Johannes Remmel
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Angesichts der Schreckensbilder der letzten Tage von Giftgaseinsätzen und Bombenhagel ist es schwer, heute Morgen über eines der wichtigsten, wenn nicht sogar das wichtigste Friedensprojekt der Zukunft zu sprechen. Aber vielleicht sollten wir es gerade deshalb tun.
Vom 6. bis zum 17. November 2017 findet in Bonn die nächste Weltklimakonferenz, COP 23, statt. Wir erwarten 25.000 Delegierte sowie Vertreterinnen und Vertreter von internationalen Organisationen, von Nichtregierungsorganisationen, von Unternehmen und aus der Wissenschaft. Es ist die größte internationale Konferenz, die jemals in Deutschland stattgefunden hat.
Mit unseren Menschen, mit unseren Regionen, mit unseren Kommunen, mit unseren Unternehmerinnen
und Unternehmern und mit den Vertretern unserer wissenschaftlichen Einrichtungen sind wir mit großer Freude Mitgastgeber einer Zusammenkunft der Weltgemeinschaft, in der wesentliche Entscheidungen fallen sollen und in der es eine große Erwartung bezüglich der Frage gibt, wie es weitergeht mit dem weltweiten Klimaschutz nach Trump und nach der Ankündigung, dass der bisher größte Vorwärtstreiber des weltweiten Klimaschutzes, die Nation der USA, nicht mehr richtig mitmachen will.
Die Präsidentschaft der Klimakonferenz hat die Republik Fidschi inne, ein kleiner Staat, für den es ums nackte Überleben geht. Das bringt mir die Erinnerung an die Begegnung mit einem philippinischen Bischof vor gut zwei Jahren zurück. Der Bischof schilderte, dass auf seiner Insel – dort, wo er zuständig ist –, mittlerweile nicht mehr nur alle zehn Jahre, sondern jedes Jahr dreimal ein schwerer, verheerender Hurrikan auftritt und jeweils Angst und Schrecken, Tod und Leid verursacht. Der letzte Sturm hat eine riesige Schlammlawine mit mehr als 1.000 Toten ausgelöst.
Er hat erzählt, wie er mit seiner Gemeinde, den Menschen dort ganz ruhig und gelassen am Wiederaufbau arbeitet, und gesagt: Ja, vielleicht sind wir auch mit daran schuld, weil wir den Wald zu stark abgeholzt haben, und deshalb konnte die Schlammlawine über unserem Dorf und unseren Städten niedergehen. Aber eines kann ich den Menschen nicht erklären, nämlich warum wir hier Leid und Zerstörung abbekommen, die durch den Klimawandel bedingt sind, den andere verursacht haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das bringt uns zu unserer Verantwortung zurück. Klar ist: Der Klimaschutz ist und bleibt das Megathema unserer Zeit. Es geht keineswegs nur um das Klima, sondern zugleich um Gerechtigkeit, Frieden und Sicherheit für uns in Nordrhein-Westfalen, für die Menschen in ganz Europa, insbesondere für die Menschen in den südlichen Ländern, die heute unter den Folgen des Klimawandels leiden müssen.
Klimaschutzpolitik ist insbesondere auch Friedenspolitik. Wir alle kennen die Bilder von Dürre und von Hochwasser. Selbst bei uns gab es im letzten Jahr verstärkt Starkregenereignisse. Wir kennen mittlerweile die Schreckensbilder aus dem mittleren Afrika, wo existenzbedrohende Hungersnöte auftreten, auch bedingt durch den Klimawandel.
Es bleibt den Menschen oft nichts anderes übrig, als ihr Land zu verlassen und zu fliehen. Schon heute rechnen wir bis zum Jahr 2050 mit mindestens 60 Millionen Klimaflüchtlingen, die sich auf die Suche nach einer besseren Zukunft begeben und sich so auch auf den Weg nach Europa machen. Deshalb wird es nicht sehr viel helfen, darüber zu diskutieren, ob wir die Mauern vielleicht höher ziehen sollen. Nein, es geht darum, dass wir für alle lebenswerte
Verhältnisse schaffen und dazu beitragen, genau solche Entwicklungen anzustoßen.
Damit bin ich wieder bei Nordrhein-Westfalen. Ich lade Sie ein, es sich selber anzuschauen; ich war da und bin nach wie vor sehr beeindruckt. In Jülich haben wir mittlerweile die größte künstliche Sonne der Welt. Zusammen mit der Solarforschung, die in Jülich stattfindet, bei der es darum geht, solare Energie über Tage zu speichern, quasi richtige Kraftwerke daraus zu betreiben, ergeben sich Bilder von Möglichkeiten, die unendlich sind und Entwicklungen an anderer Stelle in der Welt erlauben. Zwischen Aachen, Köln und Jülich gibt es Perspektiven für die Gründung von so etwas wie einem Silicon Valley der Energiewende und des Klimaschutzes, wo Zukunftstechniken erprobt werden, die an anderer Stelle für Entwicklung und auch für Frieden sorgen können. Das ist unser Auftrag für die Zukunft. Das ist die Brücke, die wir in die Welt schlagen.
Dabei stellen wir durchaus Irritierendes fest, wenn wir uns anschauen, wie die Klimasituation weltweit und in Deutschland im Besonderen aussieht. Es gibt durchaus positive Anzeichen. Weltweit stagniert der CO2-Ausstoß seit 2014 – eine Entwicklung, die eigentlich für sehr viel später prognostiziert wurde. 2016 betrug der weltweite Anstieg nur noch 0,2 %. Das ist die große Chance. Wenn es gelingt, über einen längeren Zeitraum eine Steigerung zu vermeiden, kann es eine Zukunft geben, in der der CO2Ausstoß verringert wird. Das ist die große Aussicht.
Weltweit – und das ist ein weiteres positives Zeichen – ziehen die Staaten ihre Investitionen aus fossilen Energieträgern ab und leiten sie in den Ausbau der erneuerbaren Energien um. In den Jahren 2014 und 2015 waren zum ersten Mal Neuinvestitionen in erneuerbare Energien weltweit höher als in alle anderen Energieträger. Diese Zahl macht in der Tat große Hoffnung für die Zukunft. Gut 60 % der Neuinvestitionen in Energiesysteme findet in erneuerbare Energien statt, schon jetzt weltweit. Das ist ein Erfolg, den wir nicht für möglich gehalten haben, aber der derzeit stattfindet – ein gutes Hoffnungszeichen für die Zukunft.
Eine Zahl aus China: China will zwischen 2016 und 2020 343 Milliarden € in den Ausbau der erneuerbaren Energien stecken, vor allem in den Wind. Derzeit werden mehr als die Hälfte der weltweiten Investitionen in Windenergie in China getätigt.
Dabei fällt allerdings auf, dass die Zahlen in Deutschland leider keinen Grund geben, dieser positiven Entwicklung auch einen eigenen positiven Trend an die Seite zu stellen. In Nordrhein-Westfalen werden wir – ich bin froh, das unterstreichen zu können – unser ei
genes Klimaschutzziel 2020 wahrscheinlich gut erreichen. Wir sind jetzt gegenüber 1990 bei minus 22,4 %. Das ist ein Erfolg für unsere gemeinsamen Anstrengungen und zeigt: Wir sind auf dem richtigen Weg.
In Deutschland allerdings wird es kaum gelingen – jedenfalls sagen das die Zahlen –, die Emissionen bis 2020 im Vergleich zu 1990 um 40 % zu senken. Das ist leider kein Wunder, weil es viele Konzepte gibt, die in Deutschland nicht umgesetzt werden oder wo wir hintendran sind.
Die Zahlen belegen eindeutig: Gerade der Verkehrsbereich hinkt hinterher. Hier muss man der Bundesregierung, den Bundesverkehrsministern ein
schlechtes Zeugnis ausstellen. Der Verkehrsbereich hat seinen Jahren seinen Beitrag zum CO2-Ausstoß nicht geliefert. Hier haben wir die Zeit verschlafen. Statt über die „Murksmaut“ zu reden, hätten wir lieber über die Senkung des CO2-Ausstoßes in der Motorentechnik reden und die Automobilkonzerne insbesondere in diese Richtung treiben müssen.
Wichtige weitere Rahmenbedingungen fehlen, so beispielsweise eine nationale Verständigung auf ein gemeinsames Konzept, wann bei der Braun- und Steinkohleverstromung was ausläuft und wann Neuinvestitionen getätigt werden können; denn wir brauchen Investitionen in neue Systeme.
Es fehlt an breiter Investitionssicherheit und auch an Rahmenbedingungen für eine umfassende Gebäudesanierung, so wie wir es im Modellprojekt „InnovationCity Ruhr“ in Bottrop mit Sanierungsquoten, die bei fast 5 % liegen, angegangen sind. So etwas brauchen wir in einer nationalen Kraftanstrengung. Hier fehlen die bundesweiten Rahmenbedingungen, hier müssen wir nacharbeiten.
