Protokoll der Sitzung vom 12.10.2017

Warum sollten also ausgerechnet Bausachverständige gezwungen werden, bereits mit 68 Jahren in Rente zu gehen, wenn sie freiwillig länger arbeiten möchten und das auch können? Staatlich anerkannte Bausachverständige sind Experten und erfüllen für den Bauherrn eine ganz wichtige Funktion.

Durch eine umfangreiche Prüfung haben sie nachgewiesen, dass sie neben langjähriger Berufserfahrung über eine besondere Sachkunde in ihren Fachbereichen verfügen.

Mit dem staatlich anerkannten Bausachverständigen hat der Bauherr in Nordrhein-Westfalen einen starken Partner an seiner Seite, um die Planung und Abstimmung seines Bauvorhabens zu beschleunigen sowie in technischer und finanzieller Hinsicht zu optimieren. Staatlich anerkannte Bausachverständige arbeiten privatrechtlich. Sie übernehmen Aufgaben, die früher von Behörden abgedeckt wurden. Damit tragen sie auch zur Entlastung von Behörden bei.

Bereits im vergangenen haben wir Freie Demokraten uns hier im Landtag – auch mit Unterstützung der CDU-Fraktion – dafür ausgesprochen, die Altersgrenze für staatlich anerkannte Sachverständige anzuheben. Die abgewählte rot-grüne Mehrheit hatte seinerzeit unsere Initiative noch abgelehnt.

Auf Nachfrage in einer Kleinen Anfrage erklärte der damals verantwortliche Bauminister Michael Groschek lediglich, dass es nicht ausgeschlossen sei, dass die Altersgrenze nach Verabschiedung der Novelle der Landesbauordnung auf 70 Jahre angehoben werde. Was ist dann passiert? Wir wissen es alle: nichts! Stattdessen haben Sie zugesehen, wie staatlich anerkannte Bausachverständige kurz vor Vollendung ihres 68. Lebensjahres etwa nach Hessen abwanderten.

Dort ist in § 7 Abs. 1 Nr. 2 der Hessischen Prüfberechtigten- und Prüfsachverständigenverordnung geregelt, dass das automatische Erlöschen der staatlichen Anerkennung erst mit Vollendung des 70. Lebensjahres eintritt. Fabian Schrumpf hatte darauf eben auch in seinem Redebeitrag bereits hingewiesen. Dort können staatlich anerkannte Bausachverständige dann also noch zwei weitere Jahre arbeiten. Warum also nicht bei uns in Nordrhein-Westfalen, liebe Kolleginnen und Kollegen?

Der Prüfstatiker Dr. Spitz aus Euskirchen hatte sich in der Anhörung des Bauausschusses im Hause letztes Jahr für eine höhere Altersgrenze ausgesprochen. Ich zitiere ihn einmal:

„Diese Begrenzung ist nicht mehr zeitgemäß, im Wesentlichen aus folgenden Gründen:

Die Europäische Gleichbehandlungsrichtlinie, als allgemeines Gleichbehandlungsgesetz in deutsches Recht umgesetzt, sieht unter anderem vor, dass kein Bürger wegen seines Alters benachteiligt werden darf. Hiernach wären Altersgrenzen eigentlich gänzlich abzuschaffen. Dies ist bisher in Nordrhein-Westfalen auch in einigen Fällen geschehen.“

Und zu der höheren Altersgrenze in Hessen sagte Dr. Spitz:

„Natürlich hatte diese Verschiebung von zwei Jahren auf die Sicherheit von Gebäuden keinen Einfluss, denn die Leistungsfähigkeit eines altersgemäß gesunden 70-Jährigen reicht allemal aus, die Tätigkeit des Prüfingenieurs auszuüben. Diese besteht in erster Linie“

so der Sachverständige weiter –

„aus Schreibtischarbeit, und auch die Besichtigungen auf der Baustelle erfordern keine besonderen Anstrengungen.“

Zitat Ende. – Nun frage ich Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen: Ist es unser Ziel, dass die Bausachverständigen aus Nordrhein-Westfalen weggehen, weil wir es Ihnen als Gesetzgeber nicht ermöglichen, länger zu arbeiten? Denken wir neu.

