Protokoll der Sitzung vom 29.01.2015

Da können Sie ruhig mit Ihren 6 Mbit und was weiß ich ankommen. Das ist mir alles ganz egal. Heute haben wir – bleiben wir bei den 2 Mbit – eine Versorgung von 99,6 %. Dann kommen Sie mit Ihren 16 Mbit – okay, da haben wir eine Versorgung von 82 %, und bei 50 Mbit haben wir eine Versorgung von 70,7 %.

Und dann – dieser Vergleich ist schon mehrfach hier angestrengt worden -vergleichen wir uns immer wieder gerne mit Bayern, das weit hinter uns liegt.

(Zuruf von den PIRATEN: Das geht da ja auch so super mit den vielen ländlichen Ge- bieten!)

Da greife ich gleich die Sache mit den 2 Milliarden € auf. Sie haben ja schon mehrfach in diesem Hohen Haus, Herr Wüst – Entschuldigung, wie konnte ich

Sie jetzt nur übersehen; aber bei Herrn Schemmer hätte ich Sie jetzt wirklich nicht vermutet –, auf die Finanzierung des Breitbandausbaus hingewiesen.

Jetzt mache ich es mal mit Ihren Worten: „EFRE? – Geschenkt!“. Das steht ja auch in Ihrem Antrag, und ich danke Ihnen für diesen Satz: Finanzierung mit EFRE ist nicht möglich. – Irgendwann kommt ja die Einsicht.

Aber Sie haben auch immer wieder darauf hingewiesen: Bayern finanziert viel mehr als NordrheinWestfalen, Bayern ist das Vorzeigeland par excellence. Der Kollege Vogt aus meiner Fraktion und ich haben Ihnen schon mehrfach – schon damals und bis Mitte 2014 – dargelegt, wie es denn in Bayern gelaufen ist:

Die haben zunächst Unmengen an Geld in ihren Haushalt eingestellt und dann gemerkt: Kein Mensch in Bayern will das Geld, bis Mitte 2014. Wir haben in Nordrhein-Westfalen in mehreren Plenardebatten darauf hingewiesen, dass es sich in Bayern um Luftnummern handelt.

Da hat Bayern festgestellt: Wenn die in NordrheinWestfalen schon merken, dass das bei uns Luftnummern sind, dann ändern wir das, dann machen wir aus 500 Millionen € mal eben 2 Milliarden €. Das macht sich im Haushalt ja ganz gut, und zur Verfügung stellen müssen wir es sowieso nicht, weil kaum einer etwas davon abruft. Von den 2 Milliarden € sind schätzungsweise 30 Millionen irgendwann abgerufen worden

(Zuruf: 37 Millionen €!)

37 Millionen €, Entschuldigung; wir wollen das nicht kleiner machen. – Die Städte und Gemeinden, die kleinen Kommunen – sie greifen nicht nach dem Geld, weil es nicht attraktiv ist. Und deswegen bleiben sie in der Versorgung so weit hinter uns. Darum: Bayern brauchen wir nicht als Vorbild. Wir haben gute Ansätze, wie wir das in NordrheinWestfalen machen und damit sind wir wesentlich besser aufgestellt.

Was die Finanzierung betrifft, ist das vielleicht in der Regierungserklärung etwas untergegangen: Immer dann, wenn es interessant wird, wenn es darum geht, Lösungswege zu finden, wie man etwas finanzieren kann – wobei Sie uns ja immer unterstellen, dass wir das nicht könnten –, dann ducken Sie sich relativ schnell weg, so wie der Fraktionsvorsitzende der CDU jetzt, vielleicht weil er das gar nicht hören möchte.

Die Ministerpräsidentin hat deutlich darauf hingewiesen, dass auf Ebene der Europäischen Union – und ich glaube, ausschließlich der Kollege Wüst hat einen fragenden Zwischenruf gemacht, der an dieser Stelle sehr konstruktiv war – das sogenannte Juncker-Investitionspaket existiert, mit insgesamt 315 Milliarden € Investitionsvorhaben für IKT-Projekte mit dem Schwerpunkt Breitband.

