Vielen Dank. – Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe Zuschauer hier im Raum und daheim! Der Antrag, der heute debattiert wird, kann nur deshalb als nötig angesehen werden, weil im sogenannten Hochschulzukunftsgesetz leider nicht die richtigen Weichen gestellt worden sind. Wir Piraten bleiben bei unserer Grundposition, dass der Kodex „Gute Arbeit“ unnötig wäre, wenn man das Personal zurück in den Landesdienst überführt hätte. Das wollte Rot-Grün aber nicht.
Stattdessen werden leider weiterhin prekäre Beschäftigungsverhältnisse gefördert; denn die Hochschulen haben den Spielball „Personal“ immer noch in der Hand. Das finden wir nicht akzeptabel.
Dieser Rahmenkodex ist ein Kompromiss, weil die Politik sich hier nicht so ganz getraut hat, eine Fehlentwicklung zu korrigieren.
Dieser Rahmenkodex ist auch kein Standortvorteil für Nordrhein-Westfalen; denn in 14 von 16 Bundesländern sind die Hochschulbediensteten im Landesdienst. Das macht Sinn; denn Themen wie „Arbeitsplatzwechsel“, „Eingruppierung“ usw. sind in diesem Fall rechtssicher geregelt.
Die Landesregierung und die teilnehmenden Verhandlungsführer auf Hochschulseite sprachen im Zusammenhang mit dem Rahmenkodex von einem zähen Prozess, der etliche Diskussions- und Verhandlungsrunden benötigt hat.
Der nun vorliegende Kodex muss durch die Hochschulen ratifiziert werden. Er ist formal gesehen eine Selbstverpflichtung und hat dadurch eher einen moralischen Wert. Wenn wir einmal ins Detail schauen, werden die Schwächen dieser Absichtserklärung offensichtlich.
Mit Art. 3 des Kodex sollen die Beschäftigungsverhältnisse der studentischen Hilfskräfte verbessert werden. Zu kritisieren ist, dass man dort nicht klar benennt, dass nur Studierende ohne Bachelorabschluss studentische Hilfskraftstellen besetzen. Die Formulierung in Abs. 3 suggeriert das zwar. Das schließt aber nicht aus, dass diese unverbindliche Regelung umgangen werden kann.
Noch schwammiger wird es in Art. 4 bei der Beschäftigung der wissenschaftlichen Hilfskräfte. Abgesehen von der Sinnigkeit dieser Stellen und der Beibehaltung dieser Statusgruppen ist der nicht vorhandene Ausschluss von Masterabsolventen auf
wissenschaftlichen Hilfskraftstellen keine Verbesserung. Warum sollten Masterabsolventen, also Promotionsberechtigte, noch als wissenschaftliche Hilfskräfte beschäftigt werden? Auch dort wieder eine fehlende Verbindlichkeit!
Lassen wir einmal eine kritische Stimme aus der Wissenschaft selbst zu Wort kommen. Kolja Zydatiss, ein Neuropsychologe, drückt es unvergleichlich viel härter aus. Er sagt:
Ich finde, dass wir auch solche harten kritischen Stimmen ernst nehmen sollten, wenn wir über die Beschäftigungsverhältnisse an Hochschulen reden.
Wir Piraten werden auch weiterhin hier im Landtag für die Rückführung in den Landesdienst werben; denn wir finden: Das sollten uns die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den chronisch unterfinanzierten Hochschulen und die Innovationskraft in diesem Lande wert sein.
Wir hoffen – da unterstützen wir Frau Ministerin und Rot-Grün ausdrücklich –, dass sich beim Wissenschaftszeitvertragsgesetz auf Bundesebene etwas bewegt und die Praxis der sachgrundlosen Befristung aufhört.
Diesem Antrag können wir heute aber nicht zustimmen; denn eigentlich war der Ansatz beim Hochschulzukunftsgesetz, die Autonomie der Wissenschaft – damit ist auch die Autonomie des einzelnen Wissenschaftlers und der einzelnen Wissenschaftlerin gemeint – mit einer nötigen staatlichen Garantie zu versehen. Das heißt, dass der Staat hier Verantwortung übernähme. Das passiert aber genau bei den wichtigen Beschäftigungsbedingungen nicht. Deswegen werden wir heute dagegen stimmen.
Welchen Wert dieser Kodex entwickelt, werden wir uns kritisch ansehen. Wenn er greift, kann man ja in einem Jahr vielleicht die Meinung ändern. Heute bekommen Sie aber erst einmal ein Nein. Es besteht kein Grund, hier etwas zu feiern. Der Rahmenkodex ist eher ein undichtes Pflaster für ein Loch im Hochschulzukunftsgesetz.
Was den Entschließungsantrag der Union angeht, kann ich nur Folgendes sagen: Herr Dr. Berger, bitte hören Sie doch auf, in jedem Ihrer Anträge ein Kerzchen für das vergangene Hochschulfreiheitsgesetz anzuzünden.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das scheint hier schon eine Art vorgezogene Haushaltsdebatte zu werden. Deswegen ist es auch eine gute Gelegenheit, die Fakten und die Haushaltszahlen jetzt noch einmal sehr transparent zu machen.
Wenn Sie sich die Haushalte seit 2010 angucken, werden Sie feststellen, dass diese Landesregierung einen deutlichen Schwerpunkt auf die Bildung legt. Allein im Einzelplan 06, also dem Einzelplan für die Hochschulen, die Wissenschaft und die Forschung, haben wir seitdem ein Plus von 33 %.
