Protokoll der Sitzung vom 20.05.2015

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Schmeltzer. – Für die grüne Fraktion spricht nun Frau Kollegin Dr. Beisheim.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Gewährung des Steuervorteils bzw. die Aufstockung insgesamt fallen in Zeiträume, als solche Steuervorteile bzw. die Förderung sehr sinnvoll waren.

Ich will nur daran erinnern, dass wir 2009 ohne diese pragmatische und schnelle Anpassung des Kurzarbeitergeldes mit wirklich verheerenden Folgen in der Finanzkrise zu rechnen gehabt hätten. Deshalb war und ist es immer sinnvoll und richtig, zu gegebener Zeit auch Förderungen, die darauf abzielen, die Wirtschaftskraft zu erhalten, politisch auf den Weg zu bringen. Gleichzeitig ist es richtig, darüber nachzudenken, wann der Zeitpunkt gekommen ist, diese Förderung zurückzunehmen, bzw. wann das Ziel erreicht ist, das man sich vorgenommen hatte.

Aus meiner Sicht ist daher – Herr Spiecker hat darauf hingewiesen – dieser Antrag sicherlich auch als Verstärkung für den guten und wichtigen Antrag zur Handwerks-Enquete anzusehen. Aber letzten Endes hätte es dieser Form der Kompetenzunterstreichung der FDP nicht gebraucht, weil der Antrag aus meiner Sicht reichlich misslungen ist.

Die Möglichkeit des Steuerabzugs ist eine sehr populäre Subvention. Deshalb muss man darüber nachdenken, in welcher Form man sie eventuell Veränderungen unterwerfen muss, bzw. ob man sie schlichtweg überhaupt noch braucht. Ich erinnere nur einmal an einen Bericht des Bundesrechnungshofs aus dem Jahr 2011, der zu der Einschätzung kam, dass 70 % der geprüften Fälle von Handwerksleistungen Steuerermäßigungen für Dinge betrafen, die sowieso gemacht worden wären, die der Steuerpflichtige also gar nicht hätte vermeiden können. Oder es ging um Arbeiten, die aus Gründen der Betriebssicherheit notwendig gewesen sind.

Auch wurden 30 % der haushaltsnahen Dienstleistungen letzten Endes so indiziert, dass es hieß: Auch diese Leistungen hätten so oder so erbracht werden müssen, es gibt keinen positiven Effekt aus dieser Gewährung des Steuervorteils. Ähnliche Einschätzungen gab es aus einer Studie, die die Universität Freiburg auf den Weg gebracht hat. Darin heißt es auch, dass letzten Endes 90 % der Haushalte, die das Privileg nutzten, die Handwerker auch ohne steuerlichen Anreiz legal beauftragt hätten.

Bei allen positiven Effekten, die dieser Steuervorteil für die Handwerker und Handwerkerinnen in Nordrhein-Westfalen hat, ist auch darüber nachzudenken, dass man sicherlich Mitnahmeeffekte ausschließen muss. Pressemitteilungen und den Debatten im letzten Jahr war zu entnehmen, dass es zudem einen beträchtlichen Aufwand bei der Abarbeitung der Ansprüche der Steuerpflichtigen gibt.

Deshalb lautete eine Empfehlung, die letztes Jahr mehrfach diskutiert worden ist, diesen gesamten Steuervorteil schlichtweg zu streichen. In der Debatte auf Bundesebene ging es im letzten Jahr eigentlich nicht darum, diesen Bonus ersatzlos zu streichen, sondern vielmehr sah die ursprüngliche Planung vor, dass eine steuerliche Förderung der Gebäudesanierung an ihre Stelle treten sollte bzw. die Förderung in Höhe von 4 bis 6 Millionen € durch eine Reduzierung des Handwerkerbonus gegenfinanziert werden sollte.

Das ist sicherlich eine Lösung – das hat auch der Kollege Schmeltzer angedeutet –, die man im Ausschuss diskutieren sollte: Inwieweit nutzt man Ziele bzw. Fördergegenstände, die sich geändert haben, dahin gehend, um Gelder, die in der Vergangenheit sinnvoll waren, für neue Dinge umzuleiten, die wir brauchen?

Es geht nicht nur um grüne Ziele, vielmehr hat man sich seit Schwarz-Gelb, im Grunde seit 2010/2011, in Deutschland vorgenommen, die Klimaziele zu erreichen. In der allgemeinen Debatte wird wohl offensichtlich, dass wir diese Klimaziele nur dann erreichen können, wenn der Gebäudebestand und damit der gesamte Wärmemarkt ihren Anteil leisten.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ohne dieses zusätzliche Einsparkraftwerk aus dem Bereich der Gebäudesanierung werden diese Ziele, die mittlerweile von uns allen geteilt werden, nicht erreicht, sodass also auch eine Umschichtung dieser Handwerkerleistungen letzten Endes nicht bedeutet, dass das Handwerk nicht unterstützt wird.

