Protokoll der Sitzung vom 04.11.2015

Sie müssen auch mal lernen, zuzuhören. – Anderenfalls sorgt die Landesregierung nur für Unmut und Enttäuschung vor allem bei denjenigen, die mit großem Eifer in den Flüchtlingsunterkünften ihre Hilfe anbieten.

Ja, wir müssen bürokratische Hürden abbauen. Das steht in Ihrem Antrag drin. Wir müssen für Ehrenamtliche viele Zugänge erleichtern. Wir brauchen auch ein zentrales Beschwerdemanagement. Das haben Sie, Herr Herrmann, gerade richtig kommentiert. Es mag sein, dass man da dran ist. Aber seit einem Jahr bekommen wir eigentlich wenig davon mit. Es gibt genug Bundesländer, die vormachen, wie man es richtig machen kann. Im Antrag ist das Beispiel Baden-Württemberg erwähnt. Man muss

auch nicht immer wieder das Rad neu erfinden, sondern kann etwas Gutes durchaus abschauen.

Wir dürfen es nicht fahrlässig hinnehmen, dass Ehrenamtliche, die die Situation vor Ort sehr genau kennen, demotiviert werden, weil ihr Feedback von staatlichen Institutionen einfach nicht ernst genommen wird. Die staatlichen Institutionen brauchen ehrenamtliches Engagement und sollten dieses auch würdigen.

Die Hilfsbereitschaft gegenüber den Flüchtlingen ist groß. Sie muss erhalten und gestärkt werden. Ich glaube, darüber sind wir uns alle einig. Wir als CDUFraktion haben bereits in einem eigenen Antrag gefordert, dass es hauptamtliche Anlaufstellen für die ehrenamtlich Tätigen geben muss, die zukünftig als zentrale Ansprechpartner agieren und die Information, Vernetzung und Qualifizierung organisieren.

Wir brauchen verlässliche Rahmenbedingungen sowie eine stärkere Vernetzung und Fortbildung, um mehr Ehrenamtliche gewinnen und vermitteln zu können. Alle staatlichen Stellen und die Zivilgesellschaft stehen bei der Bewältigung dieser Herausforderung in der Pflicht.

Dennoch werden wir uns, auch wenn Sie sehr viele wirklich gute Punkte in Ihrem Antrag haben, an dieser Stelle enthalten –

(Lachen von Frank Herrmann [PIRATEN])

aus folgendem Grund, Frau Brand: Wir hätten uns gewünscht, dass Sie diesen Antrag wie ursprünglich geplant in den Ausschuss bringen und dass wir im Ausschuss über den einen oder anderen Punkt diskutieren können. Denn meines Erachtens sind die Punkte Flüchtlingsrat und Regionalkonferenzen nicht falsch, aber diskussionsbedürftig.

Sie haben sich dagegen entschieden und den Antrag zur direkten Abstimmung gestellt. Deshalb stimmt meine Fraktion an dieser Stelle nur mit Enthaltung. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin Güler. – Nun spricht für die grüne Fraktion Frau Kollegin Velte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen, liebe Zuschauer! Es ist schon großartig, was in diesem unseren Lande passiert. Es ist großartig, wie viele Menschen „Ja, willkommen“ und „Ja, wir helfen“ sagen. Es gibt auch nichts, was dem Einhalt gebieten könnte. Immer mehr Menschen melden sich und sagen: Wo Hilfe gebraucht wird, sind wir zur Stelle.

Darauf können wir in diesem Land, in unseren Städten, in allen unseren Einrichtungen, in den Kirchen- und Moscheegemeinden sehr stolz sein. Wir kön

nen nicht genügend dankbar für die Menschen sein, die sich Tag für Tag neben ihrer beruflichen Arbeit dort einbringen.

(Lebhafter Beifall von den GRÜNEN – Beifall von der SPD)

Wenn es Expertinnen und Experten für die Situation gibt, die sich vor Ort darstellt – wie funktioniert das eigentlich mit der Flüchtlingsunterbringung und mit der Integration vor Ort? –, sind es an ganz vielen Stellen die Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtler, die in Zusammenarbeit mit den Kommunen dazu eine Menge beitragen können.

