Ich will noch etwas zur Rücklage, zur Vorsorge für Pensionen sagen. Es ist wenigstens schon einmal deutlich geworden, es geht nicht um die Sicherheit von Pensionen. Die sind grundgesetzlich und gesetzlich geregelt. Sie haben überhaupt nichts mit einem Fonds zu tun, der dafür da ist. Der Fonds dient nur dazu, es in den Haushaltsjahren angemessen und richtig zu verteilen.
Wenn Sie darüber reden und meinen, es sei zu viel oder zu wenig darin, dann nehmen Sie bitte meine Entscheidung zur Kenntnis, die ich in der vorletzten Woche bekanntgegeben habe. Statt die Rücklage von 6 Milliarden € in den nächsten Jahren aufzubrauchen, bringen wir sie vollständig in den Fonds ein. Davon war gestern keine Rede. Davon ist heute keine Rede. Davon sollte aber die Rede sein, wenn man über die Seriosität der Planung der Zukunft redet. Zieht man einen Vergleich zu anderen Ländern, sieht man, wie viel mehr Nordrhein-Westfalen genau an diesem Punkt tut und in Zukunft tun wird als andere.
Deswegen bitte ich Sie, die spürbare Seriosität in der Diskussion, die Sie im Kreis dieser Enquetekommission hatten, nicht am Eingang dieses Plenarsaals abzugeben, wenn es um die Seriosität der Interpretation geht. Wir sollten auch an diesem Punkt schauen, dass wir sauber mit den von Ihnen erarbeiteten Fakten und Hinweisen umgehen und auf dieser Grundlage diskutieren.
Ich könnte es weitertreiben und den Bereich Infrastruktur nennen. Sie sprechen absolut wichtige Dinge an. Sehe ich mir aber das eine oder andere Sondervotum an, weiß ich eben auch, zum Teil sind es Dinge, gegen die ich absoluten Widerspruch anmelden würde. Bei einem Sondervotum der FDP lese ich beispielsweise, dass man sich mit regional unterschiedlichen Einkommenssituationen im öffentlichen Dienst gar nicht mehr auseinandersetzen muss, weil man dort leben kann, wo es billig ist, und dort arbeiten kann, wo es teuer ist.
Es gibt ein paar Punkte, über die man auch streiten muss. Aber da hätte ich dann auch eine andere Position.
Trotzdem noch einmal: Die Grundlage für diese streitige Diskussion – sicher nicht nur für ein einfaches Abarbeiten der Reihe nach – ist geleistet worden. Dafür danke ich.
Jetzt gibt es in den nächsten Wochen und Monaten und auch Jahren genügend Gelegenheit, sich anzugucken: Wie kann man punktuell damit umgehen? Was ändert sich ständig an Voraussetzungen, die heute lange schon wieder nicht mehr die sind, unter denen Sie mit der Arbeit begonnen haben? Aber wer weiß das besser als jemand, der das bei einer Haushaltsplanung ebenso zu verantworten und zu vertreten hat?
Deswegen noch einmal: Herzlichen Dank für die geleistete Arbeit und gemeinsam viel Vergnügen bei der Diskussion der Punkte, die dabei herausgekommen sind!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der demografische Wandel ist keine Naturkatastrophe, die über uns hereinbricht, sondern wir können dagegen steuern mit demografischer Vorsorgepolitik. Wenn wir wissen, dass uns in Zukunft die Fachkräfte fehlen, dann müssen wir gegensteuern. Aber woher nehmen, wenn nicht stehlen?
Wir haben bislang viel über die Bereiche öffentlicher Dienst, Haushalt, Finanzprobleme oder auch finanzielle Herausforderungen gehört. Ich würde mich gerne auf die Bereiche Wirtschafts- und Arbeitspolitik sowie Gesundheitspolitik konzentrieren.
Die Aufgabe der Politik ist es, dass das Erwerbspersonenpotenzial stärker ausgeschöpft wird. Hinter diesen sehr technischen Termini steckt natürlich ein handfestes Problem. Denn einige Gruppen am Arbeitsmarkt sind in NRW zu wenig präsent. Hierzu gehören auch die Frauen. Ich gebe Ihnen gerne ein Zitat aus den Handlungsempfehlungen zu dieser Thematik:
„Staatliches Handeln muss aktiv zur Verwirklichung gleicher Chancen für Frauen beitragen. Dazu zählt auch, Wahlfreiheit zu ermöglichen und Fehlanreize zu vermindern.“
Ich möchte übrigens auch ein ausdrückliches Lob an die Kollegen und Kolleginnen der CDU aussprechen, die hier in der Enquete deutlich weiter sind als die Kollegen in Bayern.