Vielmehr können wir davon ausgehen, dass wir mit jedem Förder-Euro Investitionen in Höhe von 7 € bis 8 € auslösen. Das wiederum wird Auswirkungen für die Förderung der Betätigung von Handwerkern und Handwerkerinnen in Nordrhein-Westfalen haben. Das ist eine sinnvolle Wirtschaftsförderung, über die ich gerne mit Ihnen im Ausschuss diskutieren würde. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Dr. Beisheim. – Für die Fraktion der FDP spricht nun Herr Kollege Bombis.

Herzlichen Dank, Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Sehr geehrte Herren! Über den Antrag zum Handwerkerbonus

habe ich mich sehr gefreut, weil er mir Gelegenheit gibt, mich zuallererst einmal mit Blick auf die Debatte am heutigen Mittag bei Ihnen allen nicht nur für die Zustimmung zu unserem Antrag zur Einsetzung einer Enquete zu bedanken, sondern insbesondere auch für die konstruktiven Debattenbeiträge. Ich sehe der Zusammenarbeit in der Enquete wirklich sehr zuversichtlich entgegen und glaube, dass wir dort – jenseits vom Tagesgeschäft – etwas Gutes für das Handwerk in Nordrhein-Westfalen erreichen können.

Aber natürlich müssen wir auch in der Tagespolitik am Ball bleiben. Mit Blick auf den vorliegenden Antrag sage ich: Die FDP-Fraktion hat selbstverständlich sofort reagiert, als seinerzeit der Bundesfinanzminister einen Testballon zur Streichung des Handwerkerbonus hat steigen lassen. Wir haben diesem Vorhaben eine deutliche Absage erteilt.

(Beifall von der FDP)

Aus unserer Sicht wäre die Abschaffung des Steuerbonus für Handwerkerleistungen ein Schlag gegen die Handwerkerschaft und auch ein Schlag gegen alle Steuerzahler,

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Ja!)

egal ob es nun eine vollständige oder eine teilweise Streichung wäre.

Wir sind der Auffassung: Der Handwerkerbonus trägt insbesondere zur Entlastung kleinerer und mittlerer Einkommen bei. Unabhängig von dem, was Sie eben an Zahlen genannt haben, verehrte Frau Kollegin Dr. Beisheim, glaube ich, dass man sehen muss, welche Leistungen zu welchem Zeitpunkten oder auf welchem Markt – sprich: auf dem legalen Markt oder auf dem Schwarzmarkt – erbracht worden wären.

Von daher sagen wir ganz klar: Der Handwerkerbonus trägt nicht nur zur Entlastung kleinerer und mittlerer Einkommen bei, sondern er hilft auch bei der Bekämpfung der Schwarzarbeit. Wir halten daher die Argumente im vorliegenden Antrag für sehr zutreffend.

Ich erlaube mir die Bemerkung, dass ich hoffe, dass die Antragsteller beim Bundesfinanzminister genauso vehement für den Handwerkerbonus eintreten, wie sie das hier im Landtag tun. Uns werden Sie dabei an Ihrer Seite haben. Ich freue mich auf die weiteren Diskussionen und bedanke mich herzlich.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Bombis. – Für die Piratenfraktion spricht nun Herr Schwerd.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Tribüne und am Stream!

In Österreich ist ein Provisorium etwas Endgültiges auf Widerruf, sagt ein altes K.-u.-k.-Sprichwort. Ein solches endgültiges Provisorium zu diskutieren, dazu bietet der vorliegende Antrag der CDU Gelegenheit. – Um es vorwegzunehmen: Es gibt genug Gründe, das Provisorium eines Steuernachlasses auf Handwerksleistungen zu widerrufen.

Ich möchte kurz daran erinnern, warum es überhaupt zu der Einführung kam. Im Zuge der deutlichen Konjunkturabschwächung infolge der Banken- und Finanzkrise wurde von der Bundesregierung Ende 2008 das Konjunkturpaket I verabschiedet. Eine Maßnahme davon bezog sich auf die steuerliche Förderung von Handwerksleistungen für private Haushalte.

Die Bundesregierung knüpfte damit an das sogenannte Gesetz zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäftigung von 2006 an, das Steuerermäßigungen für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen einführte und in § 35a des Einkommensteuergesetzes verankerte. Gleichberechtigte Ziele damals waren die Stärkung von Handwerk und Mittelstand sowie die Bekämpfung von Schwarzarbeit.

