Gleiches gilt für Syndikusanwälte selbst bei einem Arbeitsplatzwechsel innerhalb der Wirtschaft bzw. gar wesentlichen in ihrem eigenen Unternehmen, weil sie dann den bisherigen Bestandsschutz für die Befreiung, die allein für die bisherige Tätigkeit gilt, verlieren. Auch hier besteht ein massives Markthemmnis. Auch der Status angestellter Rechtsanwälte, die in einem ständigen Beschäftigungsverhältnis zu einer Anwaltskanzlei stehen, war mit einem Mal infrage gestellt.
Die Verunsicherungen in der ganzen Branche wurden noch größer, als im Dezember 2014 verlautbart wurde, dass die DRV auch bei einem Gesellschafter-Partner einer Anwaltspartnerschaftsgesellschaft die Befreiung zurückgestellt habe. Übrigens: Sind sie als Anwalt und zugleich als Steuerberater bei
einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber rechtsberatend als Syndikussteuerberater tätig, erhalten sie eine Befreiung und dürfen im Versorgungswerk für Rechtsanwälte verbleiben. Das zeigt, wie absurd das alles derzeit ist.
Meine Damen und Herren, das Versorgungswerk der Rechtsanwälte im Lande NRW wurde 1984 auf der Grundlage des hier im Landtag verabschiedeten Gesetzes über die Rechtsanwaltsversorgung begründet. Seitdem ist es auf zurzeit rund 33.200 Mitglieder und damit zum mitgliederstärksten Versorgungswerk für Rechtsanwälte in Deutschland angewachsen. Nicht nur deswegen muss uns der derzeitige besorgniserregende Zustand beschäftigen.
Den schon über ein Jahr andauernden Stillstand kann sich Nordrhein-Westfalen als bedeutender Wirtschafts- und Kanzleistandort nicht leisten, und er ist den Betroffenen nicht zuzumuten. Das geplante Gesetz, zu dem nun ein Referentenentwurf kursiert, soll drei Monate nach Verkündung in Kraft treten, also wohl kaum noch in diesem Jahr. Das ist fatal. Allein im Vertrauen auf die im Referentenentwurf verlautbarte Rückwirkung der Befreiung werden Betroffene mutmaßlich keinen Berufswechsel anstreben. Denn als Juristen ist ihnen klar, dass ein positiver, justiziabler Vertrauensschutz damit noch lange nicht einhergeht.
Meine Damen und Herren, ursächlich ist, dass die Deutsche Rentenversicherung Fakten schafft und die Urteile in ihrer Verwaltungspraxis gleichwohl bereits umsetzt, wobei Vertrauensschutz nur in höchst eingeschränkter Form eingeräumt wird. Die Praxis der DRV führte dazu, dass sich Tausende Syndizi ohne aktuellen Befreiungsbescheid für die konkrete Tätigkeit in die Deutsche Rentenversicherung ummelden mussten, um sich dann voraussichtlich nach Inkrafttreten des Gesetzes wieder rückwirkend befreien lassen zu können. Das ist ein bürokratischer Irrsinn, führt zu unnötiger Verärgerung und Verunsicherung der Betroffenen und legt den Arbeitsmarkt einer ganzen Branche lahm.
Derzeit erlässt die Deutsche Rentenversicherung zudem bergeweise Widerspruchsbescheide auf Widersprüche, die in den Jahren 2013 und 2014 eingelegt wurden, und verweigert das weitere Ruhen bei Gerichtsverfahren, obwohl alle wissen, dass das Gesetz kommen wird und auch das Bundesverfassungsgericht angekündigt hat, über die beiden anhängigen Verfassungsbeschwerden gegen die Urteile des BSG noch in diesem Jahr zu entscheiden.
Wir sagen: Schluss mit dem Unsinn! NRW muss Druck machen: mehr Tempo beim Gesetzgebungsverfahren, kürzere Fristen bis zum Inkrafttreten des Gesetzes. Die Deutsche Rentenversicherung muss sich ein Moratorium für entsprechende Entscheidungen auferlegen.
die verwaltungsökonomische und zweckmäßige Aussetzung von Verfahren durch die Verwaltung in einer solchen Konstellation rechtsstaatlich vertretbar ist. Das ist unter folgenden Schlagworten nachzulesen: Inter-partes-Wirkung, Bindung der Verwaltung an höchstrichterliche Rechtsprechung, Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, Nichtanwendungserlasse etc. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Wedel, zunächst einmal vielen Dank dafür, dass Sie uns hier erneut eine Diskussion zu einem bundespolitischen Thema bereitet haben. Ich möchte ganz neutral bleiben, wenn ich sage, welchen Anlass es dafür geben kann, und möchte auch keine Häme oder unnötige Schärfe in meine Ausführungen bringen – aber ein bisschen Verständnis habe ich natürlich dafür, dass Sie versuchen, diese Themen hier im Landtag diskutieren zu lassen.
