Protokoll der Sitzung vom 01.10.2015

Wir haben also noch einen weiten Weg vor uns, wie auch in anderen Bereichen der Inklusion; denn es setzt voraus, dass wir ein gesellschaftliches Neudenken bzw. ein Umdenken in der Fläche erreichen, und das braucht oft Zeit. Wir müssen Bewusstsein dafür schaffen, dass Einrichtungen und Familien nicht immer geschützte Orte sind, und wir brauchen ein Bewusstsein, dass diese Gruppen von Menschen einer mehrfachen Risikogefährdung unterliegen.

Das Thema Gewaltprävention muss intensiviert werden – überhaupt keine Frage. Aber ohne ein ressortübergreifendes, also auch ein interdisziplinäres Angehen des Themas werden wir keine nachhaltigen und keine flächendeckenden Erfolge erreichen. Deswegen brauchen wir auch hier Konzepte für eine inklusive Gewaltprävention und -bekämpfung, die wir sozusagen in den Mainstream implementieren müssen.

Wir als Landesregierung werden das in den entsprechenden Arbeitsgruppen, im IMAK, im Inklusi

onsbeirat und an vielen anderen Stellen weiter diskutieren. Wir werden den Aktionsplan „NRW inklusiv“ natürlich auch diesem Sinne weiterentwickeln. Wir hoffen darauf, dass die Diskussion dann auch breit getragen und die Umsetzung vor allem durch die Menschen in Nordrhein

Westfalen, die sich an vielen Stellen engagieren, auch die entsprechende Anerkennung findet. – Danke.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. – Das bleibt auch so. Dann kann ich die Aussprache zu Tagesordnungspunkt 12 schließen.

Wir kommen zur Abstimmung. Die antragstellenden Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Piraten haben direkte Abstimmung beantragt. Die führen wir jetzt auch durch. Wer dem Inhalt des Antrags mit der Drucksachennummer

16/9793 – Neudruck – zustimmen möchte, bitte ich um das Handzeichen. – Das sind SPD, Bündnis 90/Die Grünen und die Piraten. Stimmt jemand dagegen? – Die CDU-Fraktion. Wer möchte sich enthalten? – Die FDP-Fraktion. Mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis ist damit der Antrag Drucksache 16/9793 – Neudruck – angenommen worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 12, um aufzurufen – vormals Tagesordnungspunkt 14, jetzt – Tagesordnungspunkt

13 Kunstwerke im Besitz der öffentlichen

Hand inventarisieren

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 16/9796

Alle fünf im Landtag vertretenen Fraktionen haben sich inzwischen darauf verständigt, die Aussprache zu diesem Antrag nicht heute, sondern nach Vorlage der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Kultur und Medien durchzuführen.

Damit kommen wir direkt zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 16/9796 an den Ausschuss für Kultur und Medien. Wie eben mitgeteilt, soll die Aussprache und Abstimmung nach Vorlage der Beschlussempfehlung hier im Plenum erfolgen. Ist jemand mit diesem Überweisungsvorschlag nicht einverstanden oder möchte sich enthalten? – Beides ist nicht der Fall. Dann werden wir so verfahren.

Ich rufe auf vormals Tagesordnungspunkt 15, jetzt Tagesordnungspunkt

14 Kindertageseinrichtungen und Kinderta

gespflege bei der Bildung, Betreuung und Erziehung von Kindern aus Flüchtlingsfamilien besser unterstützen!

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 16/9802

Ich eröffne die Aussprache. Für die antragstellende Fraktion der CDU hat Frau Dr. Bunse das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Ministerin Kampmann, nicht erst seit der Expertenanhörung im Ausschuss wissen wir: Viele der Kitas in NRW sind finanziell fast am Ende. Die psychische und physische Belastung des Kitapersonals soll in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben. Dabei brauchen wir die Fachkompetenz der verschiedenen Träger im Kitabereich heute mehr denn je – gerade vor dem Hintergrund der Herausforderung vieler neu ankommender Kinder aus Flüchtlingsfamilien.

Bereits im ersten Halbjahr 2015 sind einige Tausend Flüchtlingskinder im Alter von einem bis sechs Jahren nach NRW gekommen, und das Ministerium geht von weiter steigenden Zahlen aus.

(Unruhe – Glocke)

Die kommunalen Jugendämter sind in der Pflicht, auch für diese Kinder Plätze in Kindertageseinrichtungen oder in der Kindertagespflege bedarfsgerecht vorzuhalten. Hier setzt unser Antrag an: Der Bund muss helfen, und das tut er auch. Jetzt ist auch das Land ausdrücklich in der Pflicht.

