Aber Sie haben dann für sich eine Schlussfolgerung gezogen, die ich dann doch als atemberaubend empfunden habe; denn Sie haben auch gesagt, dass sich dann, wenn es darauf ankäme, die CDU wieder mehr um Arbeitsplätze kümmern und auch wieder sagen müsse, Arbeit ginge vor Umweltschutz oder Klimaschutz. Herr Kollege Laschet, das ist eine Schussfahrt in die Vergangenheit. Gute Reise! Wir machen das nicht mit.
Hier in Nordrhein-Westfalen findet eine Menge an neuen Investitionen statt; die können sie überall besichtigen. Sie finden auch statt in große Kraftwerke, auch in viele dezentrale kleine. Sechs große Kohlekraftwerksblöcke – zwei sind gerade in Betrieb genommen worden; die Ministerpräsidentin war im Rheinland mit dabei, als zwei hochmoderne neue Braunkohlenkraftwerksblöcke in Betrieb genommen worden sind –, zwei weitere Steinkohlenkraftwerksblöcke entstehen in Hamm, einer in Lünen, einer in Duisburg. Und dazu kommen viele große Vorhaben, etwa Gas- und Dampfkraftwerke auf Kraftwärmekoppelungsbasis wie in Düsseldorf und Köln. Also, es passiert eine ganze Menge hier in NordrheinWestfalen. Dann höre ich von Ihnen, Herr Kollege Laumann, immer wieder nur den Hinweis auf Datteln.
Ich hätte mir gewünscht – ich gebe das gerne zu –, Sie hätten die Kraft und auch den Mut aufgebracht, zu sagen: Ja, wir haben in unserer Regierungsverantwortung so schludrig gearbeitet, handwerklich so viel Murks hingelegt, dass das Oberverwaltungsgericht in Münster gar nicht hat anders entscheiden können, als den Bebauungsplan 105 in Datteln für nichtig zu erklären. – Wenn Sie das eingeräumt hätten, Herr Kollege Laumann, dann hätte ich Ihnen auch ganz ruhig, was ich jetzt auch tue, sagen können: Herr Kollege Laumann, wir sind auf einem guten Weg.
verbiegen, auch wieder zu korrigieren, wird gemacht. Ich kann Ihnen nur nicht sagen, weil ich nicht weiß, wie Gerichte am Ende entscheiden werden, ob dann, wenn die planungsrechtlichen Voraussetzungen sowohl beim RVR als auch bei der Stadt Datteln erfolgreich abgeschlossen sind, vor einem Gericht, dem Oberverwaltungsgericht Münster, eine Betriebsgenehmigung auch tatsächlich Bestand haben wird. – Sie haben so viel Murks in dem Zusammenhang gemacht, dass Sie sich schämen müssten, wenn Sie jetzt mit dem Finger auf andere zeigen und etwas einzuklagen versuchen, was Sie selbst versäumt haben, meine Damen und Herren.
Es gibt eine Grundlinie, an der kein Weg vorbeiführt und die auch für unser Handeln in der Industrie- und Energiepolitik hier in Nordrhein-Westfalen die entscheidende Grundlinie bleibt. Diese heißt: Weg von der Atomenergie, mehr Anteile für erneuerbare Energien und herunter mit den CO2-Emissionen! Das ist die Grundlage für unser Handeln, und so werden wir hier in Nordrhein-Westfalen im Rahmen unserer Möglichkeiten die Energielandschaft bauen.
Wir haben uns vorgenommen, ein riesengroßes Fernwärmeprojekt hier in Nordrhein-Westfalen auf den Weg zu bringen. Minister Remmel und Minister Duin sind im Gespräch mit denjenigen Unternehmen, die das bewerkstelligen werden, die fernwärmeproduzierenden und fernwärmeverteilenden Unternehmen hier in Nordrhein-Westfalen. Wir werden die Fernwärmeschiene Niederrhein mit der Fernwärmeschiene Ruhr verbinden und vieles andere mehr. Das ist die hocheffiziente Energieversorgungsstruktur, die wir uns wünschen, vor allen Dingen gepaart mit dezentralen kraftwärmegekoppelten Energieerzeugungsanlagen. Davon werden wir in Nordrhein-Westfalen alle profitieren.
Das wird im Übrigen, meine Damen und Herren, ein mittelprächtiges Konjunkturprogramm für Handwerk, Handel und Gewerbe in der Umgebung dieser Fernwärmeschiene werden.
