Volker Münchow

Sitzungen

16/36 16/61 16/72 16/86 16/91 16/96 16/99 16/109

Letzte Beiträge

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nico Kern, ich gebe Dir durchaus recht, dass Amerika nicht gerade ein Vorbild für Datenschutz ist und in der Tat die Vereinigten Staaten von Amerika dauernd illegal Daten abgreifen. Das brauchen wir hier nicht zu diskutieren. Ich will auch gar nicht so sehr ins Detail des Antrags gehen. Das ist nämlich leider so und wird wahrscheinlich auch so bleiben.
Ich befürchte, dass wir nicht viel daran ändern werden. Ein gutes Beispiel ist das Abhören des Handys der Kanzlerin, was noch nicht so lange her ist. Das ist nur ein Baustein unter vielen. Aber Datentransfer zwischen Europa und den USA muss nun einmal sein. In einer globalisierten Welt funktioniert es anders nicht.
Der Europäische Gerichtshof hat am 8. Oktober 2015 die Entscheidung zu Safe Harbor für ungültig erklärt. Ich glaube, dass das ein richtiger Schritt war. Der Europäische Gerichtshof sieht es in der Tat so, dass er der Hüter der europäischen Daten gegenüber den Amerikanern ist. Jetzt ist natürlich eine neue Regelung notwendig.
Als Kritik an dem Antrag der Piraten muss ich feststellen – das ist eben bei einem ganz anderen Thema schon einmal angesprochen worden –: Der Deutsche Bundestag – ich weiß: Die Piratenfraktion
ist natürlich nicht im Deutschen Bundestag vertreten – wäre aber der richtige Ort, um das ganze Thema zu diskutieren, und nicht der Landtag Nordrhein-Westfalen,
weil in der Tat einzig und allein der Bund dafür zuständig ist – und nicht der Europaausschuss des Landtags. Das ist so.
Wenn Sie jetzt beantragen wollen, ihn abzuschaffen, Herr Marsching, dann machen Sie das doch.
Fakt ist ganz einfach, dass der Bund zuständig ist. Ich bin mir aber sicher, dass auch die Landesregierung des Landes Nordrhein-Westfalen die Verhandlungen weiter begleiten wird und in der Tat versucht, die Interessen von Nordrhein-Westfalen zu wahren; denn natürlich haben auch wir in Nordrhein-Westfalen kein Interesse daran, dass unsere Daten in den USA irgendwo gelagert werden oder damit irgendwelcher Missbrauch getrieben wird, der uns nicht gefällt.
Ich möchte gerne die innenpolitische Sprecherin der Sozialdemokraten im EU-Parlament, Birgit Sippel, aus der S&D-Fraktion im Europaparlament zum Thema „EU-US Privacy Shield“ kurz zitieren. Sie sagt – das ist nur ein kleiner Auszug –:
„Ein schicker neuer Name – Privacy Shield statt Safe Harbor – macht noch keinen Grundrechtsschutz für EU-Bürger. Auf Basis dessen, was bisher über den Deal bekannt ist, scheint ein erneutes Scheitern vor dem Europäischen Gerichtshof sehr wahrscheinlich.“
Ich persönlich gehe auch davon aus, dass auch diese Vereinbarung vor dem Europäischen Gerichtshof scheitern wird. Dann wird es wohl noch einmal neue Verhandlungen geben müssen. Das sehe ich auch so.
Die Vereinigten Staaten haben wohl schriftlich versichert, dass sie keine Massenbespitzelung europäischer Daten durchführen werden.
In der Tat, das ist wirklich eine Pointe, über die man lachen kann. Das muss ich Ihnen zugestehen. Ich wollte das auch nur einmal aufführen. Ich halte das genauso wie Sie für einen Popanz. Das wird wohl nicht so gemeint sein, wie es hinterher gehandelt wird. Das ist sicherlich kein wirkungsvoller Rechtsschutz für uns in Europa.
Wir werden trotzdem diesen Antrag ablehnen, aber wir wollen auch, dass die Vorgaben des „Safe-Harbor“-Urteils des Europäischen Gerichtshofs umgesetzt werden. Sicherlich werden wir dieses Thema immer wieder auf der Tagesordnung haben, aber vor allen Dingen im Deutschen Bundestag, der dafür zuständig ist und wo es hingehört. Hier gilt für mich und meine Fraktion, dass die Abkommen mit anderen Ländern generell intensiv zu prüfen sind. Im Fall von CETA und TTIP sind wir durchaus in vielen Punkten einer Meinung, dass sie mit den Standards des europäischen Rechts zusammenpassen müssen. Das muss gewährleistet sein. Das gilt auch für dieses Abkommen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich direkt dem Appell von Frau von Boeselager anschließen. Wenn wir es in Deutschland und in anderen westlichen Ländern endlich schaffen würden, das 0,7-%Entwicklungshilfeziel umzusetzen, dann wären viel
leicht viele Probleme in den Ländern gelöst, aus denen die Flüchtlinge hierher kommen. Ich kann nur noch einmal an alle appellieren – NordrheinWestfalen ist da leider nicht in der Verantwortung, sondern andere –: Wir müssen alle gemeinsam daran arbeiten, dass dieses Ziel endlich umgesetzt wird. Das ist von ganz zentraler Bedeutung.