33 % Plus bei rund 22 % mehr Studierenden! Da ist also schon ein deutlicher Sprung zu spüren, meine Damen und Herren.
Wenn Sie dem nicht trauen – es ist ja das Land –, empfehle ich Ihnen alternativ den Bildungsfinanzbericht 2014 des Statistischen Bundesamtes zur Lektüre. Darin sind die aktuellsten Zahlen enthalten. Wenn Sie sich im Kapitel 4.3. den Anteil öffentlicher Ausgaben für Hochschulen am Gesamthaushalt ansehen, stellen Sie fest, dass die Grundmittel von 2011 bis 2014 von 11,5 auf 14,3 % gestiegen sind. Insofern sprechen die Fakten hier eine deutliche Sprache.
Herr Abgeordneter Dr. Berger, Baden-Württemberg hat 10,8 %. Ich glaube, einen entsprechenden Verlust könnten die Hochschulen in NordrheinWestfalen nicht vertragen. Da wollen wir, glaube ich, alle gemeinsam nicht hin.
Worum geht es in diesem Antrag? – Es geht um die Frage, wie wir Wissenschaft und Forschung in Nordrhein-Westfalen nach vorne bringen. Wir brauchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die uns helfen bei den großen gesellschaftlichen Herausforderungen, bei der Frage, wie wir mit dem Klimawandel klarkommen, dabei, wie wir mit einer älter werdenden Gesellschaft umgehen, bei der Frage, wie die Mobilität organisiert werden kann.
Diese Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind keine Automaten, sondern Menschen. Diese Menschen brauchen verlässliche Beschäftigungsbedingungen. Da müssen wir an unseren Hochschulen etwas verändern. Derzeit haben wir 90 % befristete Beschäftigung, davon ein ganz großer Teil mit Verträgen unter sechs Monaten. Das sind keine attraktiven Rahmenbedingungen. Damit werden wir uns im internationalen Vergleich nicht durchsetzen können.
Deswegen begrüße ich diesen Antrag sehr. Deswegen ist diese Initiative so wichtig. Wir brauchen bessere Beschäftigungsbedingungen im internationalen Wettbewerb um die besten Köpfe.
Ich bin sehr froh darüber, dass die Hochschulen, also die Arbeitgeberseite, und die Arbeitnehmerseite sich in Nordrhein-Westfalen in einen solchen Prozess begeben haben und miteinander verhandelt haben, wie wir da besser werden können.
Natürlich ist das ein Kompromiss – aber ein Kompromiss, der dafür sorgt, dass wir bessere Karrierewege haben, dass wir Befristungen abbauen können, dass es einen gemeinsamen Arbeitsmarkt in Nordrhein-Westfalen gibt, dass wir uns um das Gesundheitsmanagement in den Hochschulen kümmern, dass es Verbesserungen für studentische und für wissenschaftliche Hilfskräfte gibt. Alle diese Dinge sind enorm wichtig. Ich bin sehr froh, dass die Hochschulen sich da auf den Weg gemacht haben.
Die Westfälische Hochschule in Gelsenkirchen hat den Kodex schon unterzeichnet. Ich habe gerade eine E-Mail bekommen, in der steht, dass der Senat der FH Köln jetzt mit Mehrheit beschlossen hat, dass dieser Kodex unterschrieben werden soll. Das sind wichtige Signale.
Meine Damen und Herren, das kann nur der Anfang sein. Das ist das, was wir hier in NordrheinWestfalen, was wir selber tun müssen. Natürlich ist die Bundesebene ein wichtiger Schlüssel. Natürlich setze ich mich und setzen wir uns alle für eine Veränderung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes ein.
Wir haben da selber einen Vorschlag vorgelegt, wie man das Wissenschaftszeitvertragsgesetz moderner gestalten kann. Aber das ist Bundesrecht. Wir sind mitten in den Verhandlungen. Ich bin aber sehr, sehr zuversichtlich, dass wir da auch auf der Bundesebene ein Stückchen vorankommen werden und dass wir die Frage der Befristung auch über den Bund noch einmal anders regeln können.
Also, meine Damen und Herren: Der Rahmenkodex ist ein wichtiger Schritt nach vorne. Wir haben hier mit den Hochschulen, mit den Arbeitnehmern, mit den Arbeitgebern etwas sehr, sehr Wichtiges er
reicht. Ich bin froh, dass wir jetzt diesen Rahmenkodex haben, und bin fest davon überzeugt, dass die Hochschulen jetzt eine nach der anderen diesen Rahmenkodex unterschreiben werden. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Ministerin. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit kann ich dann auch die Aussprache zum Tagesordnungspunkt 7 schließen.
Wir kommen zur Abstimmung. Wir haben insgesamt drei Abstimmungen durchzuführen, die erste über den Antrag der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 16/8991. Die antragstellenden Fraktionen haben direkte Abstimmung beantragt. Die führen wir jetzt durch und kommen damit sofort zur Abstimmung über den Inhalt des Antrags mit der vorgenannten Drucksachennummer. Wer dem seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Wer stimmt dagegen? – CDU, FDP und die Piraten. Möchte sich jemand enthalten? – Das ist nicht der Fall. Dann ist mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis der Antrag Drucksache 16/8991 angenommen.