Protokoll der Sitzung vom 29.04.2015

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

oder wollen Sie das nicht mehr mittragen wie jetzt die FDP?

Werter Herr Lindner, ich habe Ihren Antrag gelesen, und dachte: Guck mal! Da duckt er sich wieder weg. Unter Punkt I. Ausgangslage steht:

„Die Bundesregierung hat als nationales Klimaziel für das Jahr 2020 die Senkung der Treibhausgasemissionen um 40 % … ausgerufen.“

Und am Schluss steht, wir sollten uns dem Bund gegenüber konsequent dafür einsetzen, das undifferenzierte Reduktionsziel von 40 % Treibhausgasemissionen bis 2020 aufzugeben und Sektoren, die bereits europäisch harmonisiert sind, nicht einzubeziehen.

Werter Herr Lindner, das war Ihre Koalition in Berlin mit Ihrem Wirtschaftsminister, die diese Ziele vereinbart hat.

(Zuruf von Christian Lindner [FDP])

Davon verabschieden Sie sich mal eben opportunistisch, weil Sie hier in der Opposition sitzen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Das ist eine Politik, die sich rächen wird, werter Kollege! Sie wird sich rächen.

Sie reden von der Bundesregierung, damit nicht deutlich wird, dass das Ihre Bundesregierung war,

die diese Ziele auf den Weg gebracht hat. Es ist schade, dass Sie sich von Ihrer eigenen Vergangenheit hier ständig distanzieren müssen.

(Christian Lindner [FDP]: Wir sind zwischen- zeitlich aus der Kernenergie ausgestiegen!)

Aber das wird kein erfolgreicher Weg sein.

Meine Damen und Herren, wir gehen davon aus, dass diese Reduktionspläne richtig sind. Übrigens waren die, die Sie damals vereinbart haben, noch wesentlich ehrgeiziger. Das gehört zur Wahrheit noch dazu. Sie wollten nicht nur 40 % bis 2020, sondern Sie wollten bis 2030 sogar um 55 % und bis 2040 um 70 % reduzieren.

(Christian Lindner [FDP]: Aber mit Kernener- gie!)

Und wir alle wissen doch, wie das damals entstanden ist. Wir alle wissen, wie die Klimakanzlerin aufgetreten ist mit der FDP im Rucksack

(Christian Lindner [FDP]: Und Kernenergie!)

und dann in Brüssel dafür gekämpft hat, dass dort Klimaziele überhaupt vereinbart werden, und deshalb Deutschland bei 40 % gelandet ist, damit die Europäer bei 30 % landen. Das ist doch die Wahrheit dieses damaligen Diskussionsprozesses. Damit haben Sie sich doch gebrüstet.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

In der Großen Koalition haben wir uns auf eine realistische Perspektive verständigt. Aber auch der Weg dahin, werter Kollege Laschet, muss definiert werden. Mit uns ist keine Politik zu machen, in der man für die Ferne irgendwelche Ziele setzt, aber bei der nicht deutlich wird, wie denn diese Ziele mit welchen Maßnahmen erreicht werden können. Es ist klare Politik der Landesregierung, dass man das hinterlegen muss und Farbe bekennen muss. Da können Sie sich nicht wegducken, liebe CDUKolleginnen und -Kollegen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ja, das 40-%-Ziel steht. Da war es opportun, zu überprüfen, wo wir denn jetzt in diesem Fahrplan liegen. Und da hat die Bundesregierung am 3. Dezember 2014 festgestellt: Wir sind nicht auf dem richtigen Pfad. Deshalb geht sie davon aus, dass zur Erreichung dieses Ziels eine Emissionsminderung um 22 Millionen t im Bereich der Energiewirtschaft notwendig ist.

Lieber Kollege Laschet, das geht nicht, ohne dass auch die Braunkohle dabei ist. Stellen Sie hier keine Schimären in den Raum,

(Beifall von den GRÜNEN)

sondern sagen Sie klipp und klar, wie es gehen soll! Das ist eine Erwartung auch an einen Oppositionsführer in diesem Landtag.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vor diesem Hintergrund der Klärung der Zahlen und der Überprüfung, ob wir auf dem richtigen Weg sind, hat der Bundeswirtschaftsminister in Absprache mit der Bundeskanzlerin, Ihrer Parteichefin, einen Vorschlag gemacht, wie diese 22 Millionen t im Stromsektor eingespart werden können. Das ist seine Aufgabe vor dem Hintergrund der Beschlüsse auch des Koalitionsvertrages.

Und es stimmt: Auch wir haben große Sorge, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen zu einem tiefgreifenden Strukturbruch führen können. Wir haben darum von Anfang an auf Veränderungen gedrängt. Ich habe am 23. März, also kurz nachdem die Vorschläge auf dem Tisch waren, direkt ein persönliches Gespräch mit dem Bundeswirtschaftsminister geführt, übrigens nicht am Rande des Präsidiums, sondern einen Extratermin. Ich habe nachdrücklich die Überprüfung und Änderung der Pläne angemahnt. Wir haben uns von der ersten Minute an auf den Weg gemacht – wir haben Druck gemacht –, dass diese Vorschläge eben nicht so bleiben können.

