Protokoll der Sitzung vom 04.07.2014

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Für die Piratenfraktion spricht Herr Kollege Rohwedder.

Hanns-Jörg Rohwedder (PIRATEN) : Vielen

Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer draußen und drinnen! Wenn die FDP eine Aktuelle Stunde zur Energiepolitik beantragt, dann kann man sich wirklich auf etwas Schönes freuen. Herr Brockes hatte ja mit der Behauptung eingeleitet, es gebe eine Umverteilung von unten nach oben – damit hat er tatsächlich ausnahmsweise mal recht –, und das würde uns in den Abgrund führen. – Vielleicht weil die Konten der großen Oligopole jetzt aufgrund dieser Umverteilung wegen Überfüllung geschlossen werden müssen? Oder warum?

Ich kann Sie aber beruhigen: Nicht alle stehen am Abgrund – die FDP ist schon einen Schritt weiter.

Unter dem Vorwand angeblich aus dem Ruder gelaufener Kosten bei der EEG-Umlage hat also Industrie- und Konzernminister Gabriel jetzt seine EEG-Reform auf den Weg gebracht. Sie dient vor allem einem Zweck: Die Energiewende muss den Bürgern aus der Hand genommen werden, damit die Oligopole sie endlich übernehmen können.

Ganz aktuell – jetzt im zweiten Quartal 2014 – haben die Erneuerbaren den dreckigsten fossilen Energieträger, die Braunkohle, bei der Stromerzeugung vom ersten Platz verdrängt. RWE, E.ON und Co. verlieren ihr Geschäftsmodell mit der schmutzigen Stromerzeugung. Und sauber können sie offensichtlich nicht ohne fremde Hilfe. Also muss wieder einmal der Staat mit Gesetzen helfen.

Dabei könnte es ja so einfach sein: Die Bürger übernehmen ihre Energieversorgung, am besten auch die gesamte Netzinfrastruktur, selbst. Es entstehen mehr Arbeitsplätze bei den Erneuerbaren, als bei den Konzernen verloren gehen.

Wenn es nicht die Unzahl an Befreiungen von der Umlage und von Netzdurchleitungsentgelten gäbe, dann wäre die Belastung für die Tarifkunden auch niemals so groß geworden. Aber das genau war ja das Ziel von „Schwarz-Geld“ von Anfang an: Man schuf immer mehr Ausnahmen für die Industrie – sie summieren sich mittlerweile auf über 5 Milliarden € –, und der Bürger und das mittelständische Gewerbe bezahlen dafür. Subventionen werden privatisiert. Und die finanziell Schwachen, die wirklich hart betroffen sind, müssen den Preis zahlen.

Die Politik tut dann so, als müsse man eine Strompreisbremse einführen, damit die Privathaushalte entlastet werden. Nein! Die Ausnahmen müssen reduziert werden. Und die wirkliche Armut hier im Lande, die muss mit einer Sozialpolitik bekämpft werden, die den Namen „sozial“ auch verdient. Aber davon hatte sich ja schon die rot-grüne Bundesregierung Schröder/Fischer mit ihrer sozialdarwinistischen Agenda 2010 verabschiedet.

Dann wartet man also ab, bis sich die EU zu Recht beschwert. Vor diesem Hintergrund kommt dann die große Reform. Gabriel macht weiter, wo „Schwarz

Geld“ abgewählt wurde – mit einer Reform, die genau dort zuschlägt, wo der eigentliche Erfolg des EEG deutlich wird. Denn der Strom vom eigenen Dach ist billiger als der vom Energieversorger. Für den Eigenheimbesitzer hat man da gerade noch eine Bagatellgrenze eingeführt. Aber für den Strom aus der Dachanlage auf dem Mietshaus, den die Mieter günstig kaufen, wird die EEG-Umlage zumindest teilweise bald fällig. Das Gleiche gilt für den Gewerbebetrieb, der sich selbst mit Ökostrom versorgt. Das ist nichts weiter als eine Sonnensteuer, die der Staat erhebt, um den Eigenverbrauch unattraktiv zu machen.

(Beifall von den PIRATEN)

Mit der gleichen Stoßrichtung wird dann die Direktvermarktung einerseits zum Normalfall gemacht und andererseits gleichzeitig besonders für kleine Anbieter und Genossenschaften erschwert. Die brauchen die Sicherheit einer kalkulierbaren Einspeisevergütung oder fester Prämien für die Vermarktung. Genau diese Sicherheit wird aber abgebaut. Stattdessen werden Ausschreibungsmodelle zur Pflicht gemacht.

Das Ziel ist klar: Wenn schon Ökostrom, dann den Profit daraus bitte den Oligopolen zuschanzen, die nur das Geschäft mit dem schmutzigen Strom beherrschten und den Wandel verschliefen.

Das ist angesichts des über Jahrzehnte gewachsenen korrupten Filzes zwischen Politik und Energiekonzernen auch kein Wunder. Nichts brauchten wir nötiger als Endlager für abgebrannte Parteistäbe.

(Heiterkeit und Beifall von den PIRATEN – Heiterkeit von Rainer Schmeltzer [SPD])

All die schönen Versorgungsposten für ausgediente Politiker müssen sich ja irgendwann bezahlt machen.

Dabei hat sich unsere Landesregierung noch selbst für Genossenschaften stark gemacht. Aber die Ablehnung unseres Antrages für eine weitere Stärkung der Energiegenossenschaften zeigt, dass das nicht wirklich ernst gemeint war.

