Protokoll der Sitzung vom 20.05.2015

Nicht nur wegen der aktuellen Debatte über die in Rede stehenden 275 Millionen € aus dem Anleihengeschäft mit der ehemaligen Hypo Alpe Adria sollten wir noch einmal nachdenken, ob es nicht dringend geboten wäre, alle Fraktionen bei einer sinnvollen und richtigen parlamentarischen Kontrolle dieses Schattenhaushalts einzubinden.

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. – Daher wird es ein differenziertes Abstimmungsverhalten der Mitglieder der Piratenfraktion bezüglich des vorliegenden Antrags geben. Dies spiegelt wider, dass wir die rechtliche und fiskalische Bewertung des Falles im vorliegenden Antrag teilen. Wir sind aber nicht bei Gericht, sondern im Parlament. Hier in diesem Hohen Haus sollte auch immer eine größere politische Einordnung erfolgen. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Schulz. – Nun spricht für die Landesregierung der Finanzminister Herr Dr. Walter-Borjans.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich stelle mich gern jeder kontroversen Debatte in diesem Landtag, aber ich gebe zu: Wenn wir Kontroversen glaubwürdig vertreten wollen, dann müssen wir auch in der Lage sein, da Gemeinsamkeiten herauszuheben, wo sie dem Land dienen. Das finde ich ausdrücklich gut bei genau dieser Frage, die wir heute besprechen. Ich finde auch in Ordnung, dass Herr Schulz für die Piraten eine differenzierte Bewertung dargestellt hat.

(Zuruf von Stefan Zimkeit [SPD])

Es ist aus Ihren Ausführungen sehr deutlich geworden, dass das keine einfache Diskussion in der eigenen Fraktion gewesen sein mag.

Ich will deutlich machen, dass das mit der Frage, die wir hier zu klären haben, nichts zu tun hat. Darüber, dass die NRW.BANK Kapitalmarktgeschäft macht, kann man streiten. Ich finde es richtig, damit auch die Ressourcen zu generieren, mit denen dann gefördert werden kann. Dass mit Kapitalmarktgeschäft Risiken verbunden sind, muss man wissen. Die NRW.BANK muss auch Rücklagen dafür haben, dass im Zweifel etwas schiefgehen kann, wenn es auf der anderen Seite auch die entsprechenden Gewinnmöglichkeiten gibt.

Was es jedoch nicht geben darf, ist, dass man sichere Garantien eines mitteleuropäischen Staats bekommt und diese sicheren Garantien im Nachhinein zurückgezogen werden. Das ist ein wirklicher Skandal.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Wir haben es – ich muss es wirklich sagen – mit einem unglaublichen Fall zu tun. Man muss sich vorstellen: 10 bis 11 Milliarden € an Verbindlichkeiten einer Bank, die untergeht, und diese Verbindlichkeiten sind von dem kleinen österreichischen Bundesland garantiert, das selbst 2 Milliarden € Haushaltsvolumen hat. Wenn man das einmal auf NordrheinWestfalen überträgt, dann wäre es so, als wenn wir

für ein einziges Institut eine Garantie in einer Größenordnung von 325 Milliarden € übernähmen, nicht gestreut nach verschiedenen Risikokategorien, sondern für einen sogenannten Klumpen, der uns dann, wenn er eintritt, mit einem Schlag mit 325 Milliarden € belastet. Deswegen finde ich völlig richtig, dass man sich auf der europäischen Ebene Gedanken darüber macht, dass so etwas nicht zulässig sein darf.

Ich finde auch richtig, dass man sich über den Bailin Gedanken macht, dass die Gläubiger wissen müssen, welches Risiko sie eingehen, wenn sie Anleihen zeichnen, wenn sie am Kapitalmarkt tätig sind. Aber wenn ich ein Risiko eingehe und mir jemand anderes dieses Risiko nimmt, dann muss ich darauf vertrauen können – erst recht, wenn es sich um eine öffentlich-rechtliche Institution in Mitteleuropa handelt –, dass diese Garantie gilt. Nur dann bin ich auch zu diesem Engagement bereit.

Es kann nicht sein, dass Österreich im Nachhinein eine europäische Grundlage so auslegt, dass man sich rückwirkend aus einer Garantie, die man gegeben hat, verabschieden kann.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU und der FDP)

Ich habe es im Ausschuss schon beschrieben und auch im Landtag schon gesagt: Ich bin vor Ostern in Ostasien unterwegs gewesen und dort auf Investoren getroffen, die sich unglaublich detailliert mit Portigon und mit der Ersten Abwicklungsanstalt auskennen und konkrete Fragen stellen. Aber wie der Staat verfasst ist, das haben sie sich im Regelfall nur durch Analogieschlüsse selbst beigebracht nach dem Motto: In den USA kann ein Bundesstaat Pleite gehen, dann wird das vermutlich in Europa auch so sein. Es kostet immer viel Mühe, deutlich zu machen: Nein, das ist bei uns anders.

