(Lebhafter Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP – Zuruf von Rainer Schmeltzer [SPD] – Weitere Zurufe von der SPD)
Ich halte es, ganz nebenbei, für eine ziemliche Unverfrorenheit, dass ein Bundesfinanzminister zwei Schreiben, die wir an ihn richten – das letzte sogar als offenen Brief, damit er es auch merkt –, nicht beantwortet. Von Peter Altmaier haben wir eine Antwort bekommen. Sie war auch nicht befriedigend, aber immerhin haben wir eine Antwort bekommen.
Aber blicken wir jenseits dessen, was Herr Kutschaty heute Morgen erzählt hat, auf die Ausgangssituation, in der wird diesen Haushalt im Landtag zu besprechen haben. Im Economic Outlook für den September 2020 bezeichnet die OECD die Coronapandemie als die schlimmste Rezession zu Friedenszeiten seit 100 Jahren. Sie sprach des Weiteren von der
Das ist eine wahnsinnige Dimension, die Herr Kutschaty ganz nebenbei noch erwähnt hat. Aber keine Regierung, kein Parlament konnte zu Beginn dieses Jahres vorhersehen, mit welch dramatischer gesundheitspolitischer, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Lage wir uns heute auseinandersetzen müssen.
Jede Regierung, jedes Parlament ist doch jetzt aufgerufen, angesichts der gewaltigen Dimension dieser Krise das Bestmögliche zu tun, um sie zu bewältigen.
(Lachen von der SPD – Lisa-Kristin Kapteinat [SPD]: Das ist richtig! – Nadja Lüders [SPD]: Auch sehr ehrlich, Herr Löttgen! – Weitere Zu- rufe von der SPD)
Meine Damen und Herren! Wir müssen hier in diesem Parlament und in dieser Landesregierung das Bestmögliche zur Bewältigung dieser Krise tun. Das, was wir, was diese Landesregierung, was CDU und FDP für das Bestmögliche halten,
hat Ihnen Finanzminister Lutz Lienenkämper vorgelegt: den Haushalt des Landes Nordrhein-Westfalen für das Jahr 2021.
Ich bin der Meinung, man muss Entscheidungen, wie wir sie hier in diesem Parlament treffen, in zwei Kategorien einteilen: Entweder sie sind nützlich und hilfreich, um diese Krise in den Griff zu bekommen, oder sie sind es eben nicht.
Der Finanzminister hat vorhin eine grundlegende Maßnahme vorgestellt, die geeignet ist, die Herausforderungen durch die Coronapandemie zu bewältigen. Der Haushalt 2021 ist Garant für stabile Verhältnisse in unserem Land. Der Haushalt 2021 gewährleistet auch in außergewöhnlichen Notzeiten die notwendige Sicherheit. Er ist ein klares Signal an die Menschen in unserem Land: Wir, der Staat, stehen an eurer Seite, um durch diese schwierige Zeit zu kommen. Und der Haushalt 2021 setzt Impulse. Er nutzt den Umschaltmoment zwischen Bewältigung der Krise und Neuorientierung, um bereits jetzt für die Post-Corona-Zeit Chancen für alle günstig zu gestalten.
Aber dieser Haushalt 2021 ist noch mehr. Er zeigt Transparenz, Verlässlichkeit und Vorsorge. Transparenz zeigt
Verlässlichkeit zeigt er – das darf, denke ich, besonders erwähnt werden –, weil trotz einer Notlage das, was war, bleibt. Es gibt keine Einschränkung der Nachfrage des Landes gegenüber dem, was wir uns für normale Zeiten vorgenommen haben. Und er zeigt Vorsorge, weil wir in Verantwortung gegenüber nachfolgenden Generationen Brandmauern eingezogen haben, die uns die notwendige Rückkehr zur haushaltspolitischen Normalität ermöglichen.
Dieser Haushalt bietet der Coronapandemie die Stirn. Er macht möglich, was ein Journalist sehr treffend ausdrückte: lebenswerten Alltag in verrückten Zeiten.
