Protokoll der Sitzung vom 18.12.2014

Zweitens stimmen wir ab über den Entschließungsantrag der Piratenfraktion Drucksache

16/7633. Wer stimmt gegen diesen Antrag? – Vier Fraktionen stimmen dagegen. Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? – Die Piratenfraktion. Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist dieser Entschließungsantrag Drucksache 16/7633 mit großer Mehrheit abgelehnt.

Drittens entscheiden wir über den Entschließungsantrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/7635. Wer ist für diesen Antrag? – Die FDPFraktion. Wer ist dagegen? – SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Piraten. Wer enthält sich? – Es enthält sich die CDU. Mit diesem so festgestellten Ergebnis ist der Entschließungsantrag Drucksache 16/7635 der FDP-Fraktion in breiter Mehrheit abgelehnt.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Daher sind wir am Ende dieses Tagesordnungspunktes.

Wir kommen nun zu:

3 Mobiles Internet flächendeckend ausbauen –

Nordrhein-Westfalen braucht Referenzprojekt für flächendeckende LTE-Versorgung

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 16/7473

Entschließungsantrag der Fraktion der PIRATEN Drucksache 16/7627

Ich eröffne die Aussprache und erteile der CDUFraktion das Wort. Für diese spricht der für das Thema verantwortliche Sprecher, Herr Kollege Wüst.

Wenn Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, nun den Saal verlassen – was natürlich bedauerlich ist –, dann tun Sie das doch bitte leise, damit Herr Wüst in Ruhe seinen Wortbeitrag leisten kann. – Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Gestern wurde der Haushalt für das kommende Jahr beschlossen. Rot-Grün hat sich noch mal einen Schluck aus der Pulle genommen – und damit meine ich nicht die abendliche Weihnachtsfeier, sondern die Neuverschuldung.

Das ist nicht nur grundsätzlich verkehrt, sondern auch noch überflüssig. Denn wenn wir so stark wären, wie die Ministerpräsidentin gestern nicht müde wurde, zu behaupten, dann wäre das gar nicht nötig. Wenn wir so stark wären wie die wirtschaftsstärksten Bundesländer in Deutschland, hätten wir jedes Jahr 3,2 Milliarden € mehr an Steuereinnahmen. Wir müssten nicht mehr über Verschuldung reden, sondern könnten in einen viel angenehmeren Austausch, in einen viel angenehmeren Streit darüber eintreten, wie man Überschüsse verwertet: zum Schuldentilgen, zum Investieren etc. So weit ist es mit der Stärke aber noch nicht her.

Wir wissen mittlerweile – und das ist völlig unstreitig – dass der flächendeckende Breitbandausbau ein Wachstumstreiber für die Zukunft ist. Wir haben – auch das ist unstreitig – 70 % Versorgung über 50 MBit, das heißt, wir haben 30 % mangelhafte Versorgung in dieser Kategorie. Wir könnten damit ein zusätzliches Wachstum generieren, pro 10 Prozentpunkte bis zu 1,5 % Wachstum.

Machten wir also 10 % der langsamen Internetanschlüsse zu schnellen, dann hätten wir bis zu 1,5 Prozentpunkte mehr Wirtschaftswachstum. Und

dann wäre der Schluck aus der Pulle in Sachen Neuverschuldung in Zukunft nicht mehr nötig.

(Beifall von der CDU)

Deswegen die Befassung mit diesem Thema heute, kurz vor der Weihnachtspause.

Unsere Investitionen in diesem Bereich sind, vorsichtig ausgedrückt, bescheiden: 70 Millionen € bis 2020. Das bayerische Milliardenprogramm ist bekannt. Das, was wir hier tun, ist zu wenig, um die notwendigen Wachstumspotenziale auszulösen.

Neben dem Ausbau der leitungsgebundenen Breitbandnetze ist auch die mobile Datenübertragung schon heute wichtig, und sie wird nach Expertenkenntnis aller, die man fragt, auch in Zukunft noch viel wichtiger. Es geht also nicht darum, mobiles Internet auszuspielen oder als Substitution für den Glasfaserausbau bzw. insgesamt für den kabelgebundenen Breitbandausbau zu nehmen. Es geht vielmehr um die Unterstützung beider Themen nebeneinander.

Das betrifft nicht nur den privaten Konsum, sondern es geht insbesondere um das mobile Verbinden von Maschinen – m2m, machine to machine – für „Industrie 4.0.“ Insbesondere für die Integration logistischer Prozesse in „Industrie 4.0“ ist das ganz wichtig. Deswegen brauchen wir den Glasfaser- bzw. jede Art von kabelgebundenem Breitbandausbau und LTE, und nicht ein Gegeneinander.