Wir werden auch dafür sorgen, dass wir über diesen Weg neue Formen der Zusammenarbeit zwischen den Kommunen eingehen, vor allen Dingen zwischen den Stadtwerken. Ich will noch einmal daran erinnern, Herr Kollege Laumann: Die erste Tat der rot-grünen Koalitionsregierung ohne absolute Mehrheit war, dass wir den von Ihnen gegen die Stadtwerke gerichteten veränderten § 107 der Gemeindeordnung wieder repariert haben.
Das hat zu einem Aufatmen in der Stadtwerkelandschaft geführt. Das sind diejenigen, die wir jetzt dringend neben den großen brauchen. Vor allem die Stadtwerke brauchen wir ganz dringend, wenn es um die Gestaltung der Energiewende hier in Nordrhein-Westfalen geht. Das sind unsere wichtigen Partner in diesem Bereich. Ich hoffe, dass sich
die CDU endlich wieder an die Seite der Stadtwerke stellt, wenn es darum geht, für sie Marktanteile zu organisieren, wenn es darum geht, für sie zukunftsfeste Investitionen zu organisieren, wenn es vor allen Dingen darum geht, den Stadtwerken in Nordrhein-Westfalen einen festen Platz auch in der Energieversorgungsstruktur zu schaffen. Das, glaube ich, Herr Kollege Laumann, wäre eine Gemeinschaftsaufgabe, der Sie sich auch stellen sollten.
Ja, wir in Nordrhein-Westfalen haben besondere Interessen bei der Gestaltung der Energiewende. Die Ministerpräsidentin hat darauf hingewiesen und diese herausgestellt.
Ich will ein Beispiel für die Wertschöpfungskette nennen, die wir hier in Nordrhein-Westfalen durch Produktion auslösen. Die aluminiumproduzierende Industrie in Essen, in Neuss und in Voerde hat ihre Kunden im Umkreis von 150 km; die weiterverarbeitenden Betriebe sind vor allen Dingen in NordrheinWestfalen und in Rheinland-Pfalz angesiedelt. Es sind mittelständische, meistens familiengeführte Unternehmen, hochinnovativ und hochproduktiv, vor allen Dingen exportorientiert. Wenn es nicht gelingt, die Produktion in Essen bei Trimet, in Neuss bei Norsk Hydro und in Voerde bei Voerdal endlich zu stabilisieren, dann kann man ermessen, was dies für die Wertschöpfungskette bedeutet.
Herr Kollege Laschet, weil Sie nicken, füge ich hinzu: Mir wäre sehr viel wohler, wenn die Bundesregierung endlich für Zustimmung in der Kommission der Europäischen Union gesorgt hätte, damit die Haushaltsmittel für diese aluminiumproduzierende Industrie in Höhe von 40 Millionen € endlich mobilisiert werden könnten.
Industrielle Produktion, Wertschöpfung im eigenen Land bleibt die Grundlage für Wohlstand. Wir haben das in unseren Koalitionsvertrag hineingeschrieben. Das wird auch die Leitschnur unseres Handelns bleiben.
Ich will auf einen Punkt zu sprechen kommen, bei dem Sie, Herr Kollege Laumann, vorhin Ihre ganze Verzweiflung in der Rede offenbart haben. Ich will auch zwei andere Gesichtspunkte nennen, bei denen Sie von der CDU-Landtagsfraktion in der Gefahr sind – in der Gefahr waren –, sich von nordrhein-westfälischen Interessen abzuwenden und aus parteipolitischem Kalkül an die Seite der CSU in Bayern oder der CDU in Berlin zu stellen. Ich habe
mich darüber geärgert. Das gebe ich offen zu. Als aus Bayern die Ankündigung kam, eine Klage gegen den Länderfinanzausgleich auf den Weg zu bringen, haben Sie Beifall geklatscht, obwohl Sie wissen, wie viele Finanzleistungen über viele Jahre hinweg gerade aus Nordrhein-Westfalen in das damals strukturschwache Bayern geflossen sind und geholfen haben, das Land auf die Beine zu stellen.
Ich habe mich gewundert, dass Sie sich an die Seite der Bayern gestellt haben, die völlig unsolidarisch mit dem Länderfinanzausgleich umgehen.
Herr Kollege Laumann, mich wundert, dass Sie sich – nur um der Landesregierung, dem Landesfinanzminister eines auszuwischen –, in dieser leidigen Angelegenheit des unsäglichen Steuerabkommens mit der Schweiz von den ehrlichen Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern abwenden
und vor allen Dingen einer Politik das Wort reden, die darauf ausgerichtet ist, Steuerbetrügern und ihren Helfershelfern zu helfen. Wir machen das nicht mit. Die Landesregierung hat die Unterstützung der beiden Koalitionsfraktionen, auf diesem Weg so weiterzumachen wie bisher.