Wir fordern deshalb ein Landesinvestitionsprogramm zum qualitativen und quantitativen Ausbau der Tagesbetreuung für Kinder bis sechs Jahren, um ein bedarfsgerechtes und hochwertiges Platz- und Bildungsangebot ausdrücklich für alle Kinder auf den Weg zu bringen – sonst lassen wir eine ganze Generation zurück.

Bei der Realisierung muss das Land die Kommunen unterstützen. Besondere Unterstützung benötigen auch die Erzieherinnen und Erzieher. Vor allen Dingen werden die personellen Ressourcen deutlich erhöht werden müssen.

(Beifall von der CDU)

Aus Sicht der Kinder kann Integration sicher gelingen, wenn die Verantwortlichen durchdachte Konzepte vorhalten. So berichtet die „WAZ“, auf die Frage des in Gladbeck lebenden Musikers Fard an den kleinen Niklas, ob auch Ausländer seinen Kindergarten besuchten, habe die Antwort des kleinen Jungen gelautet: „Nein, da sind Kinder!“

Die in diesem Jahr vom Land bereitgestellten 6Millionen € für zusätzliche und vor allem niederschwellige Betreuungsangebote in den Kommunen sind da eindeutig zu wenig. Sie ermöglichen den Kindern und deren Eltern eine erste Kontaktaufnahme zu unserem Kitasystem. Eine Eingliederung der Kinder in das System bedarf jedoch weiterer umfangreicher finanzieller und personeller Ressourcen.

Vor allen Dingen muss eine Eingliederung der Flüchtlingskinder in den Kitaalltag für die Kommunen bürokratiearm gestaltet werden. Dabei muss sich der besondere Unterstützungsbedarf der neu ankommenden Flüchtlingskinder auch in der Höhe eines entsprechenden Fördersatzes wiederfinden.

Ein letzter Punkt. Wichtig ist – bei allem, was wir tun –, die Flüchtlingsmütter und -väter mit einzubeziehen; denn Betreuung, Bildung und Erziehung in den Kitas und in der Kindertagespflege sind auch eine Chance, die Mütter und Väter mit unserem Bildungs- und Wertesystem vertraut zu machen. Diese Chance sollten wir gemeinsam nutzen. Deshalb bitte ich Sie, unseren Antrag zu unterstützen und im Ausschuss mit uns zu diskutieren. – Danke.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Dr. Bunse. – Für die SPD-Fraktion hat jetzt Frau Kollegin Hack das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die gestrige und auch die heutige Debatte in unserem Hause hat – das haben wir alle verfolgen können – die vielfältigen Herausforderungen für alle staatlichen Ebenen thematisiert, die durch die Flucht Zehntausender Menschen nach Deutschland und damit auch nach NordrheinWestfalen entstanden sind, täglich neu entstehen und bewältigt werden müssen.

Dazu gehört zweifellos – das teilen wir völlig, Frau Kollegin Dr. Bunse – die Versorgung und Betreuung der hier ankommenden Kinder nicht nur mit sicherem Obdach, sondern auch mit kindgerechten Betreuungs- und Bildungsangeboten. Ihr Antrag, verehrte Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion, macht darauf nochmals aufmerksam und fordert zu Recht die Sicherstellung und den notwendigen Ausbau dieser Angebote ein.

Wie in allen Bereichen, für die das Land NordrheinWestfalen Verantwortung trägt, sind auch in der Kindertagesbetreuung in diesem Jahr Schritte unternommen worden, um für Kinder im Alter von null bis sechs Jahren Kitaplätze zusätzlich zur Verfügung zu stellen bzw. Kommunen und Träger in die Lage zu versetzen, dies zu tun. Auch wir halten die Betreuung und Bildung der Jüngsten in einer Kita für die beste Möglichkeit, sie und ihre Familien zu

unterstützen und vor allem mit der Integration zu beginnen.

Alle Kinder, die zugewiesen in einer Kommune leben – ich drücke das einmal so technokratisch aus; sehen Sie mir das bitte nach – und ein Jahr alt sind, haben einen Rechtsanspruch – Sie haben es erwähnt, Frau Dr. Bunse – auf einen Kitaplatz, egal, woher die Kinder, woher die Eltern stammen. Das Land finanziert – wir sprachen hier bereits sehr häufig darüber – alle von den Jugendämtern angemeldeten Plätze. Seit August dieses Jahres ist auch dank der KiBiz-Änderungen die Finanzierung der unterjährigen Aufnahme von Kindern verbessert. Seitens des Landes steht also der Erweiterung dieses Platzangebotes überhaupt nichts im Weg.