NRW ist in Europa fest verankert und hat als dessen größte Region ein vehementes Interesse an Europa – wirtschaftlich, politisch und kulturell. Brüssel liegt näher an Düsseldorf als Berlin. Unser Land hat schon immer einen regen Austausch mit den Beneluxländern gepflegt, aber vor allen Dingen auch mit Frankreich.
Als größtes deutsches Bundesland pflegen wir auch Kontakte in die ganze Welt. Die Ministerpräsidentin und der Wirtschaftsminister sind gerade aus Südamerika zurückgekommen, wo sie für unser Bundesland geworben haben. Mit Ghana und
Mpumalanga haben wir Kontakte in andere Regionen der Welt. Die Erhöhung der Mittel im Promotorenprogramm stärkt das zivilgesellschaftliche Engagement. Dafür sind wir dankbar.
In Europa hat NRW enge Beziehungen zu Schlesien und Nord-Pas de Calais. Frankreich ist unser enger Partner und wurde jetzt von abscheulichen Terroranschlägen getroffen. Der Opfer haben wir alle gemeinsam am Mittwoch in diesem Hohen Haus gedacht.
Was gerade in Polen passiert und ganz aktuell in Dänemark – Sie konnten es heute in der Zeitung lesen; dort werden Dinge abgelehnt, die ein weiteres Zusammengehen von Europa betreffen –, macht mich aber genauso unruhig wie der Terror. Die Nichtaufnahme von Kriegsflüchtlingen aus angeblicher Angst vor Terror ist schändlich und Europas Werten nicht angemessen.
Nach Ungarn zieht sich womöglich ein zweites Land Osteuropas aus dem gemeinsamen Wertekanon Europas zurück. Das müssen wir gemeinsam verhindern.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich würde mir ein Europa der Zukunft wünschen, in dem wir keinen Platz mehr für nationale Ausfälle haben. Europa muss ein Kontinent unserer Werte – Freiheit, Selbstbestimmung und Solidarität – sein. Vielleicht müssen wir deshalb in Zukunft auch über andere Wege in diesem Europa nachdenken. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen den Benelux-Staaten und Nordrhein-Westfalen ist im Kontinent Europa seit vielen Jahren beispielgebend. Beim Besuch des
SPD-Arbeitskreises im Oktober dieses Jahres bei der Benelux-Union in Brüssel konnten wir uns davon überzeugen. Nicht zuletzt die ständige Präsenz einer Mitarbeiterin der Staatskanzlei bei der Benelux-Union bringt die Nationalstaaten Belgien, Luxemburg und Niederlande enger mit dem Bundesland Nordrhein-Westfalen zusammen.
Diese Arbeit ist vom Land NRW immer begleitet worden. Mein Dank gilt hier der ehemaligen Ministerin Frau Dr. Angelica Schwall-Düren und ihrem Stab für die ausgezeichnete Arbeit und die enge Zusammenarbeit von NRW und Benelux. Ihrem Nachfolger Franz-Josef Lersch-Mense wünsche ich eine glückliche Hand.
Aber auch hier im Landtag Nordrhein-Westfalen ist das Thema „Benelux“ stark verankert. Ich bedanke mich ganz ausdrücklich bei Vizepräsident Uhlenberg, der leider heute nicht hier ist – ich bitte die Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion, ihm diesen Dank zu übermitteln –, für seine Arbeit und bei den Mitgliedern der Parlamentariergruppe NRWBeNeLux für die engagierte Arbeit in diesem Themenfeld.
NRW und die Benelux-Staaten Belgien, Luxemburg und Niederlande erwirtschaften ein Bruttoinlandsprodukt, das mit dem Bruttoinlandsprodukt von Russland, Kanada oder Italien vergleichbar ist. Hier zeigt sich der Stellenwert dieser Zusammenarbeit in wirtschaftlicher Hinsicht. Auch in Europa mit seinen Investitionen sind diese Länder stark vertreten. Die Euregio gab es zwischen NRW und den Niederlanden in den 50er-Jahren zum ersten Mal.
Neben diesen vielen positiven Aspekten gibt es aber auch weiterhin Bedarf, die Zusammenarbeit zu verbessern oder auch wieder in neuen Schwung zu bringen; denn wir alle wissen, anders als in den 50er-, 60er- und 70er-Jahren ist für viele Menschen die enge Zusammenarbeit zum Normalfall geworden. Seit Schengen gibt es auch keine Kontrollen an den Grenzen mehr.
Wenn man sich auf einer Weltkarte die Welt von oben anschaut, werden die Randstad, der Wirtschaftsraum Brüssel, die ZARA-Häfen und das Rhein-Ruhr-Gebiet als eine Einheit wahrgenommen – so wie manche Städte in China, deren Namen wir kaum kennen, die aber mehr Einwohner haben als unser Bundesland. Deshalb ist Vernetzung wichtig und nötig, um global zu bestehen. Von Dortmund im Osten des Ruhrgebiets bis Amsterdam im Westen der Randstad sind es gerade einmal 200 km Luftlinie. Aus globaler Sicht ist das keine Entfernung. Beispielsweise sind die ZARA-Häfen Zeebrügge, Antwerpen, Rotterdam und Amsterdam für NRW von erheblich größerer Bedeutung als zum Beispiel Hamburg, Bremerhaven oder Emden.
