Protokoll der Sitzung vom 04.12.2015

Zu den Ausführungen von Herrn Lamla nur einige kurze Anmerkungen: In der Tat ist es richtig, dass uns die Digitalisierung gerade im Medienbereich vor massive Herausforderungen stellt, was sowohl die Veränderungen in der Produktion von Content oder Inhalt im Medienbereich als auch das veränderte Nutzer- oder Rezipientenverhalten angeht.

Nicht richtig ist Ihre Einschätzung, dass die Landesregierung dem nicht auch durch ausreichende Mittelgewährung Rechnung tragen würde. Die Mittel, die Sie zitiert haben, die an die Film- und Medienstiftung NRW oder an das Grimme-Institut gehen, sind ja keine Mittel, die nur für traditionelle Medienproduktionen zur Verfügung stehen. Vielmehr stehen diese Mittel gerade auch für Projekte im Bereich der Digitalisierung und für Fragen der Digitalisierung im Medienbereich zur Verfügung.

Lassen Sie uns also gemeinsam daran arbeiten, den in der Tat gewaltigen Herausforderungen, die in diesem Bereich bestehen, zu begegnen. Schließlich wollen wir den starken Medienstandort NRW auch weiterhin stark erhalten. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister Lersch-Mense. – Als nächste Rednerin für die CDU-Fraktion steht Freifrau von Boeselager auf der Rednerliste.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sprechen heute über den Haushalt für den Teilbereich „Europa und Eine Welt“. Ich muss feststellen – Herr Minister LerschMense, Sie sind ja neu in diesem Amt –, dass er Jahr für Jahr überrollt wird. Es ist nichts wesentlich Neues zu erkennen.

Herr Staatssekretär Dr. Eumann hat uns zwar in der Sitzung des Europaausschusses mitgeteilt, dass sich Europa in einer Ausnahmesituation befindet und vor einer Zerreißprobe und riesigen Aufgaben steht. Aber ich kann nicht erkennen, dass sich das irgendwo im Haushalt widerspiegelt. Es ist eher der Haushalt eines Biedermanns. Nun muss das ja nicht schlecht sein. Aber wir sind das bevölkerungsreichste Land innerhalb Europas. Insofern haben wir auch eine besondere Verpflichtung, auf dieses Europa einzuwirken und zuzugehen.

Was sich im Haushalt bewährt hat, wollen wir natürlich nicht infrage stellen, ob das die Europaschulen sind oder das Weimarer Dreieck ist. Aber mir fehlt etwas Neues, was für die Bewältigung der Zukunftsaufgaben wichtig wäre.

(Marc Herter [SPD]: Dann stellen Sie doch einen Antrag!)

Mir fehlen Impulse, welche emotionalen Themen wir auch innerhalb der EUREGIO aufgreifen sollten. Hier könnte man neue Schwerpunkte setzen.

Was die Eine-Welt-Politik angeht, so finden wir das Promotorenmodell sehr wichtig. Es geht darum, dass wir die vielen Ehrenamtlichen bündeln. Das ist für unser großes Land Nordrhein-Westfalen auch für die Zukunft in der Tat eine wichtige emotionale Aufgabe.

In der Eine-Welt-Politik hat es aber auch gestockt. In Bezug auf Mpumalanga oder Ghana sind wir in der Entwicklung nicht weitergekommen.

Momentan stehen wir in Europa vor riesigen Flüchtlingsproblematiken. Hier könnte man neue Perspektiven liefern. Beispielsweise könnte man sich die Frage stellen: Wie kann das Land NordrheinWestfalen dazu beitragen, dass es weniger Fluchtursachen gibt? Ich denke, dass wir da generell einer Meinung sind. Wir sollten uns aber fragen, wie wir als Land Nordrhein-Westfalen noch stärker dazu beitragen können.

Nächstes Jahr feiern wir 25 Jahre der guten nachbarschaftlichen Beziehungen zu Polen. Wir haben ein großes Jugendprogramm mit Polen, das auch für 2016 positive Zeichen setzen wird, denke ich. Ich bin allerdings der Meinung – diese Aufgabe möchte ich Ihnen mit auf den Weg geben –, dass Sie in der Staatskanzlei selbst darüber nachdenken, welche neuen Perspektiven Sie für Europa und die Eine Welt liefern könnten. Wir würden Sie gerne dabei unterstützen; denn das ist ein wichtiges Ziel. Wir sind uns einig, dass es sich nicht lohnt, darüber über Parteigrenzen hinweg zu streiten. Vielmehr wollen wir uns kreativ mit einbringen.

