„‘… dass wir das Thema auf uns gezogen haben‘, sagte die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin …“
Frau Ministerpräsidentin, wer trägt eigentlich die politische Verantwortung dafür, dass es in unserem Land unter Ihrer Regierung so weit gekommen ist? Wer ist eigentlich die Landesvorsitzende der SPD?
(Beifall von der CDU – Lachen von Minister- präsidentin Hannelore Kraft – Zuruf von Marc Herter [SPD] und Hans-Willi Körfges [SPD])
Was sagen Sie zu den gegensätzlichen Äußerungen von Innen- und Justizminister aus der vergangenen Woche? Wenn Sie sich allen Ernstes darüber beschweren, dass Ihrer Partei dieses Thema inzwischen um die Ohren fliegt, sollten Sie sich die Frage gefallen lassen: Wo war, wo ist Ihre persönliche Verantwortung?
Ich komme zum Schluss. – Wenn Sie sagen, Sie bedauern, dass Ihnen dieses Thema auf die Füße gefallen ist, macht dies deutlich, dass Sie weder Ihre Partei noch Ihr Kabinett mit den widersprüchlichen Aussagen im Griff haben. Ihr Auftreten in dieser Angelegenheit ist unverantwortlich und – was noch viel schlimmer ist, Frau Ministerpräsidentin – es ist beschämend für unser Bundesland. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer im Saal und daheim! Herr Kollege, Sie haben gerade schon ausgeführt, was in der Landesregierung los ist.
Gestern hat – das muss ich hier nicht besonders betonen – die Frühjahrskonferenz der Innenminister und Innensenatoren begonnen. Am vergangenen Wochenende fand der kleine Parteikonvent der SPD statt. Alle reden nur über eins: die Vorratsdatenspeicherung. Herr Kollege Kruse, von Ihnen habe ich kein einziges Wort zur Vorratsdatenspeicherung gehört. Das finde ich skandalös!
Vorratsdatenspeicherung soll jetzt „Mindestspeicherfrist“ bzw. „Höchstspeicherfrist“ für Verkehrsdaten heißen. Aber selbst da ist sich die Große Koalition in Berlin nicht einig. Einig scheint sich die Große Koalition jedoch im Hinblick auf den Gesetzentwurf der Bundesregierung zu sein – ein Paragrafenmonster, dass, wenn man es sich anschaut, selbst oder gerade mir als Volljuristen die Schweißperlen auf die Stirn treibt. Ich muss Ihnen eines sagen: Vergleicht man es mit manchen Steuergesetzen, geht der Gesetzentwurf in dieselbe Richtung.
Frau Ministerpräsidentin Kraft, ich habe eine Frage an Sie. Herr Kollege Kruse hat zu Recht festgestellt, dass Sie sich in dieser Diskussion bis heute nicht einmal inhaltlich zur Sache geäußert haben. Ich habe jetzt eine Frage an Sie als Regierungschefin. Sie haben wegen des heute sicherlich entschuldigten Fernbleibens Ihres Innenministers die Chance, sich hier zur Frage der Vorratsdatenspeicherung zu erklären.
Haben Sie sich im Rahmen dieses Konvents geäußert, wie schlecht Sie es finden, dass Ihr Parteichef die VDS – also die Vorratsdatenspeicherung – zur Chefsache erklärt hat? – Sie haben gleich die Möglichkeit, sich dazu zu positionieren. Haben Sie in einem Debattenbeitrag im Rahmen des Konvents eventuell das Schreckensszenario von einem ermordeten Kindes aufgezeigt und dass Sie, für den Fall, dass die Vorratsdatenspeicherung nicht
Wären Sie darüber hinaus hier und heute bereit, anzuerkennen, dass schwere Gewaltverbrechen wie Mord oder so schlimme Verbrechen wie sexueller Missbrauch weiterhin begangen werden, dass sich die Terrorgefahr nicht vermindert und sich auch durch die Vorratsdatenspeicherung daran nichts ändern wird? Dass so etwas passiert, ist schon schlimm genug. Aber die Vorratsdatenspeicherung verhindert keine einzige Straftat.
Sind Sie bereit anzuerkennen, dass gerade bei Mord oder auch bei anderen schweren Gewaltverbrechen die Aufklärungsrate durch unsere gute Polizeiarbeit bei nahezu 100 % liegt – und das auch ohne Vorratsdatenspeicherung, die im März 2010 gekippt worden ist? Wieso in aller Welt haben Sie dieses Schreckensszenario auf dem Parteikonvent dazu benutzt, die Delegierten zu beeinflussen – wie man es überliefert bekommen hat –, so wie das auch durch Ihren Parteichef geschehen sein soll?
Wir können Herrn Innenminister Jäger leider nicht persönlich fragen. Aber vielleicht beantworten ja Sie diese Frage, ob er tatsächlich angedeutet hat, dass die Nichtspeicherung das Grundrecht der Opfer auf körperliche Unversehrtheit beschneiden würde. Ich wäre angesichts dieser Gerüchte, die durch die parteipolitische Szene wabern, erschüttert über das Rechtsverständnis und Ihre Interpretation unserer Verfassung.