Und der Haushalt ist ein Haushalt mit Perspektiven. Denn der NRW-Rettungsschirm, den wir dankenswerterweise gemeinsam in diesem Hause beschlossen haben, bleibt aufgrund der anzunehmenden Fortdauer der Notsituation bis 2022 aufgespannt. Für das Jahr 2023 sieht die Mittelfristige Finanzplanung einen Haushalt ohne Entnahmen aus dem Rettungsschirm vor. Und für 2024 plant die Landesregierung einen Haushalt mit einem Überschuss von 200 Millionen Euro, der vollständig zum Einstieg in die konjunkturgerechte Tilgung der für den NRW-Rettungsschirm aufgenommenen Kredite verwendet werden soll.
Nun liegt es an uns, an diesem Parlament, in der kommenden Haushaltsberatungszeit diesen Haushalt als Chance zur Bewältigung der Pandemie zu nutzen, ihn zur Überwindung einer historisch zu nennenden Notsituation zu gebrauchen, ihn als Sprungbrett zu gebrauchen, um Verbesserungen für möglichst viele Menschen möglich zu machen.
Daher ist es aus meiner Sicht notwendig, zwei Punkte näher zu beleuchten, die mit Blick auf diesen Haushalt wichtig sein können. Zum einen betrifft dies selbstverständlich die bereits geäußerte Kritik der Opposition und zweitens die Frage staatlicher Maßnahmen in der Coronapandemie sowie ihre Akzeptanz in der Bevölkerung.
Ich komme zunächst zur Kritik von SPD und Grünen. Da bemängelt der haushaltspolitische Sprecher der SPD, Herr Zimkeit – dpa-Zitat vom 05.10. –, die Kommunen seien
„die Verlierer des Haushaltsentwurfs. Es gebe weiterhin keine Altschuldenlösung und keinen Ausgleich für die im Zuge der Coronakrise ausfallenden Steuern.
Da kritisiert Monika Düker, Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, dass die Investitionsquote des Landes nur von 10 % auf 10,3 % steige;
wir bräuchten mehr Veränderungen als nur solche hinter dem Komma. Sie nennt das verantwortungsloses Regierungshandeln.
Ich halte fest: Frau Düker findet es verantwortungslos, wenn in der schlimmsten Wirtschaftskrise dieses Landes die Investitionsquote des Landes steigt. Das finde ich schon bemerkenswert.
(Stefan Zimkeit [SPD]: Sie sinkt doch! – Zurufe von den GRÜNEN – Stefan Zimkeit [SPD]: Sie verschweigen die Wahrheit!)
Wenn Sie schon permanent davon sprechen: Schauen wir doch mal auf das, was wir für die Kommunen seit 2017 – auch mit diesem Haushalt – tatsächlich erreicht haben bzw. erreichen: Verbesserungen bei den Schüsselzuweisungen in Höhe von 1,7 Millionen Euro; Investitionspauschale: plus 170 Millionen Euro; Bildungspauschale, die Sie sieben Jahre lang überhaupt nicht geändert haben: plus 83 Millionen Euro; Sportpauschale, die Sie sieben Jahre lang gar nicht geändert haben: plus 8 Millionen Euro. Zwischensumme: plus 2 Milliarden Euro seit 2017.
Erstmals seit 2006 bekommt die kommunale Familie wieder echte 23 % der Einnahmen des Landes; haushaltstechnische Erleichterungen durch die Isolierung coronabedingter Lasten im Mai; in den Jahren 2020 und 2021 342 Millionen Euro Sonderhilfen für die Stärkungspaktkommunen plus 690 Millionen Euro durch die Abschaffung von Kommunalsoli und Vorwegabzügen; ab 2020 zusätzliche und frei verfügbare Mittel in Höhe von 950 Millionen Euro pro Jahr durch den Wegfall der erhöhten Gewerbesteuerumlage und Mitfinanzierung des Fonds „Lasten deutscher Einheit“ in 2020; 2 Milliarden Euro zusätzlich durch das Konjunkturpaket I; Übernahme von Gewerbesteuerausfällen bis zu 1,4 Milliarden Euro; Erstattung von Fahrgastausfällen, zusätzliche Städtebauförderung, beides in dreistelliger Millionenhöhe; für 2021 1 Milliarde Euro mehr im GFG, um Liquidität sicherzustellen – im Konsens beschlossen –, in den Folgejahren verträglich abgebaut; und ab 2021 1 Milliarde Euro zusätzlich frei verfügbare Mittel durch Übernahme von 25 % der Kosten für die Unterkunft.
