Protokoll der Sitzung vom 18.03.2015

Nach der Anhörung hat es noch eine Vielzahl von Gesprächen mit anderen, mit vielen Organisationen, mit den privaten Anbietern, den Krankenkassen, den kommunalen Spitzenverbänden, den anerkannten Hilfsorganisationen usw. gegeben. Nach wie vor gab es viel Diskussions- und Gesprächsbedarf. Der Kollege Garbrecht hat vor einigen Tagen darauf hingewiesen, dass wir, wenn man die Sommerpause abzieht, insgesamt sechs Monate Beratungszeit für dieses Gesetz benötigt haben. Ich glaube, meine Damen und Herren, das kann sich durchaus sehen lassen.

Es gibt nun einige Änderungen zum ursprünglichen Entwurf. Ich will hierfür einige Beispiele anführen. Die Übergangsfrist für die Notfallsanitäterausbildung läuft nun bis zum 31. Dezember 2026. Dies war im Übrigen ein ausdrücklicher Wunsch der Feuerwehren und der kommunalen Spitzenverbände. Wir haben die Belange der Menschen mit Behinderung aufgenommen. Dies entspricht im Übrigen auch den Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention.

Wir haben das Thema der Interhospitaltransporte aufgenommen. Die Qualität der Fahrzeuge ist beschrieben worden. Für mich ist wichtig: Diese Qualität gilt für alle Akteure im Rettungsdienst. Auch die Telefone der privaten Anbieter können künftig auf die Rufnummer 112 aufgeschaltet werden. Die Zusammenarbeit mit den anerkannten Hilfsorganisationen im Katastrophenschutz wird geregelt.

Meine Damen und Herren, ein ganz wesentlicher Punkt ist: Die Kosten des Rettungsdienstes und der Ausbildung der Notfallsanitäter haben die Krankenkassen zu tragen. Die Landesregierung stützt sich hierbei auf § 60 Sozialgesetzbuch V. Ich freue mich, dass die kommunalen Spitzenverbände und die Krankenkassen erneut Gespräche aufnehmen werden, wenn dieses Gesetz abschließend beraten und beschlossen worden ist.

In § 29 haben wir eine Regelung für Krankentransporte im Sinne des Personenbeförderungsgesetzes gefunden. Ich möchte an dieser Stelle, auch zum Änderungsantrag der CDU und der FDP, darauf hinweisen, dass wir hierbei keine Ewigkeitsgarantie geben können und wollen, weil wir auch das Wettbewerbsrecht vor Augen haben müssen. Aus diesen Gründen werden wir dem Änderungsantrag nicht zustimmen.

Nicht verändert werden soll § 12. Das duale System und das Submissionsmodell in Nordrhein-Westfalen bleiben erhalten. Dies bedeutet, dass die Erbringung rettungsdienstlicher Leistungen für Unternehmen auf eigene Rechnung und im eigenen Namen auch außerhalb des öffentlichen Rettungsdienstes auf genehmigter Grundlage weiterhin möglich ist. Die Kreise und kreisfreien Städte stellen Bedarfspläne auf. Die Fahrzeuge der privaten Unternehmen können – dies ist ein Kompromiss – künftig in den Bedarfsplan der Kreise und kreisfreien Städte aufgenommen werden. So, meine Damen und Herren, sollen kostspielige Doppelvorhaltungen vor Ort vermieden werden.

(Ministerin Barbara Steffens: Genau!)

Mit dem neuen Gesetz schaffen wir Rechtssicherheit und fairen Wettbewerb.

Meine Damen und Herren, die Beschäftigten im Rettungswesen leisten eine wichtige und anspruchsvolle Arbeit. Dem werden wir mit dem Gesetzentwurf, der heute verabschiedet werden soll, gerecht. Ich möchte an dieser Stelle die Gelegenheit nutzen, allen, die hauptberuflich oder ehrenamtlich im Bereich des Rettungswesens unterwegs sind, ein ganz herzliches Dankeschön für ihre nicht immer leichte und körperlich wie psychisch anstrengende Arbeit zu sagen.