Landtag und Landesregierung und natürlich die Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen sind gefordert, in Belgien, in Luxemburg und in den Nie
derlanden die Bürgerinnen und Bürger wieder mehr über die NRW-Benelux-Kooperation zu informieren und die Vorteile der Zusammenarbeit zu erklären. Deswegen möchten wir von der Landesregierung regelmäßig im Ausschuss über die Zusammenarbeit informiert werden, um als Abgeordnete diese Themen in die Fläche zu tragen – getreu dem Motto: Tue Gutes und rede darüber.
Angesichts der Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt ist nach unserer Auffassung eine bessere grenzüberschreitende Zusammenarbeit bei der Sicherung der Arbeitsmobilität vonnöten. Sie ist letztendlich ein wesentlicher Vorteil für die Menschen im Grenzgebiet. Dies gilt es auch für die Arbeitsmärkte zu nutzen und für NRW und für Benelux Vorteile zu generieren; denn auf einem globalen Markt können sich nur noch starke Player behaupten.
Ein anderer zentraler Punkt ist die grenzüberschreitende Notfallversorgung. Wir wollen deshalb die Landesregierung auffordern, eine bessere Zusammenarbeit zwischen NRW und den Niederlanden und Belgien zu verhandeln, um den Bürgerinnen und Bürgern der Grenzregion mehr Sicherheit zu bieten, und den Landtagsfachausschuss über die Verhandlungen zu informieren.
Fazit: Die Zusammenarbeit zwischen unserem Bundesland und Benelux funktioniert gut. Es gibt jedoch immer wieder Punkte, wo eine Verbesserung notwendig ist oder wo nachgesteuert werden muss.
Ich darf mich für die SPD-Fraktion nochmals bei der Landesregierung, aber auch bei den Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus bedanken, die sich diesem zentralen europäischen Thema widmen, und hoffe, dass die NRW-Benelux-Zusammenarbeit weiter ein Motor in Europa ist und entgegengesetzten Tendenzen in einigen Ländern der EU entgegenwirken wird.
NRW ist stark, Benelux ist stark; aber gemeinsam sind wir stärker! – Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Krise in Griechenland, aber vor allen Dingen die Flüchtlingssituation in Europa sind in aller Munde. An den Küsten Europas ertrinken Menschen, darunter auch viele Kinder.
Ich weiß nicht, wer gestern und heute in den Medien die Bilder von ertrunkenen syrischen Flüchtlingskindern gesehen hat. Das macht einen doch ziemlich fertig. Und die Haltung vieler Länder, die sich gern Europäer nennen – ich nehme hier einmal Ungarn oder Großbritannien heraus –, lässt mich in diesem Kontext an der europäischen Gesinnung zweifeln. Alle Vorteile mitnehmen, aber bei Schwierigkeiten die Türen zusperren – das sind die Probleme in Europa!
Aber nein, Thema der heutigen Debatte über Europa ist die deutsche Sprache. Das ist sicherlich ein wichtiges Thema. Aber zu diesem Zeitpunkt? Man fühlt sich da ein wenig an Gerhard Polt und seinen Film „Man spricht Deutsch“ erinnert.
Aber zu den Fakten: Die Bundesregierung ist zuständig. Wenden Sie sich zumindest in Bezug auf
die ersten beiden Punkte Ihres Antrages an die Bundeskanzlerin. Die von Ihnen zitierte Bundestagsdrucksache 17/14114 stellt ausdrücklich klar, dass die Bundesregierung der Ansprechpartner ist.
Allerdings will ich es mir nicht so leicht machen und ein wenig die Zahlen bemühen: Im Jahr 2014 wurden 135.566 Seiten von der Generaldirektion Übersetzung der Europäischen Kommission ins Deutsche übersetzt. Damit liegt Deutsch hinter Englisch und Französisch an dritter Stelle in der Europäischen Union. 111 Personen arbeiten im deutschen Sprachbereich der Kommission. Das zeigt, dass Deutsch durchaus als wichtige Sprache in der EU angesehen wird und eben auch eine der 24 Amtssprachen ist, sogar eine der drei Arbeitssprachen der Union.
Tatsache ist aber nun einmal auch, dass rund 50 % aller europäischen Bürger Englisch sprechen. Bei Diplomaten und anderen in Brüssel oder Straßburg Tätigen liegt die Quote der Englischsprechenden mit Sicherheit noch deutlich höher als 50 %. So könnte man die aufwendigen Übersetzungen oftmals einsparen.
In der NRW-Landesvertretung zum Beispiel finden einige Diskussionen und Veranstaltungen schon mal in englischer Sprache statt, inklusive der Einladungen. Bisher habe ich nicht wahrgenommen, dass dadurch interessierte Teilnehmer abge
schreckt worden wären.
Vor allen Dingen ist es auch so: Wenn man als Deutscher öfter mal mit Englisch oder Französisch konfrontiert wird, ist Mehrsprachigkeit heutzutage ein wichtiges Gut in der globalisierten Welt.
