Protokoll der Sitzung vom 27.09.2020

Wir machen Vorschläge für einen Plan B. Wir machen Vorschläge für andere Raumkonzepte, für eine Beschulung, wo es möglich ist …

(Zurufe von Henning Höne [FDP] und Fran- ziska Müller-Rech [FDP])

Herr Kollege, ist doch gut jetzt. Wir können im Schulausschuss weiterdiskutieren.

(Zuruf von Franziska Müller-Rech [FDP])

Wir machen Vorschläge, wie man es in den Schulen besser machen kann.

(Zurufe von Henning Höne [FDP] und Fran- ziska Müller-Rech [FDP])

Die grüne Fraktion arbeitet konstruktiv und intensiv an den Themen mit. Sie können sich offensichtlich nur noch mit Schreien und Zwischenrufen aufhalten.

(Zuruf von Franziska Müller-Rech [FDP] – Norwich Rüße [GRÜNE]: Oh, da liegen die Nerven aber blank!)

An der Stelle mache ich einen ganz klaren Vorschlag. Im Herbst und im Winter werden wir alle 20 Minuten stoßlüften müssen – alle 45 Minuten halte ich nämlich nicht für ausreichend. Entweder, Frau Ministerin, Sie teilen dann Pudelmützen mit dem NRWLogo aus oder – das hielten wir für richtig – Sie führen das Programm „Gute Schule 2020“ fort und sorgen für eine gute Raumlufttechnik, für einen entsprechenden Umbau. Denn es lassen sich viele Fenster in den Schulen in Nordrhein-Westfalen nicht öffnen – auch aus Sicherheitsgründen nicht –, und das verschweigen Sie ganz offensichtlich der Öffentlichkeit.

(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Hen- ning Höne [FDP])

Jetzt möchte ich noch auf zwei Vorgänge in der Fleischwirtschaft eingehen, bei denen das Krisenmanagement aus meiner Sicht nicht funktioniert hat.

Erst ist bei Westfleisch ein großer Ausbruch gewesen. Dann hat der Gesundheitsminister gesagt: Ja, geht raus und kontrolliert alle Betriebe in NordrheinWestfalen. – Keine vier Wochen später hatten wir einen großen Infektionsausbruch bei Tönnies in Rheda-Wiedenbrück.

Da fragt man sich natürlich schon, wie so etwas passieren kann. Wer wurde denn da wie untersucht? Viel wichtiger ist aber, dass es sich hier um ein System handelt – schon vor Corona –, das auf Dumpinglöhne setzt, das auf Werkverträge und Ausbeutung setzt, das auch darauf setzt, dass die Arbeit der Bäuerinnen und Bauern nicht geschätzt wird und dass Menschen, die aus dem Ausland zum Arbeiten zu uns gekommen sind, in unerträglicher Weise ausgenutzt werden. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, muss in Nordrhein-Westfalen ganz klar bekämpft und abgeschafft werden.

(Beifall von den GRÜNEN)

Aber wie hat der Ministerpräsident reagiert? Er sagte: Das, was da in Rheda-Wiedenbrück passiert ist, hat

nichts mit den Lockerungen zu tun. – Er hat es auf die Rumänen und Bulgaren geschoben. Warum hat er das so gesagt? – Weil er gerade dabei war, seinen Kurs der angeblich verantwortungsvollen Normalität umzusetzen. Ihm passte das einfach nicht ins Konzept. Er hat die ganze Schuld nach unten weggeschoben.

Das führte dazu, dass Tönnies seine Leute versorgen musste. Stattdessen hätte das Land einschreiten müssen. Die Kommunen hätten dort vor Ort versorgen müssen – medizinisch und personell. Das haben Sie tagelang nicht getan. Dafür schäme ich mich ein Stück weit.

(Beifall von den GRÜNEN)

Zum Thema „Testen“ hat Kollege Löttgen einige sehr wichtige Hinweise gegeben.

Ich habe es nicht ganz verstanden, Herr Gesundheitsminister Laumann, warum die Urlaubswelle so überraschend kam und warum Sie dann zugestimmt haben, dass alle Reiserückkehrerinnen und Reiserückkehrer anlasslos getestet werden sollen.

Denn eines muss man sagen: Wir haben trotz des Aufwuchses der Testkapazitäten nur begrenzte Möglichkeiten; im Moment sind wir bei 330.000. Wie wir an Bayern gesehen haben, sind die Labore da schon an der Grenze.

Wir müssen schon sehr genau erklären, mit welcher Strategie wir arbeiten. Wir Grüne sagen: Erst sollen diejenigen getestet werden, die besonders betroffen sind, beispielsweise in den Pflegeheimen, in den Gesundheitseinrichtungen, in den Einrichtungen der Eingliederungshilfe, und dann diejenigen, bei denen es aufgrund der Risikolage notwendig ist. Eine solche Strategie haben Sie monatelang nicht vorgelegt. Jetzt ist es ein Stück besser geworden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch von der SPD, anlassloses breites Testen ohne klare Strategie lehnen wir Grüne ab. Wir brauchen eine klare Teststrategie, die dafür sorgt, dass besonders Betroffene geschützt werden können, dass die Tests vorliegen und dann immer weiter nach Risikolage durchgeführt werden können. Dafür setzen wir uns sehr eindeutig ein.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich möchte noch betonen, dass uns die Gastronomie in besonderer Weise am Herzen liegt. Sorgen Sie doch dafür, das dort durch ein Investitionsprogramm Möglichkeiten der Raumlüftung geschaffen werden können, dass die Erfassung der Menschen, die besonders wichtig ist – das ist ja keine Bestrafung, sondern die Menschen sollen geschützt werden –, digital und datenschutzgerecht passiert, um für eine bessere Nachverfolgung zu sorgen.