(Beifall von den PIRATEN)

Die Energieversorgung wird weiterhin den Oligopolen gehören, und der Bürger darf die Profite zahlen. Das und nichts anderes ist das Ziel von Konzernminister Gabriel. Unsere Landesregierung – das ist meine Befürchtung – wird dem auch keine Steine in den Weg legen, indem sie zum Beispiel den Vermittlungsausschuss anruft. Davon habe ich auch in dieser Debatte nichts gehört. Gabriel und die fossile Landes-SPD machen, was die Oligopole wollen. Und die grüne Landtagsfraktion hat die Energiepolitik seit Jahren aufgegeben und ist zu einem schlaffen Wurmfortsatz der SPD-Landtagsfraktion mumifiziert.

(Heiterkeit von Josef Hovenjürgen [CDU])

Wir müssen also mit dem Schlimmsten rechnen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den PIRATEN)

Danke, Herr Kollege Rohwedder. – Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Duin das Wort.

Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Debatte hat eines, glaube ich, noch einmal sehr deutlich gemacht, nämlich dass es gar keine Streitigkeiten mehr darüber gibt, dass eine Reform des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes im Jahre 2014 angezeigt war.

Nach 14 Jahren mussten wir feststellen, dass in der ursprünglichen Begründung des Gesetzes insbesondere zwei Ziele im Vordergrund standen:

Ein Ziel war, den wirklichen Anschub zum Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland zu geben. Nach den Erfahrungen mit dem EEG können wir nun feststellen: Mit einem Anteil der erneuerbaren Energien von über 25 % ist das EEG ein absolutes Erfolgsmodell und allen anderen Modellen zum Ausbau der erneuerbaren Energien wie Quotenmodellen und anderen, die international ausprobiert worden sind, absolut überlegen. Das war der richtige Ansatz.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von den PIRATEN)

Die zweite Zielsetzung – das kann man sich dann noch mal angucken – war in der Tat – ich habe mit vielen „Vätern“ und „Müttern“ des EEG gesprochen – eine Senkung der volkswirtschaftlichen Kosten für die Energieversorgung.

(Zustimmung von Holger Ellerbrock [FDP])

Dazu können wir sagen: Dieses Ziel wurde nicht erreicht. Deswegen ist es notwendig, eine solche Reform auf den Weg zu bringen.

Wir haben uns dabei auf drei Punkte konzentriert – Herr Minister Remmel hat schon darauf hingewiesen –:

Erstens wollten wir sicherstellen, dass insbesondere in unserem Bundesland der Ausbau der erneuerbaren Energien mit dem Schwerpunkt Onshorewind weiter in unserer Zielrichtung vorangebracht werden kann. Ich bin fest davon überzeugt, dass das gelungen ist.

Wir wollten zweitens bei der besonderen Ausgleichsregelung die entsprechenden Dinge voranbringen und sicherstellen, dass die 220.000 Arbeitsplätze in diesen Branchen in NordrheinWestfalen nicht gefährdet werden. Ausgehend von dem, was wir Mitte Dezember als Worst-Case

Szenario vor Augen hatten, sind wir wirklich wichtige Schritte vorangekommen und haben gute Lösungen auch im Dialog mit der Europäischen Kommission gefunden.

Das dritte Thema ist nicht so zufriedenstellend – auch das ist schon ausgeführt worden –, nämlich die Eigenstromversorgung.

Ein Blick auf diese Debatte: Bei aller Liebe – uns von der Rösler-und-Brüderle-FDP erzählen zu lassen, dass wir da irgendetwas nicht vorangebracht hätten, das spottet jeder Beschreibung.

(Beifall von der SPD, den GRÜNEN, Marc Olejak [PIRATEN] und Minister Johannes Remmel – Christian Lindner [FDP]: Sie ha- ben doch alles im Bundesrat blockiert!)

Vielen Dank für diesen Zwischenruf, Herr Lindner.

(Christian Lindner [FDP]: Bitte!)

Herr Brockes hat eben denselben Zwischenruf gemacht, wir hätten da was verhindert.

(Christian Lindner [FDP]: Na klar! – Thomas Kufen [CDU]: Haben Sie auch!)

Wir haben zu keinem Zeitpunkt mehr Dank von der Industrie, von vielen Gewerkschaften, aus dem Bereich der erneuerbaren Energien, aus der gesamten Szene von links bis rechts bekommen als im letzten Jahr, als wir den Unsinn, den Herr Altmaier gemeinsam mit Herrn Rösler gemacht hatte, verhindert haben. Mehr Beifall war nie. Deswegen müssen wir uns dafür überhaupt nicht rechtfertigen.

(Beifall von der SPD, den GRÜNEN und Kai Schmalenbach [PIRATEN] – Zurufe von Thomas Kufen [CDU] und Christof Rasche [FDP])

Nach den ersten Vorschlägen seinerzeit sollte in den Bestand eingegriffen werden.

(Christian Lindner [FDP]: Das machen Sie doch auch!)

Das wäre ein großer Fehler gewesen. Es sollten viele andere Dinge gemacht werden, die eine große Gefährdung auch industrieller Arbeitsplätze – das ist ja das Thema Ihres Antrages gewesen – bedeutet hätten.

(Zuruf von Christian Lindner [FDP])

Meine Damen und Herren, ich möchte gerne auf eine Äußerung von Herrn Schmalenbach eingehen, die für die gesamte Debatte, glaube ich, sehr wichtig gewesen ist. Sie haben wörtlich gesagt, es würden in dieser Diskussion Arbeitsplätze instrumentalisiert.

Dazu kann ich Ihnen in der Tat nur in aller Deutlichkeit sagen: Arbeitsplätze zu schaffen und Arbeitsplätze zu sichern steht im Zentrum unserer Politik.

(Beifall von der SPD)