Kommen wir zum dritten Punkt Ihres Antrags, in dem nach meiner Auffassung Dinge miteinander vermischt werden, die einfach nicht zusammengehören; er betrifft die Bildungsreform in Frankreich. – Liebe Frau von Boeselager, ich bin da durchaus Ihrer Meinung. Ich finde es sehr löblich, dass Sie das in Antragsform kleiden, aber es ist leider ein bisschen spät.
Bereits am 14. April dieses Jahres war die DeutschFranzösische Parlamentariergruppe in der Assemblée Nationale und hat die Debatte zu diesem Thema mitverfolgt. Beim Gespräch mit dem Vorsitzenden der Deutsch-Französischen Parlamentariergruppe, Monsieur Pierre-Yves Le Borgn‘ von der Regierungspartei in Frankreich, haben wir unsere Bedenken geltend gemacht, die er übrigens vollständig teilt.
Anfang Mai haben dann Oliver Keymis, Astrid Birkhahn, Elisabeth Müller-Witt, Marc Olejak, Iris PreußBuchholz, Karl Schultheis und ich einen Brief an den Präsidenten der Französischen Republik geschrieben, um unsere Stellungnahme zu diesem Thema vorzutragen, den ich Ihnen gerne in Kopie zukommen lasse.
Ich bin sicher, dass Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und die Landesregierung ebenso gehandelt haben; denn Nordrhein-Westfalen arbeitet seit vielen Jahren nicht nur mit der Region Nord-Pas de Calais zusammen, sondern pflegt auch gute Beziehungen in die französische Hauptstadt.
Ich befürchte allerdings, dass unser Schreiben nicht zu einem Umdenken der Regierung in Paris geführt hat. Hilfreich wäre es sicherlich, wenn Frau Merkel dieses Thema ähnlich klar bei der französischen Regierung vortragen würde.
Es bleibt also dabei: Das, was vonseiten des Landes Nordrhein-Westfalen zu tun ist, ist getan. Jetzt sind unsere französischen Freunde am Zug. Wir in NRW fördern jedenfalls den Gebrauch der französischen Sprache in unseren Schulen und arbeiten intensiv am europäischen Gedanken. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Einige Punkte, die Herr Kern von der Piratenfraktion genannt hat, sind überlegenswert und zu bedenken. Das haben wir wie auch die Piratenfraktion schon im Jahr 2012 gesehen. Damals hatte die Piratenfraktion einen entsprechenden Antrag und Rot-Grün dazu einen Änderungsantrag ins Parlament eingebracht. Wir haben uns damals mit diesem Thema beschäftigt und werden uns auch weiterhin damit beschäftigen, weil es in der Tat ein Thema ist, das uns die ganze Zeit berühren wird.
Der vorliegende Antrag kommt allerdings ein bisschen spät, weil 2012 mit der Drucksache 16/2981 ein Änderungsantrag von Rot-Grün eingebracht und vom Parlament beschlossen worden ist, jedoch gegen die Stimmen der Piraten. In diesem Antrag haben wir uns ausdrücklich mit dem Thema auseinandergesetzt.
Jetzt zu den Aussagen, die Sie gerade zum Landesdatenschutzbeauftragten gemacht haben. Es gab schon einen entsprechenden Zwischenruf – ich habe gar nicht bemerkt, von wem er gekommen ist –, und Fakt ist, dass der Landesdatenschutzbeauftragte eine unabhängige Behörde und keine Unterabteilung des Innenministeriums ist.
Genau, er ist unabhängig, vielen Dank, Herr Minister. Er sammelt selber Informationen und veröffentlicht dazu im Datenschutzbericht. Wer den vor ein paar Tagen erschienenen Datenschutzbericht 2015, der mittlerweile allen Abgeordneten zugegangen ist, gelesen hat, der wird festgestellt haben, dass der Datenschutzbeauftragte betont, dass es die Bundesregierung ist, die sich einsetzen muss.
Deswegen sage ich ganz offen – und das ist leider bei vielen Piratenanträgen der Fall –: Das hier ist die falsche Bühne für bestimmte Dinge. Die Bühne wäre der Deutsche Bundestag. Denn wenn es um Belange des Datenschutzes geht, ist die Bundesregierung der richtige Ansprechpartner, weil sie und nicht die Landesregierung Nordrhein-Westfalen mit der Europäischen Kommission verhandelt.
Ich wäre als Behörde nicht glücklich, wenn ich in einem solchen Antrag der Piratenfraktion dargestellt würde, als würde ich das Thema nicht genau durchschauen und meiner Verantwortung nicht nachkommen können. So ist es ein bisschen in Ihrem Antrag formuliert.
