Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie uns das gemeinsam angehen! Lassen Sie uns auch gemeinsam die unterschiedlichen Fluchtursachen stärker in den Blick nehmen! Wir haben Ihnen dazu einen Vorschlag für eine Bundesratsinitiative unterbreitet. Wir wollen nicht das Grundrecht auf Asyl antasten, sondern wir wollen die Asylgesetzgebung insgesamt ergänzen, weil wir für die unterschiedlichen Gruppen auch unterschiedliche Antworten brauchen.
Wir haben die individuell politisch Verfolgten, wir haben aber momentan vor allem auch einen großen Zustrom von Bürgerkriegsflüchtlingen. Für diese sieht das europäische Recht bereits heute vor, dass bei einer solchen Entwicklung ein Massenzustrom vom Europäischen Rat festgestellt werden könnte. Dann kann ein vorübergehender humanitärer Schutz ausgesprochen werden mit einer Verteilung von Quoten auf die verschiedenen Länder.
Nun wissen wir alle, dass aufgrund der Uneinigkeit, dieser fehlenden Solidarität in Europa ein solcher Beschluss nicht zustande kommen wird. Deswegen schlagen wir als Freie Demokraten vor: Lasst uns ein eigenes Gesetz hier schaffen, um einen eigenen Status für Bürgerkriegsflüchtlinge zu schaffen! Damit müssen die Bürgerkriegsflüchtlinge nicht mehr durch das Nadelöhr des individuellen Asyls, damit haben sie die Möglichkeit, vom ersten Tag an Zugang zum Arbeitsmarkt und zur Integration zu bekommen.
Lassen Sie uns auf diese Art und Weise durch die Befristung den Familiennachzug restriktiv, aber fair regeln, und lassen Sie uns dann mit einer Einwanderungsregelung denjenigen, die sich am Ende des in ihrem Heimatland stattfindenden Krieges hier voll integriert haben, die wirtschaftlich auf eigenen Beinen stehen, eine dauerhafte Bleibeperspektive geben! Dafür haben wir unseren Gesetzentwurf hier heute eingebracht.
Ich glaube, dass das ein wichtiger Baustein sein kann, weil er auch Entlastung schafft. Er schafft Entlastung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, meine Damen und Herren. Er schafft aber auch Entlastung bei den Verwaltungsgerichten. Dann können wir uns auf diejenigen konzentrieren, die auch noch zu beurteilen sind. In der Folge gäbe es schnellere Entscheidungen für die politisch Verfolgten. Dann wäre auch mehr Spielraum vorhanden – dieses internationale Signal wird auch erwartet, denke ich –, dass wir zumindest einen Teil der Dublin-III-Fälle wieder rücküberstellen, um auf die europäischen Partner Druck zu machen, damit wir zu einer gemeinsamen europäischen Regelung kommen.
Meine Damen und Herren, in der Bevölkerung, aber auch unter den Flüchtlingen gibt es die Erwartungshaltung an die demokratischen Parteien in der Bundesrepublik Deutschland, aber auch bei uns in Nordrhein-Westfalen, gemeinsam zu zeigen, dass
wir einer historischen Herausforderung gewachsen sind. Deswegen sollten wir nicht in parteitaktisches Klein-Klein verfallen, sondern uns ernsthaft überlegen, wie wir diese Krise gemeinsam meistern.
Wir wissen, dass unser Vorschlag für einen Gesetzentwurf hier nicht alle Probleme lösen wird. Aber er liefert einen wesentlichen Baustein. Deswegen erwarten wir von Ihnen nicht mehr als eine kritische, aber konstruktive Diskussion über diesen Vorschlag.
Ich würde mich freuen, wenn wir hier im Dezember gemeinsam eine solche Bundesratsinitiative beschließen könnten. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, Herr Kollege Laschet, je größer ein Problem ist,
desto kühler sollte der Kopf sein. Das muss vor allen Dingen an die Adresse vieler in Ihrer Partei gerichtet werden.
Denn dort scheinen, Herr Kollege Laschet, zu viele inzwischen ihre Orientierung verloren zu haben. Deshalb sage ich gleich zu Beginn und in aller Klarheit: Menschen, die vor Fassbomben und Mörderbanden Schutz suchen, sind weder eine Katastrophe noch eine Bedrohung für unseren Staat. Deutschland befindet sich eben nicht in einem Ausnahmezustand.
Ihre Aktuelle Stunde, die Sie hier beantragt haben, kann doch nicht darüber hinwegtäuschen, Herr Kollege Laschet, dass das Einzige, was sich in unserem Land in einem Ausnahmezustand befindet, Ihre beiden Parteien sind, die Unionsparteien.
Zu Horst Seehofer, den Sie gerade noch in Schutz genommen haben, empfehle ich Ihnen die dpaMeldung von heute Morgen: Der bayerische Ministerpräsident lässt nicht nach. Er bereitet jetzt eine Verfassungsklage gegen die Bundesregierung vor.