Wenn dann aber aus Mitteleuropa, aus dem Nachbarstaat, der nach den Auffassungen dieser Banker in Ostasien genauso verfasst ist wie wir, plötzlich mitgeteilt wird, dass die zwar Garantien aussprechen, diese jedoch nicht einhalten, dann entsteht – ich habe das übrigens einmal in einem Interview gesagt, was dann in Österreich für große Wellen gesorgt hat – in Ostasien der Eindruck, dass man, wenn es dort wie in einer Bananenrepublik zugeht, dort nicht investieren kann.

Diese Wertung mache ich mir nicht persönlich zu eigen. Aber wenn Sie in Ostasien Banker fragen und sich die Ratings ansehen, die heute etwa für Kärnten gelten, dann wissen Sie, wer sich das alles zu eigen macht. Das sind möglicherweise für die Investitionen bedeutendere Menschen als ich.

(Minister Michael Groschek: Das gibt es nicht!)

Deswegen habe ich an den Bundesfinanzminister geschrieben und gesagt, wir als Land Nordrhein

Westfalen können nicht klagen, weil wir selbst nicht engagiert sind, aber die NRW.BANK klagt. Ich finde es richtig und gut, dass die Fraktionen in diesem Landtag das einheitlich unterstützen, um deutlich zu machen: So kann man nicht vorgehen. Wenn man nicht nur das im Feuer stehende Engagement infrage stellen will, sondern wenn man das Vertrauen – auch für uns –, um künftig ernst genommen zu werden, untergräbt, dann können wir das nicht hinnehmen. Deswegen ist eine geschlossene Haltung dagegen das Beste, was man zeigen kann. Dafür bin ich sehr dankbar.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Finanzminister Dr. Walter-Borjans. – Dann wollen wir einmal sehen, wie der Landtag geschlossen abstimmt, indem wir zur Abstimmung kommen.

Es ist von den Fraktionen SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP direkte Abstimmung beantragt worden. Wer stimmt dem Antrag zu? – SPD, Grüne, CDU und FDP sowie aus der Piratenfraktion fünf Abgeordnete, wenn ich richtig gezählt habe. Was sagt mein Schriftführer im Präsidium? – So haben wir es registriert. Damit ist der Antrag angenommen.

Bevor ich das feststelle, frage ich noch: Wer stimmt dagegen? – Niemand. Gibt es Enthaltungen? – Vier Enthaltungen aus der Piratenfraktion. Bei vier Enthaltungen ist der Antrag Drucksache 16/8648 einstimmig vom Hohen Hause angenommen.

Wir kommen zu:

11 Steuerliche Absetzbarkeit von Handwerker

leistungen dauerhaft in vollem Umfang erhalten

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 16/8642

Ich eröffne die Aussprache und erteile für die antragstellende Fraktion Herrn Spiecker das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nachdem wir schon heute Morgen gemeinsam eine Enquetekommission eingesetzt haben, die sich mit großen Themen und Herausforderungen des Handwerks beschäftigen wird, kommen wir jetzt zu einem eher kleineren, aber nicht weniger wichtigen Thema unseres Handwerks: dem Erhalt des Steuerbonus.

Seit 2006 können Privatpersonen in der Einkommensteuererklärung Aufwendungen für die Handwerkerleistung steuerlich geltend machen. Aktuell

können 20 % der Aufwendungen – bis maximal 1.200 € – geltend gemacht werden.

Dieser Bonus hat dazu beigetragen, Schwarzarbeit zu reduzieren, und er hat dem Handwerk geholfen, gut durch die letzte Wirtschaftskrise zu kommen. Das Modell ist mittlerweile so erfolgreich, dass Österreich den Handwerkerbonus kopiert und ihn seit dem 1. Juli 2014 ebenfalls eingeführt hat.

Trotzdem gibt es immer wieder Stimmen, die eine Abschaffung fordern, um mit den vermeintlichen Mehreinnahmen andere Aufgaben zu finanzieren. Oder es wird die Einführung von Bagatellgrenzen gefordert, die den angeblichen Steuerausfall minimieren sollen. All diese Vorschläge ignorieren jedoch, dass jedem Euro Steuerausfall durch den Handwerkerbonus 1,50 € Steuermehreinnahmen durch den Bonus gegenüberstehen. Nicht zuletzt deshalb hat die Bundesregierung zuletzt immer wieder erklärt, den Steuerbonus nicht anrühren zu wollen.