Der Beschlussvorschlag, den wir damals eingebracht haben, begrüßt ausdrücklich die Absicht der Landesregierung, ihren Einfluss im Bundesrat geltend zu machen. Sie hat ihre Absicht auch umgesetzt. Der Bundesrat hat allerdings nur beschränkte Möglichkeiten. Der Bundesrat hat in seiner Drucksache 500/2014 beschlossen, dass genau das gemacht werden soll. Nordrhein-Westfalen hat also schon lange gehandelt. Ich habe eine ganz Litanei, die ich Ihnen aus dem Antrag vorlesen könnte, aber das ist ja auch leicht nachzulesen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, für uns als SPDFraktion ist es ganz wichtig, dass die Bürgerinnen und Bürger in Europa vor genau diesen Dingen geschützt werden, dass man aufpasst und mit den Daten vernünftig umgeht. Fakt ist aber: Verhandlungspartner ist der Bund und eben nicht das Land Nordrhein-Westfalen.
Wir werden weiterhin alles dafür tun, und die Landesregierung wird dieses Thema weiterhin auf ihrer Agenda haben. Herr Minister Jäger wird es sicher gleich darstellen. Ich finde, wir sind als Land Nordrhein-Westfalen auf einem vernünftigen Weg. Wie gesagt, wir werden im Bundesrat in Zusammenarbeit mit anderen Ländern dieses Thema weiter erörtern. Die beschränkten Möglichkeiten, die wir hierzu haben, werden wir nutzen. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Frau von Boeselager, Sie haben wahrscheinlich der Ministerin nicht richtig zugehört, als sie vorhin ausgeführt hat, was wir gerade angesichts der knappen Haushaltslage in diesem Etat sowohl für Internationales, für EineWelt-Politik als auch für Europa tun.
Natürlich wäre es wünschenswert, dass wir einen wesentlich größeren Etat hätten. Darin sind wir uns durchaus einig. Das Problem besteht darin, dass der Landeshaushalt auf Kante genäht ist. Ich glaube daher nicht, dass wir für diesen Bereich mehr Geld erhalten können. Dennoch denke ich, dass wir eine gute Arbeit machen.
Wir reden heute über den Haushalt des Landes Nordrhein-Westfalen für das Jahr 2015, hier zum Thema „Europa und Eine Welt“. Blicken wir einmal genau 100 Jahre zurück: Da war der Erste Weltkrieg schon im Gange. Es tobte der Große Krieg – so sagen unsere Nachbarn –, die erste FlandernSchlacht, die im November stattfand, war gerade vorbei. Es gab Abertausende Tote – Deutsche, Belgier, Franzosen, Briten –, und das Töten und Sterben ging dann noch vier Jahre weiter.
Rund 20 Jahre später folgte ein noch viel schlimmerer Krieg: ein Massenmord mit toten Soldaten und Zivilisten, der Shoah, der Ermordung von Sinti und Roma, von Kommunisten, Sozialdemokraten, Theologen und Widerstandskämpfern und vielen anderen.
1945 war damit Schluss, und der europäische Kontinent hat scheinbar aus den jahrhundertelangen Konflikten zwischen den Nationen Europas gelernt. Deutschland und Frankreich werden dank des Einsatzes von verschiedenen Politikern – ich erinnere an Robert Schuman, an Jean Monnet, aber auch an Bundeskanzler Konrad Adenauer und Charles de Gaulle – zu Freunden und zum Motor des neuen
Europa, wie es schon Victor Hugo 1849 gefordert hat.
Europa ist heute ein zentraler Bestandteil unseres Lebens. Ohne Europa gäbe es diese lange Friedenszeit auf unserem Kontinent nicht. Europa ist das größte Friedensprojekt aller Zeiten, und das muss es auch bleiben.
Rund 2,8 Millionen € im Haushalt für Europa sind nicht viel; das habe ich gerade schon angedeutet. Daraus wird aber ein breites Angebot betreut: die Jugendarbeit, die Europaschulen, die Europawoche, vor allem aber auch die Vertiefung der Arbeit mit Benelux, mit Frankreich und mit Polen im Rahmen des Weimarer Dreiecks.
NRW wird weiterhin europaaktive Kommunen unterstützen und Veranstaltungen mit der Europäischen Kommission durchführen. NRW liegt mitten in diesem Europa und hat vielfältigste Beziehungen zu unseren Nachbarn: wirtschaftliche, aber vor allem auch persönliche Beziehungen der Menschen in NRW zu den Niederlanden, zu Belgien, aber auch zu Luxemburg und natürlich Frankreich. Deswegen ist NRW weiterhin an einer engen Zusammenarbeit interessiert.
Ich bin stolz, dass unsere Ministerpräsidentin im November dieses Jahres als Gast zur Einweihung des Memorial de Notre-Dame de Lorette eingeladen war. Hier wird an 580.000 Gefallene des Ersten Weltkriegs erinnert. Jetzt sind die Namen auf einem einzigen langen, ellipitischen Ring der Erinnerung vereint – 580.000 Einträge von A bis Z, französische, deutsche und britische Namen.
Diese Einladung an unsere Ministerpräsidentin bedeutet eine große Geste für unser Land, zugleich ist es eine große Geste seitens der République française, wichtig für diesen Frieden und diesen europäischen Prozess.
Leider ist, wie wir alle wissen, dieser Friede in Europa brüchig. Wir haben es zu tun mit den Konflikten im Osten und der dramatischen Zunahme der Flüchtlingszahlen aus Kriegs- und Hungergebieten in Richtung Europa. Die Herausforderungen für Europa sind sehr groß.