Zum Abschluss möchte ich noch Folgendes betonen: Es ist wichtig – Sie haben es dankenswerterweise angesprochen –, klare Zielvorstellungen für die Zukunft von Bonn/Berlin zu haben. Wir freuen uns, dass wir Sie auf unserer Seite haben; denn es ist für den UN-Standort Bonn und seine Internationalität sehr wichtig, weiterhin Ministerien in Bonn zu behalten. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Freifrau von Boeselager. – Als nächster Redner spricht für die SPD-Fraktion Herr Kollege Münchow.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich direkt dem Appell von Frau von Boeselager anschließen. Wenn wir es in Deutschland und in anderen westlichen Ländern endlich schaffen würden, das 0,7-%Entwicklungshilfeziel umzusetzen, dann wären viel

leicht viele Probleme in den Ländern gelöst, aus denen die Flüchtlinge hierher kommen. Ich kann nur noch einmal an alle appellieren – NordrheinWestfalen ist da leider nicht in der Verantwortung, sondern andere –: Wir müssen alle gemeinsam daran arbeiten, dass dieses Ziel endlich umgesetzt wird. Das ist von ganz zentraler Bedeutung.

NRW ist in Europa fest verankert und hat als dessen größte Region ein vehementes Interesse an Europa – wirtschaftlich, politisch und kulturell. Brüssel liegt näher an Düsseldorf als Berlin. Unser Land hat schon immer einen regen Austausch mit den Beneluxländern gepflegt, aber vor allen Dingen auch mit Frankreich.

Als größtes deutsches Bundesland pflegen wir auch Kontakte in die ganze Welt. Die Ministerpräsidentin und der Wirtschaftsminister sind gerade aus Südamerika zurückgekommen, wo sie für unser Bundesland geworben haben. Mit Ghana und

Mpumalanga haben wir Kontakte in andere Regionen der Welt. Die Erhöhung der Mittel im Promotorenprogramm stärkt das zivilgesellschaftliche Engagement. Dafür sind wir dankbar.

In Europa hat NRW enge Beziehungen zu Schlesien und Nord-Pas de Calais. Frankreich ist unser enger Partner und wurde jetzt von abscheulichen Terroranschlägen getroffen. Der Opfer haben wir alle gemeinsam am Mittwoch in diesem Hohen Haus gedacht.

Was gerade in Polen passiert und ganz aktuell in Dänemark – Sie konnten es heute in der Zeitung lesen; dort werden Dinge abgelehnt, die ein weiteres Zusammengehen von Europa betreffen –, macht mich aber genauso unruhig wie der Terror. Die Nichtaufnahme von Kriegsflüchtlingen aus angeblicher Angst vor Terror ist schändlich und Europas Werten nicht angemessen.

(Beifall von der SPD, den PIRATEN und Rei- ner Priggen [GRÜNE])

Nach Ungarn zieht sich womöglich ein zweites Land Osteuropas aus dem gemeinsamen Wertekanon Europas zurück. Das müssen wir gemeinsam verhindern.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich würde mir ein Europa der Zukunft wünschen, in dem wir keinen Platz mehr für nationale Ausfälle haben. Europa muss ein Kontinent unserer Werte – Freiheit, Selbstbestimmung und Solidarität – sein. Vielleicht müssen wir deshalb in Zukunft auch über andere Wege in diesem Europa nachdenken. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD und Reiner Priggen [GRÜNE])

Vielen Dank, Herr Kollege Münchow. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Ellerbrock.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bevor ich zu Europa komme, noch ein paar Anmerkungen zu Ihnen, Herr LerschMense: Herr Minister, wenn es gilt, den Landesentwicklungsplan auf möglichst breiter Basis zu verabschieden, dann bitte ich darum – das habe ich mehrfach für meine Fraktion erklärt –, dass wir daran mitarbeiten können.

Das setzt natürlich auch eine inhaltliche Auseinandersetzung voraus. Wir haben einen Antrag gestellt, von dem selbst der Kollege Eiskirch damals sagte, das sei eine Grundlage, wie wir weiter zusammenarbeiten könnten. Die Signale zur Zusammenarbeit aus Ihrem Hause sind zumindest so, dass ich sie nicht verstanden habe. In manchen Bereichen kann sogar ich feinfühlig sein, beim Hören zum Beispiel. Das hätte ich, glaube ich, gehört.

Zweitens. Natürlich haben Sie recht, wenn Sie vom Grundsatz des 5-Hektar-Ziels sprechen. Das ist aber etwas für Fachleute. Draußen wird das nicht verstanden. Dass es draußen nicht verstanden wird, kann ich nachvollziehen; denn auf Seite 15 des jetzigen Entwurfs steht:

„Ca. 15 % der Landesfläche sind als Kernflächen eines alle Landesteile übergreifenden Biotopverbundes erfasst...“

Wir haben diese 15 % in der Biodiversitätsstrategie verankert. Sie stehen auch im Entwurf des Landesnaturschutzgesetzes. Wenn Sie auf der einen Seite solche Forderungen stellen und auf der anderen Seite erklären: „Aber das 5-Hektar-Ziel meinen wir ja nur als Grundsatz“, passt das nicht zusammen.

Ihre Aufgabe ist es – das ist der Ärger, der Ihnen als Chef der Staatskanzlei dienstgradmäßig zusteht –, das zusammenzufassen und damit dem Kollegen Remmel, der ja auch nicht – das muss ich auch einmal sagen – in allen Dingen beratungsresistent ist...

(Zuruf von Minister Franz-Josef Lersch- Mense)

Ja, da haben wir eine ganz andere Wahrnehmung. – Das ist der Ärger, den Sie auflösen müssen. Gucken Sie einmal; meine Kollegin kriegt schon fast Schnappatmung, weil ich das sage. Ich meine es aber so.

(Beifall von der FDP)

Frau Kollegin Asch, bevor ich zu Europa komme: Ich habe eine ganz andere Wahrnehmung der Probleme in der Energiepolitik. Es ist für mich abenteuerlich, sich dergestalt festzulegen, dass man noch nicht einmal einen Erkenntniszugewinn haben möchte, wo man in Nordrhein-Westfalen Gas gegebenenfalls auch mit unkonventioneller Förderung gewinnen will. Warten wir einmal ab, bis Gazprom für drei Monate eine Revision der Gasleitungen vornimmt, die ersten Kühltruhen ein bisschen auftauen

und es anfängt zu riechen, von den industriellen Problemen ganz abgesehen! Ich glaube, dann werden wir ein ganz anderes Verständnis der Probleme haben.

Frau Asch und auch Frau von Boeselager, ich bin gerne bereit, Ihre Ausführungen in weiten Teilen mitzutragen; damit haben wir keine Probleme. Aber mit dem Promotorenprogramm hatten Sie doch in Solingen selbst gewisse Probleme, die Sie im Ausschuss dargestellt haben. Die Finanzierung des Promotorenprogramms verstehen vorzugsweise

diejenigen, die selbst begünstigt sind. Alle anderen haben Schwierigkeiten mit der Sinnfälligkeit dieser Finanzierung. Das lehnen wir ab. Das ist überhaupt nicht in Ordnung.

(Beifall von der FDP – Stefan Engstfeld [GRÜNE]: Das ist Unsinn!)

Meine Damen und Herren, was entwicklungspolitische Bildung und Zusammenarbeit angeht, sagen wir Nein dazu. Das müssen wir nicht finanzieren. Wir machen keine Nebenaußenpolitik in NordrheinWestfalen. Das soll nicht sein.

Die kommunale Entwicklungszusammenarbeit ist auch so ein Schmankerl. Da wird Geld ohne Verbindlichkeit von A nach B geschoben. Wenn ich eine Verbindlichkeit, was mit dem Geld geschieht, erreichen will, muss ich letztendlich auch einem Schiedsgericht zustimmen, dem man sich dann unterwirft. Das ist aber nicht gewollt. Hängt das damit zusammen, dass TTIP im Raume steht und man das da nicht haben will? Ich sage: Entwicklungszusammenarbeit ohne Verbindlichkeit ist ein Blindflug, das wollen wir so nicht haben.

(Beifall von der FDP)

Meine Damen und Herren, den Bereich Entwicklungszusammenarbeit lehnen wir ab.

Lassen Sie mich zwei Worte zu Europa finden. Ich bin überzeugt, nicht nur nach den Ereignissen in Paris: Wir brauchen mehr Europa und nicht weniger Europa. Heute Morgen fand das parlamentarische Frühstück der Deutschen Kriegsgräberfürsorge statt. Wenn ich Europakritiker habe, die ich nicht überzeugen kann – ich sage das hier so deutlich –, versuche ich, eine Fahrt nach Ysselsteyn oder zu einem großen Kriegsgräberfriedhof durchzuführen. Wer über einen Kriegsgräberfriedhof läuft, der weiß, was 70 Jahre Frieden bedeuten, der weiß die Bedeutung Europas ganz anders darzustellen, der weiß, was uns Europa wert sein muss.

(Beifall von der FDP)

Wir brauchen mehr Europa, nicht weniger Europa. Ja zum Haushaltsansatz Europa von uns. – Danke schön.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der SPD)