Wir müssten in Nordrhein-Westfalen doch mit dem Klammerbeutel gepudert sein, wenn wir das Förderprogramm auf EU-Ebene, das sich schwerpunktmäßig mit Breitband befasst, worauf wir definitiv zugreifen können – anders als bei EFRE, ich hoffe, das ist endlich mal angekommen –, nicht nutzen würden. Wir haben schon über 3 Milliarden € für die Umsetzung von uns in NRW angemeldet.

Da müssen wir natürlich am Ball bleiben und schauen, wie es mit dem Juncker-Investitionspaket weitergeht. Wenn das so aufgelegt wird, wie es angedacht ist, dann haben wir bereits Maßnahmen angemeldet. Das wird neben der Ausschüttung der Gelder aus der Funkfrequenzversteigerung gutes Geld sein, das wir ausschließlich in den Breitbandausbau stecken können.

Digitale Gesellschaft ist mehr als Technologie. „Fortschritt gestalten“, das ist der Titel eines Dialogprozesses – einer von vielen –, an dem Minister Duin beteiligt ist. Herr Kollege Wüst, man kann es nicht stehen lassen, dass Minister Duin viel rede, aber wenig mache. – Ich komme gleich noch einmal darauf zurück.

Ein Punkt an dieser Stelle: „Fortschritt gestalten“ ist ein Dialogprozess der Landesregierung, ein Austausch von Wirtschaft, Wissenschaft und gesellschaftlichen Gruppen, wozu für uns natürlich – das wird keinen verwundern – an erster Stelle auch die Gewerkschaften stehen. Das hat der Kollege Römer trefflich und richtig ausgesprochen: Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Land – egal aus welcher Branche – sind das größte Kapital eines jeden Unternehmens. Sie haben das größte Know-how, weil sie täglich an der Sache arbeiten. Das gilt auch beim Fortschritt in der Digitalisierung. Deswegen werden wir die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Dialogprozess integrieren.

Im Zusammenhang mit dem Dialogprozess „Fortschritt gestalten“ gab es in der letzten Woche, am 22. Januar 2015, in Köln einen Fortschrittkongress. Auf diesem Kongress – Herr Kollege Wüst, ich unterstelle einfach mal freundlich, wie ich bin, dass Sie keine Zeit hatten; aber Sie haben ja einen Beobachter in Form eines Mitarbeiters geschickt – konnte man sehen, wie Informations- und Kommunikationstechnologien auch von den Fachleuten als einen der wesentlichen Bestandteile des Lebens in unserem Land gesehen werden.

Man konnte nicht nur sehen, sondern man konnte auch hören, wie uns Fachleute – das waren Fachleute aus den verschiedensten Bereichen – Zuspruch gegeben haben bei dem, was wir im Rahmen der digitalen Gesellschaft, der digitalen Wirtschaft disziplin- und ressortübergreifend auf den Weg bringen. Sie sagen, wir seien auf dem richtigen Weg. Das macht uns Mut. Deshalb werden wir diesen Weg gehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Wahrnehmungen in der Debatte sind ja sehr unterschiedlich. Wenn die einen kritisieren, die Regierungserklärung sei „nur“ eine Aufzählung dessen, was gemacht wird, dann finde ich es schon erstaunlich, dass man da sagt: „Das ist ja „nur“ eine Aufzählung“.

„Nur eine Aufzählung mit Überschreitung der Redezeit“ – da würde ich sagen: Das ist viel mehr, als Sie auch nur ansatzweise angedacht hätten. Wobei, genau genommen, das mit der „Aufzählung“ natürlich nicht stimmt.

Der Nächste, nämlich Herr Paul, sagt: Hier wird nur geredet, aber wenig gemacht. – Herr Paul, dann würde ich Ihnen doch empfehlen: Lesen Sie die Regierungserklärung nochmals, und nehmen Sie nur einmal die Punkte heraus, die alle schon gemacht wurden – dann würden Sie diesen Satz revidieren.