Weltweit allerdings nimmt der Zug in Richtung Dekarbonisierung weiter Fahrt auf. Für uns gilt es, den Anschluss nicht zu verlieren. Ambitionierte Aktivitäten sind auf der Bundesebene allerdings nur begrenzt zu beobachten. Deshalb geht es darum, Impulse zu setzen, im Übrigen auch aus Nordrhein-Westfalen. Nur wenn wir an der Basis erfolgreich sind – in den Regionen, Kommunen, Unternehmen, Städten –, können wir so etwas wie Klimaschutz von unten erfolgreich nach vorne bringen.
Das ist auch das Erfolgsrezept, wenn es darum geht, eine Antwort auf die Frage zu geben: Was passiert mit dem weltweiten Klimaschutz nach Trump? Schon Paris hat gezeigt: Es ist nicht nur der Nationalstaat, es sind nicht nur die Staatenlenker, die Druck gemacht haben, um Paris zum Erfolg zu führen, sondern es sind vor allem die Regionen, die sich in neuen Netzwerken zusammenschließen.
Nordrhein-Westfalen ist da mit anderen Bundesländern beteiligt. Wir haben immerhin einen Zusammenschluss von Städten und Regionen aus allen Teilen der Erde hinbekommen, mit unseren Partnerregionen in Amerika – mit Minnesota, mit Kalifornien und mit anderen Bundesstaaten –, mit Partnerregionen in China, in Australien, in Südafrika. Diese Koalition, die immerhin ein Drittel des weltweiten Bruttosozialproduktes vereinigt, sagt klar: Wir wollen das Ziel „unter 2 Grad“ dringend erreichen. – Das können wir, wenn wir die Aktivitäten in unseren Regionen gemeinsam in die Waagschale werfen. Auf dieses Bündnis setzen wir, auch bei der Weltklimakonferenz 2017 in Nordrhein-Westfalen, in Bonn. Diese Kraft in einen weltweiten Klimaschutz einzubringen, das ist unsere Aufgabe, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Hier können wir zeigen, was regionale Anstrengungen bedeuten: mit unserem Klimaschutzgesetz, mit unserem KlimaschutzStartProgramm, mit unseren Investitionen in die Bereiche Umweltwirtschaft und Klimaschutz. 800 Millionen € werden hier in den nächsten Jahren investiert. Gerade die Umweltwirtschaft hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen hat. Bis 2025 wollen wir hier noch einmal 100.000 Arbeitsplätze in die Waagschale legen.
Das ins Schaufenster zu stellen, ist unsere Aufgabe. Deshalb ist es eine gute Entscheidung gewesen, mit der KlimaExpo.NRW das Schaufenster des Klimaschutzes in Nordrhein-Westfalen auch der Welt zu zeigen. Das bietet die Chance, gerade das in diesem Jahr mit besonderem Nachdruck zu tun.
Die einzigartige Verknüpfung von Nah- und Fernwärme beispielsweise verdeutlicht, wie es uns gelingen kann, einerseits energieeffizient und klimaschonend zu arbeiten, andererseits die einzigartige Verbindung von Wärme- und Stromproduktion in ein erneuerbares Energiezeitalter zu führen.
„InnovationCity Ruhr“ und das Roll-out zeigen, wie es gelingen kann, in Quartieren Klimaschutz, Energieeffizienz, erneuerbare Wärme und nachhaltige Mobilität quasi sektorenübergreifend zusammenzubringen.
Unsere Forschungseinrichtungen können dazu beitragen, Batterieforschung und Speichertechnologien in die Zukunft zu tragen.
Die Frage ist: Wo ist da die Brücke in die Zukunft? Ich bin davon überzeugt: Das ist die zentrale Aufgabe, die vor uns liegt.
2050 werden gut 70 % der Menschen in Megastädten leben, in großen Agglomerationen. Wir wissen heute, wie Erneuerbare-Energien-Systeme implementiert werden. Wir wissen heute, wie Verkehrssysteme laufen müssten. Wir wissen, dass wir die Wasserversorgung neu organisieren müssen, damit solche Städte funktionieren. Wir wissen auch, dass wir
zukünftig eine gerechtere Ernährung sicherstellen müssen, damit solch große Städte gelingen.
Klar ist auch: 80 % der Energie werden 2050 in diesen großen Städten verbraucht. Wir wissen aber viel zu wenig darüber, wie wir die einzelnen Systeme so miteinander verbinden können, dass sie in den großen Städten funktionieren.
Insofern ist es ein Glück, in diesem Jahr mit Essen die „Grüne Hauptstadt Europas“ in Nordrhein-Westfalen zu haben. Denn so können wir zeigen, wie es gelingen kann, in ehemaligen industriell überformten Städten Konzepte der Zukunft so zu implementieren, dass damit eine grüne, eine nachhaltige Zukunft geschaffen werden kann.
Von Essen, der „Grünen Hauptstadt Europas“, nach Bonn zu kommen, in die Welthauptstadt des Klimas, das ist die gestalterische Aufgabe für dieses Jahr. Darauf müssen wir unser Land vorbereiten, um genau das in die Konferenz einzubringen.
Denn damit sind auch Wettbewerbsvorteile in der Zukunft für uns verbunden. Unsere Konzepte, unsere Techniken und unsere Möglichkeiten auch im weltweiten Wettbewerb sichern hier Arbeitsplätze und schaffen Standortperspektiven für die Zukunft.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, globale Netzwerke von Städten, Gemeinden, Unternehmen, Bürgerinnen und Bürgern sind unsere Antwort, und in diesen Netzwerken sind wir zurzeit tätig. In der Climate Group, in der Under2 Coalition sind wir weltweit vernetzt und auch mit unseren Partnerregionen in Polen und in Frankreich an der Stelle unterwegs.
Deshalb lautet der Aufruf an alle, dazu beizutragen, zu helfen, Städtepartnerschaften gerade mit dem Thema des weltweiten Klimaschutzes, des Austausches der Verbindungen und der Netzwerke neu zu beleben. Das muss und kann unsere Antwort für die Zukunft sein.
Einen letzten Punkt, der für unseren Industriestandort von entscheidender Bedeutung ist, möchte ich allerdings auch noch in die Debatte einführen. Wir stehen mit energieintensiven Produktionen im weltweiten Wettbewerb. Zuletzt haben wir das intensiv beim Stahl diskutiert. Deshalb ist es so wichtig, weltweite Klimaanstrengungen auch an diesem Punkt so zu verknüpfen, dass ein fairer Wettbewerb stattfinden kann.
Bei der Gestaltung des europäischen Emissionshandels bringen wir uns entsprechend ein, aber wir müssen vorwärts in Richtung 2030 und 2035 denken. Es geht darum, die jetzt weltweit entstehenden Emissionshandelssysteme miteinander zu verbinden. In China beispielsweise wird ein solches System derzeit auf den Weg gebracht. In den USA wird in der
Kooperation zwischen Kalifornien, Ontario und Mexiko ein solches staatenverbindendes System implementiert.
Unsere Aufgabe muss es sein, in diese Verhandlungen auch den Anspruch einzubringen, die Emissionshandelssysteme miteinander zu verknüpfen, um somit weltweit gleichen und fairen Wettbewerb herzustellen. Denn in der Tat macht es keinen Sinn, dass energieintensive Produktionen wie die in der Stahl- oder Aluminiumindustrie, in der Chemie-, Papier- oder Zementindustrie hier abwandern, so Wertschöpfungsketten bei uns unterbrochen werden und an anderer Stelle weniger umweltentlastend entstehen.
Das können und dürfen wir nicht wollen. Deshalb haben wir ein originäres Interesse daran, die Emissionshandelssysteme miteinander zu verbinden. Lassen Sie uns die Weltklimakonferenz für genau diese Frage nutzen, um gerade in diese Richtung zu starten.
Ich sehe nicht nur große Chancen für unser Land, die wir nicht vertun sollten, sondern auch große Chancen für unsere Techniken und Wissenschaften. Das ist die Botschaft der Weltklimakonferenz an uns, aber auch an die Menschen in anderen Teilen der Welt. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Angenehme und Gute vorweg: Lieber Josef Wirtz, alles Gute für deinen zukünftigen Lebensweg! Ich darf mich herzlich bedanken – auch bei Ihnen, Herr Busen – für die gute menschliche Zusammenarbeit; wir konnten das Gespräch schließlich auch außerhalb der Kontroverse gut miteinander führen. Ich sage auch Danke dafür, dass ich mich insbesondere mit Ihnen beiden hier im Plenum so gut streiten konnte, und das muss ich jetzt tun. Das ist vielleicht die schlechte Nachricht am Anfang meiner Rede.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, worum geht es, und warum möchte ich mich mit Josef Wirtz
und auch mit Herrn Busen an dieser Stelle ganz besonders streiten? Sie haben heute mit Ihrer Positionierung deutlich gemacht, wo das Problem eigentlich liegt: Die Landwirtinnen und Landwirte sind viel zu lange Ihrer Positionierung gefolgt.