Nun stellt sich die Situation – und das ist meines Erachtens ein Glücksfall für alle, die dieses Thema für wichtig halten – gerade so dar, dass viele Städte bzw. die Stadtwerke darüber nachdenken oder schon dabei sind, die Leuchtmittel in den Straßenlaternen auszutauschen, um von den traditionellen Leuchtmitteln wegzukommen und neue LEDLeuchtmittel einzubauen.

Der Landtag ist sicherlich nicht die Stätte, um über Leuchtmittel in Straßenlaternen zu diskutieren. Aber weil das gerade flächendeckend geplant bzw. teilweise schon angepackt ist, besteht für uns die Chance, diese Situation zu nutzen und in die Straßenlaternen LTE-Cabinets, also Hüllen für LTETechnik, einzubauen. Das klingt putzig, ist aber eine ganz sinnvolle Geschichte. Das wird in den USA und Schweden schon praktiziert und ist serienreif erforscht.

Deswegen wäre das eine schöne Möglichkeit, hier entsprechend mit einer Musterkommune, der Innovation City oder einer kleineren Gemeinde, zusammenzuarbeiten. In meiner Heimatstadt mit knapp 20.000 Einwohnern werden gerade auch die Straßenlaternen ausgetauscht. Kommen Sie zu uns – wir rollen Ihnen den roten Teppich aus, bei mir gibt es eine Tasse Kaffee. Da könnte man eine Testkommune einrichten; es muss gar nicht die große Nummer sein.

Wenn Sie mich fragen: „Herr Wüst, woher wollen Sie das Geld hernehmen?“, dann gebe ich Ihnen eine Antwort, auf die Sie jetzt seit mittlerweile vier Minuten 20 Sekunden warten: Das Tariftreue- und Vergabegesetz wird mit einer teuren Evaluation überprüft, 425.000 € sind veranschlagt, sechs Prüfer für das Wirtschaftsministerium vorgesehen. Dieses Geld könnte man sich sparen und in einen solchen innovativen Feldversuch investieren.

Ich spare mir alle Hinweise zum Wirtschaftsministerium und zur Notwendigkeit, das eigene Geschäftsgebaren in Sachen Tariftreue- und Vergabegesetz zu überprüfen. Aber hier wäre das Geld schön eingesetzt. Vielleicht nehmen Sie den Gedanken mit in die Weihnachtspause. Und wenn wir uns dann im Ausschuss wiedertreffen und darüber beraten, kommen wir vielleicht zu einem fruchtbaren Ergebnis. – Vielen herzlichen Dank, frohe Festtage und gute Erholung.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Wüst. – Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Vogt.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Wüst, wir treffen uns in diesem Saal heute zum letzten Mal in diesem Jahr und diskutieren. Wir diskutieren über Laternen. Das passt zugegebenermaßen in die dunkle Jahreszeit, ebenso wie uns der Antrag der CDU im Dunkeln tappen lässt. Denn Sie und die FDP erklären in diesem Antrag recht wenig dazu, was Sie eigentlich bezwecken wollen.

Die Landesregierung soll also ein Referenzprojekt für die Ausrüstung von Straßenlaternen mit LTECabinets auflegen und mit entsprechenden Fördergeldern ausstatten. Informationen darüber, wo das geschehen soll, was es bewirken soll und woher die Glasfaser dafür kommen soll, an die die LTESender angeschlossen werden, gibt es keine – da ist Fehlanzeige. Sie haben als Beschlussvorlage nur einen Satz vorgelegt.

Um erahnen zu können, was Sie mit Ihrem Antrag meinen und was Sie sich darunter vorstellen, haben wir natürlich etwas recherchiert. Wir gehen davon aus, dass Sie auch auf die Information gestoßen sind, dass die Firmen Ericsson und Philips Anfang dieses Jahres an die Öffentlichkeit getreten sind und Laternen vorgestellt haben, die mit LEDTechnik funktionieren, somit deutlich stromsparender sind und gleichzeitig eine Vorrichtung haben, an der LTE-Sender montieren werden können.

Das ist eine naheliegende und durchaus clevere Idee. Von daher ist der Inhalt bzw. die Grundidee Ihres Antrags auch gar nicht abzulehnen; denn LTE setzt auf eine Vielzahl von kleinen, schwächeren Sendern, um große Flächen gleichmäßig mit guten

Signalen zu versorgen. Ein Teil davon kann sicherlich auf bestehende Masten installiert werden, aber die restlichen Sender müssen natürlich ebenfalls Standorte haben. Hier lautet der Vorschlag, diese auf Laternen zu installieren.

