Protokoll der Sitzung vom 29.04.2015

Sie haben eben deutlich gemacht, es geht Ihnen an dieser Stelle um den ländlichen Raum. Aber eines möchte ich zurückweisen. Sie zeichnen ein Bild des ländlichen Raums, den es in Nordrhein-Westfalen längst nicht mehr gibt.

(Beifall von den GRÜNEN)

Es ist ein Bild unserer Heimat, bei dem man sozusagen unter dem in Öl gemalten röhrenden Hirsch im Biedermeierwohnzimmer sitzt.

(Zurufe von der CDU)

Das ist nicht das Bild des ländlichen Raums in Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Klaus Kaiser [CDU]: Frechheit! – Weitere Zu- rufe von der CDU)

Der ländliche Raum in Nordrhein-Westfalen ist vielfältig, modern, bringt zukunftsweisende Traditionen in die Zukunft

(Zuruf von der FDP: Die Frage ist, wer hier die Klischeevorstellungen hat! Das sind doch Sie!)

und ist strukturbildend für das ganze Land.

(Zurufe von der CDU und der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, was der ländliche Raum braucht, sind schnelle Internetverbindungen.

(Zurufe von der CDU und der FDP – Unruhe)

Sie haben es fünf Jahre nicht geschafft, das hinzubekommen.

(Zurufe von der CDU und der FDP)

Wir müssen das in Nordrhein-Westfalen aufholen, was Sie nicht hinbekommen haben. Das sind die eigentlichen Fragen, die diskutiert werden müssen.

(Beifall von den GRÜNEN – Erneut Zurufe von der CDU und der FDP – Unruhe und Glocke)

Es geht um die Fragen, die Sie in den Mittelpunkt stellen, und um die Bilder, die Sie zeichnen. Sie verzerren den ländlichen Raum. Das ist das Thema.

(Beifall von den GRÜNEN – Fortgesetzt Zu- rufe von der CDU und der FDP)

Es ist in der Sache „ökologisches Jagdgesetz“ sicherlich nicht übertrieben, wenn ich sage, dass das Thema „Jagdrecht“ Meinungen neu gebildet hat, manche Menschen zusammengeführt und andere getrennt hat. Dabei hätte es anders sein können. Wir hatten einen zweijährigen Vorlauf mit allen Beteiligten gehabt, wir haben mit den Jägerinnen und Jägern, den Tierschützern, den Umweltschützern und den Naturschützern intensiv diskutiert. In 80 % der Sachverhalte, die jetzt zur Diskussion und zur Abstimmung stehen, waren wir uns einig.

Dieser Dialog, meine sehr geehrten Damen und Herren, hätte auch in einer Novelle des Jagdrechtes zu einem guten Gesamtbild zusammengeführt werden können, wenn denn daran ein Interesse bestanden hätte. Aber offensichtlich gab es nicht dieses Interesse, ein gemeinsames Jagdrecht zu verabschieden.

Klar ist – das möchte ich an dieser Stelle unterstreichen –: Jägerinnen und Jäger leisten in diesem Land durch ihre Hege Bedeutendes.

(Zuruf von der FDP: Ah!)

Meistens machen sie das ehrenamtlich und sehr engagiert. Jägerinnen und Jäger haben eine gute Ausbildung, wenn es darum geht, einen Jagdschein zu erwerben. Sie lernen dort sehr viel mehr als andere über Naturzusammenhänge.

(Anhaltende Unruhe)

Jägerinnen und Jäger sind eigentlich die natürlichen Partner des Naturschutzes.

(Lachen bei der FDP)

Es hätte so schön sein können, sage ich noch einmal, wenn dieser Dialog, dieses zarte Pflänzlein, das gut gewachsen war, zur Ausprägung hätte kommen können.

(Beifall von den GRÜNEN)

Aber es ist so, wie es ist: Am Ende entscheidet das Parlament. Ich habe zumindest die Hoffnung, dass, wie in vielen anderen Fällen auch, nach einer solchen Entscheidung der Pulverdampf verraucht und wir zum Tagesgeschäft und zur Ausgestaltung übergehen können. Das ist nämlich notwendig. Ein solches Gesetz muss gelebt werden. In anderen Fällen hat das auch geklappt.

Herr Minister, Entschuldigung, darf ich Sie unterbrechen?

Wir haben in Nordrhein-Westfalen damit ein modernes ökologisches Jagdrecht. Wir setzen damit ein Signal über unser Bundesland hinaus – mehr Tierschutz, mehr Naturschutz und vor allen Dingen einen Waldschutz in unseren ländlichen Regionen.

