In der Tat: Wenn sich nach draußen begibt und sich Grünland und Äcker einmal genauer anguckt, stellt man fest, dass sich da einiges getan hat. Auch Grünland ist in der Vergangenheit extrem artenarm geworden. Beim Acker kann man von Artenvielfalt eigentlich gar nicht mehr reden. Die intensive Nutzung sorgt nun einmal dafür, dass dort nur die Kulturpflanze steht und für Wildkräuter kein Platz ist.
Wir haben gerade die Zahl der Tiere, die auf die Agrarlandschaft angewiesen sind, durch die Form der Landwirtschaft, wie wir sie betrieben haben, extrem heruntergefahren. Bis um 1950/1960 herum hatte die Landwirtschaft – das muss auch einmal erwähnt werden – dafür gesorgt, dass wir diese Artenvielfalt überhaupt hatten. In den nachfolgenden Jahrzehnten haben wir aber den genau entgegengesetzten Prozess erlebt, der zu einem Rückgang bei diesen Arten geführt hat. Wir haben es geschafft, dass die Zahlen von Kiebitz und Braunkehlchen um drei Viertel zurückgegangen sind. Die Bestände von Feldsperling und Grauammer haben sich halbiert. Beim Rebhuhn – bei dieser Art hat man zuerst gemerkt, dass die Bestände zusammenbrechen – ist mittlerweile eigentlich gar nicht mehr davon zu sprechen, dass noch ein Bestand vorhanden ist; es gibt allenfalls noch Restbestände.
Meine Damen und Herren, wenn diese Befunde neu wären, könnte man ja sagen: Jetzt müssen wir endlich aktiv werden; jetzt machen wir etwas, und jetzt verbessern wir die Welt. – An dieser Stelle sollte man aber auch noch einmal daran erinnern, dass im August 2015 eine Studie ihr 30-jähriges Jubiläum feiern wird, nämlich das damals viel beachtete Sondergutachten des Sachverständigenrates für Umweltfragen mit dem Titel „Umweltprobleme der Landwirtschaft“. Alle Fragen und Probleme, die wir jetzt aufgeworfen haben und beantwortet bekommen haben und die noch einmal gesteigert in ihrer Problematik dargestellt worden sind, wurden 1985 auch schon thematisiert.
Das heißt für uns als grüne Fraktion: Wir haben durch die Große Anfrage nochmals einen dringlichen Handlungsappell bekommen, dass wir die Themen jetzt engagiert angehen müssen. In der Tat müssen wir bei der Düngeverordnung endlich zu wirklichen Fortschritten kommen, um sicherzustellen, dass die Belastung rückläufig ist.
Ich möchte am Ende meiner Ausführungen auf Klaus Voussem zurückgreifen, der heute Morgen als erster Redner begonnen hat und folgendes Zitat von Albert Schweitzer verwendet hat:
Wenn wir das einmal auf die Umweltprobleme der Landwirtschaft ummünzen, heißt das, dass wir jetzt endlich handeln müssen; denn wir haben in den letzten 30 Jahren jede Menge versäumt. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist schon bezeichnend, dass der Redner der SPD zum Thema „Landwirtschaft“ seine Rede mit den Worten „Glück auf!“ beendet. – Nur so viel zu Ihrem Verständnis von Landwirtschaft.
(Beifall von Christina Schulze Föcking [CDU] – Norbert Meesters [SPD]: Ehrenrüh- rig! – Frank Sundermann [SPD]: Ein peinli- cher Einstieg ist das!)
Mit dem Entschließungsantrag, der uns heute Morgen vorgelegt wurde, wird auf einmal ein ganz anderes Thema aufgemacht. Jetzt heißt es:
Komischerweise wird dieses Thema Ihres Entschließungsantrages wie immer eingebracht – wie üblich ohne fachliche Beratung; der Antrag wird gerade mal kurz am Morgen hier vorgelegt; es gibt fünf Minuten Redezeit. Das ist also ein neues Kapitel aus dem Buch „Arroganz der rot-grünen Macht in Nordrhein-Westfalen“.
Mit der Überschrift hat das, was in dem Antrag steht, übrigens nicht das Geringste zu tun. Man muss ihn nur einmal lesen. Meine Damen und Herren, der erste Satz stimmt ja noch:
Selbst da haben Sie aber noch etwas vergessen, nämlich den naturnahen Tourismus. Wohin fahren denn die Menschen, um sich zu erholen und zu entspannen? Aufs Land oder in die Stadt?
Woher kommt denn das Trinkwasser für die vielen großen Städten in Nordrhein-Westfalen? Aus den städtischen Gebieten selber oder aus den Talsperren beispielsweise in meiner Heimat, im Bergischen Land? Hören Sie also auf, das Land und die Landwirtschaft schlechtzureden!