Ich appelliere von hier aus – das ist zwar nicht unser Job als Landtagsabgeordnete, aber dennoch –, dass man diesen Konflikt in Osteuropa nicht noch aus West oder Ost anheizt. Ich denke, es wäre sinnvoll, mit ein bisschen mehr Fingerspitzengefühl an die Sache heranzugehen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass demnächst deutsche Soldaten in Polen stehen sollen, um womöglich für eine schnelle Eingreiftruppe der NATO zu agieren.
Unser Bundesland hat eine besondere Verantwortung für Europa. Es hat zugleich eine besondere Verantwortung gegenüber den Flüchtlingen in unserem Land. Das ist kein regionales Problem von
Spanien, Italien oder Griechenland – das Ganze geht vielmehr auch die Slowakei an, genauso wie Finnland oder Deutschland. Es muss eine Lösung für Europa geben.
NRW ist ein Land, das immer offen für den Zuzug war. Blicken wir einmal zurück: Es gab Zuzug aus Polen und dem Osten, als das Ruhrgebiet im Zuge der industriellen Revolution zum Wirtschaftsgiganten in Europa wurde. Nach dem Krieg kamen Flüchtlinge aus dem Osten Deutschlands. In den 60er- und 70er-Jahren gab es die Zuwanderung von Gastarbeitern aus Italien, Jugoslawien, Griechenland und der Türkei.
Nordrhein-Westfalen hat diese Herausforderung immer gut gemeistert und die Menschen integriert. Dies wollen wir auch weiter tun und erwarten das Gleiche von unseren Partnern. NRW sorgt mit seinen Partnerschaften außerhalb Europas und mit der Eine-Welt-Strategie aus 2012 – die Ministerin hat darauf hingewiesen – dafür, dass in unseren Partnerländern und -regionen positive Entwicklungen entstehen.
NRW kann aber nicht das Bundesland sein, das – wie ein Nationalstaat – humanitäre Unterstützung für andere leistet. NRW ist ein Bundesland. Für diese Aufgaben ist in unserem föderalen System der Bund zuständig. Wir werden allerdings im Rahmen unserer bescheidenen Möglichkeiten zum weiteren Gelingen beitragen. Angesichts der Größe des Haushalts kann es sich dabei nur um einen kleinen Teil der Gesamtausgaben handeln; aber das, was wir tun, liebe Kolleginnen und Kollegen, machen wir intensiv.
4,6 Millionen € gehen in den Bereich „Internationale Angelegenheiten und Eine Welt“. Das sind zwar weniger Haushaltsmittel als für 2014, Frau von Boeselager. Jedoch befinden sich 1,4 Millionen €, die da herausgenommen wurden, in einem anderen Etat. Das heißt nicht, dass das DIE jetzt eingespart wird. Vor vierzehn Tagen konnte ich mich bei einem Besuch beim DIE davon überzeugen, dass man da eigentlich ganz zufrieden ist und dass das Thema ganz gut abgewickelt wird.
Bonn wird als Standort für internationale Zusammenarbeit und Nachhaltigkeit weiter gestärkt. Die Unterstützung für unsere befreundeten Kommunen und Länder setzen wir – mit dem Kontakt nach Ghana, Südafrika, China, Japan und Nordamerika, Israel und Palästina – weiter fort. Die internationale und Eine-Welt-Politik spielt für NRW eine wichtige Rolle, um neue Akzente zu setzen. Für ein Exportland wie NRW ist das von zentraler Bedeutung.
Ich möchte – das ist mir ganz wichtig – mit einem Zitat des Präsidenten der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker, zum Thema „Europa“ abschließen:
„Wer an Europa zweifelt, wer an Europa verzweifelt, der sollte Soldatenfriedhöfe besuchen.“
In jedem Jahr findet Anfang der Sommerferien eine wunderbare Fahrt des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge statt. Einige haben daran schon teilgenommen. Ich möchte alle Kolleginnen und Kollegen hier im Landtag auffordern, daran teilzunehmen. Ich kann es wirklich nur jedem ans Herz legen, dieses Thema einmal aufzugreifen und mitzufahren. Anschließend werden Sie das Thema „Europa“ durch eine ganz andere Brille sehen. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Schwerd, ich muss sagen, dass ich vor dem Landtag von Nordrhein-Westfalen stehe. Ich hatte aber gerade fast den Eindruck, ich stände eigentlich vor dem Bundestag. Die Rede, die Sie gerade gehalten haben, haben Sie am völlig falschen Ort gehalten.
Wenn Sie sich schon mit der Verfassung beschäftigen, sollten Sie sich einmal mit den verfassungsgebenden Organen insgesamt beschäftigen. Dann werden Sie feststellen, dass der Landtag von Nord
rhein-Westfalen weder für die Sicherheit von Herrn Snowden sorgen noch ihn irgendwie anders schützen kann. Dazu ist das Land Nordrhein-Westfalen nicht in der Lage. Ich gehe auch sicher davon aus, dass auch alle anderen Redner, die gleich reden werden, dasselbe zu diesem Thema sagen werden.
Natürlich gestatte ich eine Zwischenfrage.