(Beifall von der SPD, den GRÜNEN und Ast- rid Birkhahn [CDU])

Vergessen wir auch nicht, dass die anerkannten Verbände wertvolle ehrenamtliche Arbeit in den Rettungsdienst einbringen.

Ich bin mir sicher, meine Damen und Herren, dass wir mit dem heute zu verabschiedenden Gesetz und mit dem Änderungsantrag viel erreicht haben. Wir schaffen die Rahmenbedingungen für einen zukunftsfähigen und qualitativ hochwertigen Rettungsdienst in Nordrhein-Westfalen. Ich freue mich, dass wir dies mit einer breiten Mehrheit in diesem Hause verabschieden können. Ich bitte um Zustimmung zur Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Scheffler. – Für die CDU-Fraktion spricht nun Frau Kollegin Scharrenbach.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Heute ist es in der Tat so weit: Nordrhein-Westfalen bekommt ein neues Rettungsgesetz, mit dem es jetzt gelingen wird, das bewährte System aus Rettungsdienst und Zivil- und Katastrophenschutz in unserem Land dauerhaft rechtlich abzusichern. Es war ein zähes Ringen um dieses Gesetz, das heute seinen vorläufigen Abschluss finden wird, aber es wird nicht – jedenfalls noch nicht – das Ende sein, Herr Kollege Scheffler.

Das gesamte Verfahren für dieses neue Gesetz hat zweierlei deutlich gemacht: Bei zwei beteiligten Ministerien war eines zu viel. Ohne die Änderungsvorstellungen der CDU, die wir dem Landtag Ende November 2014 zur Verfügung gestellt haben, gäbe es jetzt nicht dieses Gesetz. Das, was zwischenzeitlich aus dem Gesundheitsministerium und den Fraktionen von SPD und Grünen an Änderungsvorstellungen kursierte, war – offen gesagt – an Peinlichkeit nicht zu überbieten und zeigte, dass SPD und Grüne sowie das zuständige Gesundheitsministerium über weite Strecken nicht sprachfähig waren.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Deshalb war und ist es gut, dass die Kommunal- und Innenpolitiker von allen Seiten bis zum Schluss im Gesetzgebungsverfahren geblieben sind.

Für die CDU bleibt es dabei: Ein integriertes Hilfeleistungsgesetz, Rettungsdienst, Zivil- und Katastrophenschutz aus einer Hand, wird den Anforderungen einer modernen Gefahrenabwehr besser gerecht als dieses Klein-Klein zwischen zwei Ministerien und innerhalb der regierungstragenden Fraktionen.

An dieser Stelle möchten wir uns allerdings ausdrücklich bei Arif Ünal bedanken, der in den letzten Tagen und Stunden anscheinend die Federführung bei Grün-Rot übernommen hat. Denn bis Dienstagmorgen haben wir als CDU-Fraktion Änderungen in den gemeinsamen Antrag hineinverhandelt.

Was wird denn jetzt umgesetzt? – In NordrheinWestfalen wird die Bereichsausnahme für die Vergabe rettungsdienstlicher Leistungen umgesetzt. Das haben wir als CDU-Landtagsfraktion im Jahr 2013 und im Jahr 2014 hier beantragt. Sie haben das abgelehnt. Zwölf Monate später wird es heute endlich Gesetz werden. Dies bedeutet allerdings auch, dass das Landesgesundheitsministerium seinen Erlass vom 6. August 2010 nun zeitnah zurückziehen muss. Zahlreiche Kreise und kreisfreie Städte haben nämlich mit Verweis auf den Erlass aus dem Hause des Gesundheitsministeriums eine europaweite Ausschreibung rettungsdienstlicher Leistungen bzw. eine Rekommunalisierung vorgenommen, obwohl sie an der bewährten Zusammenarbeit mit den Hilfsorganisationen festhalten wollten.

Es wird verankert das neue Berufsbild über den Notfallsanitäter. Das haben Sie, Herr Kollege

Scheffler, schon ausgeführt. Mit Ablauf des 31. Dezember 2026 wird die Funktion des Rettungsassistenten durch den Notfallsanitäter ersetzt.