Sie haben die Problematik sehr ausführlich dargestellt und geschildert, und diese ist, glaube ich, allen Fraktionen bekannt. Die Stellung und auch die klare Definition des Berufsbildes des Syndikusanwalts ist ein wichtiges Thema. Sie haben es gerade umschrieben. Meiner Meinung nach handelt es sich um das berufspolitische Thema, das momentan am meisten in der Anwaltschaft diskutiert wird. Dabei geht es aber um deutlich mehr als nur um das, was Sie gerade hier beschrieben haben, als Sie von Markthemmnissen sprachen. Es geht vielmehr um die grundsätzliche Frage, wie die Politik sich eigentlich Anwaltschaft vorstellt und wie man sich Syndikusanwälte und auch angestellte Anwälte vorstellt.
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP, das Thema ist auf der Bundesebene angekommen, und zwar auch ohne Ihren Antrag. Sie haben ansatzweise darauf hingewiesen, dass ein Gesetzentwurf kursieren würde. Seit Januar dieses Jahres gibt es ein sehr klares Eckpunktepapier des Bundesjustizministers, das Sie ja auch selber begrüßen. Darin wird sehr deutlich ausgeführt, dass Neuregelungen des Rechts der Syndikusanwälte nach den Entscheidungen des Bundessozialgerichts erforderlich sind.
Ich will aber einen Punkt weitergehen. Ich finde, diese Eckpunkte sind ein gutes Fundament, um die Stellung der Syndikusanwälte und auch die Stellung angestellter Rechtsanwälte nachhaltig zu sichern: auf der einen Seite deutlich der Verbleib in den Versorgungswerken der Anwaltschaft, was auch rückwirkend geregelt werden soll, und auf der anderen Seite, was ich auch sehr wichtig finde, gehen die
Das ist eine sehr spannende und wichtige Diskussion. Das Berufsfeld des Anwalts hat sich erweitert. Das wissen wir alle. Es gibt heute den angestellten Rechtsanwalt, es gibt den Syndikusanwalt. Das, was Herr Professor Prütting, wie viele andere Wissenschaftler, immer wieder an die Gesetzgebung appellierend aufgegriffen hat, das Berufsbild des Rechtsanwalts zu verdeutlichen und eine Grundsatzentscheidung zu treffen, wird jetzt gerade vorbereitet.
Sie kennen die Fragen, die sich in dem Zusammenhang stellen: Darf es überhaupt angestellte und damit auch weisungsgebundene Rechtsanwälte geben? Wahrscheinlich werden Sie sich fragen, wieso das ein Widerspruch ist. Das kann durchaus ein Widerspruch sein. Der Beruf des Rechtsanwalts geht von einer unabhängigen Person aus, die unabhängig ihren Beruf ausübt. Kann das dann im Widerspruch zum Beispiel zum Weisungsrecht des Arbeitgebers gegenüber einem Angestellten stehen? Das sind mit Sicherheit spannende Diskussionen. Sie werden jetzt auf der Bundesebene geführt.
Das Eckpunktepapier muss natürlich zwingend in einen Gesetzentwurf münden, und zwar nicht im Landtag, sondern im Bundestag. Dieser Gesetzentwurf – liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, da sage ich Ihnen auch nichts Neues – liegt seit Ende März dieses Jahres vor. Das hätten Sie relativ einfach recherchieren können. Bei einem Blick in das Anwaltsblatt hätten Sie in der Ausgabe vom Mai einen Bericht finden können, der über den aktuellen Stand informiert und auch ausführlich die Position des Anwaltsvereins darstellt.
Sie sehen also, der Gesetzgeber im Bund ist sich seiner Verantwortung bewusst. Die Debatte läuft. Die Neuregelung des Rechts der Syndikusanwälte ist meiner Meinung nach absehbar. Wir haben das auch noch einmal bei den Kollegen auf der Bundesebene hinterfragt.
Lassen Sie mich noch eine ganz kurze Anmerkung zu dem von Ihnen vorgeschlagenen Moratorium sagen, die Deutsche Rentenversicherung solle doch bitte jetzt verzichten, solange diese Regelung noch nicht in Kraft sei.
Mit der Entscheidung des Bundessozialgerichts – die kann man nicht ignorieren – ist eine langjährige Verwaltungspraxis, die zu der Befreiung von Syndikusanwälten von der gesetzlichen Rentenversicherung führte, aufgehoben. Das führt zur Unsicherheit. Da haben Sie recht. Das ist von Ihnen auch sehr zutreffend beschrieben worden. Aber, wie ich gerade ausgeführt habe, auf der Bundesebene wird daran mit Hochdruck gearbeitet, und zwar auch mit einer rückwirkenden Lösung, sodass ich glaube, dass das, was Sie als möglicherweise entstehendes großes Problem geschildert haben, als Markt
hemmnis, wie Sie es beschrieben haben, nicht eintreten wird. Wir werden in Kürze erleben, dass der Gesetzgeber auf der Bundesebene diese Regelungen glattziehen wird.
Ich freue mich dennoch auf die weitere fachliche Debatte im Rechtsausschuss. Meine Fraktion wird selbstverständlich der Überweisung zustimmen. – Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Lieber Herr Kollege Wedel, wenn Sie hier heute ein bisschen was abbekommen, dann hat das sicherlich einfach mit dem Text Ihres Antrages zu tun.
