Lieber Ott, dass Sie meine Landratskandidatur hier mit hineinbringen, ehrt mich sehr. Ich weiß ja, dass Sie sich intensiv um meinen Landratswahlkampf kümmern und Anfragen stellen. Das finde ich auch ganz interessant.
Ich habe heute die Möglichkeit, über den vorliegenden Antrag zu sprechen. Das tue ich gerne. Ich muss meine Rede ein bisschen zusammenziehen.
Ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin aus dem Koalitionsvertrag der Vorgängerregierung aus dem Jahr 2012: Sozial gerechtes und leistungsförderndes Schulsystem wird versprochen.
Das Lehrerausbildungsgesetz aus dem Jahr 2009 wurde von Ihnen 2016 geändert. Darin heißt es in § 1 Abs. 1:
„Das Land und die Hochschulen gewährleisten eine Lehrerausbildung, die an den pädagogischen Herausforderungen der Zukunft und an den Kindern und Jugendlichen ausgerichtet ist und die Bedürfnisse der Schulen berücksichtigt.“
So die schön klingende Theorie Ihrer Bildungspolitik. Die Praxis sah leider völlig anders aus – leider für das Land, für die Lehrerinnen und Lehrer und vor allem für die Schülerinnen und Schüler. Sie haben nach sieben Jahren Bildungspolitik den Gipfel nicht erreicht, sondern sind heruntergefallen. Das ist unbenommen das Leid in dieser Situation; denn die Auswirkungen Ihres Nichthandelns, Ihres Nichtstuns in Sachen „Steuerung der Lehrämter“ spüren alle Schülerinnen und Schüler jeden Morgen in Form des Lehrermangels.
Fakt ist, dass die CDU und die FDP ein Schulsystem übernehmen mussten, welches nicht zeitgemäß und auf keinen Fall zukunftsorientiert ausgerichtet war. Bei jeder Diskussion, Herr Ott, Frau Beer, werfen Sie
der Ministerin vor, sie würde nichts tun. Aber die Ursache haben leider Sie zuvor in den sieben Jahren Ihrer Regierungszeit geschaffen.
Wir dagegen haben anders agiert. Wir haben im April 2018 eine Lehrerbedarfsprognose erstellt, welche bis heute die aussagekräftige Grundlage für unser Handeln bildet. Wir haben insgesamt über 2.700 Seiteneinsteiger für den Schuldienst gewonnen, und wir haben für fast 1.100 Pensionäre den Schuldienst verlängert. All das haben wir getan.
Natürlich ist der gegenwärtige Weg nicht der Königsweg, weil es große Herausforderungen gibt. Aber wir tun etwas und reden nicht nur. Wir haben gemeinsam mit dem Wissenschaftsministerium dauerhaft weitere Studienplätze geschaffen, derzeit über 1.000 neue Studienplätze, wodurch in fünf Jahren 5.000 neuen Studierenden ein Studium ermöglicht wird. Das haben Sie in Ihrer Regierungszeit nicht einmal annähernd angepackt.
Wir haben aber nicht nur die Zahl der Studienplätze für Sonderpädagogik und die Primarstufe vergrößert, sondern auch die Zahl der Studienplätze für Pflegepädagogik und Sozialpädagogik.
Wir wollen Studierende individueller betrachten, um somit jedem einen schnellstmöglichen Abschluss zu ermöglichen. Wir wollen schulische Vortätigkeiten individueller prüfen. Wir wollen Ergänzungsstudiengänge im Hinblick auf den Erwerb der vollen Lehramtsbefähigung prüfen. Wir wollen Steuerungsprozesse optimieren. Wir wollen prüfen, wie Quer- und Seiteneinsteiger besser an den Qualitätsstandards grundständig ausgebildeter Lehrkräfte orientiert werden können. Wir wollen eine Lehrerausbildung, die den pädagogischen Herausforderungen der Zukunft gerecht wird.
Unser Antrag ist diesbezüglich ein richtiger Schritt. Wir glauben auch, dass er Grundlage für eine Verbesserung ist. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Rock. – Herr Kollege Rock, in einer intensiven und engagierten Debatte geht es immer mal hin und her. Alles geschenkt und alles in Ordnung! Aber Bemerkungen gegenüber Kolleginnen und Kollegen sind manchmal so, dass man sie im Nachgang noch einmal überdenken sollte. Ich glaube, Sie wissen, was ich meine. – Vielen Dank.
Sek-II-Lehrkräfte arbeiten gerade für zwei Jahre an unseren Grundschulen. 2.736 Seiteneinsteiger konnten für unsere Schulen gewonnen, qualifiziert und eingesetzt werden. 1.058 Pensionäre verlängern aktuell ihren Schuldienst. Es gibt über 5.000 neue Studienplätze in den Bereichen „Grundschullehramt“, „Sonderpädagogik“, „Pflegepädagogik“ und „Sozialpädagogik“ – vereinbart gemeinsam und in enger Kooperation mit unseren Hochschulen quer durchs Land. Insgesamt sind das über 9.000 Stellen – eine beachtliche Leistung seit 2017 –, um die Lehrkräfteversorgung in NRW zu verbessern.
Erstklassige Bildung und gute Studienplätze sind zentrale Anliegen dieser NRW-Koalition. Wir sind für Bildungs- und Chancengerechtigkeit angetreten, und das ziehen wir auch konsequent durch.
Ich erzähle Ihnen nichts Neues, wenn ich sage, dass sich uns bei Regierungsübernahme im Jahr 2017 bei der Lehrkräfteversorgung ein desaströses Bild gezeigt hat. Wichtig ist uns, nicht nur das Symptom, sondern auch die Ursache für diese Misere zu verstehen und aufzuarbeiten. Das haben wir dann gemacht – analytisch, unideologisch und im Bewusstsein, dass die Bildung unserer Kinder und Jugendlichen ein Recht und ein hohes Gut ist.
