Protokoll der Sitzung vom 29.04.2015

(Beifall von den GRÜNEN)

Frau Kollegin Asch, würden Sie noch einen Moment hierbleiben? Denn es liegt eine Kurzintervention von Herrn Dr. Stamp vor. Bitte schön.

Frau Kollegin Asch, dass es immer mit Unterstellungen endet, haben wir hier schon mehrfach bei Beiträgen von Ihnen gehört. Ich weiß nicht, ob Sie den Antrag wirklich rich

tig gelesen haben oder ob Sie uns von vornherein Dinge unterstellen wollen.

Ich sage das auch vor dem Hintergrund, dass ich aufgrund einer entsprechenden Karriereentwicklung meiner Frau selber zwei Jahre Elternzeit genommen habe, dass ich heute Morgen unsere Kinder versorgt habe, weil meine Frau auf Dienstreise ist, und dass das für uns eine Selbstverständlichkeit ist.

Wir wollen aber an dieser Stelle einfach mal zum Ausdruck bringen, damit das auch in diesem Hause mal zum Ausdruck gebracht wird, dass es gesellschaftlich eine spezifische Herausforderung für Mütter und einen spezifischen Druck auf Mütter gibt.

Das haben wir in diesem Antrag zum Ausdruck gebracht, indem wir eben nicht irgendein Rollenmodell präferieren, sondern indem wir insgesamt auf die besonderen Herausforderungen für Mütter hingewiesen haben. Dafür sind wir der Kollegin Schneider sehr dankbar. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP und Walter Kern [CDU])

Vielen Dank. – Bitte schön, Frau Kollegin.

Herr Dr. Stamp, es ist aller Ehren wert, wenn Sie persönlich zwei Jahre zu Hause bei Ihren Kindern verbracht haben. Die Zahlen sind trotzdem deutlich. Es sind viel zu wenige Väter, die von dieser Möglichkeit Gebrauch machen.

Ich meine, wir müssen nicht wohlfeile Appelle der Wertschätzung in die Gesellschaft geben. Wir sind als Politik gefordert, Rahmenbedingungen zu verbessern. Das ist unsere Aufgabe.

(Dr. Joachim Stamp [FDP]: Richtig!)

Genau daran fehlt es in Ihrem heutigen Antrag. – Danke.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Asch. – Für die Fraktion der Piraten spricht Frau Kollegin Rydlewski.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Im Grunde könnte man bei „von 1907“ auch aufhören, aber gut.

Wie bei vielen Anträgen der FDP vermischen sich auch hier Wahrheit und Dichtung zu einem tragischen Gesamtergebnis.

Ja, es ist richtig, dass sich Elternschaft in den letzten Jahrzehnten grundlegend verändert hat. Ja, traditionelle Erziehungsziele wie Gehorsam und Pflichtbewusstsein werden langsam von moderneren Zielen abgelöst, und das ist auch gut so. Ja, El

tern setzen sich für eine gelingende Erziehung zunehmend selbst unter Druck. Das ist alles völlig richtig bzw. aus der forsa-Studie wiedergegeben bzw. erkannt. Aber dieser innere Druck betrifft sowohl Frauen als auch Männer.

Die dann allerdings im Antrag aufgestellten Behauptungen, Mütter müssten ständig ihr Image verteidigen, Vollzeitmütter würden als faul, unmodern und nicht vollwertig gelten, in Vollzeit arbeitende Mütter als Rabenmütter und in Vollzeit arbeitenden Müttern werde ein schlechtes Gewissen injiziert, basieren worauf? – Man weiß es nicht, auf der genannten Studie jedenfalls nicht. Dort steht nichts, aber auch gar nichts von den hier genannten Thesen.

Ich kenne auch niemanden, der über Vollzeitmütter derart denkt. Ich weiß nicht, ob das gesellschaftliches Leben im Umfeld der FDP ist. Das wäre bitter, würde aber einiges erklären.

Richtig ist vielmehr, dass die beiden wichtigsten Gründe für den gefühlten Stress zum einen – Zitat – „die eigenen Ansprüche“ und zum anderen „gesellschaftliche Normen“ sind. Welche Normen genau das sind, wird nicht näher aufgelistet. Das wäre aber durchaus eines weiteren Blicks wert.

Eines weiteren Blicks wert wäre auch das, was sich Eltern wirklich wünschen. Dort stehen dann nicht nur Dinge wie – ich zitiere – „mehr Akzeptanz“, sondern auch „mehr finanzielle Unterstützung durch den Staat“, „mehr innere Ausgeglichenheit, Lockerheit und Gelassenheit“ und vor allem „flexiblere Zeiten und Orte für berufliche Tätigkeit“.

Es geht also um viele verschiedene Punkte, bei denen Eltern und Kinder unserer Unterstützung bedürfen. Sich nur einen beliebigen Punkt aus der Studie herauszugreifen, ihn dann völlig willkürlich auf Mütter zu reduzieren und dann daraus eine sinnfreie Kampagne stricken zu wollen, ist wahrlich absurd,

(Beifall von den PIRATEN, der SPD und den GRÜNEN)

dies zudem vor dem Hintergrund, dass es doch in NRW für diese Thematik aktuell die Enquetekommission für Familienpolitik gibt. Ich kann mir gut vorstellen, dass eine solche Diskussion gut dorthin passen würde.

Aber was soll man auch erwarten, wenn auch bei anderen Themen aus diesem Bereich – so zuletzt bei der Anhörung zur Jungen- und Männerpolitik – Positionen vertreten werden, die von fast allen Sachverständigen zurückgewiesen werden, außer von den ganz rechts anzusiedelnden Maskulisten, die von der FDP-Fraktion eingeladen wurden? Erschreckenderweise!