Gleichzeitig haben wir heute auf zwei Bestandteile gewartet, die Frau Ministerin Ende Januar anlässlich des Eilantrages von CDU und FDP angekündigt hat, nämlich die Vorlage zu den Ausführungsbestimmungen für die Vollausbildung zum Notfallsanitäter und auch die Änderung der Zuständigkeitsverordnung. Frau Ministerin hat damals ausgeführt, mit der Verabschiedung des Gesetzes würden gleichzeitig diese beiden Teile auf den Tisch gelegt. Vorlagen zu beiden Teilen: heute Fehlanzeige!

(Ministerin Barbara Steffens: Es steht heute zur Verabschiedung!)

Das freut mich zu hören.

Gleichzeitig bleibt eine Frage offen, die wir im gesamten Verfahren überhaupt nicht diskutiert haben, weil es, obwohl wir immer wieder für Gespräche mit Ihnen geworben haben, zu diesen Gesprächen bis zum Ende der letzten Woche nicht gekommen ist. Es bleibt die Frage der künftigen Vergütung der Notfallsanitäter offen. Es gibt Hauptamtliche bei den Feuerwehren, die gleichzeitig als Rettungsassistenten ausgebildet und tätig sind und die seit 20 Jahren auf eine Beförderung von A 7 nach A 8 warten, Leute, die tagtäglich ihre Gesundheit und ihre Kraft einsetzen, um anderen Menschen in Notlagen zu helfen.

Deshalb gebietet es der Respekt vor unseren Hauptamtlichen im Rettungsdienst und in der Feuerwehr, über die künftige Vergütung für den Notfallsanitäter zu diskutieren. Es geht nämlich am Ende auch um die Attraktivität eines Berufsbildes und darum, Menschen für diesen Beruf zu begeistern und ihnen auch in Form des Gehaltes Anerkennung zuteilwerden zu lassen.

(Zuruf von der SPD: Das ist nicht Sache des Landtages!)

Wir werden im Rahmen der großen Dienstrechtsreform dann sicherlich auch über die hauptamtlichen Feuerwehren und die verbeamteten Feuerwehrleute diskutieren.

Die Handschrift der CDU ist im Gesetz jedenfalls deutlich erkennbar. Die einheitliche Leitstelle wird Gesetz, die Inanspruchnahme der Hilfsdienste der Feuerwehren im Rahmen des Rettungsdienstes wird verankert und über Gebühren refinanzierbar, Notarzteinsatzfahrzeuge und Krankenkraftwagen können eine organisatorische Einheit bilden.

Bei einem Punkt sind wir uns aber nicht einig geworden. Das ist die gesetzliche Absicherung des dualen Systems in Nordrhein-Westfalen.

Herr Kollege Scheffler, Sie haben ausgeführt, Sie wollten keine Ewigkeitsgarantie. Die streichen Sie gerade mit § 19 Abs. 6. Deshalb wäre eine Über

gangsfrist so dringend für die Unternehmer in Nordrhein-Westfalen erforderlich.

Aus diesem Grunde haben wir Ihnen vorgeschlagen, einen neuen § 29 Abs. 3 in das Gesetz einzufügen. Denn in seltener Einmütigkeit haben die relevanten Partner im Rettungsdienst versucht, ein Gesamtpaket zu erreichen, mit dem beide Seiten leben können. Auch der letzte Vorschlag, was § 29 Abs. 3 anbetrifft, wird gemeinsam von den kommunalen Spitzenverbänden, von den Verbänden der privaten Unternehmer und der Arbeitsgemeinschaften der Leiter der Berufsfeuerwehren und der Leiter der Hauptwachen getragen.

Insofern bitten wir Sie – wir fordern Sie gleichzeitig abschließend auf –, diesen Kompromiss, den wirklich alle tragen, nicht in den letzten Momenten dieses Gesetzgebungsverfahren zu verlassen, sondern am Ende dem Änderungsantrag von CDU und FDP zuzustimmen und damit das Gesetz wirklich rundzumachen und das Ganze im Konsens zu verabschieden. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Frau Scharrenbach. – Nun spricht für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Kollege Ünal.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Das Rettungsgesetz NRW stellt die Grundlage für ein stabiles System der Notfallversorgung mit öffentlichen, privaten und karitativen Trägern dar, die rettungsdienstliche Leistungen anbieten.