Wir haben heute den Zustand, dass wir tatsächlich hinter der Zeit sind. In vielen Fragen drängen uns andere, endlich Entscheidungen zu treffen. Wir werden von der EU-Kommission im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens aufgefordert, die Düngeverordnung durchzusetzen. Das deutsche Bundesverwaltungsgericht sagt, der Kastenstand sei nicht in Ordnung; die Diskussion darüber gibt es schon lange. Beim Ringelschwanz ist auf europäischer Ebene längst klar, dass es solche Amputationen nicht geben darf. Trotzdem dulden wir die Regel als dauerhafte Ausnahme in unserem Land.
Wir sind niemals vor der Zeit, wenn wir die Entscheidung treffen, den Bäuerinnen und Bauern, den Landwirten langfristig Investitionssicherheit zu geben und gleichzeitig auch für Einkommen zu sorgen. Das hängt doch zusammen, und es muss auch zusammenhängen.
Deshalb ist die Frage der Kennzeichnung von entscheidender Bedeutung. Wie soll ich denn sonst an der Ladentheke erkennen, ob eine bessere Tierhaltung stattgefunden hat oder nicht?
Wir haben ein Beispiel dafür, wo es funktioniert. Es ist ja nicht so, als ob es eine solche Kennzeichnung nicht schon gäbe. Beim Ei gibt es die Ziffern 0, 1, 2 und 3. Daran kann die Verbraucherin bzw. der Verbraucher erkennen, ob es sich um ökologische Haltung, Freilandhaltung, Bodenhaltung oder Käfighaltung handelt. Hier hat sich der Verbraucher schon entschieden. Der Verbraucher hat entschieden: Eier aus Käfighaltung kaufe ich nicht mehr.
Deshalb haben die großen Discounter diese ausgelistet. Eier aus Käfighaltung bekommen Sie in unseren Discountern nicht mehr. Denn die Verbraucher haben offensichtlich gesagt: Die wollen wir nicht. – Die Verbraucher haben also eine klare Entscheidung getroffen.
Beim Fleisch kann diese Entscheidung aber nicht getroffen werden. Deshalb bin ich für eine Kennzeichnung, damit die Bäuerinnen und Bauern mehr Geld für ihr gutes Produkt bekommen, damit die Haltung auch gewürdigt werden kann. Ohne kann ich mich nicht entscheiden.
So gehört das eine zum anderen dazu. Klar ist – Sie werden das Argument ins Feld führen –: Beim Ei ist
es nicht vollständig gelungen. Klar ist auch, dass drei Viertel der Eier in der Verarbeitung verwendet werden. Insofern lautet unsere klare Forderung – der Bundesrat hat es mit Mehrheit beschlossen –, auch bei der Verarbeitung entsprechend zu kennzeichnen.
Wir brauchen eine umfassende Kennzeichnung, damit das Geld letztlich bei den Produzenten, den Bäuerinnen und Bauern, landet, damit sie sicher investieren können. Neue Haltungssysteme sind teuer, gar keine Frage. Das braucht Investitionssicherheit.
In dem Zusammenhang habe ich schon mehrfach das Beispiel von großen Schlachtereien in Nordrhein-Westfalen erwähnt. Die wären sehr wohl bereit, solche Produkte auch zu vermarkten, sagen aber, sie brauchen 50.000 Mastplätze, um daraus dann auch eine Marke machen zu können. Das muss investiert werden können. Deshalb braucht es Investitionssicherheit, und das geht nur mit einer Kennzeichnung und einer entsprechenden staatlichen Förderung über die europäischen Agrarmittel. Es ist unsere Absicht, das so miteinander zu kombinieren, dass daraus auch gute Marken entstehen können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn Sie mit den Vertreterinnen und Vertretern der Initiative Tierwohl sprechen, die wir sehr wohl unterstützen, dann stellen Sie fest: Das ist genau das der Punkt, warum wir – bisher jedenfalls – nicht den großen Durchbruch haben erzielen können, nämlich weil die Kennzeichnung fehlt. Deshalb macht es großen Sinn, einen solchen Schritt gemeinsam zu tun. Leider ist der Bundesminister hier ausgesprochen zögerlich. Mit seiner „leeren Formel“, die er bislang vorgestellt hat, ist den Bauern, glaube ich, nicht geholfen, und das wissen Sie auch.
Klar ist: In diesem Sommer stehen Entscheidungen an. Nordrhein-Westfalen hat das Positionspapier „Nachhaltige Nutztierhaltung Nordrhein-Westfalen“ vorgelegt. In Niedersachsen gibt es eine solche Strategie. Wir haben ein gemeinsames Papier gemacht. Und am Ende des Tages wird auch die Bundesregierung endlich Konsequenzen aus den Vorschlägen ziehen müssen, die die Lindemann-Kommission gemacht hat.
Am Ende nur noch ein Wort zum nationalen und internationalen Wettbewerb – darüber müssten Sie ja spätestens dann stolpern, wenn diese Tatsachen auch in der Debatte eine Rolle spielen würden –: In Dänemark gibt es das sogenannte Dänische Modell. Wenn wir hier in Deutschland keine Kennzeichnung einfordern, dann werden die Ferkel demnächst aus Dänemark oder aus Spanien kommen. Deshalb brauchen wir eine Kennzeichnung zur Haltung, Erzeugung und auch Mast, versehen mit Qualitätsstandards.
Es ist auch klar: Schon heute liefern deutsche Bauern aus Niedersachsen, aus Nordrhein-Westfalen in
die Niederlande, weil es dort das Label „Beter Leven“, Das ist in der Tat ein Standardkennzeichen.
Insofern brauchen wir eine solche Kennzeichnung auch für den nationalen und internationalen Markt, um hier nicht abgehängt zu werden. Deshalb unterstützt die Landesregierung mit Nachdruck die Initiative der Koalitionsfraktionen. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe noch mal im Duden nachgeschaut. Nach der Definition des Dudens ist Populismus in der Politik eine von Opportunismus geprägte, volksnahe, oft demagogische Politik, die das Ziel hat, durch Dramatisierung der politischen Lage die Gunst der Bevölkerung zu gewinnen.
In diesem Sinne, meine Damen und Herren, ist der vorliegende Antrag, wie ich finde, Populismus in Reinkultur – ja,
sogar noch schlimmer.
Sehr geehrter Herr Brockes, Sie sagen einfach nicht die Wahrheit, nicht das, was Sie wirklich wollen. Sie verstecken sich hinter einer Scheindebatte über die Windenergie, die tatsächlich vor Ort teilweise in einer schwierigen Situation geführt wird. Aber politisch wollen Sie etwas ganz anderes. Das ist das Unehrliche an Ihrem Antrag. Sie hätten den Antrag am Schluss noch ergänzen müssen, dass Sie der Meinung sind, die Entscheidung, die mit großer Mehrheit im Bundestag und im Bundesrat gefällt worden ist, aus der Atomenergie auszusteigen, war falsch. Das ist Ihre eigentliche Auffassung.
Im Übrigen hat das Ihr Vorsitzender hier im Landtag auch erwähnt. Er hat gesagt: Die FDP hält den Atomausstieg für einen Fehler. Nur, das schreiben Sie nicht in den Antrag, weil Sie gerade in dieser Situation ein öffentliches Problem hätten zu sagen: Der Atomausstieg ist ein Fehler.
Dann stehen Sie doch auch dazu, anstatt solche Anträge zu stellen.
Sie lassen uns und die Bevölkerung im Unklaren darüber, welche Haltung Sie zur Energiewende und zum Atomausstieg haben. Das ist hier im Landtag erklärt worden. Und wenn Sie Verantwortung übernehmen wollen, müssen Sie auf diese Frage eine Antwort geben.
Auch einen zweiten Punkt will ich an dieser Stelle nennen. Ich bin der festen Überzeugung – so, wie ich Ihre Debatten bisher wahrgenommen habe –, dass Sie auch die Ziele des Klimaschutzes für Humbug halten. Sagen Sie das doch dann bitte auch hier! Wie wollen wir denn sonst in Deutschland, in Europa die Klimaziele erreichen, wenn wir nicht massiv in erneuerbare Energien investieren? Erklären Sie es mir an den Zahlen!
Es hat in Ihrer Fraktion mal ein Mitglied gegeben,
das muss dem Publikum doch erklärt werden –, das heute noch Mitglied Ihrer Fraktion ist, das den Klimawandel für eine Erfindung, eine Fiktion hält: In der Erdgeschichte hat es immer mal wieder eine Zu- oder Abnahme von Temperaturen gegeben. – So haben Sie die ganze Zeit argumentiert. Klimawandel ist von Ihrer Seite nicht von Menschen gemacht, sondern eine erdgeschichtliche Erscheinung. So gehen Sie mit dem Menschheitsthema, mit der Herausforderung, die wir zu bewältigen haben, um.
Dann lassen Sie uns doch über Zahlen diskutieren und ganz klar benennen, wo wir in Nordrhein-Westfalen stehen!
Wir sind ja beim Ausbau der erneuerbaren Energien nicht vorne, sondern wir holen auf. Wir müssen aufholen, weil es in der Tat mal eine Regierung gegeben hat, die erneuerbare Energien in diesem Lande kaputtmachen wollte. Das ist Ihre Bilanz von fünf Jahren Regierungsbeteiligung.