Im Rahmen der Enquete haben immer wieder Sachverständige zu den Themen angehört. Deshalb möchte ich hier auch ausdrücklich auf Prof. Gerhard
Mit dem Betreuungsgeld und der Heraufsetzung der Minijobgrenze wurden die Subventionen für dieses überholte Modell – zur Erklärung: Hauptverdiener und Zuverdienst der Ehefrau – sogar noch einmal kräftig erhöht. Die Kombination von abgeleiteter Krankenversicherung, Ehegattensplitting und Minijobs setzt starke Anreize für marginale Teilzeitverhältnisse und diskriminiert sozialversicherungspflichtige Beschäftigung.
Ich bin sehr froh, dass alle Fraktionen, die in dieser Enquetekommission mitgearbeitet haben, das genauso gesehen haben, meine Damen und Herren, und deswegen fordern wir in den Handlungsempfehlungen auch unter anderem die Unternehmen dazu auf, die Familienverträglichkeit von Arbeitszeitmodellen noch stärker ins Auge zu fassen.
Ich glaube, dass bei weiteren Punkten, wie zum Beispiel der Teilzeitausbildung und auch der Entwicklung von Konzepten für den Wiedereinstieg nach Familienunterbrechung und beruflicher Weiterentwicklung, das Land NRW bereits jetzt in einem sehr guten Fahrwasser ist. Durch die Kompetenzzentren „Frau und Beruf“ und die Förderung des Projekts TEP – Teilzeitausbildung – haben Frauen und auch Männer die Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln und ihren beruflichen Weg zu gehen.
Auch der weitere Ausbau von Kinderbetreuung für kleine und größere Kinder spielt eine Rolle in unseren Handlungsempfehlungen, damit es weniger unfreiwillige Teilzeitarbeit und Erwerbsunterbrechungen gibt.
Der Kollege Schmitz hat ja schon darauf hingewiesen. Er ist ein Vertreter der jungen Generation. Insofern hoffe ich, dass auch Sie das in Zukunft verstärkt werden nutzen können.
Dass wir die Themen „Minijobs“ und „Ehegattensplitting“ nicht angepackt haben, lag keinesfalls am mangelnden Willen, sondern an der fehlenden Zuständigkeit. Ich hoffe also, dass unsere Enquete auch auf Bundesebene Gehör und Beachtung finden wird, und bin mir sicher, dass Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, das auch so sehen.
Eine weitere Gruppe, die es bislang am Arbeitsmarkt schwer hat, sind die Langzeitarbeitslosen. Während die Arbeitslosigkeit in NRW zum Glück insgesamt zurückgeht, gibt es nach wie vor eine sehr hohe Anzahl von langzeitarbeitslosen Menschen, die nicht ihren Platz auf dem ersten Arbeitsmarkt finden. Deshalb fordern wir auch, dass ein sozialer Arbeitsmarkt eingeführt wird. Ziel dabei ist es, dass auch diejenigen Menschen am Arbeitsmarkt teilhaben können, die eine lange Zeit arbeitslos waren und trotz intensiver Bemühungen keinen Job gefunden haben.
Dabei sehen wir durchaus die zwei Seiten der Medaille. Auf der einen Seite sollen sie individuell gefördert werden und auf der anderen Seite müssen wir generell Chancen und Perspektiven schaffen. Denn Teilhabe am Arbeitsleben bedeutet gesellschaftliche Teilhabe, meine Damen und Herren.
Hier unterscheiden wir uns auch als SPD und als Grüne-Fraktion deutlich von der FDP-Fraktion, die das in einem Sondervotum erklärt hat. Denn Sie, meine Herren, haben in der Diskussion um diesen Punkt deutlich gemacht, dass Sie Zeitarbeit und befristete Beschäftigung sowie Teilqualifikationen als Königsweg zum Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit ansehen. Das sehen wir explizit nicht so.
Eine weitere unterrepräsentierte Gruppe am Arbeitsmarkt sind die Zuwanderer und Menschen mit Migrationshintergrund. Zu diesen haben wir auch einige Handlungsempfehlungen gemacht. Ich gehe aber davon aus, dass die Kollegin Velte darauf noch intensiv eingehen wird. Insofern erspare ich Ihnen meine Ausführungen hierzu.
Ich komme deswegen lieber auf mein zweites großes Thema, nämlich die Gesundheitspolitik. Da wir bereits mit dem GEPA und weiteren Gesetzen eine aktive Rolle in der Landespolitik wahrgenommen haben – vor allem auch in der jüngsten Vergangenheit –, möchte ich Ihnen hier nur Auszüge präsentieren, die mir aber besonders wichtig sind.
Wir haben uns mit einem Thema sehr intensiv beschäftigt, das bis jetzt eigentlich eher ein Stiefkind der Gesundheitspolitik war, nämlich mit dem Öffentlichen Gesundheitsdienst. Durch diese eher stiefmütterliche Behandlung bekommt er auch nicht die Aufmerksamkeit, die er eigentlich verdient hätte.