Herr Minister Remmel …

Tierschutz verbessern, Artenschutz stärken, Wald vor Wild sichern, das sind die Hauptantriebsfedern dieser Gesetzesnovelle.

Herr Minister Remmel, Entschuldigung, dass ich Sie jetzt erfolgreich unterbreche. Herr Kollege Schemmer würde Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen.

Bitte.

Herr Minister, Sie sprachen gerade an, welche Fähigkeiten jemand haben muss, sich erarbeiten muss, um einen Jagdschein zu erlangen. Wenn man sich das neue Jagdgesetz ansieht, stellt sich da nicht die Frage, um zu beurteilen, wie Natur funktioniert, ob es nicht sinnig gewesen wäre, wenn die beiden regierungstragenden Fraktionen erst eine Jagdscheinausbildung gemacht hätten, um das dann auch qualifiziert beurteilen zu können.

(Beifall von der CDU und der FDP – Zuruf von der CDU: Genau)

Ich habe die Diskussion, Herr Schemmer, bei allen Beteiligten, insbesondere auch bei denen aus den Regierungsfraktionen, so wahrgenommen, dass es ein sehr intensives Interesse gab, sich mit der Sache auseinanderzusetzen, und eine hohe Fachlichkeit in der Diskussion. In manchen Fragen gibt es einfach unterschiedliche Meinungen. Da muss man sich entscheiden. Dafür ist das Parlament da. Das müssen Sie heute mit der Entscheidung über diesen Gesetzentwurf auch tun.

Eine Feststellung allerdings möchte ich gerne aus vielen Diskussionen wiedergeben, wenn dann ein

mal der laute Protest etwas leiser geworden ist. Wenn ich die Jägerinnen und Jäger vor Ort gefragt habe, was das ist, was sie betrifft, wo sie Sorge haben, etwas morgen oder übermorgen nicht mehr anders machen zu können. Meistens kam da gar nichts oder ganz wenig. Offensichtlich ist da viel in Sachen Emotionen und Kampagne organisiert worden.

Der eigentliche Kern reduziert sich dann auf eine Jagdstrecke, die um gut 1 % minimiert wird. Das ist das Ergebnis bei gut 1 Million Tiere, die in Nordrhein-Westfalen jährlich geschossen werden. 1 % der Jagdstrecke ist tatsächlich betroffen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, an der Stelle ist es wohl auch nötig, darauf hinzuweisen, die Kirche im Dorf zu lassen.

Wir haben jetzt ein ökologisches Jagdgesetz mit veränderten Bedingungen bei der Liste der jagdbaren Arten. Wir haben eine stärkere Vermeidung von Wildschäden. Wir haben eine klare Fokussierung auf konkrete Jagdzwecke, weil im Grundgesetz zum Tierschutzrecht vorgegeben ist, dass Tiere nicht ohne Grund getötet werden dürfen. Das muss sich auch in einem Jagdrecht Nordrhein-Westfalens abbilden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, an anderer Stelle brauchen wir – ich sage das hier noch einmal – mehr Jagd, wenn es um den hohen Bestand an Schalenwild und Schwarzwild in Nordrhein-Westfalen und der Biodiversität in unseren Wäldern geht. Auch das ist Gegenstand der Debatte und verkennt völlig den Kern, wenn es entsprechend angegriffen wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es hat Umfragen gegeben über die Einstellung zur Jagd in Nordrhein-Westfalen und darüber hinaus.

Die Redezeit ist bereits überzogen.

Einerseits ergab sich eine große Verankerung, andererseits aber auch eine überdeutliche Kritik, wenn es um bestimmte Praktiken geht, die es zu verändern gilt. Das wird mit diesem Gesetz zusammengeführt. Ich hoffe, dass es fruchtbare Diskussionen und Entwicklungen aufgrund des neuen Gesetzes gibt. – Herzlichen Dank für die Beratungen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. – Der Minister hat die Redezeit der Landesregierung um zwei Minuten und 21 Sekunden überzogen. Die Zeit steht natürlich den Fraktionen zur Verfügung. Deshalb frage ich, ob es weitere Wortmeldungen gibt.

(Anhaltende Unruhe)

Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt, und wir kommen zum Abstimmungsprozedere.

Wir haben eine ganze Reihe von Abstimmungen durchzuführen, unter anderem auch eine namentliche Abstimmung.