Protokoll der Sitzung vom 04.07.2014

Lassen Sie mich also drei Punkte nennen, die beim Ausbau der erneuerbaren Energien für NordrheinWestfalen besonders wichtig sind.

Erstens. Welche Pfade gibt es für welche Technologie? Es ist es doch völlig richtig, dass wir in Nordrhein-Westfalen Wert darauf legen, dass der Onshorewind dabei eine besondere Bedeutung erhält. – Das ist gelungen.

Für Nordrhein-Westfalen ist die „Besondere Ausgleichsregelung“ besonders wichtig: Wie können wir, um die Wertschöpfung hier weiter gestalten zu können, Ausnahmen schaffen, die die Wettbewerbsfähigkeit der nordrhein-westfälischen Industrie ermöglicht? – Da ist wirklich etwas gelungen, und zwar nicht nur im Großen, sondern auch im Kleinen. Und manchmal sind die Details verdammt wichtig.

Das gilt beispielsweise für alle Nichteisen

Metallbereiche. Ob die EEG-Umlage 0,05 Cent oder 0,1 Cent beträgt, ist für die Wertschöpfung in diesem Bereich, der oftmals Grundlage für Klimaschonung an anderen Stellen ist – ich will nur an die Aluminiumindustrie erinnern –, von besonderer Bedeutung.

(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Gerhard Papke)

Zweitens. Für Nordrhein-Westfalen ist weiterhin eminent wichtig, die besondere Ausgleichsregelung für selbstständige Unternehmensteile ordentlich zu regeln. Dies wurde übrigens von Herrn Rösler und Herrn Altmaier versaubeutelt, das will ich immer gerne wiederholen. Bei wem lag denn das BAFA in der Zeit, als große nordrhein-westfälische Unternehmen keine Genehmigung mehr bekommen sollten? – Es ist aber wirklich gelungen, eine Grundlage zu schaffen, die für die nordrhein-westfälischen Unternehmen sinnstiftend und tragfähig ist.

Drittens: Thema „Eigenverbrauch“. Wichtig ist natürlich, Bestandsschutz zu organisieren; das ist überhaupt keine Frage. Aber genauso wichtig ist in die

sem Zusammenhang: Wir müssen gemeinsam guter Hoffnung sein, dass die Gespräche mit einer neuen Kommission über die Frage, wie man eine solche Evaluierung 2017 sieht, möglichst schnell zu einem für Nordrhein-Westfalen möglichst zufriedenstellenden Ergebnis führen.

Schon heute ist ein Punkt – und damit will ich schließen – für mich ganz besonders wichtig. Es ist nicht nur gelungen, Bestand anders zu behandeln als Neuanlagen und bei den Neuanlagen eine Differenzierung dahin gehend zu erreichen, ob man die Eigenstromerzeugung mit erneuerbaren Energien und KWK organisiert oder mit fossilen Kraftstoffen. Für mich ist besonders wichtig, dass es gelungen ist, zum Thema „Repowering“ eine Lösung zu finden; für die Fachleute: Netto/Brutto-Betrachtung; inhaltlich würde ich es aber immer als Repowering bezeichnen. Es geht dabei um die Frage: Was machen wir, wenn jemand eine alte Bestandsschutzanlage hat und diese erneuern, ertüchtigen und auch nur ein bisschen effizienter gestalten will? Nun ist dieser technologische Fortschritt in NordrheinWestfalen möglich.

Sicherlich hätte man sich überall ein bisschen mehr vorstellen können. Ich glaube aber, das ist für Nordrhein-Westfalen summa summarum ein Ergebnis, das sich sehen lassen kann. Aber noch einmal: Das war auch das einfachste der drei vor uns liegenden Probleme. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Eiskirch. – Für die FDP-Fraktion erteile ich Herrn Kollegen Ellerbrock das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister! Wenn Emotionalität die Rationalität besiegt, dann war Ihr Redebeitrag ein gutes Exempel dafür.

(Beifall von der FDP)

Wir haben, glaube ich, in manchen Punkten eine durchaus unterschiedliche Wahrnehmung der Realität. Die FDP hat immer zu ihrer Verantwortung gestanden und

(Zuruf von Reiner Priggen [GRÜNE])

Ja zum Stromeinspeisegesetz gesagt, so wie wir es damals verstanden haben, nämlich als Technologieförderung. Dann ist es zum EEG geworden mit dem grundsätzlichen Fehler, dass es nicht gedeckelt war, dass es nicht zeitlich begrenzt war und dass es nicht degressiv ausgestaltet war.

Das sind die Kernpunkte – und dazu müssen wir stehen –, die dazu geführt haben, dass wir Strom mit einem Wert von 2 Milliarden € heute letztendlich mit 19 Milliarden € oder 24 Milliarden € bezahlen.

Deshalb werden wir hier sehr viel schneller grundlegende Änderungen bekommen – das ist meine tiefe Überzeugung –, als wir uns das gedacht haben. Doch dazu später.

Herr Kollege Schmeltzer, Sie sagen, in der EEGDiskussion seien in letzter Minute völlig neue Tatsachen hinzugekommen. Wenn ich das richtig sehe, war die Problematik der Ökostrom-Importe aber schon im Eröffnungsbeschluss zum EEG

Beihilfeverfahren enthalten.

(Beifall von der FDP)

Das ist wohl eine gewisse Geschichtsklitterung. Das sollten wir sein lassen.

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns gerade bei einem so wichtigen Punkt wie der Energiepolitik den Bogen etwas weiter spannen. Die deutsche Wirtschaft – in den Medien wird das zunehmend diskutiert – wächst. Sie wächst aber nicht im Inland, sondern sie wächst durch Investitionen im Ausland. Und wenn Investitionen im Ausland wachsen, heißt das letztendlich: Die Forschung wird irgendwann verlagert, die Arbeitsplätze werden irgendwann verlagert.

Was waren bzw. sind unsere Stärken hier in Deutschland? Wir haben eine qualifizierte Arbeitnehmerschaft, wir haben das duale Ausbildungssystem, wir haben vernünftige Gewerkschaften, wir haben technisches Know-how mit Bildung, wir hatten eine Infrastruktur, und wir hatten in weitesten Bereichen auch eine Versorgungssicherheit im Energiebereich.

Das alles lässt sich überschreiben mit dem Begriff „Kalkulationssicherheit“. Kalkulationssicherheit heißt aber auch und vor allem Bestandsschutz. Man kann viel machen, aber wir müssen die Kalkulationssicherheit gewährleisten.

Damit komme ich zum Begriff „Eigenstromversorgung“. Hier ist die Kalkulationssicherheit letztendlich nicht mehr gewährleistet, weil wir in bestehende Systeme eingreifen. Und das ist ein Kernpunkt; der kann so nicht richtig sein.

Gestern hat der EU-Energiekommissar Oettinger laut dpa folgende Aussage getätigt. Ich darf zitieren:

„‚Ich halte das Erneuerbare-Energien-Gesetz für nicht mehr reformierbar‘, sagte Oettinger in Berlin. Mit jeder Novelle werde zwar eine Lücke geschlossen, es würden aber zwei neue geschaffen. Notwendig sei eine europäische Harmonisierung der Fördersysteme für Ökostrom. Ansonsten werde Strom so teuer, dass Industrie und Privathaushalte ihn nicht mehr bezahlen könnten. Zunächst müssten grenzüberschreitende Netze und effiziente Stromspeicheranlagen geschaffen werden, dann solle der Ausbau erneuerbarer Energien angegangen werden. ‚Nicht umgekehrt.‘„

So weit Oettinger.

Herr Eiskirch, ich gebe Ihnen ausdrücklich recht: Wer über die Energiewende redet, muss zuallererst über Netze und Speicher reden und dann erst über das „Finetuning“ bei den erneuerbaren Energien.

Wenn es richtig ist, dass wir einen Beitrag leisten wollen, wenn es richtig ist, dass wir sagen: „Die Energiewende“ – aus meiner tiefen Überzeugung nicht in dieser operativen Hektik, sondern auf langfristige Ziele ausgerichtet – „soll Erfolg haben“, dann geht es doch nicht darum, dass die Energiewende in Deutschland Erfolg hat oder dass wir in Nordrhein-Westfalen ein Klimaschutzgesetz haben – bei weniger als 3 % Treibhausgasemissionen weltweit.

Dann geht es doch darum, dass wir die Energiewende so gestalten, dass andere Länder mit schlechteren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sagen: Jawohl, das ist ein Weg, den wir nachvollziehen können. Das ist ein Weg, den wir mitgehen können – ohne soziale Brüche. Das ist ein verantwortbarer Weg.