Tatsächlich beschäftigen wir uns fast dreieinhalb Jahre mit der Novellierung dieses Gesetzes. Warum es so lange gedauert hat, hat Herr Kollege Scheffler dargestellt; das muss ich nicht wiederholen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Qualität der Leistungen muss beim Rettungsdienst im Vordergrund stehen, nicht die unterschiedlichen Interessengruppen, die beim Rettungsdienst beteiligt sind. Nur so kann auch zukünftig eine optimale medizinische Versorgung der Patientinnen und Patienten in unserem Lande sichergestellt werden.

Die vorgelegte Novellierung des bestehenden Rettungsgesetzes trägt auch dem neugeschaffenen Ausbildungsberuf Notfallsanitäterin bzw. Notfallsanitärer Rechnung. Das heißt, der neue Beruf der Notfallsanitäter wird den Beruf des Rettungsassistenten ablösen. Die Kosten der Vollausbildung und Fortbildung tragen die Krankenkassen. Dafür gibt es eine klare Regelung im Rahmen dieser Novellierung.

Zugleich möchte ich darauf hinweisen, dass wir im neuen Rettungsgesetz mit unserem gemeinsamen – wobei ich das Wort gemeinsam betone – Änderungsantrag den Kommunen großzügige

Übergangsfristen für die Besetzung der Rettungs

wagen mit Rettungssanitätern geboten haben, damit sie innerhalb dieser Zeit die Ausbildung zum Notfallsanitäter neu ordnen und die Betreffenden sie abschließen können, sodass die Kommunen dann die entsprechenden Kräfte einsetzen können.

Darüber hinaus haben wir unter anderem die Einführung der Position der Ärztlichen Leiterin bzw. des Ärztlichen Leiters im Rettungsdienst zur Verbesserung des Qualitätsmanagements und die Möglichkeit zur Bildung von Trägergemeinschaften vorgesehen, um die Möglichkeit der gemeinschaftlichen Anschaffung von intensivmedizinischen Spezialfahrzeugen zu schaffen.

Zudem ist die Bildung einer gemeinsamen Leitstelle, Herr Scheffler, genannt. Diese Leitstelle finden wir auch für ein gemeinsames Vorgehen sehr, sehr wichtig.

Außerdem haben wir durch eine Änderung des § 12 ermöglicht, dass bei der Ermittlung der Zahl der von den Trägern des Rettungsdienstes vorgehaltenen Fahrzeuge auch die Fahrzeuge privater Anbieter rechnerisch mit berücksichtigt werden können. Dadurch stellen wir sicher, dass alle vorhandenen Fahrzeuge in die Planung einfließen können.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, mehrfach wurde der Vorschlag zu § 29 unterbreitet; dazu gibt es auch einen Änderungsantrag von CDU und FDP. Diesen Antrag werden wir ablehnen. Die Gründe wissen Sie. Wir haben im Ausschuss sehr ausführlich darüber diskutiert. Wenn wir diesen Antrag annehmen, werden die Träger, die jetzt nach § 17 anerkannt sind, private Anbieter gegenüber den Hilfsorganisationen und gegenüber den privaten Anbietern, die jetzt neu in den Markt eintreten wollen, privilegiert. Das wollen wir nicht. Besonders die Hilfsorganisationen wollen wir nicht benachteiligen, weil sie ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei dem Katastrophenschutz einsetzen können und neben dem Katastrophenschutz auch sehr viele andere Leistungen anbieten. Deswegen werden wir diesen Änderungsantrag ablehnen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Der Datenschutz spielt natürlich bei der Novellierung auch eine Rolle. Wir haben mit unserem Änderungsantrag auch viele Datenschutzmaßnahmen eingeführt. Der Änderungsantrag der Piraten geht eigentlich nicht weiter als unser Änderungsantrag. Denn es werden nur die Daten erfasst, die für den Einsatz und für die Behandlung der Patientinnen und Patienten notwendig sind. Die Bearbeitung der Daten wird nach den landesgesetzlichen Bestimmungen geregelt. So gesehen brauchen wir in dem Sinne keine zusätzlichen datenschutzrechtlichen Regelungen.