Vielen Dank, Herr Schwerd. – Doch, natürlich. Wir haben doch gerade festgestellt, dass es eine freiheitlich-demokratische Ordnung gibt. Dafür ist die Bundesregierung zuständig und nicht das Land Nordrhein-Westfalen.
Sie werden im Verlauf meiner weiteren Rede vielleicht sogar zum selben Schluss kommen. Ich bin gespannt darauf. Sie können ja zuhören.
Im Kampf gegen den Terrorismus müssen wir eben alle Opfer bringen. Wer wird denn da so empfindlich sein? – Ich finde, das darf man eben nicht machen. Natürlich sind wir nicht im Kampf gegen den Terrorismus und müssen nicht diese Opfer bringen, auf die Sie gerade hingewiesen haben, Herr Schwerd. Nein, natürlich nicht. Natürlich ist es nicht hinnehmbar, dass das Handy der Kanzlerin abgehört wird. Aber natürlich ist es auch nicht hinnehmbar, dass wir als Abgeordnete, Sie, liebe Besucherinnen und Besucher auf der Tribüne, und alle anderen, die zuhören, von einem amerikanischen oder britischen Geheimdienst abgehört werden. Das ist in der Tat nicht das, was wir uns vorstellen. Wir wünschen nicht, dass das mit uns gemacht wird. Darauf werde ich ganz klar eingehen. Das wollen auch wir nicht.
Dass Edward Snowden einen großen Teil dazu beigetragen hat, dass wir überhaupt wissen, dass das passiert, ist ganz klar. Dafür gebührt ihm unser Dank.
Aber ihn, einen Spion des amerikanischen Geheimdienstes, der uns vorher ausgespäht hat – genau das hat er nämlich getan, sonst hätte er diese Informationen nicht –, hier als Helden hinzustellen,
dazu sage ich ganz offen: Ihn in diesen Status zu heben, das ist nicht meine Welt. Ich werde auch nicht einen Kronzeugen plötzlich zu einem Helden machen, der er nie war. Natürlich hat er Dinge getan, die uns in der Tat weiterhelfen.
Da reicht auch ein kleiner Blick ins Strafgesetzbuch. § 202 a „Ausspähen von Daten“:
„Wer unbefugt sich oder einem anderen Zugang zu Daten, die nicht für ihn bestimmt und gegen unberechtigten Zugang besonders gesichert sind, unter Überwindung der Zusatzsicherung verschafft, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“
Das würde übrigens auch für Herrn Snowden gelten, wenn er in Deutschland wäre.
Aber jetzt kommt meine wichtige Frage: Wer würde ihn denn eigentlich in Deutschland schützen? Will Herr Snowden überhaupt nach Deutschland? Diese Frage stellt sich nämlich auch. Ich habe in der letzten Woche gehört, dass Herr Snowden Asyl in Brasilien beantragt hat. Ich wusste nicht, dass Brasilien jetzt ein Teil von Deutschland ist, auch wenn dort in den nächsten Tagen die Fußballweltmeisterschaft stattfindet.
In der Tat ist es ein wirkliches Dilemma, Herr Schwerd und Kolleginnen und Kollegen von der Piratenfraktion, dass immer wieder dieser Antrag nach vorne gespült wird, der hier nicht hingehört. Sie haben natürlich keine parlamentarische Vertretung im Bund. Das ist Ihr Problem, wie ich durchaus zugebe. Aber das können nur die Wähler ändern, und die werden das nicht tun.
Natürlich.
Vielleicht warten Sie einfach auf den Rest meiner Rede – ich habe noch ein wenig Redezeit –, dann werde ich Ihnen das sicherlich noch sagen.
Gerade gestern ist der Generalbundesanwalt als der Zuständige, der diese Straftaten verfolgen muss, zumindest beim Kanzlerinnen-Handy auf den Zug aufgesprungen und nimmt jetzt zumindest Untersuchungen auf.
Ich erwarte übrigens auch – das sage ich Ihnen ganz offen –, dass genau wegen dieser anderen Vorgänge unsere unabhängige Justiz in der Tat etwas unternimmt, jedoch nicht der Landtag des Landes Nordrhein-Westfalen.
Natürlich erwarte ich vom Generalbundesanwalt, dass er gegen das massenhafte Ausspähen von – das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen – Verbündeten durch Amerikaner und Engländer etwas unternimmt. Sie haben recht, das sind unsere Verbündeten. Das geht nach meiner Auffassung gar nicht. Ich hatte das von Chinesen und von Russen erwartet, aber nicht von unseren Freunden.
Ich finde, es ist richtig: Das muss in der Bundesrepublik verfolgt werden. Das ist auch ein Straftatbestand. So steht es im Strafgesetzbuch. Deswegen musste etwas passieren. Doch Fakt ist: Dieser Landtag ist dafür nicht zuständig. Deswegen werden wir Ihren Antrag heute – glücklicherweise – letztmalig ablehnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich rede vor Ihnen live. Mich kann jeder sehen: Die Kollegen können mich sehen, die Besucher auf der Tribüne können mich sehen, man kann mich im Livestream sehen und eventuell morgen im Fernsehen. Vielleicht kann man es auch in der Zeitung nachlesen. Auch kann man es wahrscheinlich in sozialen Netzwerken nachlesen, wenn ich hinterher schreibe, dass ich heute am Rednerpult gestanden habe und was ich heute gesagt habe.
