Protokoll der Sitzung vom 10.09.2014

Abschließend möchte ich festhalten, dass wir im Rahmen der Anhörung zum Oranje Huis erfahren haben, dass, was die Beratung betrifft, dringender Handlungsbedarf nicht nur bei den Tätern und den Opfern, sondern auch bei den Kindern besteht. Wir brauchen also stationäre sowie ambulante Beratungs- und Schutzangebote sowohl zur Vor- als auch zur Nachsorge. Ich erhoffe mir, dass dies auch im Landesaktionsplan aufgenommen und in Angriff genommen wird. Das ist ganz wichtig, damit der Schalter in den Köpfen unserer Mitbürger umgelegt und die Gewalt eingedämmt wird.

Wir Liberale sind auch im Zuge der Anhörung zum Oranje-Huis-Konzept hellhörig geworden bezüglich der Angebote für von Gewalt betroffene Männer. Hierzu habe ich auch den Draht zur Männerberatungsstelle in Bielefeld gesucht. Ich habe zu diesem Thema eine Kleine Anfrage an die Landesregierung gestellt und war mit der Antwort nicht ganz zufrieden, denn ein Männerhaus gibt es in NordrheinWestfalen nicht. Wenn wir im Ausschuss über das Thema „Frauenhäuser“ beraten, würde ich mich freuen, wenn wir einen Weg fänden, bei Schutzbedürftigkeit künftig auch männlichen Jugendlichen bis zum Alter von 16 Jahren zusammen mit ihrer Mutter Zufluchtsmöglichkeiten zu eröffnen.

Der Überweisung an den Ausschuss stimme ich zu. Ich freue mich auf die Beratungen und danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schneider. – Für die Landesregierung erteile ich Frau Ministerin Steffens das Wort.

Barbara Steffens, Ministerin für Gesundheit,

Emanzipation, Pflege und Alter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als Erstes muss ich sagen: Ich freue mich sehr darüber, dass wir in dieser frauenpolitischen Debatte einen breiten Konsens darüber haben, dass die Schutzbedarfe von Frauen hoch sind, dass es wichtig ist, dass Frauen diese Arbeit leisten, also diesen Schutz bieten, und dass wir die Strukturen, die wir in Nordrhein-Westfalen

haben, gemeinsam weiter erhalten wollen; denn in der Haushaltssituation, in der wir uns befinden, stand dies in der Vergangenheit das eine oder andere Mal als Sparstrumpf zur Diskussion.

Ganz wichtig finde ich auch – dazu habe ich jetzt viele Kollegen gehört –, dass wir die Diskussion, die mit der Ausschussreise begonnen hat, also die Diskussion über veränderte Bedarfe, über die Veränderung notwendiger Strukturen und über Vernetzungen mit anderen Angeboten, auch mit dem Gesundheitswesen, wirklich gemeinsam führen.

Denn – wie wir auch in der letzten Ausschusssitzung bei der Vorstellung des Projekts GOBSIS gesehen haben – es gibt viele Bedarfe, Veränderungen und Potenziale, für Frauen in Gewaltsituationen – egal, ob sexualisierte Gewalt oder häusliche Gewalt – mit Vernetzungen flächendeckend perspektivisch Angebote machen zu können.

Heute reden wir über die Frauenhausstrukturen. Ich glaube aber, dass man nicht alleine die Frauenhäuser, die in der Landesfinanzierung sind, sehen darf. Wir haben 62 Frauenhäuser mit 8,1 Millionen Förderung hier in Nordrhein-Westfalen, 57 allgemeine Frauenberatungsstellen, 47 Frauenberatungsstellen gegen sexualisierte Gewalt, acht spezialisierte Beratungsstellen gegen Menschenhandel und zwei Beratungsangebote zu Zwangsheirat. Das ist ein sehr umfassendes Angebot. Die Frauen brauchen auch sehr unterschiedliche Angebote.

Eines hat heute in der Debatte nicht so im Vordergrund gestanden, nämlich dass wir die Finanzierung der Frauenhäuser seit 2010 um fast 50 % aufgestockt haben. Das war ein riesiger Kraftakt. Der Frauenhausbereich und auch der Bereich der Beratungsstellen sind in keiner Weise gekürzt worden. Wir haben sogar noch eine Sachkostenpauschale eingeführt, die es früher nicht gab.

Auch der Kritik der Frauenhäuser, dass nach dem Wegfall der zweiten Fachkraftstelle damals unter Schwarz-Gelb die Kapazitäten nicht mehr so groß sind, ist mit der Wiedereinführung der Stelle begegnet worden. Die Kapazitäten sind wieder gestiegen. Das ist ein wesentlicher Schritt nach vorne.