Der Öffentliche Gesundheitsdienst ist zuständig für die Beobachtung der gesundheitlichen Verhältnisse vor Ort, dort, wo wir leben, in den Kommunen, von der Grippeepidemie bis hin zur Überwachung von Hygienevorschriften. Er stellt Gesundheitszeugnisse aus und kümmert sich auch um die angemessene gesundheitliche Versorgung für einkommensarme oder sozial ausgegrenzte Menschen.
Wegen der wachsenden Bedeutung des Gesundheitswesens und vor allem auch der steigenden Bedeutung der Prävention im Bereich der Pflegebedürftigkeit haben wir auch hierzu Handlungsempfehlungen entwickelt, beispielsweise: Der Öffentliche Gesundheitsdienst kümmert sich um gesundheitsbezogene Angebote für die Bevölkerung, heruntergebrochen auf das Quartier.
Die Kommission erkennt ausdrücklich die Verantwortung des ÖGD an und fordert deshalb auch eine angemessene personelle und finanzielle Ausstattung.
Der ÖGD ist außerordentlich wichtig für die gesundheitliche Versorgung der Menschen vor Ort und auch für die Umsetzung eines inklusiven Gesundheitswesens gerade für Menschen, denen es nicht so gut geht.
Vielleicht erlauben Sie mir noch ein sozusagen persönliches Schlusswort. Auch ich habe die Arbeit in der Enquetekommission sehr geschätzt. Es ist schön, sich einmal fernab von dem politischen Alltag, von Anträgen, die verabschiedet werden müssen und zu denen man flammende Reden und Gegenreden halten muss, auch einmal etwas tiefer mit bestimmten Themen zu beschäftigen. Dabei haben mir insbesondere die Themen „Arbeit“ und „Gesundheitspolitik“ sehr viel Spaß gemacht. Ich glaube, dass es auch bei den anderen Kollegen in Ansätzen diese Freude an der Thematik gegeben hat. Insofern Ihnen allen ein herzliches Dankeschön und ein schönes Wochenende. – Danke.
Vielen Dank, Frau Kollegin Jansen. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht als wahrscheinlich letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt Frau Kollegin Velte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Da ich nicht mehr viel Zeit habe, mache ich es kurz. Deswegen das Wichtigste am Anfang: Es hat mir Spaß gemacht, mit allen in der Enquete zusammenzuarbeiten, was meine Kenntnisse über ideologiegeleitetes Handeln erheblich erweitert hat.
Ich glaube aber, dass wir es uns im Zusammenhang mit der Demografie-Enquete, wie wir sie auch kurz genannt haben, eigentlich nicht leisten können, ideologische Pfade zu beschreiten, die aus irgendwelchen vergangenen Zeiten resultieren. Wir
schrumpfen in Teilen dieses Landes, während wir in anderen Teilen wachsen. Wir haben versucht, gerade diese Spannungsverhältnisse – dass dieses Land nicht überall gleich tickt – mit unseren Handlungsempfehlungen ein Stück weit zu beschreiben.
Es hilft nicht, eine linke Ideologie aus den 68erJahren zu hören oder eine sogenannte neoliberale – obwohl es das Wort nicht gibt – zu hören, die sagt: Wir müssen nur das laufende Kapital in irgendwelche Infrastrukturvorhaben stecken, und alles geht.
Es wird uns auch nichts nutzen, auf der einen Seite pausenlos über Wirtschaftswachstum und auf der anderen Seite über den Landeshaushalt zu reden.
Aber es wird uns etwas nutzen, sich über die Unterschiede im Land Gedanken zu machen und darüber, wie wir aus den Schrumpfungs- und Wachstumsprozessen, aus der Veränderung von Gesellschaft, Altersstrukturen, ethnischen Zusammensetzungen hin zu neuen Gesellschaftsstrukturen, die wir mit der dritten bzw. vierten Migrantengeneration hier entwickeln, Kapital schöpfen können und zu versuchen, es für unser Land in wertvolles Kapital zu verwandeln, und zwar auf der Seite der Menschen in der Bildung und auch bei der Infrastruktur.
Mein Lieblingskapitel ist deswegen – das mögen mir die anderen verzeihen – das Infrastrukturkapitel, zu dem wir auch ein umfangreiches Gutachten bekommen haben. Es beschäftigt sich sehr dezidiert mit der Frage: „Was passiert eigentlich in den Kommunen – wirtschaftlich, finanziell, im Bildungsbereich –, die schrumpfen, und was passiert auf der anderen Seite in denen, die wachsen?“ und schlägt vor, sehr differenziert mit den Fragen der Daseinsvorsorge umzugehen.
Ein Kanal, für den die Gebühren für alle Kanalteilnehmer – ihre Zahl sinkt ständig – immer höher werden, sorgt eher dafür, dass die Schrumpfungsprozesse in dieser Region verstärkt werden. In einer anderen Region – ich gucke den Kollegen aus Düsseldorf an – muss man die Frage beantworten, wie schnell weitere Kanäle gebaut werden können, um die vielen Menschen, die hierher wollen, unterzubringen.