Richtig ist – ich denke, in diesem Hause sind sich zumindest alle Fachpolitiker einig –, dass es bei der Frage der Befreiung von Syndikusanwälten von der gesetzlichen Rentenversicherung und der Möglichkeit zur Mitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk einer Neuregelung bedarf. Die Rechtslage ist in der Tat, wenn man die Urteile des Bundessozialgerichts vom 3. April 2014 zugrunde legt, extrem unbefriedigend.
Was Sie aber soeben nebenbei verschwiegen haben, ist der Umstand, dass sehr lange über die Frage diskutiert worden ist, wo man das denn am besten regeln sollte. Es war durchaus umstritten, ob man das in der berufsrechtlichen Gesetzgebung, in der Sozialgesetzgebung oder an welcher Stelle man es am besten regelt. Man hat sich dann auch in Übereinstimmung mit den Verbänden darauf verständigt, dass eine berufsrechtliche Regelung wohl die beste sei.
Soweit festgestellt werden soll, dass es einer gesetzlichen Regelung bedarf, die es den Syndikusanwälten ermöglicht, Mitglied im jeweiligen berufsständischen Versorgungswerk zu bleiben bzw. zu werden, ist der Antrag aus unserer Sicht uneingeschränkt zustimmungsfähig.
Allerdings finde ich in Ihrem Antrag etwas nicht, was Sie vorhin in einem Nebensatz gesagt haben. Sie scheinen damit, jedenfalls was die aktuellen Entwicklungen angeht, nicht ganz auf der Höhe der Zeit zu sein. Den von Ihnen in dem Antrag geforderten Gesetzentwurf gibt es nämlich. Der letzte Stand des – genauer gesagt – Referentenentwurfs ist 20.03. Ohne noch einmal in die Unterlagen zu sehen, gab es das Ganze vermutlich schon, als Sie Ihren Antrag eingereicht haben.
nehmensjuristen hat den Gesetzentwurf bereits am 1. April – das war kein Aprilscherz – in einer Pressemitteilung begrüßt und am 13. Mai dazu eine Stellungnahme abgegeben. Die Bundesrechtsanwaltskammer hat ihn in einer ersten Presseerklärung vom 20. April als gute Diskussionsgrundlage bezeichnet und dazu ebenfalls im Mai eine Stellungnahme abgegeben. Auch die Stellungnahme des Deutschen Anwaltsvereins – Herr Kollege Wolf hat vorhin daraus zitiert – liegt zwischenzeitlich vor.
Sehen Sie mir nach, Herr Kollege Wedel: Wenn man in einer solchen Situation durch einen Antrag den Eindruck erweckt, die Bundesregierung müsse durch das Land zum Handeln gezwungen werden, dann muss man sich auch die Frage gefallen lassen, ob man die aktuelle Entwicklung verschlafen hat oder ob man damit vielleicht etwas anderes bezweckt als eine sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema.
Wir werden der Überweisung Ihres Antrages zur Behandlung in den genannten Ausschüssen natürlich zustimmen. Für die CDU-Fraktion kündige ich allerdings bereits jetzt an, dass wir uns in der Diskussion weniger mit dem Inhalt Ihres Antrages als vielmehr mit dem auf Bundesebene mittlerweile vorliegenden Gesetzentwurf sowie den dazu bereits eingegangenen Stellungnahmen beschäftigen wollen.
Einig sind wir uns, Herr Wedel, auch parteiübergreifend, dass wir die Mitgliedschaft im berufsständischen Versorgungswerk und die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht neu regeln müssen. Spannend sind allerdings – auch im Lichte der unterschiedlichen Interessen und Stellungnahmen – die Regelungsfragen im Detail. Genannt seien hier nur der Umfang der Vertretungsverbote – da haben die Interessenvertreter der Syndikusanwälte natürlich ganz andere Vorstellungen als der Deutsche Anwaltverein –, aber auch die Frage: Bedarf es wirklich einer separaten Zulassung von Syndikusanwälten, wie sie der Gesetzentwurf vorsieht, oder nicht?
Vor diesem Hintergrund freue ich mich schon auf eine spannende Beratung im Ausschuss zu diesem Thema. Der Überweisung werden wir natürlich zustimmen. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Haardt. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Frau Kollegin Hanses.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir können es an dieser Stelle wirklich
Herr Wedel, ich bin sonst gerne an Ihrer Seite, wenn es darum geht, die Bundesregierung zu treiben oder aus Nordrhein-Westfalen Initiativen nach Berlin zu senden oder auch die Sicht derjenigen hier weiterzutragen, die nicht aus dem Anwaltsberuf kommen. Weil die anderen Kolleginnen und Kollegen häufig aus diesem Bereich kommen, ist dieses Thema ja immer gut besetzt.
Vielen Dank, Frau Kollegin Hanses, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Da Sie schon darauf abgehoben haben, dass Sie immer gerne bereit sind, auch die Bundesregierung