Wir haben in Berlin klargemacht: Es dürfen im Bund keine Entscheidungen getroffen werden, die den Industriestandort Nordrhein-Westfalen und die Arbeitsplätze hier massenhaft gefährden. Das Ziel einer CO2-Reduzierung darf eben nicht einseitig zulasten der Braunkohle gehen.

(Zuruf von Christian Lindner [FDP])

Das haben wir von Anfang an deutlich gemacht. Das ist klare Position auch dieser Landesregierung!

(Beifall von der SPD – Armin Laschet [CDU]: Wer ist denn wir? Frau Löhrmann auch?)

Eines war doch klar, nachdem der Vorschlag auf dem Tisch war und man nachgerechnet hat: Die Realität ist doch, dass, wenn es Realität werden würde, es eben nicht um eine Einsparung von 22 Millionen t geht, sondern dass sie weit darüber hinausläge. Das heißt, eine Übererfüllung dieses Planes wäre dann sozusagen das Ergebnis. Deshalb haben wir gesagt: Wir müssen die Daten abgleichen. Wir müssen in Gespräche eintreten. Und das tun wir.

Wir stehen in ständigem Kontakt mit dem Bundeswirtschaftsministerium, übrigens auch mit RWE, den Gewerkschaften, um Alternativen zu berechnen, mit neuen Modellen zu arbeiten. Das ist das, was jetzt getan werden muss, um die Dinge in den richtigen Fluss zu bringen.

Wie Sie wissen, hat der Bundeswirtschaftsminister auch deutlich gemacht, dass er hier zu Veränderungen bereit ist. In einem Brief an Michael Vassiliadis und Frank Bsirske hat er klargestellt, dass erst die Alternativen geprüft werden müssen. Vorher wird nichts entschieden. Und sollten sich die Befürchtungen eines Strukturbruchs in den Braunkohlerevieren bestätigen, werden sich – ich zitiere –

selbstverständlich die bisherigen Vorschläge zum Erreichen des Klimaschutzzieles ändern. Das hat er schon gesagt.

Sie bauen hier eine Diskussionslage auf, die mit diesen Gesprächen im Hintergrund nichts zu tun hat, statt sich darum zu kümmern, was Ihre Aufgabe wäre, nämlich die Klimakanzlerin, die in der Versenkung verschwunden ist – die „WAZ“ titelt am 25. April „Klimakanzlerin auf Tauchstation“ –, wieder herauszuholen, ihr wieder Sauerstoff zu geben und dann gemeinsam Vorschläge auf den Tisch zu legen, wie wir die Ziele denn erreichen können. Das wäre doch einmal ein vernünftiger Weg.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Liebe Piraten, ja, es gibt einen fachlichen Zusammenhang zwischen KWK und dem, was da diskutiert wird. Wir drängen auch darauf, dass am Ziel, die Kraft-Wärme-Kopplung auf 25 % der Stromerzeugung auszubauen, festgehalten wird. Denn ohne das Festhalten an diesem vorgesehenen Ausbau können zusätzliche CO2-Minderungsbeiträge eben nicht erreicht werden. Auch deshalb muss die KWKFörderung entsprechend finanziert werden.

Da werden wir um Ressourcen kämpfen müssen in Berlin. Herr Laschet, tun wir das gemeinsam, oder müssen wir das als Landesregierung NRW alleine tun? Diese Frage können Sie hier heute beantworten.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Zu- ruf von Armin Laschet [CDU])

Ich bin fest davon überzeugt, dass NordrheinWestfalen erfolgreich sein kann. Aber es bleibt dabei: Wir wollen beides. Wir wollen eine erfolgreiche Energiewende. Wir wollen die Klimaschutzziele erreichen, und wir wollen dafür sorgen, dass es eben nicht zu Strukturbrüchen kommt. Wir werden um die Arbeitsplätze hier in Nordrhein-Westfalen kämpfen. – Vielen Dank.

(Langanhaltender Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerpräsidentin Kraft. – Als nächster Redner ist für die SPD Herr Kollege Schmeltzer angekündigt.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Herr Kollege Laschet, Sie müssten eigentlich anhand der Debatte mittlerweile festgestellt haben, dass das, was Sie hier versucht haben zu inszenieren, wie ein Kartenhaus zusammenbricht.

(Lutz Lienenkämper [CDU]: In welcher Debat- te sind Sie denn?)

In der gleichen wie Sie, Herr Lienenkämper. Nur: Ich verstehe sie, und Sie tun das ganz offensichtlich nicht.

Das wird ja schon deutlich an der Überschrift Ihres Antrages; da heißt es: „...keine Diskriminierung von Braunkohlekraftwerken...“ – Daraufhin haben Ihnen die „Aachener Nachrichten“ am 25. April 2015 schon den richtigen Kommentar ins Stammbuch geschrieben. Die Überschrift wurde dort als „sinnlose, sinnfreie Formulierung“ tituliert.

Weiter schreiben die „Aachener Nachrichten“ richtigerweise: Das Gebaren der NRW-CDU ist hysterisch. Tatsächlich werden in den nächsten Tagen und Wochen wichtige Weichen für die Zukunft der Braunkohle gestellt. Aber das letzte Gefecht, das Laschet nun inszeniert, ist Popanz. – Dem ist nichts hinzuzufügen.

(Beifall von der SPD)