Wenn das so ist, ist sicherlich die Frage berechtigt, warum jetzt dieser Antrag gestellt worden ist. Die bisherige Debatte hat im Handwerk für Verunsicherungen gesorgt. Wie bei der Meisterbriefdebatte, bei der wir die Bundesregierung auch auf unserer Seite wissen, geht es uns bei diesem Antrag vor allem darum, an das Handwerk ein Signal in der Sache zu senden.

Wir würden uns freuen, wenn wir auch in Sachen Handwerkerbonus dem Handwerk mit breiter Mehrheit signalisieren würden, dass wir in der Sache auf seiner Seite stehen. Vielleicht lässt sich diese Initiative mit weiteren Handwerkerinitiativen, über die wir zurzeit im Wirtschaftsausschuss debattieren, verbinden, sodass wir am Ende wieder mit breiter Mehrheit einen gemeinsamen Beschluss treffen können. In diesem Sinne freuen wir uns auf eine konstruktive Debatte im Ausschuss. – Ich bedanke mich.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Spiecker. – Für die SPD-Fraktion spricht nun Herr Kollege Schmeltzer.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Herr Kollege Spiecker, ich denke, ein Signal können wir – Sie als Vertreter der CDU-Fraktion, ich als Vertreter der SPDFraktion – sicherlich in Richtung Handwerk senden: Der Koalitionsvertrag auf der Bundesebene steht, und wir halten uns an diesen Koalitionsvertrag.

Ich finde, dass der Antrag eine sinnvolle Perspektive hat. Sie haben damit geschlossen, dass wir diesen Antrag im Ausschuss sehr intensiv diskutieren werden. Ich glaube, es ist der Sache angemessen, dass wir dort über einen solchen Antrag intensiv

diskutieren, denn es geht um mehr, als nur zu bestätigen, dass das, was die Große Koalition in ihren Koalitionsvertrag geschrieben hat, auch eingehalten wird. Von daher ist das sinnvoll.

Aber Sie müssen auch sehen – Sie schreiben in Ihrem Antrag „festhalten“ –, dass der Handwerkerbonus in der jetzigen Form nicht auf ewig festgezurrt werden darf, wenn positive Veränderungen – ich sage bewusst: positive Veränderungen –, also Veränderungen im Konsens mit dem Handwerk, möglich sein sollen. So etwas darf man nie ausschließen. Das wäre in diesem Fall deutlich nicht gegeben.

Der Handwerkerbonus wird auch im Bund auf verschiedenen Ebenen diskutiert, unter anderem im Zusammenhang mit der energetischen Gebäudesanierung. Wer sich einmal die Protokolle des Bundesrats durchliest und sieht, wie dort diskutiert wird, auch in den verschiedenen Ausschüssen, wird feststellen, dass dies eine viel weitreichendere Diskussion ist, bei der es nicht nur darum geht, am Handwerkerbonus festhalten zu wollen.

Diese Diskussion hat dazu geführt, dass die Bayerische Staatsregierung dort im März einen Antrag eingebracht hat, der Bundesrat aber mit einer sehr breiten Mehrheit abgelehnt hat, den Antrag der Bayerischen Staatsregierung direkt zu bearbeiten und über ihn abzustimmen. So ist es nur folgerichtig, dass die gesamte Thematik wieder in die Ausschüsse zurücküberwiesen wurde, nicht zuletzt weil der Bundesrat sehr wohl sieht, dass eine Gemeinsamkeit gegeben ist und dass, wenn man über beides diskutiert, letztendlich auch die Gegenfinanzierung gesichert sein muss.

Ich mache aus meiner Meinung keinen Hehl: Der Vorschlag, der auf der Bundesratsebene diskutiert wird, eingebracht von Baden-Württemberg, eine Gegenfinanzierung durch die Anhebung des Steuersatzes für das Hotelgewerbe vorzusehen, hat für mich einen gewissen Charme. Ich bin gespannt, wie die Diskussion dort weitergeführt wird.

Fazit: Vom Handwerkerbonus profitieren gleichermaßen private Haushalte und Handwerksbetriebe. Da sind wir einer Meinung. Dies soll auch erhalten bleiben. Aber es müssen, wie ich es gerade gesagt habe, positive Entwicklungen möglich sein: also keine Fesseln anlegen, auch nicht in Richtung Handwerk.

Um die energetische Sanierung von Gebäuden steuerlich fördern und die steuerliche Absetzbarkeit von Handwerkerarbeiten auch künftig im jetzigen Umfang ermöglichen zu können, sind auf Bundesebene konstruktive Finanzierungsvorschläge vonnöten.

Herr Kollege Spiecker, ich glaube, dass wir dort eine spannende Diskussion haben werden. Ich glaube, die Zielrichtung ist bei uns beiden die gleiche. Jetzt müssen wir nur noch, wie so oft in diesen Din

gen, über das Geld auf der Bundesebene reden. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD)