Sie sind ja schon angefangen mit der Schulsozialarbeit. Sie haben gesagt, das sei ein Geschenk unter dem Weihnachtsbaum. Ganz ehrlich: So spät ist es nicht gekommen. Es ist maximal ein Adventstablett oder so etwas, das so richtig auf Kosten der Kommunen und der Sozialarbeiter gegangen ist, die sich mittlerweile eine andere Stelle gesucht haben.
Nordrhein-Westfalen, meine Damen und Herren, bleibt unter der rot-grünen Landesregierung hinter seinem Potenzial zurück. Bei den wichtigsten sozialpolitischen und arbeitsmarktpolitischen Aufgaben kommt diese Regierung keinen Zentimeter voran.
Ich weiß, das weicht jetzt von dem Vorredner ab. Wir haben einen regelrechten Betonblock bei der Rekordlangzeitarbeitslosigkeit, fehlende Ausbil
dungsplätze und Ideenlosigkeit bei der sozialen Inklusion. Nordrhein-Westfalen bietet den Menschen weniger Aufstiegschancen als die meisten anderen Bundesländer. Das gilt zumindest für alle hier im Westen. Der Kurs dieser Regierung ist falsch: Umverteilung statt wirtschaftlicher Freiheit, Schulden statt Sparen, soziale Fassade statt mutiger Verbesserungen.
Für die Menschen in unserem Land wird weniger besser, aber vieles bürokratischer und investitionsfeindlicher.
Minister Schneider redet viel von sozialer Gerechtigkeit – in den zweieinhalb Jahren, die ich jetzt dem Parlament angehöre, eine Worthülse, die immer mehr strapaziert wird bis zur Unkenntlichkeit. Sie liefert aber keine handfesten Ergebnisse. Eine Politik, meine Damen und Herren, die sich in Hunderten rot-grüner Projekte und Programme verzettelt, dabei aber von der ökonomischen Entwicklung abgekoppelt wird, muss scheitern.
Die Bilanz dieser Landesregierung ist auch auf dem Gebiet der Ökonomie mangelhaft. Dies zeigt sich auch in unseren Bereichen Sozial- und Arbeitsmarktpolitik. An den verheerenden Zahlen bei den staatlichen Transferleistungen zeigt sich erneut die Unfähigkeit der rot-grünen Landesregierung. In NRW muss mehr als jeder Zehnte vom Staat unterstützt werden. Ende 2013 – das ist ja gerade mal
ein Jahr her – erhielten rund 1,94 Millionen Menschen sogenannte Mindestsicherungsleistungen. Das waren 11 % der Bevölkerung in NordrheinWestfalen. 2012 hat die Mindestsicherungsquote noch 10 % betragen. Die Regierung ist nicht in der Lage, die drängenden Probleme adäquat zu lösen.
Die Verringerung der hohen Langzeitarbeitslosigkeit ist dabei ein wichtiger Punkt. Mit althergebrachten Rezepten wie immer neuen Modellprogrammen wird den Menschen nicht effektiv geholfen. Das ist nichts anderes als sehr, sehr alter Wein in immer wieder neuen Schläuchen.
Die Landesregierung muss sich darauf konzentrieren, Langzeitarbeitslose tatsächlich in den ersten Arbeitsmarkt zu vermitteln. NRW braucht keinen riesigen und teuren Sektor öffentlich geförderter Beschäftigung.
Herr Minister Schneider, Sie sollten mehr mit den mittelständischen Arbeitgebern reden, um dort die Bedingungen für die Schaffung von Arbeitsplätzen zu verbessern.
Herr Minister, ich fordere Sie seit Jahren auf, direkt mit den mittelständischen Unternehmern zu sprechen. Ich weiß ja, dass Sie es können. Sie machen es nur immer über die Büfettfront mit den ganzen Verbandsfunktionären.
Das Gleiche gilt für das Thema „Auszubildende“. Wie steht es um die Berufsausbildung in NRW? Im Jahr 2014 blieben in NRW insgesamt über alle Branchen mehr als 5.300 Ausbildungsplätze unbesetzt. Die Gründe hierfür sind – zugegeben – vielfältig. Sie liegen aber auch zum Beispiel in der mangelnden Sozialkompetenz vieler Bewerber sowie in sehr eingeengten Berufsvorstellungen.