Selbst die von der CDU zweckentsprechend bestellte Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Frau Andrea Voßhoff muss klar und eindeutig feststellen, dass der vorliegende Gesetzentwurf nicht mit unserer Verfassung vereinbar ist. Diese Auffassung vertreten auch wir als Piraten in diesem Hause.
Es gruselt einen noch mehr, wenn man den Bundesinnenminister Thomas de Maizière aktuell dazu sprechen hört. Er bemüht nicht einmal mehr das Szenario von getöteten oder missbrauchten Kindern, sondern er rückt mit seiner eigentlichen Intention heraus, indem er nämlich sagt – und so wird er zitiert –: De Maizière will mit der Datenüberwachung
Einbrecher fangen. – Kein Wort mehr von schwersten Verbrechen wie Mord oder Totschlag. Und das Gesetz ist noch nicht einmal durch den Bundestag!
Wie Herr Minister Kutschaty denkt, haben wir in seiner letzten Rede zu diesem Thema hier im Hohen Hause hören dürfen. Er ist gegen die Vorratsdatenspeicherung. Ich bin gespannt, welchen Spagat er angesichts der großen Zahl an Befürwortern einer Vorratsdatenspeicherung in diesem Hause – nach dem Parteikonvent, nach dem Abstimmungsergebnis dort – heute machen wird.
Damit die CDU hier allerdings nicht zu kurz kommt, möchte ich einmal in diese Richtung nachfragen, wie ich es zu verstehen habe, wenn das Mitglied des Bundestags Thomas Jarzombek zur Vorratsdatenspeicherung im Bundestag feststellt: Wir müssen jetzt herausfinden, was genau wann gespeichert wird und wer auf die Daten der Abgeordnetenbüros Zugriff hat. – Der Unionsmann spricht von einem Vertrauensproblem im Umgang mit Daten und digitalen Informationen im Bundestag.
Sein weiteres Zitat eröffnet die wahre Dimension der Problematik unbegrenzter Überwachung durch Vorratsdatenspeicherung. Ich zitiere: „Wenn man sich vorstellt, dass wir einmal in weniger demokratischen Zeiten leben könnten, sind die Abgeordneten wie ein offenes Buch“, sagt er. Betroffen sind davon natürlich nicht nur Abgeordnete, sondern auch Seelsorger, Rechtsanwälte, Journalisten, Ärzte und, und, und.
Demokratie braucht Privatsphäre. Nur die Aussicht darauf, dass bald Vorratsdaten gespeichert werden sollen, bewirkt schon die Änderung des Verhaltens eines jeden Menschen in diesem unserem Lande, in Europa und dieser Welt. Dies gilt es zu verhindern. Deshalb gilt es auch zu verhindern, dass wir die Vorratsdatenspeicherung so verabschieden, wie sie jetzt hier in diesem Gesetz vorliegt, das allen bekannt sein dürfte.
Ein solch nutzloses und für die Demokratie sehr gefährliches Gesetz auf diesem Konvent durchzusetzen, von dem heute schon die Rede war – da mussten wohl die Daumenschrauben angelegt werden.
sei – dazu werden vor dem Angesicht der grundgesetzlich garantierten Freiheitsrechte im Spannungsverhältnis zu den Schranken jener Grundrechte unzählige populistische niederträchtige Vergleichsfälle kreiert –, ist abzulehnen.
Die auch vom aktuellen Gesetzentwurf aufgeworfene anlasslose Speicherung ist ein weiterer Schritt in Richtung schrankenloser Telekommunikationsüberwachung und
Lehnen Sie gemeinsam mit allen Demokraten in diesem Lande und auch in der Bundesrepublik die Vorratsdatenspeicherung ab! Machen Sie jetzt und hier und heute einen Schritt in die richtige Richtung!
Totalüberwachung kann nur ein Feind der Demokratie sein. Das wollen alle in diesem Hause hoffentlich nicht. – Danke schön.
Vielen Dank, Herr Kollege Schulz. - Ich möchte dem kompletten Parlament gerne mitteilen, dass sich Herr Minister Jäger - das wissen seit letzter Woche alle Parlamentarischen Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer und damit auch die Fraktionen - auf der bereits zitierten Innenministerkonferenz befindet und das Land Nordrhein-Westfalen vertritt. Ich sage das, damit da keine Missverständnisse entstehen. - Nächster Redner ist für die SPD-Fraktion Herr Kollege Römer.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die CDU hat sich für diese Aktuelle Stunde ein ganz besonderes Thema ausgesucht. Mir scheint, dass der CDU in diesen Tagen nichts wichtiger ist als der Konvent der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Sie feiert den Konvent vom vergangenen Samstag als „guten Tag für Nordrhein-Westfalen“. Ja, jetzt weiß auch die CDU, auf welchen Parteitagen gesellschaftlich relevante Debatten geführt werden, wo die relevanten Beschlüsse für die Zukunft unseres Landes gefasst werden, nämlich auf Parteitagen der SPD, meine Damen und Herren.