90 MW Windenergieausbau 2010, jetzt eine Versechsfachung; aber auch das ist klar, wir haben noch gut 25.000 MW an fossiler Leistung installiert. Nur um die Dimension deutlich zu machen: 580 MW Ausbau pro Jahr bei Wind und noch 25.000 MW fossile Leistung. Wenn wir so weitermachen, um unsere Energieversorgung komplett auf Erneuerbare umzustellen, können Sie sich ausrechnen, wir bräuchten noch mindestens 50 Jahre. Wir sind also nicht irgendwie vorne, sondern hintendran, und wir müssen noch mehr an Tempo zulegen – gar keine Frage.
Jetzt etwas zu der Konfliktlage, damit die Menschen Klarheit darüber haben, dass wir in einer schwierigen Situation sind. Ich will die Konflikte gar nicht leugnen. Wir kommen in Standorte rein, die tatsächlich konfliktbeladen sind, weil die guten Standorte über die Zeit mittlerweile besetzt sind. Insofern wäre Ihre politische Unterstützung vonnöten zu erklären …
Ja, man muss es den Menschen erklären, weil ansonsten die Geschäftsgrundlage nicht stimmt.
Dann müssen Sie den Menschen erklären: Nein, wir setzen auf andere Energien: Wir setzen auf fossile Energien; wir setzen auf nukleare Energien. Dann ist die Debatte ehrlich. Aber so ist die Debatte unehrlich.
Man muss den Menschen klar sagen: Das ist die gemeinsame Entscheidung. Natürlich ist nicht jedes Windrad vor Ort ein gutes Windrad. Ein Windrad ist auch eine Industrieanlage – gar keine Frage. Natürlich ist es eine Veränderung auch des Landschaftsbildes, wenn an Stellen Windenergieanlagen entstehen, wo vorher keine waren.
Das ist auch eine Frage der Diskussion mit den Menschen, eine Frage des Dialogs, den wir anbieten. Es ist gar keine Frage, dass das eine schwierige Durchsetzungssituation ist, in der der Dialog gesucht werden muss. Aber man muss den Menschen auch erklären, dass wir noch ein großes Ziel vor uns haben und gerade erst am Anfang einer notwendigen Ausbausituation stehen.
Es ist auch fahrlässig, generell von Wald zu sprechen. Wir haben eine klare Unterscheidung, wo im Wald Windenergieanlagen gebaut werden können und wo nicht. Sie müssen schon ökologisch erklären, warum ein Monofichtenbestand ökologisch wertvoller sein soll als so manche Monofläche im Freiland, im Offenland. Da ist ökologisch durchaus eine Abwägung zu treffen.
Es wäre von Ihrer Seite richtig, mit Fachargumenten für die notwendige Klarheit zu sorgen.
Am Ende des Tages ist aber irritierend – das ist schon mehrfach angesprochen worden –, warum heute am gleichen Tag morgens von Ihnen eine Debatte mit Fingerzeig auf Umweltinteressen, die angeblich wirtschaftliche Entwicklungen behindern, geführt wird und am Nachmittag auf einmal über 18.000 Arbeitsplätze in diesem Land geredet wird: in einer Branche, die stetig wächst und in der in NordrheinWestfalen ein Cluster entstanden ist. Neben Norddeutschland sind wir hier ein Zentrum der Windenergie, insbesondere bei den Zulieferern. Viele, die ehemals Getriebe für den Bergbau hergestellt haben, produzieren heute für die Windenergie. Das ist eine Zukunftsperspektive unseres Industriestandortes. Warum das plötzlich schlechte Arbeitsplätze sein sollen, will mir jedenfalls nicht in den Kopf.
Das kann ich mir auch nicht erklären. Sie beschimpfen diese Arbeitsplätze und diese Branche,
eine Zukunftsbranche für unser Land. Und das ist nicht in Ordnung.
Auch von meiner Seite zum Abschluss: Sehr geehrter Hubertus Fehring, lieber Hubertus, ich weiß nicht, wie wir heute Morgen dazu gekommen sind, aber wir haben wohl gemeinsam in den Kleiderschrank geguckt. Das, was dabei herausgekommen ist, ist ähnlich. So ist es nicht nur der Schlips, der manchmal der gleiche ist, sondern ab und an haben wir auch das Gleiche im Kopf oder tragen wir das Gleiche vor.
Jetzt kann ich es ja sagen: Du bist sozusagen der Grünste in der schwarzen Fraktion. Ich schade dir ja nicht mehr. Insofern war das Zusammenarbeiten mit dir immer sehr gut und hilfreich. Wir haben uns auch auf der Fachebene regional das eine oder andere Mal gut ausgetauscht. Und mit dir wäre auch eine ganz große Koalition möglich, aber nur mit dir.
Insofern alles, alles Gute!
Wir streiten weiter für die gemeinsame Sache, nicht nur hier im Parlament, sondern auch außerhalb, und wir werden uns über den Weg laufen. – Herzlichen Dank.
Gut, das können wir uns jetzt möglicherweise wechselseitig vorhalten. Aber das wäre eine längere Debatte.
Wir haben in Nordrhein-Westfalen kein Netzproblem. Wir haben ausreichende Netzkapazitäten. Probleme haben wir bei der Durchleitung vom Norden in den Süden. Insofern reden wir hier nicht über zu viel Kapazitäten der Erneuerbaren, sondern wir haben zu wenige Kapazitäten der Erneuerbaren, um schneller diesen Weg zu gehen.
Da wäre die Debatte eher beispielsweise mit dem bayerischen Ministerpräsidenten zu führen, der zumindest durch seine Intervention dazu beigetragen hat, dass es zu einer erheblichen zeitlichen Verzögerung kommt, den Netzausbau in der notwendigen Dimension voranzubringen.
Wir reden darüber, dass wir dringend den Konverter in Osterath brauchen, um Windenergie vom Norden möglicherweise in andere Regionen von Europa leiten zu können. Darüber müssen wir uns unterhalten.
Wir reden darüber, dass wir den Ausbau der Grenzkuppelstellen zu unseren Nachbarn verbessern müssen. Darüber müssen wir reden.
Und – Kollege Priggen hat es heute Morgen auf den Punkt gebracht – wir haben mit unserer industriellen Situation, so wie bei uns produziert wird, natürlich die Möglichkeit, insbesondere bei Lastmanagement, Flexibilität, zum Speicherland schlechthin für diese Republik zu werden. Aber dafür brauchen wir eben auch den Ausbau der erneuerbaren Energien. Ohne den wird es nicht gehen. Insofern sind Sie herzlich eingeladen, wenn Sie da konstruktiv mitmachen wollen, auch mitzuwirken. Das ist dringend notwendig. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Landesregierung ist sich bewusst, dass die Problematik der belgischen Atomkraftwerke, insbesondere der Meiler Tihange 2 und Doel 3, in weiten Teilen der Bevölkerung große Sorgen auslöst, und die Landesregierung teilt diese Sorgen ausdrücklich. Wir begrüßen deshalb als Landesregierung, dass der Landtag sich heute erneut mit Tihange und Doel beschäftigt. Bereits Ende letzten Jahres gab es einen Eilantrag von vier Fraktionen zur Thematik, und schon Ende 2015 hat sich der Landtag mit der Sache beschäftigt.
Das zeigt, das Landesregierung und Landtag hier sehr nah die Sorgen der Bevölkerung ernst nehmen und damit auch bündeln und zum Ausdruck bringen, konkret zu handeln. Landesregierung und Landtag sind sich absolut einig in der Forderung nach sofortiger und endgültiger Abschaltung der sogenannten Bröckel-Reaktoren. Dies gilt insbesondere für Tihange 2 und Doel 3, weil hier die Nähe zu den Zentren in Deutschland – Aachen, Köln, Düsseldorf –, aber auch in den Niederlanden – Maastricht – und in Belgien – Lüttich – gegeben ist und insofern der Umkreis auch diese Sorgen der Bevölkerung unterstützt und noch einmal unterstreicht.
Wir müssen allerdings auch – und das ist Position der Landesregierung und auch des Landtags – respektieren, dass unser Nachbarland Belgien in der Gestaltung der Energieversorgung souverän ist. Deshalb geht es darum, in Gesprächen und Diskussionen diese Position immer wieder vorzutragen und alles dafür zu tun, dass sie auch zur Umsetzung kommt.
Wir müssen zumindest vorerst auch realisieren, dass es keine international verbindlichen Regelungen über konkrete Sicherheitsstandards von Atomkraftwerken gibt. Hier ist sicherlich nach wie vor auf der Tagesordnung, solche europäischen Standards endlich zu schaffen, damit wir von gemeinsamen Grundlagen ausgehen und dann auch handeln können.
Trotzdem hat sich das Land in verschiedener Weise in Sachen „Atomkraftwerke in Belgien“ engagiert. Zunächst einmal möchte ich den juristischen Weg noch einmal aufzeigen – einen Weg, auf dem zivilisierte Nachbarn ernste Meinungsverschiedenheiten klären können: Wir sind nach rechtlicher Prüfung der ersten Klage der Städteregion vor dem verwaltungsgerichtsähnlichen belgischen Staatsrat beigetreten. Das Kabinett hat zudem in der letzten Woche entschieden, auch der zweiten, zivilrechtlichen Klage der Städteregion beizutreten. In beiden Fällen handeln wir gemeinsam mit dem Nachbarland Rheinland-Pfalz, das in ähnlicher Weise von den Auswirkungen betroffen wäre.
Wir wollen auch mit unseren belgischen Partnern und der Nachbarregion Wallonie, aber auch dem deutschsprachigen Teil Belgiens die Herausforderung des Atomausstiegs möglichst gemeinsam bewältigen. Deshalb haben wir ein Gutachten in Auftrag gegeben, das belegt, dass Atomausstieg noch besser zu realisieren ist, wenn wir gemeinsam arbeiten – insbesondere dann, wenn es darum geht, die Energieversorgung in beiden Ländern enger miteinander zu verbinden. Deshalb ist es notwendig, Grenzkuppelstellen schnell auszubauen und neue Grenzkuppelstellen, die bisher nicht diskutiert worden sind, in die Planung einzubeziehen, um den Sorgen um den Verlust der Versorgungssicherheit entgegenzutreten. Nur so kann es gelingen, grenzüberschreitend gemeinsam den beschlossenen Atomausstieg in Belgien im Jahr 2025 tatsächlich auch umzusetzen und schnellstmöglich zur Abschaltung der Problemreaktoren zu kommen.
Leider – und das ist ja heute auch Gegenstand – müssen wir die gewisse Widersinnigkeit zur Kenntnis nehmen, dass Brennelemente und Atombrennstoffe aus Deutschland an die belgischen Problemkraftwerke geliefert werden. Die rechtliche Situation hier ist in der Tat schwierig – der Kollege Abgeordnete hat das eben schon dargestellt –, wobei die Bundesregierung ihre Rechtsauffassung dargelegt hat. Klar ist aber auch: Es gibt andere Rechtsauffassungen, die durchaus zu dem Schluss kommen, dass hier aus Gründen der nationalen Sicherheit eine Versagung durch die entsprechenden Behörden erfolgen kann.
Bei solcherart unterschiedlicher Rechtsauffassung geht es darum, dass möglicherweise, wenn keine weiteren Prüfungen zu einem anderen Ergebnis führen, Gerichte darüber entscheiden, welche dieser Rechtsauffassungen zutreffend ist, und dann muss man eben in gewisser Weise diesen Schritt gehen. Wir jedenfalls sind mit dem Landtag und den Antragstellern einer Meinung, alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um eine solche Untersagung tatsächlich auf den Weg zu bringen.
Erfreulich – und das möchte ich an dieser Stelle unterstreichen – ist aber, dass wir in einem anderen Punkt weitergekommen sind, und da begrüße ich ausdrücklich, dass die Bundesregierung die Entscheidung getroffen hat, ein verabredetes Gutachten auf den Weg zu bringen. Wir hier haben uns ja gemeinschaftlich verabredet, dass auch Gronau und Lingen rechtssicher in den Atomausstieg einzubeziehen sind. Wir sind als Landesregierung zweimal im Bundesrat vorstellig geworden; zweimal hat der Bundesrat mit großer Mehrheit beschlossen. Wir haben darüber hinaus eine einstimmige Beschlussfassung der Umweltministerkonferenz erreichen können.
Jetzt folgt die Bundesregierung unserem Ansinnen insofern, dass die Frage gutachterlich untersucht wird, mit welchen rechtlichen und finanziellen Möglichkeiten auch die Anlagen in Gronau und Lingen in
den Geltungsbereich des Atomausstiegsgesetzes einbezogen werden können. Ich finde, es ist ein Erfolg des Landtags, aber auch der Landesregierung, mit steten Bemühungen hier jeweils einen kleinen Schritt voranzukommen. Das jedenfalls wird von unserer Seite sehr begrüßt.
Ich versichere Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass wir weiterhin gemeinsam für eine rasche und endgültige Stilllegung der Atomreaktoren streiten. Ich und wir wissen uns da mit Ihnen einer Meinung, und ich finde, eigentlich wäre es auch angemessen, diesem Anliegen heute durch eine große gemeinsame Unterstützung noch einmal den Respekt des gesamten Landtags entgegenzubringen.
In diesem Sinne wünsche ich mir weiterhin Unterstützung aller Abgeordneten des Landtags in der für Nordrhein-Westfalen so wichtigen Fragestellung. – Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich weiß nicht, wer von Ihnen in den letzten Tagen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen unterwegs war und den historischen Film von
Professor Grzimek gesehen hat. Ich fand den sehr eindrucksvoll. Mich hat er sehr berührt. In ihm ging es um das Leben von Professor Grzimek, der sozusagen Vater der Tierrechte und des Tierschutzes in Deutschland ist.
Etwas hat mich daran besonders beeindruckt. Professor Grzimek war ehrenamtlicher Tierschutzbeauftragter der damaligen Bundesregierung und ist an dem damaligen Landwirtschaftsminister Ertl mehr oder minder gescheitert, als es darum ging, Tierrechte gegen Käfighaltung und Intensivtierhaltung durchzusetzen. Er hat das schon damals – in den 60-er, 70er und 80-er-Jahren – massiv angeprangert.
Ich habe mich gefragt: Verdammt noch mal, was hat sich denn in den 40, 50 Jahren an der Argumentation verändert? Hat sich wirklich etwas Positives entwickelt? Mich beschlich der Gedanke, dass der Kampf von Professor Grzimek nicht wirklich erfolgreich war. Denn die gleichen Argumente, die ihm damals entgegengehalten worden sind und mit denen für die Nutzung bzw. Ausnutzung von Tieren argumentiert wurde, werden nach wie vor heute von den Nutzerinnen und Nutzern verwandt. Nach wie vor die gleichen Argumente!
Die Käfighaltung ist noch immer nicht abgeschafft, Herr Busen! Noch immer nicht – trotz des langen Kampfes, Herr Busen!
Dann beschlich mich aber doch der Gedanke: Ja, ein bisschen hat sich getan. Es gibt die Verankerung des Tierschutzes im Grundgesetz. Wir haben das im Übrigen fraktionsübergreifend – ich bin dankbar für die seinerzeitigen Initiativen – in einem schwierigen Prozess in die Verfassung bekommen. Der Tierschutz steht in der Verfassung.
Ich komme jetzt aber zu dem, was wir in der Rechtssystematik nicht haben. Das müssen Sie doch einmal erklären, aber das haben Sie in der gesamten Debatte nicht getan. Auch aus Ihrer Sicht ist es doch sinnvoll, dass freilebende Tiere und Pflanzen sehr wohl über das Verbandsklagerecht im Naturschutzbereich – mittlerweile ist das auch im Bundesnaturschutzgesetz verankert – geschützt sind. Es gibt also in der ganzen Breite unserer demokratischen Verfasstheit – das betrifft nicht nur das Parlament und die Verwaltung, sondern auch die rechtliche Überprüfung – die Möglichkeit, die entsprechenden Rechte einklagen zu können. Pflanzen und Tiere können das eben nicht selber, obwohl es in der Verfassung steht. Die Frage ist, warum das für gehaltene
Tiere nicht gelten soll. Die Gründe für diese Unterscheidung haben Sie bis heute dem Parlament und der Öffentlichkeit nicht dargelegt.
Herr Deppe, ich komme zum Thema Fake-News. Sie haben eben etwas zitiert. Sie müssen mir auch nachweisen, wo ich das gesagt habe. Ich soll angeblich gesagt haben, Tiere dürften nicht rechtlos den Interessen der Tierhalter ausgeliefert sein. Das habe ich nirgendwo gesagt. Ich weise das auch strikt zurück. Denn es geht nicht um die Frage der Qualifikation von Tierhalterinnen und Tierhaltern, sondern darum, dass Rechte dort durchgesetzt werden können, wo sie nicht wahrgenommen werden. Das ist der Kern der Auseinandersetzung.
Selbstverständlich leisten die Veterinärinnen und Veterinäre gute Arbeit. Selbstverständlich leisten die Tierhalterinnen und Tierhalter gute Arbeit. Nur wird bisher nicht rechtlich überprüft, was verwaltungsmäßig festgesetzt wird. In jedem anderen Fall kann man das machen. Warum soll das denn in diesem Fall nicht möglich sein?
In der Tat trägt das Verbandsklagerecht nicht nur im Bereich des Naturschutzes, sondern – wir sehen das ja – auch im Bereich des Tierschutzes dann zur Rechtssicherheit bei, wenn Rechtsetzung und Normen tatsächlich auch einer Überprüfung anheimfallen.