Dazu braucht es – Frau Brand, da gebe ich Ihnen völlig recht – natürlich auch Koordinierung und Unterstützung des Ehrenamtes. Das ist auch der Grund, weshalb die Landesregierung schon Mittel zur Stärkung des Ehrenamtes bereitgestellt hat. Über die Höhe kann man sich immer streiten. Manchmal sind die Mittel da, und die Realität geht über die Mittel hinweg. Trotzdem können wir stolz darauf sein, dass wir diese Mittel zur Verfügung gestellt haben.

Ja – darüber streiten wir uns; wir werden auch nicht aufhören, uns darüber zu streiten –, ich habe mit Absicht die Kommunen genannt; denn die Arbeit, sowohl die hauptamtliche Arbeit als auch die ehrenamtliche Arbeit, passiert in den Kommunen. Auch die Koordinierung von Ehrenamt und von Mitteln der Integration muss als Allererstes in den Kommunen passieren.

Das Land hat die Aufgabe, die Kommunen dabei zu unterstützen. Das tun wir. Wir haben die feste Absicht, das weiter fortzuführen und noch zu verstärken.

(Lebhafter Beifall von den GRÜNEN)

Deswegen sind die Kommunen auch die ersten und wichtigsten Ansprechpartner. Da können wir – Herr Yetim hat schon darauf hingewiesen – auch noch einmal auf die Kommunalen Integrationszentren verweisen, die in diesen Tagen über ihr Stellenbudget hinaus auch Herausragendes leisten. Wir können sehr stolz auf die Arbeit der Kommunalen Integrationszentren sein – genauso stolz wie auf andere, die vor Ort koordinieren.

Wenn ich in unseren Häusern in meiner Stadt und in anderen Städten, die ich besuche, mit den Ehrenamtlichen spreche, stelle ich fest: Sie wünschen sich in der Tat Anlaufstellen. Sie wünschen sich in der Tat Koordinierung. Aber auf die Idee – wobei wir eine Kultur der Ehrung dringend brauchen; da bin ich ganz bei Ihnen –, neben dieser ehrenamtlichen Tätigkeit noch auf Regionalkonferenzen zu fahren und zu schauen, was eigentlich die nächste Stadt macht, kommen viele von ihnen nicht.

Man kann eine solche Idee durchaus diskutieren.

(Frank Herrmann [PIRATEN]: Genau das! Genau das ist richtig! – Simone Brand [PIRATEN]: Das ist richtig!)

Sie stellen das aber direkt zur Abstimmung. Ich würde lieber basisdemokratisch, wie ich denke,

(Lachen von Hanns-Jörg Rohwedder [PIRATEN])

mit den Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtlern darüber sprechen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Daher tut es mir leid: An dieser Stelle können wir nicht bei Ihnen sein.

Was die Frage des Internets angeht, sage ich: Ich weiß, dass das Beschwerdemanagement auf einem guten Weg ist. Das haben wir ja aus dem Innenausschuss gehört. Die Finanzierung des Flüchtlingsrates ist auch auf einem guten Weg.

(Frank Herrmann [PIRATEN]: Zu lange!)

Zur Frage der Präsenz und der Koordinierung: Sie können über die entsprechende Seite schimpfen.

(Simone Brand [PIRATEN]: Wir haben nicht darüber geschimpft!)

Ich finde, dass diese Seite wenigstens ein guter Anfang ist. Sie führt weiter.

Es tut mir leid, dass wir den Antrag jetzt ablehnen müssen. Ich hätte ihn gerne im Ausschuss diskutiert. Aber wenn Sie auf direkter Abstimmung bestehen, ist das eben so. Wir werden im Ausschuss sicherlich Möglichkeiten finden, die einzelnen Themen ohne große Emphase zu diskutieren, wie wir es im Integrationsausschuss gewöhnt sind.