Aus meiner Sicht geht vom Landtag, von der Landesregierung eine völlig falsche Kommunikation aus.

Helfen Sie der Gastronomie! Schaffen Sie eine Zukunftsperspektive! Die Innenstädte und Zentren brauchen die Gastronomie, sonst fallen weitere Arbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen weg.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich möchte hier auch die unmittelbare Verbindung zum Haushalt ziehen. Durch diese Krise müsste eigentlich allen klar sein, dass wir für einen schlanken Staat am Ende eine hohe Rechnung zahlen werden. Wir müssen dafür sorgen, dass die Strukturen für obdachlose Menschen dauerhaft verbessert werden. Wir müssen in den Städten dafür sorgen, dass die Gesundheitspolitik ebenso möglich ist wie der Aufbau starker öffentlicher Einrichtungen.

Statt die Standards für barrierefreie Wohnungen in der Landesbauordnung, wie es jetzt geplant ist, abzusenken, müssen wir für bezahlbaren Wohnraum und barrierefreie Wohnungen sorgen. Das ist die Aufgabe des Landes Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

An der Stelle möchte ich einen weiteren Punkt ansprechen, der offensichtlich viel mit Ideologie zu tun hat. Ausgerechnet die Arbeitslosenzentren wollen Sie jetzt nicht mehr bezuschussen. Wir reden gerade mal über einen Betrag von 1,2 bis 1,3 Millionen Euro. Es geht also nicht um Haushaltskonsolidierung. Die Menschen, die sich sowieso schon schwerer tun und isoliert sind,

(Zuruf von Karl-Josef Laumann, Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales)

haben dann keinen Treffpunkt mehr. Aus der Finanzierung verabschiedet sich die Landesregierung. Das können wir überhaupt nicht verstehen.

Damit unmittelbar im Zusammenhang steht die soziale Beratung von Geflüchteten. Viele Menschen bangen jetzt um ihren Job, weil die Landesregierung offensichtlich das bisherige Prinzip der Subsidiarität und der Zusammenarbeit mit den Wohlfahrtsverbänden aufkündigen will. Warum tun Sie das? Was treibt Sie in einer so schwierigen Phase dazu, diese wichtigen Bestandteile aufzukündigen? Wir Grüne können das nur ablehnen und werden das in den Haushaltsberatungen auch deutlich machen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Natürlich spielt die Wirtschaft eine wichtige Rolle. Die Krise machte ja deutlich, dass es nicht gut ist, von Billiglieferanten abhängig zu sein. Centprodukte wie Masken oder auch Grundsubstanzen für Medikamente konnten nicht mehr geliefert werden. Da verwundert es schon, dass ausgerechnet das Lieferkettengesetz und andere Maßstäbe von der Landesregierung infrage gestellt werden. Wir brauchen mehr Unabhängigkeit und nicht weniger.

(Beifall von den GRÜNEN)

Auch die andere große Krise, die Klimakrise, ist nicht verschwunden. Der dritte Dürresommer in Folge hinterlässt seine Spuren. Ganze Fichtenwälder sind bedroht und kaputtgegangen. Die deutsche Buche – man möge sich das vorstellen – ist tatsächlich in Gefahr und an vielen Stellen davon bedroht, unwiederbringlich zu verschwinden. Ich will diese Liste nicht verlängern; man könnte noch über Kastanien und viele andere Dinge reden.

Doch die Erfahrungen aus der Krise haben noch etwas anderes gezeigt. Wir haben das Potenzial für die Umwelt, für das Klima und für eine Verkehrswende. Noch nie waren die Menschen mehr bereit, so viele Veränderungen auf sich zu nehmen. Sie sind solidarisch, sie nehmen die Maßnahmen an; da würde ich Herrn Löttgen sogar zustimmen.

Lassen Sie uns doch darauf aufbauen und das zum Fortschrittsmotor machen. Das dürfen wir nicht wieder links liegen lassen, sondern darauf werden wir uns sehr intensiv einstellen müssen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Aber was macht der Landeshaushalt? Die Unternehmen brauchen gute Rahmenbedingungen und die Zuversicht, dass sich Investitionen in Klimaschutz auch lohnen. Die öffentliche Hand hat natürlich die Aufgabe, mit gutem Beispiel voranzugehen, die energetische Sanierung von Gebäuden, die Auswahl des Fuhrparks oder die Beschaffung von Material klimagerecht durchzuführen. Dieser Vorbildfunktion

kommt die Landesregierung jedoch leider nicht nach.

Bestes Beispiel ist Ihr Kampf, Herr Minister Pinkwart, gegen den dringend notwendigen Ausbau der Windenergie. An der Stelle betreiben Sie eine völlig fehlgeleitete ideologische Antiindustriepolitik.

(Beifall von den GRÜNEN)

Aber es lohnt auch ein Blick in den Haushalt 2021.

(Henning Höne [FDP]: Wie ist der denn …)

Herr Minister Laumann, Sie sagten am 1. April hier im Plenum:

„Wer nach der Krise nicht den Landesrechnungshof am Arsch hat, der hat alles verkehrt gemacht.“

Ich kann Ihnen nur sagen, Herr Kollege Laumann: Auch der Umkehrschluss funktioniert leider nicht. Man kann sowohl vom Rechnungshof kritisiert werden als auch alles falsch machen.