Sie haben das Beispiel des Kastenstandes genannt. Das ist doch klassisch. Da gibt es eine Rechtsetzung. Genauso gibt es bereits eine Rechtsetzung im Bereich des Amputierens. Die Schweineschwänze müssten normalerweise dranbleiben. Es werden ständig Ausnahmen von der Regel gemacht. Genauso ist es bei den Kastenständen. Es gibt das entsprechende Gesetz bzw. die entsprechende Verordnung. Sie wird aber offensichtlich nicht eingehalten.
Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, gibt es die Notwendigkeit, diese rechtliche Überprüfung gegebenenfalls auch von einem Gericht vornehmen zu lassen. Es wäre natürlich besser, wenn wir längst andere Grundlagen in der Rechtsetzung hätten, um die Rechtsunsicherheit, die tatsächlich entstanden ist, zu beseitigen.
An dieser Stelle möchte ich auch noch einen Argumentationsfehler zurückweisen. Es ist schon grotesk, die zurückgehenden Investitionen im Bereich der Tierhaltung dem Verbandsklagerecht zuzuschreiben. Ich kann das nur so beschreiben, dass Sie von den Fehlleistungen Ihrer eigenen Politik in der Vergangenheit ablenken wollen. Wer hat denn immer gesagt: „Wachse oder weiche“? Das waren nicht die Grünen, das waren nicht die Sozialdemokraten. Es
waren die CDU und die FDP, die diese Politik betrieben haben. Und jetzt sehen Sie das Ergebnis.
Die Milchkrise im letzten Jahr ist doch ein gutes Beweis dafür, dass es eine Fehlentwicklung gab. Es wird deshalb nicht investiert, weil es der Markt nicht hergibt. Und genauso ist es im Schweinebereich mit den Schweinepreisen. Das wissen Sie auch. Wenn alle die Tierwohl-Initiative beachten würden, dann würde auch investiert. Das liegt doch nicht am Verbandsklagerecht. Es gibt hier eine Ablenkungsdiskussion. Das hat mit dem Thema hier überhaupt nichts zu tun.
Sehr gerne.
Sehr geehrter Herr Deppe, das ist offensichtlich eine Feststellung, die aber nicht zutreffend ist. Ich sage überall das Gleiche. Wir haben eine Rechtsetzung durch europäisches Recht, wonach das Amputieren von Teilen von Tieren nicht erlaubt ist. Es ist nicht erlaubt. Hiervon machen wir eine Ausnahme, weil es im Stallbau und in der Tierhaltung eine Entwicklung gibt, die wir nicht von heute auf morgen zurückdrehen können. Sie schafft aber Rechtsunsicherheit.
Ich werbe dafür, mit den Normen für eine nachhaltige Tierhaltung endlich einmal vor die Zeit zu kommen
und Standards festzulegen, die nicht ständig der gesellschaftlichen Debatte anheimfallen, sondern eine zukunftsorientierte Landwirtschaft garantieren. Wir sollten also entsprechende Rahmenbedingungen setzen, damit das in Zukunft noch möglich ist und wir nicht dauernd diese Auseinandersetzungen haben. Dafür werbe ich an jeder Stelle, sowohl hier im Landtag als auch draußen bei den Menschen.
Deshalb ist das Verbandsklagerecht auch der richtige Weg. Vielen Dank für die Unterstützung der Regierungsfraktionen und der Piraten, diesen Weg weiter zu begleiten. Es ist vorgesehen, das Gesetz 2018 zu evaluieren. Diese Zeit sollten wir uns gemeinsam nehmen. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir erleben mit dieser Debatte und insbesondere mit diesem Antrag der FDP-Fraktion sozu
sagen die Endmoräne einer Strategie der Opposition, die glaubte, die Landesregierung für bestimmte wirtschaftliche Daten verantwortlich machen zu können, die zwischenzeitlich die öffentliche Debatte geprägt haben.
Das hat vielleicht im letzten oder vorletzten Jahr noch öffentlichen Anklang gefunden. Jetzt ist das allerdings der letzte Rest an Suppe, der noch übrig ist und hier zubereitet wird – ein bisschen nach dem Motto: Smörrebröd, Smörrebröd, röm, pöm, pöm, pöm. Alles wird durcheinandergeschmissen, und dann einmal in die Luft! Am besten, es bleibt viel beim politischen Gegner hängen. Das ist die Strategie zwei Monate vor der Landtagswahl, einen solchen Antrag mit einer solchen Begründung zu stellen.
Sie trauen sich ja noch nicht einmal, die Einführung Ihres Antrages so, wie Sie ihn schriftlich niedergelegt haben, hier in irgendeiner Weise zu begründen, nämlich einen Zusammenhang herzustellen zwischen der wirtschaftlichen Situation und bestimmten umwelt- oder wirtschaftspolitischen Entscheidungen der Landesregierung, weil – das ist ganz klar – die Fakten einfach gegen Sie sprechen. Das müssen Sie dann, bitte schön, auch zur Kenntnis nehmen.
Die Wirklichkeit in Nordrhein-Westfalen ist zurzeit eine andere. Wir brauchen da gar nicht Institute zu zitieren, die vielleicht nicht so weit von uns entfernt sind, sondern können uns auch auf Wirtschaftsinstitute und Verbandsorgane berufen, die der Landesregierung normalerweise nicht so nahe stehen. Alle malen ein gutes Bild von der Wirtschaft in hellen und leuchtenden Farben, wie man es selber nicht besser machen könnte.
Der ifo-Geschäftsklimaindex der gewerblichen Wirtschaft Nordrhein-Westfalen ist im Februar 2017 auf seinem höchsten Wert der letzten zweieinhalb Jahre. Er liegt damit exakt auf dem gleichen Niveau wie in Gesamtdeutschland.
Die gute Stimmung in der Wirtschaft bestätigen auch die aktuellen Umfragen der IHKs in Nordrhein-Westfalen sowie des Handwerks. Die rheinische Wirtschaft schreibt: Große Stabilität prägt die regionale Wirtschaft. – Der Bericht der Ruhrkonjunktur titelt: Konsum treibt die Wirtschaft an; Konjunktur zeigt sich in Topform. – Die IHK Nord Westfalen gibt in ihrem Bericht zum Besten: Wirtschaft bleibt auf Wachstumskurs. – Der Westdeutsche Handwerkskammertag titelt: Gute Konjunktur bringt Umsatzzuwächse und Beschäftigungsaufwuchs im Handwerk.
Besser könnte es in Nordrhein-Westfalen nicht laufen. Für 2017 stehen die Zeichen wirklich gut – auch für einen weiteren konjunkturellen Aufschwung. Die Zahlen sind positiv.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das hätten Sie hier an dieser Stelle würdigen müssen, bevor Sie
vielleicht das eine oder andere Haar in der Suppe finden.
Ich möchte noch einen Schritt weiter gehen, nämlich zu dem Punkt, dass es darum geht, Arbeitsplätze zu schaffen. Die gute Konjunktur führt dazu, dass die Lage am Arbeitsmarkt positiv ist. Als ein Bereich, in dem wir uns insbesondere als Landesregierung engagiert haben, ist hier der Bereich der Umweltwirtschaft mit 346.000 Arbeitsplätzen hervorzuheben. Im letzten Jahr waren es gut 20.000 Arbeitsplätze mehr als 2013. Hier hat es eine massive positive Entwicklung gegeben.
Insofern frage ich mich, wie Sie eigentlich darauf kommen, dass wir in einer schlechten Situation leben.
Wenn Sie schon ein Projekt wie das Kraftwerk Datteln 4 ausgraben, hätte ich erwartet, dass Sie, bevor Sie es thematisieren, erst einmal ein Büßergewand anziehen und Asche über Ihr Haupt kippen. Und dann hätten wir vielleicht darüber diskutieren müssen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Nein, dann lassen Sie uns doch einmal in die Vergangenheit blicken. Wer hat denn dieses Kraftwerk genehmigt? Das war Ihre neoliberale Regierung mit dem Ansatz: Egal, was das Recht sagt; wir biegen uns das schon irgendwie zurecht.
Das haben Ihnen die Gerichte ins Stammbuch geschrieben, und zwar klar und deutlich.
Sie haben nämlich geschrieben: Das, was bei Datteln 4 durch die Genehmigungsbehörden und gedeckt durch die Regierung stattgefunden hat, war nahezu abwägungsfrei. Abwägungsfrei! Sie haben die Menschen und die Umwelt einfach ohne Abwägung dem Projekt ausgesetzt. Das ist das Ergebnis Ihrer Regierung.
Wir mussten die Karre wieder aus dem Dreck ziehen –
bei einem Projekt und einer Genehmigungsfrage, die in der Tat höchst kompliziert ist. Höchst kompliziert! Ein schon gebautes Kraftwerk zu genehmigen, ist keine einfache Sache. Insofern ist höchste rechtliche Sorgfalt geboten. Das war das, was diese Landesregierung angetrieben hat.
Dabei ging es bis hin zu der Frage, ob das Kraftwerk überhaupt genehmigt werden kann. Denn wenn Sie das Thema „Quecksilber“ betrachten, müssen Sie
aufgrund aller Daten, die wir haben, feststellen: Eigentlich dürfte gar kein Quecksilber mehr in die Umwelt eingeleitet werden. Alles ist viel zu viel. Wir haben zu viel Quecksilber in der Biota, im Wasser. Eigentlich dürfte gar nichts mehr dazukommen. Deshalb ist es umweltpolitisch und rechtlich geboten, den höchsten technischen Standard zu fordern.