Herr Kollege Lindner, es geht darum, auch einen gesunden Staat zu gewährleisten. Dazu zählt dann eben auch, dass Steuerhinterziehung bekämpft werden muss und denjenigen, die sich ihrer Verpflichtung gegenüber diesem Staat und dieser Gesellschaft auf kriminelle Art und Weise entziehen wollen, das Handwerk gelegt wird.
Meine Damen und Herren, an einem werden wir alle gemeinsam nicht vorbeikommen: Die Zeit von Steuersenkungen auf Pump ist ein für alle Mal vorbei.
Es geht jetzt darum, bei der Frage der Haushaltskonsolidierung einen vernünftigen Weg zu gehen, wie wir ihn in Nordrhein-Westfalen eingeschlagen haben. Wichtige Zukunftsinvestitionen müssen wie in jedem normalen Unternehmen durchgeführt werden, damit es eine vernünftige Perspektive gibt. Es muss selbstverständlich auch dafür gesorgt werden, dass gezielt eingespart wird und nicht wie mit dem Rasenmäher, wie es zu Ihrer Zeit der Fall war.
An die Adresse von Norbert Röttgen gerichtet sage ich, es wird im Übrigen eben nicht so gehen können, dass es keinem weh tut. Sparen wird ohne Frage immer wehtun, meine Damen und Herren. Auch das werden Sie von der CDU noch lernen müssen, wenn Sie endlich einmal ernsthafte Vorschläge machen. Auf diese warten wir immer noch.
Bund, Land und Kommunen müssen über strukturelle Einnahmeverbesserungen in die Lage versetzt werden, ihre Aufgaben als staatliche Institutionen zu erfüllen und dafür zu sorgen, dass es den Menschen in allen Lebenslagen gut gehen kann.
Eines ist inzwischen doch überall angekommen. Wir beklagen in weiten Teilen von Nordrhein-Westfalen eine sich ausbreitende Armut. Sie hat ihre Ursache vor allem in sich ausweitenden prekären Beschäftigungsverhältnissen mit Löhnen unterhalb einer vertretbaren Grenze. Die wachsende Armut muss gemeinsam von uns bekämpft werden. Ich bin der Ministerpräsidentin dankbar dafür, dass sie das gestern zu einem ganz zentralen Punkt ihrer Regierungserklärung gemacht hat. Das ist die Grundlage dafür, dass wir auch zukünftig vernünftig miteinander zusammenleben können. Auch das gehört in einer solchen Situation ausgesprochen.
Ja, wir wissen: Löhne von 3 oder 4 € pro Stunde sind nicht ausreichend. Deshalb führt auch dort kein Weg an gesetzlichen Mindestlöhnen vorbei, wo die Tarifvertragsparteien nicht in der Lage sind, für ausreichende Löhne und Einkommen zu sorgen, mit denen diejenigen ihren Lebensunterhalt bestreiten können, die Vollzeit arbeiten. Auch das müssen wir auf den Weg bringen. Ich hoffe, die CDU ist dann bei uns.
Lassen Sie mich zum Schluss auf einen Punkt hinweisen, der mir in diesem Zusammenhang zu denken gibt. „Financial Times“, keine Zeitung, die uns besonders nahe steht, hat in diesem Zusammenhang vor Kurzem geschrieben – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten –:
Es kann nicht angehen, dass in einem der reichsten Industrieländer Menschen regulär für 3 € oder 4 € pro Stunde arbeiten müssen. Wenn Gewerkschaften und Arbeitgeber es nicht schaffen, solch eine soziale Schande abzuwenden, ist der Gesetzgeber gefordert.
Ich glaube, sie haben Recht mit dem, was sie beschreiben. Ein wichtiger Manager eines großen Unternehmens hier in Nordrhein-Westfalen, Klaus Engel von Evonik, auch Präsident des Verbandes der Chemischen Industrie, hat vor ein paar Tagen in diesem Zusammenhang Folgendes gesagt – ich zitiere ihn –:
Wenn eine Gesellschaft nicht den vielen helfen kann, die sozial bedürftig sind, dann kann sie bald auch nicht mehr die wenigen schützen, die wohlhabend sind.
Und das ist der innere Zusammenhang: dass dann, wenn wir über einen gesunden Staat reden, wir auch dafür sorgen müssen, dass er seine Aufgaben wahrnehmen kann, damit es hier in diesem Land nicht zu einem weiteren Auseinanderdriften in der sozialen Struktur kommt, damit die Menschen wie