Diejenigen von Ihnen, die schon in den Haushaltsentwurf von 2015 hineingesehen haben, werden vielleicht auch darüber gestolpert sein, dass wir Ihnen vorschlagen, in diesem Bereich Verpflichtungsermächtigungen einzusetzen mit dem Ziel, dass die Frauenhäuser langfristigere Planungssicherheit haben. Jährlich neue Planungen, obwohl wir wissen, dass das eine dauerhafte Struktur ist, wollen wir hiermit vermeiden.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich möchte noch auf einen Punkt eingehen, der für Sie als Piraten jetzt im Vordergrund stand. Sie haben gesagt, in unserem Koalitionsvertrag stehe, dass es hierzu ein Landesgesetz geben solle, und

haben gefragt, warum wir dieses Gesetz nicht machten.

Natürlich steht weiterhin die politische Absicht im Vordergrund, eine landeseinheitliche stabile Finanzierung zu schaffen, damit jede betroffene Frau unabhängig davon, ob sie Studentin ist oder ob sie Zugang zu Sozialleistungen hat, den Aufenthalt im Frauenhaus finanziert bekommt. Das wollen wir. Aber die Welt ist nicht immer ganz so einfach.

Also haben wir ein Finanzierungsgutachten erstellen lassen, um zu sehen, wie es denn gehen kann. Der Gutachter – das ist Ihnen auch bekannt, weil wir im Ausschuss schon mehrfach darüber geredet haben – hat gesagt: Natürlich können wir ein Landesfinanzierungsgesetz machen. Aber unter den momentanen Rahmenbedingungen würde das bedeuten, dass das Land in einem ersten Schritt die Finanzierung, die heute von den Kommunen und dem Bund geleistet wird, mit übernimmt. Wir wären als Gesetzgeber also die einzigen Finanziers. Das hieße, dass wir als Land zusätzlich zu den 7,5 Millionen, die wir schon zahlen, bei 5 Millionen, die von den Kommunen kommen, und bei 5 Millionen, die vom Bund kommen, um den Status quo zu erhalten – das wäre für keine Frau eine Verbesserung und für keine Beratungsstelle ein Cent mehr –, weitere 10 Millionen bezahlen müssten.

Da muss ich Ihnen ganz klar sagen, Herr Olejak: Das mache ich nicht. Denn 10 Millionen mehr Landesmittel in den Haushalt einzustellen, ohne auch nur irgendeine Verbesserung zu erreichen, ist erstens angesichts der haushaltspolitischen Lage und zweitens mit Blick auf die Frauen im Land einfach unverantwortlich.

(Beifall von den GRÜNEN)

Deswegen wollen wir entweder einen Weg, bei dem wir eine bundeseinheitliche Regelung finden, oder einen Weg, bei dem der Bund uns ermöglicht, dass wir die Kommunen nicht aus der Verantwortung entlassen, dass der Bund weiter mitfinanziert, sodass wir mit den Landesmitteln und den anderen Mitteln eine verlässliche Struktur bekommen.

Wenn das Ganze so einfach wäre, hätten wir Ihnen schon ein Gesetz vorgelegt. Da das Ganze aber nicht so einfach ist, werden wir mit dem Bund gemeinsam auch auf der Frauenministerkonferenz im Oktober dieses Jahres wieder darum ringen und versuchen, Wege zu finden, damit wir diese Sicherstellung hinbekommen.

Ich hoffe, dass wir die Diskussion im Ausschuss konstruktiv führen können; denn ich glaube, im Ziel sind wir nicht weit auseinander. Aber das eine oder andere Gutachten und die eine oder andere Erfahrung zeigen uns, dass manche Wege, die Sie jetzt gerne gehen würden, leider nicht gangbar sind. – Danke.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Deshalb schließe ich die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 16/6677 an den Ausschuss für Frauen, Gleichstellung und Emanzipation. Die abschließende Abstimmung soll dort in öffentlicher Sitzung erfolgen. Ich darf fragen, wer dieser Überweisungsempfehlung zustimmen möchte, und bitte um das Handzeichen. – Stimmt jemand dagegen oder enthält sich? – Beides ist offensichtlich nicht der Fall. Damit ist diese Überweisungsempfehlung einstimmig angenommen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit sind wir am Ende der heutigen Plenarsitzung angelangt. Ich berufe das Plenum wieder ein für morgen, Freitag, den 12. September 2014, 10 Uhr. Ich wünsche Ihnen allen noch einen schönen Abend.

Die Plenarsitzung des heutigen Tages ist geschlossen.

Schluss: 18:28 Uhr