Das Irre an der Geschichte ist, dass dieser technische Standard und die technischen Möglichkeiten hier in Nordrhein-Westfalen entwickelt worden sind. Wir bauen die Technik. Wir liefern sie in andere Länder. Nur hier gilt die technische Anforderung im Gesetz noch nicht. Trotzdem gibt es die gesetzliche Vorgabe, den Stand der Technik zur Vorgabe von Genehmigungen zu machen.
Nichts anderes haben wir getan. Insofern gehen wir davon aus, dass die Genehmigung rechtssicher ist und gerichtlichen Anforderungen standhält. – Herzlichen Dank.
Sehr gern.
Wenn Sie die Rechtspraxis in den vergangenen Jahren davor als Landrecht bezeichnen würden, würde ich Ihnen recht geben.
Hier ist jenseits von rechtlichen Vorgaben – sowohl planungsrechtlichen als auch umwelt- und immissionsrechtlichen Vorgaben – eine Entscheidung getroffen worden. Dieser Standort hätte grundsätzlich eigentlich nie genehmigt werden dürfen, wenn nicht vorher das Zielabweichungsverfahren gemacht worden wäre. Das musste komplizierterweise nachgeholt werden.
Jetzt haben sich in der Tat – auch durch weitere Rechtsentwicklungen, durch Gerichtsentscheidungen; Sie wissen, dass das OVG Münster entsprechend entschieden hat – neue Sachverhalte bezogen auf FFH-Schutz ergeben, die sauber abgeprüft worden sind.
Alles das hat vorher nicht stattgefunden. Das haben diese Landesregierung und diese Behörden gemacht. Deshalb gehen wir davon aus, dass das Verfahren auch rechtssicher ist und vor Gericht Bestand haben wird. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich bekunde an dieser Stelle noch einmal meinen Respekt vor der Volksinitiative. Rund 120.000 Menschen in Nordrhein-Westfalen haben diese Volksinitiative unterstrichen und ihre Rechte bei der Mitsprache im Rahmen der direkten Demokratie wahrgenommen. Das ist auch gut so.
Klar ist auch: Die Jagd ist eine sinnvolle und naturnahe Nutzung von Wildtieren. Jagd darf aber nicht allein durch Traditionen bestimmt werden, sondern muss neue Erkenntnisse und gesellschaftliche Diskussionen mit aufnehmen. Die Gesellschaft, wir alle – und das bildet sich dann am Ende im Parlament ab – haben seit der bürgerlichen Revolution ein Mitspracherecht, wenn es um die Frage von Leben und Tod von Tieren geht und wenn übergreifende Fragestellungen wie Rahmenbedingungen der Jagd, die es zu regeln gilt, zu diskutieren sind. Hierzu zählen beispielsweise Themen wie das Töten von Haustieren, die Fallenjagd, der Artenschutz und die Wildschadensreduzierung. Die Entscheidung darüber – so ist es uns zugewiesen – fällt das Parlament. Ich bin von 1995 bis 2012 Mitglied dieses Hauses gewesen. Ich kann mich an kein Gesetz erinnern, das so intensiv vorbereitet und auch beraten worden ist.
Die Grundlagen des ökologischen Jagdgesetzes wurden im Vorfeld über zweieinhalb Jahre mit Interessensverbänden im Arbeitskreis „Jagd und Naturschutz“ und darüber hinaus in vielen Gremiensitzungen beraten. Es ist in der Tat das Resultat eines mehrjährigen Dialogprozesses. Das ökologische Jagdgesetz berücksichtigt zeitgemäße Ansprüche einer nachhaltigen Waldwirtschaft sowie des Tier- und Artenschutzes. Es wurde an vielen Punkten Klarheit über das geschaffen, was fachlich sinnvoll ist und gleichzeitig gesellschaftlich akzeptiert wird.
Das ökologische Jagdgesetz hat aus der Sicht der Landesregierung dazu beigetragen, viele Diskussionen, die es gegeben hat, zu befrieden. Zum jetzigen Zeitpunkt sehen wir keinen Änderungsbedarf. Das heißt aber nicht, dass Gesetze grundsätzlich nicht geändert werden können. Wenn neue Erkenntnisse da sind – die man erst gewinnen muss –, dann ist die richtige Grundlage gegeben, um Gesetze auch wieder zu ändern.
Die Erfahrungen und die Diskussionen in den letzten Jahren haben gezeigt, dass bestimmte Fragestellungen, die zuvor virulent waren, jetzt in der öffentlichen Diskussion nicht mehr auftauchen. Das ist mit „Akzeptanz“ gemeint, Herr Deppe. Das gilt beispielsweise für die Diskussion um den Katzenabschuss, die Fallenjagd oder bestimmte Praktiken der Jagdausübung. Da hat sich einiges positiv in der Diskussion entwickelt. Selbst der Landesjagdverband fordert aktuell nicht mehr ausdrücklich den Katzenabschuss. Das war zu Beginn des Gesetzgebungsverfahrens noch undenkbar.
Auch die Jagdbilanz des letzten Jahres, meine sehr verehrten Damen und Herren, fällt aus unserer Sicht positiv aus. So erreichen die Jagdstrecken beim Schalenwild und vielen anderen Wildarten die notwendigen Spitzenwerte.
Die Umsetzungsphase des ökologischen Jagdgesetzes ist noch nicht abgeschlossen. Erst in der letzten Woche hat es den Abschluss einer Vereinbarung zu einem Konfliktfall im Arnsberger Raum gegeben. Das sei an dieser Stelle erwähnt, soweit Sie es noch nicht wissen. Der Konflikt um das Sikawild war auch Gegenstand der Debatte. Alle Beteiligten – sowohl die Bürgermeister, als auch der Hegering, die Jägerschaft und der Bereich „Wald und Holz“ – haben eine Vereinbarung geschlossen, hier den gemeinsamen Weg zu gehen und die notwendigen Anpassungsschritte vorzunehmen. Das war Sinn und Zweck des Jagdgesetzes. Ob es am Ende erfolgreich ist, wird man aber erst sehen, wenn eine gewisse Zeit ins Land gegangen ist und man die Evaluierung auf den Weg gebracht hat.
Das schließt nicht aus, dass wir in der Übergangszeit weitere Erfahrungen über Monitoring gewinnen können, die dann gegebenenfalls Anpassungen nötig
machen. Dazu sind geeignete Grundlagen notwendig. Diese liegen zum jetzigen Zeitpunkt nicht vor. Wir können also klüger werden. Aktuell allerdings empfehlen wir sehr, die Grundlagen des ökologischen Jagdgesetzes in der vollen Ausbreitung zum Zuge kommen zu lassen, dann auszuwerten und erneut zu entscheiden. – Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst möchte ich eine Frage von Herrn Höne direkt beantworten: Die Software steht. Ich lade Sie herzlich ein, das erste Kontrollbarometer, das ausgedruckt wird, mit mir gemeinsam aufzuhängen. – Insofern ist diese von Ihnen so wichtige Frage direkt am Anfang beantwortet.
Ich freue mich, dass der Landtag heute das Kontrollergebnis-Transparenz-Gesetz verabschiedet. Mit diesem Gesetz wird die Lebensmittelsicherheit in Nordrhein-Westfalen verbessert. Gleichzeitig werden Verbraucherinnen und Verbraucher in ihren Konsumentscheidungen gestärkt.
Wir haben lange genug – mehr als acht Jahre – über die Notwendigkeit von Transparenz in der Lebensmittelüberwachung geredet. Seit Jahren sind die Beanstandungsquoten bei Betriebskontrollen auf gleichem Niveau. Das ist der entscheidende Punkt, Frau Schulze Föcking, auf den Sie bislang in der Debatte keine Antwort gegeben haben. Es würde mich schon interessieren, wo Sie doch landesweit versuchen, Kampagnen daraus zu fahren: Warum wollen Sie die Ergebnisse, die in Dänemark, in Großbritannien –
mittlerweile in acht europäischen Staaten –, in Amerika erzielt worden sind, die regelmäßig – regelmäßig! – nachweisbar zu einer Verbesserung der Lebensmittelhygiene führen, den Bürgerinnen und Bürgern in Nordrhein-Westfalen vorenthalten? Diese Frage haben Sie bislang nicht beantwortet.