Dann wird seitens von Herrn Paul immer wieder dargelegt, womit all das gefördert werden müsste, was bislang noch nicht gemacht wurde. Wenn ich geahnt hätte, wie oft Sie die Worte „fördern, fördern, fördern“ statt „supergeil, supergeil, supergeil“ angeführt haben, hätte ich das mal mitgeschrieben.

Ich bin jedenfalls sehr gespannt auf die Haushaltsplanberatungen, die ab Sommer wieder anstehen, und wie Sie all die Förderpunkte, die Sie angesprochen haben, nicht nur einfach als Antrag auf mehr Geld einbringen, sondern auch mit realistischen – Herr Paul, das ist der wesentliche Punkt – Gegenfinanzierungen untermauern. Ich glaube, das wird eine ganz interessante Haushaltsdebatte, die wir dann haben werden.

(Zuruf von den PIRATEN: Ja, ja!)

Es wurde immer wieder auf den Hochschulstandort Nordrhein-Westfalen hingewiesen und wie wichtig er für uns ist. Die Zeitungen schrieben heute – ich zitiere –:

„Die Hochschulen sind ein dickes Pfund in dieser Region, denn sie bringen die nötigen Informatikfachkräfte und die Gründer von innovativen Unternehmen, sogenannte Start-ups, hervor.“

Also genau das, was Minister Garrelt Duin eben deutlich hervorgehoben hat.

Herr Kollege Wüst, Sie haben von 70 Millionen € gesprochen. Herr Kollege, das war übrigens eine sehr interessante, sachliche Rede, die ich von Ihnen heute gehört habe; das konnte man insbesondere an den Gesichtern von Herrn Hovenjürgen und Herrn Laschet ablesen. Die haben hoch interessiert zugehört. Ich hatte das Gefühl, sie haben bei Ihrer Rede sehr viel gelernt. Vielleicht sollten Sie das noch einmal intensivieren.

(Beifall von den GRÜNEN)

Die 70 Millionen € sind natürlich – ich danke Ihnen recht herzlich, das war eine ehrliche Feststellung –

immer „nur“ 70 Millionen. Aber Sie haben auch gesagt: Das ist aller Ehren wert. – Mit diesen 70 Millionen € – dafür garantiert Garrelt Duin sicherlich, er hat das auch so vorgestellt – werden wir die Chance für junge Hochschulabsolventen nutzen und neue Impulse für Unternehmensgründungen und Startups geben. Es ist unser Ziel, dass wir diese jungen Menschen an unserem hervorragenden Hochschulstandort im Digitalen ausbilden und sie dann mit ihrem Know-how in Nordrhein-Westfalen halten, damit sie nicht anschließend in andere Bundesländer oder sogar ins benachbarte Ausland abwandern. Deswegen ist es umso wichtiger, dass Start-ups finanziert und unterstützt werden.

Es sind verschiedene Punkte angesprochen worden. Digitalisierung ist mehr als nur das, worüber man mit Smartphone und Internet spricht. Die Energie ist angesprochen worden, Vernetzung und Steuerung unterschiedlicher Energieerzeuger. Wir haben in diesem Parlament das Thema des virtuellen Kraftwerks sehr intensiv diskutiert. Der eingebrachte Antrag ist hier einstimmig verabschiedet worden. Das ist ein Zeichen dafür, dass Sie an der Stelle nicht nur sensibilisiert sind, sondern auch uns und die Landesregierung unterstützen, dass das der richtige Weg ist, so wie wir es eingebracht haben und wie die Bewerbung in Berlin läuft.

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Betriebsräte, Gewerkschaften müssen frühzeitig in die Gestaltung des digitalen Wandels einbezogen werden. Ich kann mich daran erinnern, als ich Mitte der 80er-Jahre Betriebsratsvorsitzender war und uns die Geschäftsführung gesagt hat – das geht in die Richtung des Rechenschiebers von Reiner Priggen –: Wir stellen hier mal versuchsweise einen PC hin.