Diesen stehen allerdings in großer Zahl junge Menschen gegenüber, die keinen Ausbildungsplatz finden. 2014 waren das noch rund 6.500 nach den nach wie vor existierenden Schulabgängern, die trotz eines Abschlusses nicht ausbildungsreif sind, so wie gerade beispielhaft beschrieben.
Es scheint demnach weiterhin Fehlstellungen im Bildungssystem zu geben, die ja heute auch schon ein paar Mal beleuchtet worden sind, die einen reibungslosen Übergang von der Schule in die Ausbildung behindern.
Diese Entwicklung besorgt insbesondere kleine und Kleinstunternehmen. Das ist das, was ich gerade meinte, Herr Minister. Ein Grund dafür sind auch steigende bürokratische Lasten. Ich will jetzt nicht
wieder das Tariftreuegesetz etc. erwähnen. Die binden Zeit und Ressourcen, die man eigentlich als Klein- und Mittelunternehmer eher in die Betreuung der Auszubildenden geben will.
Daher lehnen wir auch die Einführung einer Ausbildungsplatzabgabe ab. Wir wollen die Belastungen der Betriebe mit immer neuen Abgaben und mehr Bürokratie reduzieren.
Herr Minister, in dem Zusammenhang helfen auch Sie bitte mit, den Akademikerwahn endlich mal einzudämmen, indem man auch sagt: Lehre, Meister, Selbstständigkeit, Chefsein sind auch eine Alternative!
Zum Thema „Inklusion“ noch: Menschen mit Beeinträchtigungen die Teilhabe am Leben und mehr Selbstbestimmung zu ermöglichen, ist ein wichtiges Ziel. Nach zweieinhalb Jahren weitgehenden Stillstandes in der Politik für Menschen mit Behinderung, die sich außerhalb des schulischen Umfeldes befinden, hat das Kabinett den Entwurf eines Inklusionsstärkungsgesetzes vorgelegt. Die ersten Reaktionen darauf aus der Fachwelt sind sehr verhalten. Es werden echte Verbesserungen vermisst und angemerkt, dass lediglich Gesetze überarbeitet und zusammengefasst werden.
Fazit: Nordrhein-Westfalen muss heraus aus seiner Lethargie. Dieses Land braucht neue Ideen. Die Politik muss enkelfit gestaltet werden. Das bedeutet weniger Schulden und keine neuen bürokratischen Belastungen der Betriebe. Bildung, Investitionen und Qualifikationen müssen absolute Priorität bekommen.
In diesem Zusammenhang lehnen wir den Einzelplan auch ab. – Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen.
Danke schön, Herr Kollege Alda. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Frau Kollegin GrochowiakSchmieding.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Deutschland ist ein reiches Land, und wir sind eine offene Gesellschaft. Eigentlich sind das gute Bedingungen für die Menschen, hier ein gleichberechtigtes und selbstbestimmtes Leben zu führen. Nun: Das gelingt in Teilen, in anderen Teilen auch nicht. Es gelingt vielen Menschen nicht, Fuß zu fassen, und andere wiederum geraten aus dem Tritt.
Die Ursachen dafür sind unterschiedlich. Krankheit, Behinderung, familiäre Situation und kultureller Hintergrund führen allzu oft dazu, dass den Menschen die gleichberechtigte Teilhabe an Bildung und Arbeit
Anders als die Redner der Opposition, Herr Alda und Herr Kerkhoff, werde ich jetzt nicht ins Jammern verfallen, und ich werde das Land auch nicht schlechtreden. Im Gegenteil: Wir von den regierungstragenden Fraktionen sehen es als Aufgabe der Solidargemeinschaft an, hier zu helfen und zu unterstützen. Mit den Maßnahmen im Haushalt 2015 kommen wir dieser Verantwortung nach. Ich werde jetzt im Einzelnen darauf eingehen.
So werden bei den arbeitsmarktpolitischen Instrumenten weitgehend alle bisherigen Maßnahmen fortgeführt, und mit der neuen Förderphase des Europäischen Strukturfonds wird es möglich sein, auch integrative Handlungskonzepte auf kommunaler Ebene zu fördern.