Es würde mich wirklich interessieren: Warum dürfen die Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen nicht von einer besseren Hygiene, von einer besseren Lebensmittelsicherheit profitieren? Dabei sage ich nicht, dass sie im Großen und Ganzen schlecht ist, sondern ich sage: Sie ist verbesserungsfähig und verbesserungswürdig. Wenn wir doch die Instrumente kennen, um das umzusetzen, sollten wir das auch tun.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben lange darum gerungen, wie eine solche Transparenz eingeführt werden soll und kann. Deshalb ist auch in Absprache mit den entsprechenden Verbänden die dreijährige Übergangszeit in das Gesetz eingeflossen. Ich finde, das ist eine wichtige Zeit – so ist es auch im Entschließungsantrag dokumentiert –, zusammen mit den Betroffenen, mit den Beteiligten, mit den Verbraucherschutzverbänden, mit den Lebensmittelverbänden zu eruieren: Ist das richtig justiert, oder muss gegebenenfalls nachgesteuert werden? Auch in dieser Phase ist eine Veröffentlichung nicht verpflichtend. Eine Gewöhnungsphase ist also durchaus denkbar.
Zu dem großen Vorwurf, hier würde ein Bürokratiemonster in die Welt gesetzt: Meine sehr geehrten Damen und Herren, die AVV RÜb gilt schon länger, als diese Koalition in Nordrhein-Westfalen an der Regierung ist. Wenn also die AVV Rüb – lange Zeit Grundlage einer umfassenden Lebensmittelkontrolle – durch den Bund falsch eingesetzt worden wäre, hätten Sie doch längst initiativ werden müssen, um diese Grundlage zu ändern.
Insofern kann ich nicht nachvollziehen, warum heute auf einmal das, was etwa acht bis zehn Jahre Grundlage der Lebensmittelkontrolle war, schlechter sein soll. Es geht doch nur darum, die Ergebnisse auch öffentlich zu machen. Da sind wir bei dem entscheidenden Punkt. Sind Sie mit mir der Meinung, dass die Daten, die durch die öffentliche Hand erhoben werden, auch Eigentum der Bürgerinnen und Bürger sind, sodass sie sie ebenfalls sehen dürfen?
Diese Frage beantworten Sie an keiner Stelle. Wie kann man denn auf der einen Seite für E-Government, Open Data und Digitalisierung der Gesellschaft sein, aber andererseits dann, wenn es darauf ankommt, die notwendigen Schritte nicht machen?
Das müssen Sie mir mal erklären, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Sehr gerne.
Wir haben in der Lebensmittelkontrolle eine geübte Praxis. Wenn Sie diese geübte Praxis für zu schlecht halten, hätten Sie in der Vergangenheit längst Gelegenheit gehabt, diese Praxis zu verändern – durch Mehrausstattung an Personal, durch entsprechende Verordnungen.
In der Vergangenheit haben gerade Sie nie bemängelt, dass es dort Defizite gibt.
Im Übrigen möchte ich auf Ihren Vorwurf, es seien zu viele Dokumentationspflichten enthalten, die nichts mit Hygiene zu tun hätten, eingehen. Hat es etwa nichts mit Hygiene zu tun, wenn die Kühlkette nicht eingehalten ist? Sicher hat das etwas mit Hygiene zu tun. Ich freue mich auch jedes Mal, wenn auf der Toilette einer Autobahnraststätte dokumentiert ist, dass da jemand sauber gemacht hat. Die Dokumentation gehört dazu, um Hygiene nachzuweisen.
Deshalb ist es so wichtig, sowohl über die Kühlkette, die Reinigung als auch die Rückverfolgbarkeit eine Dokumentation vorliegen zu haben. Selbstverständlich hat das etwas mit Hygiene zu tun. Was denn sonst?
Worum es Ihnen eigentlich geht, ist an dem doch verräterischen Beitrag von Frau Schulze Föcking deutlich geworden. Sie haben das Jagdgesetz erwähnt, Sie haben das Naturschutzgesetz erwähnt, Sie haben das Wassergesetz erwähnt.
Was hat das mit dem Kontrollergebnis-TransparenzGesetz zu tun? Was hat das mit dem heutigen Beratungsgegenstand zu tun?
Nein, das zeigt, worum es Ihnen geht. Ihnen geht es nicht um den Inhalt, Ihnen geht es nicht um die Bürgerinnen und Bürger, Ihnen geht es darum, eine politische Kampagne zu fahren. Das ist das Thema, das Sie aufzubauen versuchen.
Hinzu kommt, dass Sie mit Unwahrheiten und Falschdarstellungen die Bürgerinnen und Bürger und die Betroffenen verunsichern.
Ja, selbstverständlich. Wie kann es denn sein, dass Sie hier Dinge einführen, die in der Praxis überhaupt keine Relevanz haben? Die Frage, wo die Wäsche gereinigt wird, hat doch mit Hygienebarometer und Kontrollbarometer überhaupt nichts zu tun. Das ist an den Haaren herbeigezogen, um irgendwelche Verunsicherungen zu betreiben.
Das ist die klare Option, die offensichtlich in Ihrem politischen Interesse war.
Gern lasse ich eine weitere Zwischenfrage zu.
Was meinen Sie denn damit? Das habe ich nicht verstanden.
Die Kollegin hat eine Reihe von Gesetzen erwähnt – lesen Sie das im Protokoll nach –, die mit dem Beratungsgegenstand nichts zu tun haben. Es ging ihr offensichtlich darum, das in eine Reihe zu stellen und daraus eine politische Kampagne zu machen. Das haben Sie doch die letzten Wochen und Monate versucht. Das ist möglicherweise Ihr gutes Recht. Aber mein Recht ist es, das darzustellen und den Bürgerinnen und Bürgern zur Entscheidung vorzulegen, dass nämlich nicht ihre Rechte auf Transparenz umgesetzt werden sollen, sondern dass auf dem Rücken der Betroffenen eine Kampagne durchgeführt werden soll. Das gehört, wie ich finde, mit zur Diskussion.
Unter dem Strich – um auch das zu sagen –: Wenn Betriebe in den roten Bereich eingeordnet sind, dann handelt es sich um eine Summe von schweren Verstößen gegen die Hygiene. Bei jedem dieser Verstöße würden Sie sagen: Das darf in einem Betrieb nicht vorkommen.
Aber auch bei Verstößen, die sozusagen im grünen Bereich sind, gibt es durchaus Sachverhalte, die zur Hygiene gehören. Ob beispielsweise ein Handwaschbecken vorhanden ist oder nicht, gehört aus meiner Sicht zur Hygiene. Ob die Kühlkette eingehalten worden ist oder nicht, gehört zur Hygiene. Ob die
Ware im Kühlschrank abgedeckt ist oder nicht, gehört zur Hygiene. Trotzdem landen die Betriebe im grünen Bereich. Ich meine, es sollte Anreize geben, gerade diese Zustände, die sich in der Vergangenheit nicht verbessert haben, zu verbessern.
Das wollen wir gemeinsam tun. Wir wollen das nicht nur, um die Betriebe entsprechend zu kennzeichnen, sondern auch, um den Wettbewerbsvorteil, den gute Betriebe bereits heute haben, für die Bürgerinnen und Bürger sichtbar zu machen. Auch das gehört mit zum Gesamtkonzept. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Nachgang zu den Erfahrungen mit Stuttgart 21 – es ist vielleicht wichtig, noch einmal auf die Geschichte hinzuweisen – wurden die Regelungen zur Öffentlichkeitsbeteiligung verbessert. In diesem Rahmen haben sowohl der Bundesgesetzgeber – ich betone ausdrücklich: der Bundesgesetzgeber; das ist also ursprünglich nicht hier im Land passiert – als auch die Landesgesetzgeber mit der Neuregelung des § 27a Verwaltungsverfahrensgesetz nachgezogen und entschieden, dass immer dann, wenn das Fachrecht eine öffentliche Auslegung von Unterlagen vorschreibt, diese ohnehin öffentlich auszulegenden Unterlagen auch über das Internet zugänglich gemacht werden sollen.
Dies dient der Erleichterung des Zugangs zu relevanten Informationen und trägt zudem der von der Landesregierung initiierten Open-Government-Strategie Rechnung.
Ich glaube, diese beiden Herleitungen müssen betrachtet und entsprechend gewürdigt werden: zum einen die Erfahrung einer besseren Öffentlichkeitsbeteiligung aus vergangenen Projekten und zum anderen der Wunsch, der wohl von allen Fraktionen des Hauses getragen wird, Verwaltungshandeln, Handeln der öffentlichen Behörden, transparent zu gestalten. Das ist der Grundsatz der Open-Government-Strategie.
Von Offenheit und Transparenz einer Open-Government-Strategie profitieren Wirtschaftsverbände sowie Bürgerinnen und Bürger, indem sie kostenfrei auf staatliche Daten zugreifen können, die auch zur kommerziellen Verwendung bereitgestellt werden. Das ist auch ein Grundsatz der Open-Government-Strategie. Deshalb muss man schon den Blick öffnen und alles betrachten, was in diesem Zusammenhang diskutiert wird.
Unser Erlass stellt dar, dass die allgemeine gesetzliche Regelung – eben von mir erwähnt, § 27a des
Verwaltungsverfahrensgesetzes – auch auf die öffentliche Auslegung von Unterlagen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz anzuwenden ist. Dabei werden nur die Unterlagen – das betone ich – über das Internet zugänglich gemacht, die ohnehin mehrere Wochen öffentlich ausgelegt werden und auch über das Umweltinformationsgesetz zur Verfügung gestellt werden müssen.