Mit der vorliegenden Antragsinitiative der Koalitionsfraktionen von CDU und Freien Demokraten hat dieser Landtag die Gelegenheit, Altersdiskriminierung in unserem Land weiter abzubauen und die gesetzlichen Vorschriften an die Wirklichkeit anzupassen – zum Vorteil der Bauherren in Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von der FDP, der CDU und der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege Paul. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Kramer das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will am heutigen Tag nicht noch einmal auf die mehr als einjährige inhaltliche Debatte zu diesem Tagesordnungspunkt eingehen, da das Thema ausreichend bekannt sein dürfte.

Worauf ich heute zu sprechen kommen möchte, ist der Vorlauf zur heutigen Debatte und die Verwunderung meiner Fraktion, warum uns heute noch einmal dieser Antrag vorliegt. Ausgangspunkt für die bisherigen Diskussionen zu diesem Thema war eine Kleine Anfrage des Kollegen Dr. Wolf vom März 2016. In dieser Kleinen Anfrage brachte er erstmals die Erhöhung der Altersgrenze für anerkannte Bausachverständige für die Prüfung der Standsicherheit, für die Prüfung des Brandschutzes und für die Prüfung des Erd- und Grundbaus von gegenwärtig 68 auf 70 Jahre im Land NRW zur Sprache. Seinerzeit stand übrigens noch eine Erhöhung der Altersgrenze um zwei oder mehr Jahre im Raum. Das steht heute ja nicht mehr zur Debatte.

Bereits in der Antwort vom 1. April letzten Jahres hat die damalige Landesregierung deutlich gemacht, dass sie im Zusammenhang mit der neuen Landesbauordnung auch die Verordnung für die Bausachverständigen novellieren wolle. Damals hieß es in der Antwort der Landesregierung wörtlich:

„Dabei ist nicht ausgeschlossen, dass die Altersgrenze auf 70 Jahre angehoben wird.“

Ungeachtet dessen stellte die FDP-Fraktion Ende Mai 2016 im Plenum den Antrag „Altersdiskriminierung vermeiden – Altersgrenze für staatlich anerkannte Bausachverständige zügig anheben!“. Der Titel kommt Ihnen allen bekannt vor, weil es heute derselbe ist.

In der anschließenden Plenardebatte haben sowohl der Kollege Klocke vom Bündnis 90/Die Grünen, mein damaliger Fraktionskollege Manfred Krick als auch der zuständige Minister Mike Groschek ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Regierung und die regierungstragenden Fraktionen dem Antrag ausdrücklich aufgeschlossen gegenüberstehen.

Es wurde damals vom Minister betont, dass es sich dabei aber eben nicht um ein Gesetzesvorhaben handelt, sondern um die Änderung einer ministeriellen Verordnung, der die notwendigen Gespräche mit allen Beteiligten und eine Abwägung aller einzubeziehenden Kriterien vorausgehen werde.

Der Minister sagte im Plenum aber eine ausreichende Beteiligung der politischen Gremien zu. Wir haben dann im November letzten Jahres im Ausschuss für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr die Anhörung des Sachverständigen Dr. Heribert Spitz erlebt. Und wir haben im Dezember den Antrag der FDP noch einmal im Ausschuss aufgerufen, der dann mit Hinweis auf die angekündigte Initiative des Ministeriums mehrheitlich abgelehnt wurde.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor diesem Hintergrund und mit diesem Vorlauf erwartet die SPDFraktion weiter die vom Ministerium angekündigte Initiative. Auch der mittlerweile vollzogene Regierungswechsel dürfte am zugesagten Verfahren ja nichts ändern. Eine solche Initiative hätte längst einen neuen Antrag von CDU und FDP überflüssig gemacht.