Diese Ziele, insbesondere die Bekämpfung von Schwarzarbeit, sollten gemäß dem damaligen Gesetzentwurf vom 13. November 2008 nach zwei Jahren im Rahmen einer unabhängigen Evaluierung überprüft werden. Eine Evaluierung von Maßnahmen – die Prüfung, ob diese die vorgesehenen Ziele überhaupt erfüllen – fordern wir Piraten hier regelmäßig. Wenn es nach uns ginge, würden wir gleich eine ganz neue Evaluierungskultur einführen.

Das Bundesfinanzministerium hat also eine Überprüfung dieses Gesetzes durchführen lassen. Beauftragt wurde die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young in Kooperation mit Experten der Universität Freiburg. Das Ergebnis liegt seit 2013 vor. Mit klaren Worten und Fakten weist die Studie nach, dass die Subvention weder die Schwarzarbeit spürbar eindämmt, noch die Geschäftslage der Handwerksbetriebe im nennenswerten Umfang verbessert.

Dafür gebe es auf der anderen Seite gewaltige Mitnahmeeffekte. Die Experten empfehlen deswegen eine Abschaffung oder wenigstens eine Beschneidung der Subventionen, die den Staat nicht weniger als 1,5 Milliarden € pro Jahr kosten.

Dass dieses Ergebnis naturgemäß Lobbyverbänden missfällt und sich die Betroffenen gewiss ein anderes Ergebnis gewünscht hätten, ist klar. Gleichwohl sind wir Piraten der Ansicht, dass mit einem solch transparenten Verfahren ein klares, wissenschaftliches Urteil und eine eindeutige Handlungsempfehlung vorliegen.

Ein weiterer Grund, diese überflüssige Subvention abzuschaffen, liegt in der heutigen Konjunkturlage,

die erfahrungsgemäß auch die Schwarzarbeit beeinflusst. Es ist zu vermuten, dass die inzwischen reduzierte Arbeitslosigkeit und die starke Ausweitung der Arbeitszeiten weniger Raum für Schwarzarbeit lassen. Die Akzeptanz von neuen prekären Minijob-Formaten zeigt ohnehin, dass die Menschen die Schwarzarbeit oft nur aus wirtschaftlicher Not gewählt haben. Also sollten wir eher da etwas tun.

Schwarzarbeit bekämpft man immer noch am besten, indem man die Steuerlast auf den Faktor Arbeit reduziert und dann im Gegenzug die Steuern auf die anderen Einkommensarten zumindest auf dasselbe Niveau anhebt.

(Beifall von den PIRATEN)

An diesen Abwägungen ändert übrigens auch nichts, dass die Lobbyvertreter ihrerseits ein Gegengutachten vorgelegt haben. Das ist ihre Aufgabe und nicht sonderlich überraschend. Uns überrascht auch nicht, dass die Kollegen der CDU diesen Lobbyvertretern mehr Gehör schenken als den von ihrem eigenen Finanzminister beauftragten Gutachtern. Aber dies ist ein weites Feld, und das brauchen wir hier nicht weiter zu beackern. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Schwerd. – Nun spricht für die Landesregierung Herr Minister Groschek in Vertretung von Herrn Duin. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! In der Tat ist es ein weites Feld. Die Landesregierung sieht in der gültigen Regelung ein sehr gutes Förderinstrument.

Wir sind jedoch in Gesprächen mit vielen Repräsentanten des Handwerks zu der Überzeugung gekommen, dass wir aus diesem tollen Förderinstrument keine Förderfessel machen sollten.

Deshalb muss eine Weiterentwicklung im Konsens zwischen Politik und Handwerk möglich sein. Von daher warnen wir davor, hier ein Entweder-oder quasi in Stein zu meißeln, sondern wir müssen für eine kluge Politik der Entwicklung offen sein. Und wenn gemeinsam für beide Seiten ein Mehrwert zu organisieren ist, dann sollte das möglich bleiben.

Ich hoffe und die Landesregierung wünscht, dass von dieser Einsicht geprägt eine fruchtbare und konstruktive Diskussion im Ausschuss stattfindet. Ich bin sicher, wir werden ein für das ehrbare Handwerk optimales Ergebnis erwarten dürfen.

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister Groschek. – Damit sind wir am Ende der Beratung zu diesem Tagesordnungspunkt und kommen zur Abstimmung.

Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 16/8642 an den Ausschuss für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk. Die abschließende Abstimmung soll in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer hat etwas dagegen? – Ich sehe niemanden, der dagegen ist. Der Antrag ist mithin einstimmig überwiesen.

Ich rufe auf: