Das in Rede stehende Ausmaß der Folgen des Orkans Ela, das die Folgen des Sturms Kyrill von Anfang 2007 bei Weitem übersteigt, ist öffentlichrechtlich kaum versicherbar bzw. ist dies nicht. Deswegen wird es eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sein, die Schäden in irgendeiner Form zu beseitigen. Gerade hat der Kollege Orth erwähnt: Ja, selbstverständlich gibt es Bäume, die 100 oder 200 Jahre alt sind. Ein Ersatz für derartige Bäume wird natürlich nicht eingekauft werden können, sondern es wird ein entsprechendes Konzept erstellt werden müssen, wie man innerhalb und außerhalb der städtischen Bereiche sinnvoll nachforstet. Man wird selbstverständlich eine Schadensbilanz aufzustellen haben, die das annähernd erfasst, wobei wir nicht davon ausgehen können, dass das wirklich eins zu ein erfasst werden kann.
Schäden, über die eben der Herr Innenminister berichtet hat, haben ein Ausmaß erreicht, welches das uns vorher bekannte Fassungsvermögen übersteigt. Seit dem Sturm laufen oder fahren wir täglich an Schadstellen vorbei und müssen das Ausmaß erschrocken zur Kenntnis nehmen. Bis heute ist man weit davon entfernt, von einer Räumbeseitigung der in die Hunderttausende gehenden Zahl gefallener Bäume sprechen zu können.
Die Aufräumarbeiten und vor allem die Wiederherstellung werden Jahre, möglicherweise sogar Jahrzehnte in Anspruch nehmen. Die Kosten, die damit verbunden sind, sind immens hoch und gehen in die Hunderte von Millionen Euro. Ein abschließendes Ergebnis der Schadensfeststellung steht aus. Eine Bewertung derselben – wie auch von Minister Remmel gesagt – steht ebenfalls aus.
Die Belastung der Kommunen ist enorm. Eine Evaluierung der Schäden und des Gesamtszenarios wird vonseiten der Piraten wie auch – davon gehe ich aus – vonseiten aller hier im Hause vertretenen Parteien für unerlässlich gehalten. Deshalb begrüßen wir grundsätzlich den Antrag der CDU-Fraktion, der sich sehr detailliert mit einzelnen Ressortaufgaben oder -projekten befasst.
Auf ihn und die Einzelaspekte möchte ich ganz kurz eingehen. Ich greife dabei durchaus gerne das auf, was Herr Kollege Priggen sagte, will aber die Behauptung, dass die Oppositionsfraktionen bei der Inaussichtstellung von Hilfen gleich wieder vor das Verfassungsgericht ziehen würden, in Abrede stellen. Wie ich eben schon sagte, geht es um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, für die selbstverständlich auch das Land Nordrhein-Westfalen mit den in Aussicht gestellten Hilfsmaßnahmen geradestehen wird.
Vielleicht ist es ein Zufall, aber das verfassungsrechtliche Urteil, über das wir gestern debattiert haben, wurde unter anderem dadurch erwirkt, dass der Verfahrensbevollmächtigte der Oppositionsfraktionen eine verfassungsgemäße Auslegung des Gesetzes über die Beamtenbesoldung vorgetragen hat. Dieser Professor heißt mit Vornamen Kyrill. Da gilt hoffentlich nicht: Nomen est omen.
Wir müssen eindeutig sagen: Die Folge davon haben wir vorgestern Abend vernehmen müssen, nämlich die Verhängung der Haushaltssperre über das Land Nordrhein-Westfalen. Ich darf davon ausgehen und nehme Herrn Minister Jäger ausdrücklich beim Wort, der gesagt hat, dass trotz der Haushaltssperre entsprechende Hilfsmaßnahmen geleistet werden und wohl ein entsprechend hoher und ausreichender Hilfsfonds eingerichtet werden kann. Im Hinblick auf die Finanzlage wird es also unerlässlich sein, unter Berücksichtigung der entstandenen Schäden den Kommunen sehr bald mitzuteilen, in welchem Umfang sie mit Hilfeleistungen werden rechnen können.
Eingehend auf den Antrag der CDU führe ich aus: Als Erstes ist das Innenministerium genannt. Der Kollege Kufen hat richtig ausgeführt: Die Kommunen operieren im Bereich der Stabsführung sehr präzise. Grundsätzlich stellt sich die Frage, Herr Kollege Kufen, ob das in gleichem Maße auf Bezirksregierungsebene und auf Landesebene eingerichtet werden muss. Möglicherweise reicht es, die Ergebnisse der präzise arbeitenden Kommunen und ihrer Stabsstellen zusammenzutragen. Dazu bedarf es einer Abfrage. Ob es dazu eines weiteren bürokratischen Aufwands auf Bezirksregierungs- und Landesebene bedarf, möchte ich in Zweifel ziehen.
Mit Blick auf Europa und den europäischen Solidaritätsfonds hat Herr Minister Jäger eben sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, wie schwierig es ist, von
dort Mittel zu erwirken. In der Tat: Es bedarf eines Mindestschadenswertes pro Region oder Land in Höhe von 1,5 % des Bruttoinlandsprodukts. Richtigerweise hat der Kollege Jäger erwähnt, dass das in Bezug etwa auf den Regierungsbezirk Düsseldorf eine Schadenssumme von 2,7 Milliarden € bedeutete. Diese Schadenssumme wird selbst unter Berücksichtigung der privaten Schäden wahrscheinlich nicht erreicht werden.
Wenn gleichwohl die Möglichkeit geprüft wird und eine entsprechende Antragstellung auf europäischer Ebene erfolgen soll, um diesen Fonds anzuzapfen, wünsche ich bonne chance – auch Ihnen, Frau Ministerin Schwall-Düren.
Weiterhin wurde das Umweltministerium angesprochen: Die Hilfe ist notwendig, darf aber nicht im Hauruck-Verfahren erfolgen. Evaluiert werden
muss, ob und welche Baumschäden vorhanden sind. Eine Analyse von Bäumen, Sträuchern, der städtischen Flora, die zu Schaden gekommen ist, wird notwendig sein.
In der Tat, Herr Minister Remmel: Stadtgrün ist wichtig. Lungen unserer Städte sind für die Menschen in unserem Land absolut wichtig. Hier wird man selbstverständlich schnellstmöglich zu einer entsprechenden faktischen Hilfeleistung kommen müssen.
Eine Einschätzung von x € pro umgefallenem Baum halte ich derzeit für völlig überzogen. Natürlich wird in irgendeiner Form der Schadensumfang festgestellt werden müssen. Aber, Herr Kollege Priggen, ganz ehrlich: Ich sehe uns nicht durch Essen laufen und die Bäume zählen, die umgefallen sind. Ein Stück weit Vertrauen in die Kommunen und in ihre Vertreter wird notwendig sein, um hierbei einen konsensualen und vor allem parteiübergreifenden Hilfskatalog aufstellen und umsetzen zu können.
Auch das Verkehrsministerium ist selbstverständlich insofern betroffen, als die Infrastruktur in Mitleidenschaft gezogen worden ist. Wir brauchen allerdings – davon gehen wir aus – kein Programm, sondern nur eine seriöse Aufstellung der notwendigsten investiven Maßnahmen.
Daher werden uns mit Blick auf den Antrag der CDU trotz aller guten Ansätze enthalten. Dem Entschließungsantrag von SPD und Grünen wird unsere Fraktion zustimmen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
(Josef Hovenjürgen [CDU]: Smartphone? – Michael Hübner [SPD]: Ein Smartphone ist ein elektronisches Gerät!)
Diese Bilder zeigen, wie neben seinem kleinen Einfamilienhaus das Dach eines Mehrfamilienhauses durch den Sturm abgedeckt worden ist. Er hat mir erzählt, dass das 21:15 Uhr stattgefunden habe. Um 0:15 Uhr war ein ganzer Zug des Technischen Hilfswerks vor Ort und hat die ganze Nacht die Straße freigeräumt und das Dach geborgen.
Ähnliches haben wir in vielen Städten erlebt. Damit ist deutlich geworden: Das Konzept der landesweiten überörtlichen Hilfe hat hervorragend funktioniert. Das haben mir im Übrigen am 20. Juni die Bürgermeister, Oberbürgermeister und Landräte bestätigt. Darauf können wir in Nordrhein-Westfalen stolz sein. Denn das ist nicht unbedingt überall Standard.
Herr Kufen, es wird über Systeme diskutiert, mit denen man die Alarmierung digitalisieren und die Menschen auf anderen Wegen als über Radio- oder Fernsehdurchsagen informieren kann. Eine großflächige Anwendbarkeit ist bisher noch nicht gegeben. Trotzdem denkt die Landesregierung darüber nach, kontinuierlich solche Maßnahmen zu prüfen. Ich glaube – das sage ich ganz offen –: Wir hatten riesiges Glück.
in der sich viele Menschen nach Hause bewegen, hätten wir eine viel größere Zahl an Toten zu beklagen.
Ich möchte auf die Frage eingehen, wie und in welcher Größenordnung wir helfen. Zur Frage, wie wir helfen, ist bereits klar geworden, was ich favorisiere. Gemeinsam will ich mit den betroffenen Kommunen erörtern, dass wir einen Indikator finden, um zu verhindern, dass wir jeden einzelnen Baum und jede einzelne zerstörte Ampelanlage zählen müssen. Dieser Indikator sollte die Schadensintensität und die Schadensgröße möglichst gerecht abbilden, ohne dass es zu Überzahlungen kommt.
Weiterhin sage ich deutlich: Das Land wird diese Schäden nicht alleine tragen können. Wir werden die Kommunen dabei nicht vollständig entlasten können, weil damit auch die Leistungsfähigkeit des Landes überschritten würde. Aber wir wollen einen Beitrag leisten, der die Schäden in den Kommunen abmildert, die tatsächlich davon in hohem Maße be
troffen sind. Diesen Prozess werde ich gern in der Sommerpause mit den Kommunen und den kommunalen Spitzenverbänden diskutieren. Dabei wird auch eine Rolle spielen, wie wir solche Indikatoren finden.
Danach werde ich selbstverständlich dem Parlament und dem Innenausschuss über das Ergebnis berichten. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Viel ist bereits zum Katastrophenschutz gesagt worden. Ich will das auch nicht wiederholen, sondern die Chance nutzen, vielleicht einige Aussagen der letzten Wochen, die man hören und lesen konnte, ein wenig zu versachlichen.
Ich möchte zunächst auf den Einsatz der Bundeswehr eingehen. Den 238 Soldatinnen und Soldaten des Pionierregiments 100, die sich nach dem 9. Juni aus Minden, Holzminden und Augustdorf auf den Weg gemacht haben und vor Ort in über 600 Fällen ausgerückt sind, um Straßen und Wege passierbar zu machen, um Deiche zu schützen, gebührt unser Dank und großer Respekt.
Wir schulden ihnen aber auch eine richtige politische Einordnung ihres Einsatzes. Was habe ich da nicht alles gelesen? Von welch himmelschreiendem Unrecht, von welchen Mauscheleien war in dem Zusammenhang die Rede, dass in Düsseldorf geholfen wurde, in Essen und Gelsenkirchen aber nicht. Ja, das stimmt. Es hieß, dass die Bundeswehr nach eigenem Gutdünken angepackt habe, dass nur Düsseldorf in den Genuss der Hilfe gekommen sei, weil es Landeshauptstadt sei, obwohl der Sturm gegenüber anderen Städten keine Unterschiede gemacht habe, oder weil es reich sei und die Ruhrgebietsstädte so arm seien. Ich hörte auch, dass man in Düsseldorf kurz vor der Stichwahl zum Amt des Oberbürgermeistes dem bisherigen Amtsinhaber noch eine Steigbügelhilfe geben wollte. Meine Damen und Herren, was für Parolen!
Die Wahrheit ist: Der Einsatz der Bundeswehr erfolgte in den engen Grenzen des verfassungsmäßigen Rahmens. Die Pioniere sind nach Art. 35 Abs. 2 Grundgesetz zur vorgreiflichen Gefahrenabwehr und zum Schutz kritischer Infrastruktur tätig geworden, nicht aber zum Aufräumen; das dürfen sie im Übrigen auch gar nicht. Es ging in Düsseldorf darum, weitere Gefahren zum Beispiel für Passanten
durch instabile, aber noch stehende Bäume zu beseitigen und wichtige Verkehrsadern für zum Beispiel Krankenwagen oder Polizei überhaupt erst wieder befahrbar zu machen. Es ging natürlich auch um die Funktionsfähigkeit der Deiche in DüsseldorfKaiserswerth. Meine Damen und Herren, ohne das Unglück für Essen und Gelsenkirchen schmälern zu wollen: Dort war die Situation einfache eine andere.
Also, verfahrensmäßig ist der Einsatz der Bundeswehr ordnungsgemäß abgelaufen. Auch die Zusammenarbeit mit den Reservisten des Kreisverbindungskommandos hier in Düsseldorf, mit dem THW, mit der Feuerwehr, mit allen anderen Blaulichtorganisationen ist nach dem, was ich gehört habe, ausgezeichnet gelaufen. Dafür sage ich noch einmal im Namen meiner gesamten Fraktion allen beteiligten Helfern herzlichen Dank für ihren unermüdlichen Einsatz.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, was mich aber ärgert, ist Folgendes: Die Pioniere waren beim Pfingststurm vor unserer eigenen Haustür hoch willkommen – auch den Kritikern der Bundeswehr. Aber ansonsten weht den Soldatinnen und Soldaten oftmals aus Politik und Gesellschaft ein eher eisiger Wind ins Gesicht. Das ist dann schon eine ziemliche Doppelmoral, und daher sage ich hier ganz deutlich: Nicht nur hier beim Unwetter, sondern auch bei ihren anderen demokratisch legitimierten Aufträgen verdienen unsere Soldatinnen und Soldaten Respekt und Anerkennung und einen Platz in der Mitte unserer Gesellschaft.
Meine Damen und Herren, ein anderer Punkt, ein anderes Thema: Der Knaller kommt oft am Schluss. Das gilt nicht nur bei einigen WM-Spielen, das gilt, Herr Innenminister, auch bei dem von meiner Fraktion erbetenen und von Ihnen abgezeichneten Bericht – das muss man neuerdings dazusagen – für den Innenausschuss. Da lauten die zwei allerletzten Sätze unter „VI. Nachbereitung“ – ich zitiere das einmal – doch allen Ernstes:
„Wie bei allen anderen Einsätzen auch, werden die Abläufe der landesweiten Hilfe nachbereitet werden. Anlass für grundlegende Anpassungen ergibt sich aus dem Ereignis nicht.“