Wie aber in allen Bereichen des alltäglichen Lebens, sei es Wohnen, sei es Schule, sei es Gesundheitsversorgung oder eben der Bereich Kindertageseinrichtungen, zeigt sich natürlich auch hier vor Ort die Herausforderung, die große Zahl Neuankommender in kurzer Zeit in vorhandene Einrichtungen, also auch Kitas, zu integrieren. Natürlich ist es auch im Bereich Kindertageseinrichtungen an vielen Stellen eine Frage von zusätzlichem Raum und von zusätzlichem Personal, die gemeistert werden muss.

Das Land hat – Sie haben es angesprochen und erwähnen es in Ihrem Antrag – 6 Millionen € für die sogenannten Brückenprojekte zur Verfügung gestellt, die mit sehr geringem Aufwand – dafür bin ich sehr dankbar – von den Jugendämtern abgerufen werden können. Diese Mittel werden erwartungsgemäß sehr gut in Anspruch genommen. In meiner Heimatstadt Köln sind beispielsweise verschiedene konfessionelle Träger, aber beispielsweise auch der Kinderschutzbund unter denjenigen, deren Projekte bewilligt wurden. Gerade heute, wenn ich mich recht erinnere, endete die zweite Antragsrunde.

Mit diesen Projekten werden Gruppen ermöglicht, die auf vielerlei Art Kinder im Kitaalter und ihre Mütter und Väter an die ihnen nicht immer vertraute institutionalisierte frühe Bildung heranführen. Sie ermöglichen zudem eine kindgerechte und eine sicherlich auch beruhigende Umgebung, so möchte ich es einmal nennen, für die Kleinsten.

Diese Projekte werden wir erstens weiterführen, zweitens ausbauen, und der Haushalt für 2016 wird dafür einen beträchtlichen Betrag neben dem für die regulären angemeldeten Kitaplätze bereitstellen. Dann ist es an Ihnen, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion, dem Haushalt wenigstens für diesen Bereich – das hoffe ich – zuzustimmen. Das werden wir dann sehen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vor dem Hintergrund, dass wir den Antrag heute überweisen, will ich es bei diesen Anmerkungen belassen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Hack. – Für die Grünen spricht jetzt Frau Kollegin Asch.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, es ist richtig, dass wir unsere besondere Aufmerksamkeit den Flüchtlingen zuwenden. Wir wissen, ungefähr 50 % – das sind die Hälfte der Menschen, die bei uns Schutz und Zuflucht suchen – sind Kinder. Und diese Kinder haben ganz schreckliche Erfahrungen hinter sich, oft eine monatelange Flucht. Wenn sie hier ankommen und sich auf sicherem Boden befinden, müssen sie die Situation in den Massenunterkünften bewältigen. Von einer kindgerechten Umgebung kann man dort wahrlich nicht sprechen.

Deswegen brauchen diese Kinder unsere besondere Fürsorge und besondere Unterstützungsangebote.

Deswegen hat auch die Landesregierung schon vor Monaten ein Programm und 6 Millionen € bereitgestellt und in sehr enger Abstimmung mit den Wohlfahrtsverbänden und den Kirchen Maßnahmen auf den Weg gebracht. Es wurden die sogenannten Brückenprojekte aufgebaut, die vor allen Dingen in den Not- und Erstaufnahmeunterkünften wichtig sind, weil die Kinder ja aufgrund des bevorstehenden Ortswechsels keine dauerhafte Betreuung haben können.

Diese geschaffenen niedrigschwelligen Angebote wie zum Beispiel die mobile Kita, die insbesondere zu nennen ist, haben sich bewährt, und wir werden sie weiter ausbauen. Das hat Frau Ministerin Schäfer bereits in der Sitzung des Ausschusses am 17. September 2015 erklärt. Das heißt konkret: Zu den 6 Millionen €, die bereits im Haushalt stehen und die in diese Projekte fließen, kommen noch einmal – das steht im Haushaltsentwurf 2016 – 4,5 Millionen € hinzu.

In den kommunalen Unterbringungseinrichtungen ist die Kinderbetreuung mit den finanziellen Pauschalen für die Betreiber eigentlich abgedeckt. Mit diesem Geld sollen Spielstuben oder Eltern-KindGruppen eingerichtet werden. Ich sage „eigentlich“, weil wir Rückmeldungen aus den Kommunen haben – die Medien haben das als Problem aufgegriffen –, dass diese Kinderbetreuungsmöglichkeit nicht überall in den Unterkünften realisiert wird.