In der Addition: Die Kommunen verfügen über weit mehr als 8 Milliarden Euro zusätzliche Mittel gegenüber dem Bilanzstrich rot-grüner Regierungszeit, davon mehr als die Hälfte dauerhaft und strukturell. Allein das, was ich jetzt vergessen habe aufzuzählen, ist schon mehr als das, was Sie in Ihrer Regierungszeit überhaupt getan haben.
Was für ein Ammenmärchen, meine Damen und Herren, wollen Sie uns, wollen Sie den Menschen hier im Land erzählen? Ich bezeichne dieses Ergebnis als das, was es ist: Es ist die kommunalfreundlichste Landesregierung, die dieses Land jemals gesehen hat, und wir haben mit Ina Scharrenbach eine Kommunalministerin, die endlich der Größe der Aufgabe gerecht wird und ihr gerecht werden kann, weil wir kommunale Angelegenheiten nicht als Wurmfortsatz in irgendeinem anderen Ministerium verstecken.
Überhaupt: Wann sind Sie, meine Damen und Herren von den Oppositionsparteien, eigentlich jemals in der Geschichte des Landes in Regierungsverantwortung mit fehlenden Steuereinnahmen in Höhe von 5,5 Milliarden Euro konfrontiert worden? Antwort: nie. Und weil Sie es nie mit solchen Problemen zu tun gehabt haben, können Sie auch keine Antworten auf diese Probleme des Landes finden.
Deshalb nur einmal etwas dazu, was der Finanzminister schon angesprochen hat. Es wird ja kritisiert, wir wären angeblich nicht verantwortungsvoll und würden nicht nachhaltig handeln. Das, was Lutz Lienenkämper Ihnen gesagt hat, ist ein wunderbares Beispiel dafür, wie ein Finanzministerium nachhaltige Finanzpolitik macht.
Wenn NRW weltweit Spitzenreiter bei Nachhaltigkeitsanleihen ist, wenn wir ein Gesamtvolumen von 13 Milliarden Euro platziert haben und NRW bis heute das einzige Bundesland ist, das Anleihen in diesem Bereich herausgibt, und diese Anleihen sich an Investoren richten, die auf nachhaltige und verantwortungsvolle Geldanlagen Wert legen, bei denen es um die Refinanzierung von sozialen und ökologischen Projekten geht, wenn NRW durch seine Investitionen in die Bereiche Ökologie, Soziales, Unternehmensführung zu den am besten Bewerteten zählt, wenn der Pensionsfonds dieses Landes zu 100 % nachhaltig geführt wird, dann, meine Damen und Herren, kann man klar erkennen:
Sie von Bündnis 90/Die Grünen haben doch Ihren Alleinvertretungsanspruch in Sachen Nachhaltigkeit, den Sie immer noch zu haben glauben, längst verloren.
Sie wollen es nicht wahrhaben. Wir haben es noch nicht ausreichend kommuniziert. Tempora mutantur, Zeiten ändern sich und damit auch der Blick auf die Dinge.
Zeiten ändern sich, meine sehr geehrten Damen und Herren. Aber was sich auch in dieser Coronakrise nicht ändern darf, das ist unsere Haltung zu demokratischen Grundsätzen. Deshalb, Herr Kutschaty, stimme ich Ihnen zu einem Teil Ihrer Rede
ausdrücklich zu, nämlich soweit es um die Frage extremistischer Tendenzen, antisemitischer Tendenzen, rassistischer Tendenzen innerhalb unserer Behörden geht – nicht nur in der Polizei, sondern überhaupt im Staatsapparat, bei der Polizei in besonderer Verantwortung. Ich bin Herbert Reul außerordentlich dankbar dafür, dass er das mit hoher Konsequenz und auch mit Durchschlagskraft verfolgt hat.