Deswegen werden wir zu gravierenden Änderungen beim EEG kommen, und zwar viel schneller, als wir uns das vorstellen. Ich bin überzeugt: In einem Jahr werden wir hier über grundlegende Änderungen des EEG diskutieren, weil wir es nicht bezahlen können, weil Europa dem nicht folgt. Und wenn wir nicht umsteuern, tun wir letztendlich dem Ziel, nämlich die Energiewende verantwortbar, langfristig orientiert zu gestalten, einen Tort an. Das wäre schlecht.

Deswegen ist es wenig erfreulich, wenn man mit so unterschiedlicher Wahrnehmung der Realität an Kleinigkeiten herangeht. Das müssen wir auch machen, aber hier geht es ums große Ganze. Und da ist die derzeitige Gestaltung der Energiewende eben schlecht.

Die Zahlen und das Finanzierungsproblem werden dazu führen, dass wir diese Energiewende diskutieren müssen. Das EEG ist nicht mehr reformierbar. Wir müssen zu grundsätzlichen, marktorientierten Änderungen kommen. – Schönen Dank.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Ellerbrock. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erteile ich Frau Kollegin Dr. Beisheim das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kufen, Sie haben vorhin davon gesprochen, dass man einen Schraubstock vorgefunden habe. Aber im Endeffekt war es ja so, dass Sie sich aufgrund des Missmanagements der Energiewende durch Schwarz-Gelb in den letzten Jahren selber in den Schraubstock begeben haben.

Herr Ellerbrock, der Aufbau von Schreckgespenstern hilft hier wirklich nicht weiter. Ich bin ja bei Ihnen, dass man sachlich diskutieren soll. Aber zur Klarheit und Wahrheit gehört letztendlich auch, dass die Energiewende in Nordrhein-Westfalen von niemandem mehr, auch von der Industrie nicht, bestritten wird.

Über den Weg, wie jeder, auch die Industrie, Teil der Lösung, Teil der Energiewende werden kann, kann man sich sachlich und fachlich austauschen. Man muss sich aber auch immer fragen: Was wollen wir eigentlich? Wollen wir eine rein wirtschaftliche Lösung? Ist das ausreichend? Denn die Ziele, die wir bezogen auf den Klimaschutz und die Bewahrung des Naturkapitals haben müssten, sind genauso wichtig wie die wirtschaftliche Betrachtung von Energiepreisen. Wir müssen uns fragen, wie wir beides in den Griff bekommen, wie wir da einen fairen Ausgleich schaffen. Es ist offensichtlich: Die Preise, die wir heute haben, stellen nicht den tatsächlichen Verbrauch des Naturkapitals dar. Deshalb ist Ihre Argumentation aus rein wirtschaftlicher Sicht für mich schlichtweg falsch und schräg.

Herr Brockes, Sie können den Erfolg bzw. die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie nicht nur an den Strompreisen ausmachen. Es gibt viele Variablen, gerade für die Aluminiumindustrie, für die Metallindustrie. Das hängt ab von Dollarkursen, von Börsenpreisen, von Personalkosten. Letzten Endes ist die Energie ist ein wichtiger Faktor, eine wichtige Variable, aber nicht die einzige Variable.

(Dietmar Brockes [FDP]: Aber die wichtigste!)

Nicht die wichtigste! Bei den allermeisten Industrieunternehmen und Betrieben hat der Strom einen Kostenanteil zwischen 3 und 5 %.

Es ist richtig und wichtig, dass die energieintensive Industrie an der Stelle besonders unterstützt wird, weil da natürlich auch andere Wettbewerbsregeln gelten. Es ist aber zu einfach, zu sagen, dass nur die Strompreise Wettbewerbsfähigkeit bedingen.

(Dietmar Brockes [FDP]: Da widerspricht Ihnen die Industrie!)

Als Industrieland Nummer eins müssen wir darüber nachdenken, dass wir die Energiewende als Chance und nicht als Risiko begreifen.

Lassen Sie mich mit einem letzten Satz schließen. Herr Kufen, auch Sie sollten vielleicht mal versuchen, mehr in Chancen und nicht immer nur in Problemen zu denken. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Für die Piratenfraktion spricht Herr Kollege Rohwedder.