Deswegen freue ich mich auf weitere Diskussionen dort. Wegen des Antrags tut es mir leid. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Velte. – Für die FDP-Fraktion spricht nun Herr Dr. Stamp.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde, dass sich die Tonlage wohltuend von der am heutigen Vormittag unterscheidet. Herr Yetim ist ja auch jemand, der gerne sehr kräftig argumentiert. Er hat an dieser Stelle aber offenbar auch ein Gespür, wo das angebracht ist und wo nicht. Vielen Dank, dass wir hier insgesamt vernünftig diskutieren. Das gilt selbstverständlich auch für Frau Velte und Frau Güler. Das tut, glaube ich, einer Debatte gut.

Es ist eben schon angesprochen worden, dass wir auch als Parlamentarier denjenigen danken müssen, die im Moment vor Ort die Arbeit stemmen und

Überstunden leisten. Die Hauptamtler sind im Rahmen dessen, was sie über die Hauptamtlichkeit hinaus machen, im Grunde genommen auch ehrenamtlich tätig. Wir sollten uns also auch einmal bei den kommunalen Beamten bedanken, die zum Teil nicht auf die Uhr gucken und vor Ort viele Dinge stemmen, um die Erledigung sonstiger Pflichtaufgaben weiter am Laufen zu halten. Auch ihnen kann man ein Dankeschön sagen. Das gilt auch für viele Lehrerinnen und Lehrer, die versuchen, die schwierige Situation an den Schulen aufzufangen.

Ich finde es auch ehrenwert – das sage ich an dieser Stelle –, dass die Piraten Helfer aus der Flüchtlingsarbeit zu einer Konferenz eingeladen haben, will aber darauf eingehen, warum wir als FDP diesem Antrag hier trotzdem nicht folgen. Ich schätze, dass Kollegen wie Frau Brand oder Herr Herrmann dieses Thema wirklich mit großer auch zeitlicher Intensität und großer Leidenschaft beachten. Das ist, denke ich, auch etwas, was man von professionellen Politikern erwarten muss. Dennoch ist es nicht immer und überall der Fall. Das wird hier von Ihnen aber sehr professionell gemacht. Auch für uns nehme ich das in Anspruch.

Wir kommen – das muss man dann auch sagen – bei vielen zentralen Entscheidungen zu diesem Thema zu unterschiedlichen Bewertungen. Das gilt auch im Hinblick auf die politische Ausrichtung des Flüchtlingsrates. Da haben Sie eine sehr große Nähe zu einer Position, die sich sehr stark Richtung „Open Border“ orientiert. Diese Haltung kann man vertreten. Das ist aber nicht die Haltung der Freien Demokraten; denn wir glauben, dass wir geregelte Verfahren und auch eine differenzierte Betrachtung der verschiedenen Flüchtlingsgruppen brauchen, um adäquate Lösungen – auch unterschiedliche rechtliche Lösungen – hervorbringen zu können.

Deswegen täte ich mich schwer, zu sagen: Wir geben jetzt besondere Fördermittel an den Flüchtlingsrat, der genau diese Position bezüglich „Open Border“ ja auch in Broschüren, politischen Diskussionen usw. immer weiter vorträgt. Ich halte das für den falschen Weg. Deswegen bin ich gegen eine solche institutionelle Aufrüstung des Flüchtlingsrates.

Man hätte – dafür bin ich – bestimmte Dinge sehr wohl an anderer Stelle, zum Beispiel im Ausschuss, diskutieren können. Man hätte durchaus darüber sprechen können, wie man die dezentrale Flüchtlingsarbeit effizienter unterstützen könnte und welche zusätzlichen Mittel man für die Koordinierung von Ehrenamt auf den Weg bringen könnte. Da wären wir möglicherweise mit Ihnen an Bord gewesen.

Sie bestehen jetzt auf direkter Abstimmung. Deswegen werden wir an dieser Stelle nicht zustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Dr. Stamp. – Nun spricht der zuständige Minister. In seiner neuen Funktion ist das seine erste Rede. Herr Minister Schmeltzer, Sie haben das Wort.

: Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Präsident, auch in der neuen Funktion hat sich hier nichts geändert. Es ist also alles beim Alten.

Die Pulthöhe bleibt.