Es ist klar, dass diese neuen Sender für Mobilfunkunternehmen eine komplizierte Angelegenheit sind. Es ist schwieriger, die Nutzungsrechte von verschiedenen einzelnen Standorten zu bekommen, als mit Kommunen Verträge darüber abzuschließen, die Sender auf Laternen zu installieren.

In diesem Zusammenhang muss man sich auch die Frage stellen: Was ist bisher geschehen? – Im Jahr 2010 wurden die LTE-Frequenzen versteigert. Das ist mittlerweile vier Jahre her. Die Telekom hat angegeben, den LTE-Ausbau bislang zu 77 % abgeschlossen zu haben; Vodafone hat bisher 70 % erreicht. Es hat sich also einiges getan.

Die Frage ist, ob gerade der LTE-Ausbau an dieser Stelle stoppt. Die Telekommunikationsunternehmen haben die Frequenzen natürlich nicht ersteigert, ohne vorher kalkuliert zu haben, ob sich der Ausbau für sie lohnt.

Schaut man sich Ihren Antrag an, findet man zwar diese eine Idee, aber in zwei Dritteln des Antrags werfen Sie der Regierung wieder einmal vor, untätig zu sein. Sie erklären zudem – das haben Sie eben auch schon getan –, Bayern liege vorne. Wenn Sie der Ministerpräsidentin gestern zugehört hätten, wüssten Sie, dass NRW bei den Flächenländern in Bezug auf den Breitbandausbau weit vor Bayern liegt.

(Zuruf von Armin Laschet [CDU])

Des Weiteren erklären Sie zum x-ten Mal Ihre Version von EFRE- und ELA-Mitteln. Wir durften hier schon mehrfach vom Wirtschaftsminister hören, dass diese Argumentation sachlich falsch ist.

Wenn wir LTE fördern möchten, dann ist Ihr Vorschlag mit den Laternen sicherlich ein Punkt, der diskutiert werden sollte. Wir müssen beim mobilen Breitbandausbau natürlich auch immer berücksichtigen, dass viele Dienste, zum Beispiel die Videotelefonie, über Breitband – und das ist durch die Telefonanbieter und die Netzbetreiber vorgegeben – nicht möglich sind. Da sind wir beim Stichwort „Netzneutralität“.

Nichtsdestotrotz haben die Piraten hierzu einen Entschließungsantrag eingebracht, der erkennen lässt, dass sie den runden Tisch des Wirtschaftsministers durchaus anerkennen, und dass dort über dieses Thema und diesen Vorschlag diskutiert werden soll.

Wir werden den Antrag auch weiter im Ausschuss diskutieren. Er ist eine kleine, gute Idee auf dem Weg hin zu mehr Breitbandausbau – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Wir freuen uns auf die Diskussion im Ausschuss und natürlich auch auf die

Diskussion im Rahmen des runden Tisches, wo dieses Thema sicherlich auch aufgegriffen wird. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Vogt. – Für die grüne Fraktion spricht nun Herr Bolte.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe dem Kollegen Laschet gestern in der Generaldebatte sehr aufmerksam zugehört, als er über den Breitbandausbau gesprochen hat, und war durchaus überrascht. Schließlich ist es für einen Konservativen ungewöhnlich, über die Digitalisierung als Chance zu sprechen.

Wenn die Konservativen in den letzten 20 Jahren über das Internet gesprochen haben, fielen immer auch Begriffe wie „Bedrohung“, „Terroristen“ und „Killerspiele“. Auf diese Weise wurde die Debatte von konservativer Seite eigentlich immer geführt.

(Zuruf von der CDU)

Insofern war das sicherlich ein gewisser Fortschritt.

Dann aber hat sich der Kollege Laschet hier an das Rednerpult gestellt und hat eine Karte mit den Versorgungsgebieten Nordrhein-Westfalens hochgehalten. Diese stammt aus einem „WESTPOL“- Bericht vom letzten Sonntag. Ich habe diesen Bericht gesehen, bin mir aber ziemlich sicher, dass Herr Laschet diesen Bericht nicht gesehen hat; denn sonst wüsste er, dass der Fokus dieses Berichts ein ganz anderer war.

Darin ging es nämlich nicht um eine allgemeine Bestandsaufnahme zum Breitbandausbau, sondern es ging darum, dass die Bundesregierung bzw. die Bundeskanzlerin gerade beabsichtigt, die Netzneutralität abzuschaffen. Diese Grundbedingung des freien, offenen und innovativen Internets will die Bundesregierung abschaffen.