Ja, das Land erwartet zu Recht von seiner Regierung konkrete Lösungen für konkrete Probleme. Doch dazu sind Sie, CDU und CSU, überhaupt nicht fähig; denn der Ausnahmezustand der Union zwingt Sie, alles, wirklich alles der Gesichtswahrung von Einzelpersonen unterzuordnen, Herr Kollege Laschet. Sie wollten gerade doch auch eine Fassade aus rhetorischer Pappe errichten, um Ihre innerparteilichen Trümmer zu verdecken.
Das gelingt aber nicht – auch nicht mit dieser Aktuellen Stunde, Herr Kollege Laschet. Das ist zu offensichtlich.
Horst Seehofer und seine Verbündeten in Ihrer Partei, in der Union, haben Sie an die Grenze der Regierungsunfähigkeit getrieben. Wozu eigentlich das alles, Herr Kollege Laschet? Die Antwort haben Sie in einem Interview mit der Zeitung „DIE WELT“ selbst gegeben – für Signale, für Zeichen, für Symbolik, aber eben nicht für Lösungen, für Konzepte und für Maßnahmen. In allem Ernst, Herr Kollege Laschet: Das ist einer großen Volkspartei mit der Tradition der CDU wirklich unwürdig.
Welche Probleme müssen wir jetzt lösen, meine Damen und Herren? Zuallererst brauchen Menschen, die vor Not und Verfolgung fliehen, Hilfe. Der Art. 16a unserer Verfassung gilt. Das Recht auf Asyl gehört zum Selbstverständnis unserer Republik.
Meine Damen und Herren von der CDU, es stimmt auch nicht, dass dieses Recht nur für Einzelfälle eingeführt worden sei. Muss ich wirklich daran erinnern, welche massenhaften Verfolgungen, welche Not und welche Verzweiflung die Väter und die vier Mütter des Grundgesetzes vor Augen hatten, als sie das Asylrecht in den Kanon der Grundrechte aufgenommen haben? Muss ich Sie, meine Damen und Herren von der CDU, wirklich daran erinnern, was seinerzeit der Grund für den damaligen Artikel 16 gewesen ist? Ich hoffe doch wohl nicht, meine Damen und Herren!
Zweitens. Wir brauchen mehr Ordnung bei der Einreise und mehr Geschwindigkeit bei der Abarbeitung der Asylverfahren. Da muss aber der Bund endlich liefern, meine Damen und Herren, und seine Arbeit machen, damit es mit der Beschleunigung
der Asylverfahren auch endlich etwas wird, Herr Kollege Laschet. Der Bund ist dafür zuständig. Der Bundesinnenminister hat die Verantwortung, und das Bundeskanzleramt hat die Verantwortung. Die müssen liefern, meine Damen und Herren.
Wir müssen drittens dafür sorgen, dass mittelfristig weniger Menschen bei uns Zuflucht suchen müssen und suchen wollen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, was haben Sie denn anzubieten, um diese Probleme zu lösen? Herr Kollege Laschet, Sie haben vorhin noch nicht einmal das Wort „Transitzonen“ in den Mund genommen. Sind Sie davon wieder weg? Mir fällt dazu Folgendes ein: Kommt eine Idee in einen leeren Kopf, dann füllt sie ihn vollständig aus, weil keine andere da ist,
Ihre Transitzonen sind doch eine Idee der Verzweiflung in einem leeren Kopf, meine Damen und Herren. Deswegen haben Sie sie gar nicht mehr genannt.
Fragen Sie doch einmal die Polizei danach, was die Praktiker von Transitzonen halten. Gar nichts! Scheinlösungen nennen sie das, Placebos.
Herr Kollege Laschet, das will ich Ihnen auch nicht ersparen: Der Essener Ruhrbischof Overbeck hält Transitzonen schlichtweg für unmoralisch; denn dort würden Menschen, so der Ruhrbischof, die ihr Leben retten wollen, zu Gefangenen. Er hat Ihnen das somit ins Stammbuch geschrieben.
Lassen Sie also die Finger davon. Es war richtig, dass Sie das vorhin nicht erwähnt haben. Es ist blödsinnig, eine solche Idee überhaupt in die Öffentlichkeit zu bringen, meine Damen und Herren.
Ich möchte das gar nicht weiter ausführen. Sie wissen das selbst, Herr Kollege Laschet. Mein Eindruck ist, dass Sie das ebenfalls für eine Scheinlösung halten. Sie müssen nur tapfer sein und das für Ihre Partei immer wieder erwähnen. Gerade haben Sie es nicht getan. Das ist auch ganz gut so. Schließlich wissen Sie selbst, dass das eine völlig verrückte Idee ist.
Meine Damen und Herren, ja, viele Menschen sind zwischen dem Wunsch, zu helfen, und den Sorgen vor den Folgekosten hin und her gerissen. Deshalb sage ich auch in aller Klarheit: Nie war eine vorbeugende Investitionspolitik wichtiger und richtiger als heute.
Herr Kollege Laschet, weil Sie vorhin Bayern als Beispiel genannt haben, sage ich Ihnen auch in aller Klarheit: Kein Bundesland wird im kommenden Jahr mehr Geld für Schulen, Kitas, Wohnungen, Sprachkurse und Maßnahmen zur Arbeitsmarktintegration ausgeben als Nordrhein-Westfalen – kein anderes Bundesland, auch Bayern nicht, Herr Kollege Laschet.