Aber was ich mit Kolleginnen und Kollegen untereinander bespreche, wenn ich mit Verbänden telefoniere oder mich mit einem Unternehmen per E-Mail austausche: Dieser Inhalt muss geheim bleiben. Das geht keinen etwas an. Das gilt nicht nur für Abgeordnete, das gilt für Journalisten, das gilt für Pfarrer, aber ist auch in vielen anderen Fällen für die Menschen von deutlicher und zentraler Bedeutung im Umgang miteinander und für das Vertrauen, das Menschen ihren Gesprächspartnern entgegenbringen.
Aber wie stehen wir heute da? China hört uns ab, Russland wahrscheinlich auch, vielleicht noch andere Staaten. Das haben wir immer geahnt. Ich denke, die Bundesregierung hat das auch gewusst. Aber dass unsere Freunde und Verbündeten wie die USA – ich will mich aber auf Großbritannien konzentrieren – das tun, überschreitet eine Linie deutlich.
Welchen Zweck verfolgen die Briten? Sicherlich ist die Abwehr von Terror ein Grund, aber wohl kaum die Sammlung und Analyse in dem Ausmaß, das uns von Edward Snowden vor Augen geführt wird. Formell muss man den Tatbestand wohl Spionage nennen; zumindest heißt das so im allgemeinen Sprachgebrauch. Ob es aber nun Wirtschaftsspionage ist, die unseren Unternehmen schadet, egal ob Freund oder Feind unsere Technologie ausspäht oder ob es sich um andere Gründe handelt: Es ist schlicht nicht zu tolerieren.
Nun müssen wir prüfen, was an den Behauptungen dran ist, die aufgestellt worden sind. Hier komme ich zum Antrag der Piratenfraktion. Zuerst gilt es, einmal zu prüfen, was wirklich passiert ist und wie groß der Umfang der Bespitzelung ist. Wir brauchen eine vernünftige Recherche. Dabei habe ich gegenüber dem Landesinnenministerium ein sehr großes Vertrauen. Ich hoffe, Herr Friedrich in Berlin kann das Vertrauen auch bestätigen. Da habe ich ein bisschen mehr Skepsis.
Wenn sich aber nach der Prüfung herausstellt, dass Großbritannien gegen geltendes Recht verstoßen hat, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Piratenfraktion, dann kann es nicht nur, nein, dann muss es ein Vertragsverletzungsverfahren geben. Das muss gegen Großbritannien als Mitglied der Europäischen Union eingeleitet werden.
Ich halte es da mit Wolfgang Bosbach, der vor einigen Tagen gesagt hat: „Wir werden den Rechtsstaat nicht verteidigen, indem wir seine Prinzipien außer Kraft setzen.“ Daran sollten Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion, sich vielleicht ein Beispiel nehmen.
Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger hat das auch bestätigt. Sie sagt:
„Die Kontrollfunktion von Parlament und Justiz zeichnet einen freien und demokratischen Staat aus. Sie kann aber nicht ihre Wirkung entfalten, wenn Regierungen bestimmte Maßnahmen in Schweigen hüllen“.
Gerade vor etwa fünf Minuten habe ich aktuell im „Spiegel“ gelesen, dass eine Tickermeldung gekommen ist, dass Angela Merkel das ganz anders sieht. Sie hat sich heute zum ersten Mal geäußert und findet es ganz normal, dass deutsche Bürger, dass Abgeordnete usw. abgehört werden. – Ich habe es nicht im Detail lesen können, weil es einfach zu kurzfristig kam.
Ich habe es erst kurz gelesen, weil es gerade erst durch den Ticker kam. Man kann das noch einmal nachrecherchieren. Sie können sicherlich gleich in Ihren Stellungnahmen darauf eingehen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Ich komme zum Schluss und möchte feststellen, dass die Totalüberwachung von EU-Bürgern mit unserem Verständnis von Rechtsstaatlichkeit nicht vereinbar ist.
Ich möchte nicht in einem Europa leben, wie George Orwell in seinem Buch „1984“ oder Aldous Huxley in „Brave New World“ das schon in der Mitte des vorigen Jahrhunderts beschrieben haben. Gerade im Zeitalter der Stärkung des europäischen Gedankens und der Aufgabe von nationalen Souveränitätsrechten können wir es Mitgliedern der Union nicht gestatten, die Grundrechte einer halben Milliarde Bürgerinnen und Bürger zu vernachlässigen.
Aus unserer Geschichte sollte man eine Erfahrung mitnehmen: Nach Nationalsozialismus und SEDRegime muss sich Deutschland für ein Europa einsetzen, in dem bürgerliche Freiheiten nicht verhandelbar sind – auch gegenüber Großbritannien und den USA, die einen Freiheitsbegriff haben, der sich von seinen Wurzeln weit entfernt hat.
Ich freue mich darüber, mit Ihnen im Ausschuss das Thema weiter zu beraten. – Danke schön.