In einem komplexen System bemüht man gerne das Bild der einzelnen Schrauben, die ineinandergreifen, damit das System funktioniert, und die man zur Verbesserung immer wieder nachjustieren muss. Wir mussten hier aber nicht nur feinjustieren, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, sondern ganz ordentlich daran drehen.
Das haben wir von Anfang an getan. Mit bisher vier Maßnahmenpaketen konnten wir auch schon einiges erreichen.
Diesen Weg setzen wir mit dem vorliegenden Antrag fort. So wollen wir parallel zu den weiter laufenden Maßnahmen die Studierenden im Lehramt noch einmal genauer in den Blick nehmen.
Wir wollen alle Potenziale nutzen, um geeignete Anwärter schnellstmöglich in den Schuldienst zu übernehmen. Deshalb müssen wir ihnen Angebote machen, um möglichst zügig zum Abschluss zu gelangen. Warum sollten zum Beispiel leistungsstarke Referendare das zweite Staatsexamen nicht zu einem früheren Zeitpunkt ablegen können?
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, damit ist nicht gemeint, Maßnahmen auf den Weg zu bringen, die zulasten der Ausbildungsqualität gehen. Es geht darum, zu prüfen, welche Verbesserungspotenziale es in der zweiten Ausbildungsphase gibt. Dies richtet sich aber nur an die Studierenden, die die Voraussetzungen für eine Verkürzung mitbringen. Viele
unserer Lehramtsstudierenden haben pädagogische Vorkenntnisse, die sie in verschiedenen Tätigkeiten erworben haben. Wieso rechnen wir ihnen diese nicht an?
Ein weiterer wichtiger Aspekt sind für uns Beratungsangebote für Studieninteressierte, Lehramtsstudierende, die an ihrer Wahl zweifeln, oder solche, die sehr leistungsstark sind, oder aber für Studierende in anderen Studiengängen, die sich für eine Lehrtätigkeit beispielsweise an einem Berufskolleg interessieren. Hier brauchen wir flächendeckend eine passgenaue Beratung.
An unseren Hochschulen findet diese Art der Beratung in unterschiedlicher Form bereits statt. Hier müssen wir Best-Practice-Modelle identifizieren und eine Skalierung prüfen.
Darüber hinaus wollen wir prüfen lassen, wie Steuerungsprozesse optimiert werden können, damit mehr angehende Lehrkräfte die zweite Ausbildungsphase in Regionen mit besonderem Einstellungsbedarf absolvieren können.
Wichtig ist mir, noch einmal zu betonen, dass wir den Fokus auf grundständig ausgebildete Lehrkräfte richten. Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger sind eine wertvolle Ergänzung. Gerade jetzt brauchen wir sie. Jeder Einzelne von ihnen will ja auch einen guten Job machen. Mit einem differenzierten Blick auf die bisherigen Maßnahmen zur berufsbegleitenden Vorbereitung von Seiteneinsteigern können wir Potenziale identifizieren. So können wir die Qualifizierungsangebote dann verbessern und in pädagogischer Hinsicht weiterentwickeln.
Es muss aber nicht allein die Quantität von Unterricht im Fokus stehen; denn auch die Qualität hat oberste Priorität. Wir wollen daher nichts unversucht lassen und alle Potenziale bestmöglich ausschöpfen, um grundständig ausgebildete Lehrkräfte zu gewinnen und Unterricht zu garantieren, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen.
Mit Erlaubnis der Präsidentin möchte ich gerne aus der Hattie-Studie zitieren – sie stammt zwar aus dem Jahr 2009 und ist damit etwas älter; aber an der Aussagekraft hat sich im Grunde nichts geändert –: „Teachers Make a Difference“. Es ist also die Lehrkraft, die vielfach den Unterschied ausmacht. Davon bin ich auch persönlich überzeugt. Am Ende des Tages steht und fällt alles mit einer gut ausgebildeten, der Nachfrage der Schulen entsprechenden und motivierten Lehrkraft.
Geben wir ihnen die besten Ausbildungsmöglichkeiten und Berufschancen, damit sie in unseren Schulen für unsere 2,5 Millionen Schülerinnen und Schüler den Unterschied machen können. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich zu dem Antragstext komme, möchte ich auf das eingehen, was Herr Rock zu Beginn seiner Ausführungen hier von sich gegeben hat.
Ich will an die letzte Sitzung des Schulausschusses erinnern, in dem wir als Opposition eine Aktuelle Viertelstunde zu dem Thema der Belüftung der Schulen beantragt haben. Die Ministerin hat diese Zeit genutzt und 20 Minuten – ich sprach von einer Aktuellen Viertelstunde – Belehrung und Oppositionsschelte betrieben. – So viel dazu, wie die Instrumente hier benutzt werden.
Sie müssen uns nicht über die Rechte des Parlaments aufklären, Herr Rock. Ich würde mir wünschen, dass wir hier im Haus anders miteinander umgehen würden. Das würde auch der Sache guttun.
Nun zu Ihrem Antrag: In Ihrem Antrag sprechen Sie ein existierendes und überaus drängendes Problem an. Wir haben zu wenige Lehrinnen und Lehrer. Das ist eine richtige Analyse, die weiß Gott auch nicht neu ist; da sind wir uns sicher einig.
Der SPD-Landtagsfraktion und auch mir als Schulpolitikerin fehlen in Ihrem Antrag aber ganz entscheidende Schlussfolgerungen zu dieser Analyse. Ich möchte Ihnen diesen Mangel an drei Punkten aufzeigen.