(Beifall von den PIRATEN, der SPD und den GRÜNEN)

Ich schließe mich Frau Asch an. In der Gesamtheit ist das alles so unglaublich rückwärtsgewandt, dass

man sich schon fragen muss, ob hier im Vorgriff auf die Wahlen 2017 prophylaktisch AfD-Positionen besetzt werden sollen.

Insgesamt spielt die FDP in der Familien- und Gleichstellungspolitik – derzeit jedenfalls – eine sehr tragische Rolle. Dieser Antrag ist ein weiterer Beweis dafür. Wir werden ihn natürlich ablehnen. – Danke schön.

(Beifall von den PIRATEN, der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank. – Für die Landesregierung spricht Frau Ministerin Schulze in Vertretung für Frau Ministerin Schäfer.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieser FDP-Antrag zeichnet ein sehr seltsames Bild vom Familienleben in unserem Land. Sie weisen mit Ihrem Antrag darauf hin, dass einige Menschen es kritisch sehen, wenn Mütter sich beruflich engagieren, während andere es nicht verstehen, wenn Mütter sich vorwiegend um ihre Familie kümmern. Das heißt aber nicht, dass Mütter generell ein Negativimage hätten, wie Sie in dem Antrag zum Ausdruck bringen.

Das Spannungsfeld, das Sie beschreiben, ergibt sich vielmehr zwangsläufig aus der Umbruchsituation, in der sich unsere Gesellschaft seit Längerem befindet. Das herkömmliche Ernährermodell, in dem der Vater arbeitet und die Mutter die Kinder erzieht, ist deutlich auf dem Rückzug. Wer dieses Modell sein Leben lang mit Überzeugung gelebt hat, tut sich schwer mit den Müttern, die ihr Leben anders gestalten und zum Beispiel in Vollzeit arbeiten. Umgekehrt haben Menschen, die sich ein Leben ohne Beruf nicht vorstellen können, manchmal wenig Verständnis für diejenigen Mütter, die zugunsten der Familie auf eine Erwerbstätigkeit verzichten.

Die meisten Familien haben für sich selbst längst einen Mittelweg gefunden. 47 % der Paare in Westdeutschland leben das sogenannte Zuverdienstmodell. Das heißt: Der Vater arbeitet Vollzeit, die Mutter Teilzeit.

Nach meiner Meinung ist dieses Modell auch ganz überwiegend gesellschaftlich akzeptiert. Niemand kommt auf die Idee, eine Frau als „Rabenmutter“ zu bezeichnen, nur weil sie vormittags Teilzeit arbeitet und nachmittags zu Hause ist, um ihre Kinder zu betreuen.

Umfragen zeigen aber auch immer wieder: Das Zuverdienstmodell kann nur ein Anfang sein. Familien wünschen sich noch mehr partnerschaftliche Aufteilung zwischen Familien- und Erwerbsarbeit.

Ich will hier sehr bewusst die Frauen und die Männer nennen; denn ein ganz zentraler Aspekt fehlt in dem Antrag der FDP: Kinder haben nicht nur Müt

ter, sondern auch Väter, und zwar Väter, die immer öfter nicht mehr nur Ernährer sein wollen. Sie wollen aktiv am Alltag der Kinder teilnehmen und suchen deshalb ihr Glück nicht mehr in lebenslänglicher Vollzeittätigkeit.

Mehr Partnerschaftlichkeit zu ermöglichen ist deshalb auch ein zentrales familienpolitisches Ziel der Landesregierung. Mit Blick auf die vielen Tagesordnungspunkte, die wir heute noch zu diskutieren haben, will ich jetzt nicht aufzählen, welche Leistungen die Landesregierung dafür insgesamt erbringt. Ein gutes Beispiel ist aber das ElterngeldPlus. Es setzt Anreize, von Anfang an Familienleben und Erwerbstätigkeit partnerschaftlich zu gestalten.

Wir haben die Einführung des ElterngeldPlus sehr unterstützt und werden diesen Weg in unserer Familienpolitik auch weiter gehen. Wir unterstützen Eltern in ihrem Alltag konsequent in ihrem Wunsch nach einer partnerschaftlichen Aufgabenteilung. Das ist die Anerkennungskultur und die Unterstützung, die Mütter und Väter wirklich brauchen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Damit sind wir am Schluss der Aussprache und kommen zur Abstimmung.

Die antragstellende Fraktion der FDP hat direkte Abstimmung beantragt. Somit kommen wir zur Abstimmung über den Inhalt des Antrags Drucksache 16/8459. Wer dem seine Zustimmung geben kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer kann dem nicht zustimmen? – Wer enthält sich? – Damit ist der Antrag Drucksache 16/8459 mit den Stimmen der SPD-Fraktion, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion der Piraten gegen die Stimmen der FDP-Fraktion und der CDU-Fraktion abgelehnt.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt

9 Nordrhein-Westfalen soll sich der schleswig

holsteinischen Bundesratsinitiative zur Abschaffung der Abschiebungshaft anschließen

Antrag der Fraktion der PIRATEN Drucksache 16/8448

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich möchte darauf hinweisen, dass alle fünf im Landtag vertretenen Fraktionen sich inzwischen darauf verständigt haben, die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt nachher in Verbindung mit der Aussprache zum Tagesordnungspunkt 15 durchzuführen.

Deshalb rufe ich jetzt auf den Tagesordnungspunkt