Um es noch einmal zu betonen: Wir stehen der Intention des FDP-Antrages aus dem Jahre 2016 und seiner Neuauflage heute weiterhin aufgeschlossen gegenüber, halten die neuerliche Initiative aber für überflüssig. Insofern wird sich die SPD-Fraktion heute bei der direkten Abstimmung enthalten. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Kramer. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun der Kollege Klocke das Wort. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Kollege von der SPD hat

eben darauf hingewiesen: Wir führen diese Debatte nicht zum ersten Mal. Wir hatten Ende der letzten Legislaturperiode eine Debatte zum Thema. Es wäre laufendes Regierungsgeschäft jetzt, das entsprechend zu ändern. Es bräuchte heute nicht des Antrages von CDU und FDP. Sie könnten die entsprechende Gesetzesnovellierung auf den Weg bringen, zumal wir als damalige Regierungskoalition und vor allen Dingen der damalige Minister damals schon gesagt haben, dass die entsprechende Novelle in Vorbereitung ist.

Ich vermute mal, dass dies in den Abstimmungsprozessen im Haus so weit gediehen ist, dass man das jetzt entsprechend in geltendes Recht überführen könnte. Nichtsdestotrotz ist der inhaltliche Aufschlag richtig. Das unterstützen wir von grüner Seite. Entsprechend werden wir gleich auch Ihren Antrag unterstützen.

Mir fehlt gerade der philosophische Drive, den der Kollege Schrumpf soeben hatte, um das so weit zu erklären und zu erhöhen, dass ich meine Rede auf fünf Minuten ausbauen könnte.

Die Notwendigkeit, die Grenze von 68 auf 70 Jahre zu erhöhen, besteht. Wir wissen darum, dass es sich um eine verantwortungsvolle Aufgabe handelt, dass dazugehört, sich fortdauernd an die neuesten technischen Veränderungen anzupassen, dass man sich entsprechend fortbilden muss, aber dass über die Lebensjahre hinweg auch eine hohe Qualifikation entsteht und dass Bausachverständige entsprechend auch mit 69 und 70 Jahren noch wirken können. All das lässt uns zu der Erkenntnis kommen, dass die Veränderung wichtig und notwendig ist.

Wir gehen davon aus, dass die neue Landesregierung und die Ministerin das jetzt auf den Weg bringen und können dem Antrag von CDU und FDP zustimmen. – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Klocke. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Beckamp das Wort. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dem Abgeordneten Klocke fehlt der philosophische Drive, so sagte er; er schafft es aber trotzdem, drei Minuten lang etwas zu sagen.

(Beifall von der AfD)

Der Antrag ist richtig. Die AfD wird zustimmen, die Altersgrenze anzuheben. – Vielen Dank.

(Beifall von der AfD)

Meine Damen und Herren, jetzt hat noch für die Landesregierung Frau Ministerin Scharrenbach das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen! Die Landesregierung greift gerne die Initiative der Koalitionsfraktionen von CDU und FDP auf. Wenn der Gesetzgeber heute eine entsprechende Änderung haben möchte, dann wird mein Haus das entsprechend vorbereiten und umsetzen. Damit geben wir ein Bekenntnis zu den nordrhein-westfälischen Bausachverständigen ab und wirken mit der Arbeitszeitverlängerung dem Fachkräftemangel in diesem Bereich entgegen.

Einen herzlichen Dank an die Koalitionsfraktionen von CDU und FDP für diesen Antrag. Wenn der Gesetzgeber das wünscht, dann ist es guter Brauch, dass die Exekutive das auch umsetzt. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU, der FDP und Roger Beckamp [AfD])

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Wir befinden uns also am Schluss der Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung. Die antragstellenden Fraktionen haben direkte Abstimmung beantragt. Somit lasse ich nun über den Inhalt des Antrags Drucksache 17/766 abstimmen. Wer dem Inhalt des Antrags zustimmen möchte, den darf ich jetzt um das Handzeichen bitten. – Das sind die Abgeordneten der Fraktionen der CDU, der FDP, Bündnis 90/Die Grünen und der AfD sowie die drei fraktionslosen Abgeordneten des Hauses. Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Bei Enthaltung der Kolleginnen und Kollegen der Sozialdemokratie ist der Antrag Drucksache 17/766 mit dem festgestellten Abstimmungsverhalten angenommen.

Ich rufe auf:

13 Abberufung von Mitgliedern des Kontrollgre

miums gemäß § 23 des Gesetzes über den Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen (PKG)

Antrag der Fraktion der CDU, der Fraktion der SPD, der Fraktion der FDP und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/899