Beim Übergangsmanagement Schule–Beruf werden wir mit den Produktionsschulen ein eigenes Modell für NRW entwickeln, das das Werkstattjahr ablösen wird. Der Vorteil der Produktionsschule wird sein, individuelle Lernprozesse im Verbund mit Arbeitsprozessen nachhaltig zu fördern. Wir können sicherlich davon ausgehen, dass über eine hohe Praxisorientierung Lernerfolge entstehen, die die betroffenen Jugendlichen wieder ermutigen werden, ihren Lernweg, ihren Schul- und Arbeitsweg bzw. ihren beruflichen Weg weiter zu verfolgen.
Die Bildung und die Vorbereitung auf den Schritt ins Erwerbsleben sind die Basis der Armutsvermeidung. Dort, wo Menschen in Armut leben, gilt es, die Armut zu bekämpfen. Wir müssen helfen, Perspektiven zu entwickeln, um beispielsweise dem Teufelskreis aus Arbeitslosigkeit oder geringen Löhnen, Verschuldung und Wohnungslosigkeit zu entrinnen. Hierzu werden wir bewährte Programme und neue, innovative Projekte fördern und entsprechende Haushaltsmittel dafür bereitstellen. Dazu gehört unter anderem das Förderprogramm, mit dem wir, die rot-grüne Koalition, die bislang bundesfinanzierte Schulsozialarbeit weiterführen, um nicht zu sagen: retten.
Fast 150 Millionen € werden wir in den nächsten drei Jahren investieren, um damit 1.500 Stellen bei der Schulsozialarbeit zu erhalten und die unbestritten wichtige Arbeit weiterführen zu können, die mit dazu beiträgt, den anspruchsberechtigten Kindern und Jugendlichen die Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket nahezubringen.
Im Übrigen handelt es sich um Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums der Betroffenen. Ich werde nicht müde, darauf hinzuweisen, dass dies Aufgabe der Bundesregierung ist, die sich an dieser Stelle schlichtweg verweigert.
Aufgabe „Strukturerhalt zur Vermittlung der Bildungs- und Teilhabeleistung“ zu erweitern. Heute geht es uns in der Regierungskoalition darum, Verantwortung zu übernehmen. Denn wir in NRW lassen die Kinder und die Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen in den Kommunen nicht im Regen stehen.
Ein weiteres wichtiges Anliegen für uns ist die Fortführung der gesellschaftlichen Inklusion. Hierzu gehört natürlich der Ausbau der Beratungs- und Unterstützungsstrukturen, wie wir das zum Beispiel mit den „Kompetenzzentren Selbstbestimmt Leben“ tun werden, genauso wie die Normierung von Gesetzen und die Förderung von Projekten zur Vermittlung von Betroffenen in den Arbeitsmarkt.
Mit dem Inklusionsstärkungsgesetz werden bislang freiwillige Unterstützungsleistungen, wie zum Beispiel bei den Kommunikationshilfen, Rechtsgültigkeit erhalten.
Natürlich lassen sich in der Kürze der Zeit nicht alle wichtigen Projekte und Maßnahmen aufführen. Ein Thema möchte ich jedoch noch kurz ansprechen; Kollege Scheffler sprach eben auch schon davon. Es geht um die Finanzierungssituation der Betreuungsvereine.
In nächster Zukunft gilt es, die Struktur und auch die Förderkriterien des Betreuungswesens in Nordrhein-Westfalen weiterzuentwickeln. Als Sofortmaßnahme erhöhen wir die Fördermittel um 200.000 €. Mit der Erhöhung dieses Haushaltstitels geht es zunächst einmal darum, die wichtige Arbeit der Betreuungsvereine zu erhalten und auch das große Engagement zu würdigen.
Es gibt natürlich weitere wichtige Maßnahmen, unter anderem den Härtefallfonds, die Obdachlosenhilfe, die unsere Solidarität mit den Benachteiligten in unserer Gesellschaft aufzeigen. Es sind Maßnahmen zur Vermeidung und Bekämpfung von Armut und Benachteiligung.
Meine Damen und Herren, der Haushalt 2015 mit den von uns eingebrachten Änderungsanträgen bietet eine gute Grundlage für diese solidarische Politik, und er verdient in der Tat unser aller Zustimmung. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.