Unabhängig davon, dass ich Mitte der 80er-Jahre – das gehört zur Wahrheit dazu – überhaupt nicht wusste, was die wollten, als von einem „PC“ die Rede war, haben wir dann als Betriebsrat mit allen möglichen rechtlichen Mitteln dagegen gearbeitet, um dieses Teufelswerk zu verhindern.

Heute würde man uns auslachen und lacht uns auch aus. Heute gehört das zum Standard. Die Zeit ist schneller geworden. Deswegen brauchen wir die Erkenntnisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Lassen Sie mich zu einem letzten Punkt kommen: Apps sind angesprochen worden. Ohne die Apps der Deutschen Bahn oder des ÖPNV würde auch manch ein Abgeordneter seinen Zug verpassen, wenn wir ehrlich sind. Aber zu der Sache mit der BAB 9 – entweder äußert sich Herr Laschet wider besseres Wissen, oder er hat einfach keine Ahnung davon, lassen wir auch das dahingestellt –, Nürnberg–München: Frau Ministerpräsidentin hat darauf hingewiesen, dass es hier darum geht, ein digitales Testfeld Autobahn auszuweisen, das der Bundesverkehrsminister auf den Weg bringen will. Ich sage ganz klar: Warum soll es ein solches Testfeld mal

wieder auf einer Ferienstrecke in Bayern geben und nicht in einem verkehrlichen Ballungsraum, im Ruhrgebiet, wo man es wirklich austesten könnte?

Wenn Herr Laschet dann die Hände hochhebt und sagt: „Das geht doch alles nur – das wissen Sie doch hier im Haus – mit fertigen Planfeststellungsverfahren“, dann sage ich, mit Verlaub: Auch da hat Herr Laschet mal wieder überhaupt keine Ahnung: Für ein digitales Testfeld Autobahn ist ein Planfeststellungsverfahren so über wie Sahne für Pommes.

(Vereinzelt Beifall von der SPD)

Meine Damen und Herren, da etwas nach vorne zu bringen und zu argumentieren, nur um seinen Unionsverkehrsminister zu schützen, das ist schon hanebüchen. Machen Sie sich da bitte mal schlau. – Herr Hovenjürgen, ich bin mir sicher – bei Planfeststellungsverfahren und Autobahnen geht Herr Schemmer –, Sie werden ihm das gleich mitteilen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein allerletzter Punkt – dann will ich die Debatte auch nicht weiter strapazieren – ist der Hinweis zu dem Wagniskapital, mal wieder von Herrn Lindner. Ich erinnere mich sehr gut, dass wir dieses Thema am gestrigen Tage – Tagesordnungspunkt 7 – hier im Hause debattiert haben. Es wäre schön gewesen, Herr Lindner, da Sie heute darüber reden, wenn Sie gestern auch anwesend gewesen wären. Aber es gibt ja vorläufige Plenarprotokolle, in denen man das eine oder andere nachlesen kann.

(Christian Lindner [FDP]: Was sagen Sie zur Präsenz? Gucken Sie mal da!)

Ja, das sage ich, Herr Lindner. Das können wir gerne mal aufwiegen. Ich glaube, da schneiden Sie ganz schlecht ab.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Über Tagesordnungspunkte des Vortages sollte man nur reden, wenn man am Vortag auch da war, Herr Lindner. Wenn Sie etwas behaupten, was nicht gesagt wurde, sondern das Gegenteil, Herr Lindner,

(Christian Lindner [FDP]: Oberlehrer!)

dann sollten Sie sich nicht wieder so arrogant zurücklehnen, sondern das zur Kenntnis nehmen, mit Verlaub.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Lindner hat uns vorgeworfen, dass die Landesregierung dem Antrag von Bayern nicht folgt. Es hat eine Debatte dazu gegeben. Elisabeth Müller-Witt hat für die SPD-Fraktion ausführlich dazu gesprochen, aber auch – ich habe es gesehen – die Landesregierung.

(Christian Lindner [FDP]: Nicht vorgeworfen, Herr Schmeltzer! Ich habe nur gesagt, Sie würden daran gemessen, ob Sie es tun!)