Wie jeder andere Wirtschaftszweig auch hat sich die Landwirtschaft in den letzten Jahrzehnten gewandelt. Sie ist dabei nicht nur effizienter und tiergerechter geworden; sie ist auch umweltfreundlicher geworden. So hat sich der CO2-Ausstoß der Landwirtschaft von 1990 bis 2012 mehr als halbiert – in einer Zeit, in der Deutschland insgesamt einen Rückgang von lediglich 23 % erreicht hat. Die Freisetzung von Methangas ist um 29 % zurückgegangen und die von Lachgas um 15 %. Der Mineraldüngeraufwand in Nordrhein-Westfalen hat sich von 1990 bis 2010 glatt halbiert. Folgerichtig stellt die Landesregierung in ihrem NRW-Nährstoffbericht vom letzten Sommer auch fest, dass seit 1992 eine signifikante Abnahme der Überschreitungshäufigkeit bei Nitrat eingetreten ist.
Natürlich kann alles noch besser werden. Auch die Landwirtschaft arbeitet jeden Tag daran. Und ich sage Ihnen: Die Landwirtschaft wird kontinuierlich besser. Vor allem gehört sie zu den umweltfreundlichsten und tiergerechtesten der ganzen Welt und ist auch im europäischen Vergleich vorne.
Sie erwähnen das alles nicht, weil es nicht in Ihr rotgrünes Weltbild passt. Seit das Ende der Atomenergie Konsens ist, haben die Grünen die Landwirtschaft als neues zentrales Thema entdeckt. Die Agrarwende ist für die Existenz der Grünen nach ihrer eigenen Aussage – Sie müssen auf die Homepages gucken – genauso wichtig, wie es seinerzeit die Energiewende war.
Dass dabei die Bäuerinnen und Bauern zum politischen Feindbild gemacht werden, wissen Sie und nehmen Sie gerne in Kauf, obwohl es weder stimmt noch in der Sache weiterhilft. Dazu hat Ihr Kollege Habeck am 6. März 2015 in der „FAZ“ übrigens auch einige klare Worte gefunden.
(Norbert Meesters [SPD]: Lesen Sie den An- trag! Dann sehen Sie, dass das, was Sie da erzählen, Blödsinn ist!)
Wir haben einen völlig anderen Ansatz. Während Sie in Ihrem Entschließungsantrag drohen, die gute fachliche Praxis müsse in verschiedenen Umweltgesetzen neu definiert werden, sagen wir: Gute fachliche Praxis muss sich zuerst an Fachlichkeit, an wissenschaftlichen Erkenntnissen und an praktischen Erfahrungen ausrichten – und nicht an ideo
In Ihrem Antrag fordern Sie die Landesregierung auf, einen Dialogprozess zu initiieren. Das ist doch geradezu aberwitzig, meine Damen und Herren.
Glauben Sie denn, die 15.000 Demonstranten, die hier vor der Tür mitbekommen haben, was SPD und Grüne unter Dialog verstehen,
Die Menschen im ländlichen Raum wissen, dass Sie Dialog sagen und Vorschriften, Gesetze und Verbote meinen.
In Wahrheit wollen Sie doch keine Verbesserung, keine neuen vertraglichen Vereinbarungen, sondern Sie wollen Ordnungsrecht für die klassische Landwirtschaft.
Wir wollen den gut ausgebildeten, den verantwortungsbewussten unternehmerischen Landwirt, der seinen Betrieb nach aktuellen Erkenntnissen so nachhaltig bewirtschaftet, dass er diesen guten Gewissens von Generation zu Generation weitergeben kann. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ein wenig erstaunt mich die Tonlage der Diskussion hier im Landtag schon. Die Landwirtschaft in Nordrhein-Westfalen unterliegt einem stetigen Wandel. Einiges hat sich zum Positiven und einiges auch zum Negativen gewendet.
Dass wir heute beklagen können, dass Moore, Heide und Magerrasen unter einem erhöhten Nährstoffeintrag leiden, ist schon ein Erfolg. Vor wenigen
Jahrzehnten, ich habe es noch selbst erlebt, ist man solchen Flächen mit aller Gewalt zu Leibe gerückt, um sie urbar und fruchtbar zu machen, um Ackerland zu gewinnen. Wir verdanken es einzig und allein der modernen Landwirtschaft, dass es überhaupt möglich war, solche Flächen zu schützen.
Nur durch die Steigerung der Produktion auf den verbliebenen Flächen war und ist es möglich, großflächige Gebiete aus der Urproduktion auszunehmen, ohne dass Nahrungsmittel für eine stetig wachsende Bevölkerung knapp wurden. Und das, obwohl nicht nur Naturschutzflächen geschaffen wurden, sondern in den letzten Jahrzehnten Millionen Hektar Land für das Wachstum von Städten, Dörfern, Straßen und Industrie gebraucht wurden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ganz nebenbei muss die Landwirtschaft seit einigen Jahren auch noch zur Energieerzeugung beitragen. Das haben vor allem die Grünen so gewollt.