiter, gewendet an die Oppositionsfraktionen – Zitat –:

„Sie leben von Ihren Vorbehalten und Vorurteilen, Sie leben von einer populistischen Empörungsmaschinerie, die der Kollege Lindner beispielhaft in Gang setzt. Deshalb werden Sie damit auch scheitern, meine Damen und Herren!“

Ein Jahr später sind nicht wir gescheitert, sondern Sie, Herr Römer.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Gestern hat die Landesregierung von Hannelore Kraft eine dreifache Niederlage einstecken müssen: rechtlich, finanziell und politisch.

Erstens. Der Finanzminister hat eben hier in seiner bemerkenswerten Unterrichtung den Versuch unternommen, Verfassungsbruch gewissermaßen zur Normalität zu erklären. Für Nordrhein-Westfalen ist das die traurige Realität. Es sollte aber nicht der Anspruch einer Landesregierung sein, Herr Finanzminister.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Sie haben hier gesagt, es käme ja permanent vor, dass eine Regierung in Karlsruhe oder in Münster scheitere. Das sei eben so. Es gebe schließlich offene Rechtsfragen, und die müssten dann die Ge

richte beantworten. – So haben Sie hier eben Ihr Scheitern verklären wollen.

Herr Finanzminister, hier gab es keine offene, umstrittene Rechtsfrage. Hier im Landtag NordrheinWestfalen hatten wir eine Anhörung, in der einer der Experten Ihrer Auffassung war und 20 andere Experten der Auffassung waren, dass dieses Gesetz, wie das Gericht gestern gesagt hat, evident verfassungswidrig ist. Hier kann man nicht von einer offenen Rechtsfrage sprechen, sondern es ist der bewusste Versuch, auf Verfassungsbruch zu spekulieren, damit Sie mit Ihrem letzten Haushalt noch über die Bundestagswahl kommen, ohne Einsparungen vorzunehmen. Das war intendiert.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Wenn Sie die Expertenurteile so in den Wind schlagen, wie Sie das hier beim Besoldungsgesetz gemacht haben, Herr Finanzminister, dann frage ich Sie: Warum gibt die Landesregierung jedes Jahr Millionen Euro für gutachterliche Stellungnahmen aus? Wenn Ihnen Expertenurteile nichts wert sind, dann können Sie darauf verzichten und da an erster Stelle sparen, wenn Sie so mit Expertenwissen umgehen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Zweitens. Vor der finanziellen Niederlage, Frau Kraft, haben wir Sie gewarnt. Wir haben Sie davor gewarnt, eine spekulative Finanzpolitik zu machen, die auf niedrige Zinsen, gute Konjunkturentwicklung, Rekordarbeitsmarkt und steigende Einnahmen

setzt, eine spekulative Finanzpolitik, die davon ausgeht, es gibt keine Risiken – weder durch Sturmschäden noch durch höhere Tarifabschlüsse, die dann im Haushalt abgebildet werden müssen.

Das alles haben Sie zur Seite gewischt. Im Gegenteil: Den sozialverträglichen Personalabbau der Regierung von 2005 bis 2010 haben Sie außer Kraft gesetzt und damit das Land in die Situation gebracht, die strukturell steigenden Personalausgaben auch in den nächsten Jahren nicht unter Kontrolle zu bekommen. Wir haben Ihnen gesagt: Sie werden in die Lage, in die Sackgasse kommen, dass Sie Ihre Versprechen oder die Verfassung brechen müssen.

Wir haben jetzt bei der Beamtenbesoldung den ersten Fall erlebt, bei dem Sie sowohl Ihr Versprechen gegenüber den Beschäftigten als auch die Verfassung gebrochen haben. Und das, Frau Kraft, wird sich bis 2020 fortsetzen.

Heute leben wir in der Situation der Haushaltssperre. Und das ist schon bemerkenswert. Haushaltssperre bedeutet, Frau Kraft, dass Sie als Regierung im Grunde die Gestaltungsverantwortung für Nordrhein-Westfalen abgeben müssen, dass auch der Haushaltsgesetzgeber keinen Einfluss mehr auf wesentliche Entscheidungen hat. Wir leben jetzt in der Mangelverwaltung.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Dann können auch gute Aufgaben, wenn sie freiwilligen Charakter haben, nicht finanziert werden – notwendige Investitionen beispielsweise,

(Ministerin Barbara Steffens: Genau!)

Ausgaben für Innovationen. Auch wichtige soziale Vorhaben können Sie nicht mehr finanzieren, weil wir jetzt in der Mangelverwaltung angekommen sind. Frau Kraft, wenn eine Landesregierung in Zeiten von Rekordeinnahmen die Haushaltssperre verhängen muss, dann ist das die Kapitulationserklärung und der politische Bankrott! Und den haben Sie zu verantworten.

(Beifall von der FDP, der CDU, den PIRATEN und Robert Stein [fraktionslos])

Mindestens den Bildungsbereich, Frau Kraft, sollten Sie von der Haushaltssperre ausnehmen.

(Ministerpräsidentin Hannelore Kraft: Das ha- ben wir doch schon gesagt!)

Das habe ich nicht so wahrgenommen. Sie haben nur gesagt, dies und das wird ausgenommen. Sagen Sie es klar! So haben es nämlich Schwarz-Gelb in ihrer Verantwortungszeit auch gemacht.

(Zuruf von Ministerin Sylvia Löhrmann)

Ja, in der Tat, Frau Löhrmann. das markiert den Unterschied zwischen Ihnen und uns. SchwarzGelb hatte damals wirklich einen Notstand, weil nach der Lehman-Pleite im Jahre 2008 die deutsche Wirtschaft um 5 % eingebrochen ist, während Sie zu Topkonjunkturzeiten nicht in der Lage sind, vernünftige Haushaltspolitik zu machen. Das ist der Unterschied.

(Beifall von der FDP, der CDU, den PIRATEN und Robert Stein [fraktionslos])

Drittens. Frau Ministerpräsidentin, nicht zuletzt sind Sie auch politisch gescheitert.

(Ministerpräsidentin Hannelore Kraft führt ein Gespräch.)

Da wird Frau Ministerpräsidentin gerade souffliert. Dann sind meine Bedenken möglicherweise unbegründet gewesen. Das freut mich. Dann hat die Debatte an einem Punkt schon Klarheit zutage gefördert.

Die politische Niederlage, Frau Kraft, bezieht sich auf Ihre Methode, Politik zu machen, die Art und Weise, wie Sie Politik machen.