Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich versuche, die Frage zu beantworten, soweit dies möglich ist.
Die Organisation und die Ausgestaltung von kommunalen Social-Media-Accounts fallen unter die kommunale Organisationshoheit als Ausfluss der kommunalen Selbstverwaltungshoheit. Die Abgabe einer pauschalen Bewertung dieser Angelegenheit gehört nicht zu den Aufgaben der Landesregierung. Die allgemeine Kommunalaufsicht als reine Rechtsaufsicht über die Stadt Köln liegt im Übrigen in der Zuständigkeit der Bezirksregierung Köln. Die Kommunalaufsicht dort ist allerdings im Zuständigkeitsbereich des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung verortet. Diese war im Vorfeld der Angelegenheit nicht mit dieser Sache befasst.
hinweisen: Der Rat der Stadt Köln hat sich bereits in seiner Sitzung am 31. August dieses Jahres und am 10. September dieses Jahres mit der Thematik beschäftigt. – So weit zu Ihrer ersten Frage.
Zu Ihrer zweiten Frage liegen uns keine originären Erkenntnisse darüber vor, wie Parteien, Wählergruppen oder auch (parteilose) Einzelbewerberinnen und Einzelbewerber ihre Wahlkämpfe bei den Kommunalwahlen 2020 finanziert haben. Das gilt für frühere Kommunalwahlen übrigens genauso. Das ist auch logisch, denn es existiert keine Rechtsgrundlage, die die Landesregierung berechtigt, derartige Informationen von Parteien, von Wählergruppen oder von Einzelbewerbern zu erheben.
Und noch etwas: Das Ministerium des Innern hat bei der Vorbereitung und Durchführung der Kommunalwahlen keine Zuständigkeiten, abgesehen von der Festsetzung des Wahltermins und seiner Beratungsfunktion in wahlrechtlichen Fragen. Die Beratungsfunktion wird auch rege wahrgenommen, ganz überwiegend aber gegenüber der kommunalen Wahlorganisation und nicht gegenüber den Wahlvorschlagsträgern, also den Parteien, den Wählergruppen oder den Einzelbewerbern.
Zur Rechtslage im Kommunalwahlrecht: Üblicherweise finden sich zwar in den Wahlgesetzen von Bund und Ländern Regelungen über die Erstattung von Wahlkampfkosten, generell aber nicht zur Parteienfinanzierung zum Beispiel durch Mitgliedsbeiträge, Spenden, Nachlässe, Schenkungen oder Steuervergünstigungen. Nach dem Kommunalwahlgesetz ist eine Erstattung von Wahlkampfkosten bei Kommunalwahlen ausgeschlossen. Schon deshalb sind auch Transparenzvorschriften über die Verwendung derartiger Mittel nicht vorhanden.
Für die Parteien enthält das Parteiengesetz die Pflicht zur jährlichen öffentlichen Rechenschaftslegung über die Herkunft und die Verwendung der Mittel sowie über das Vermögen der Partei durch einen entsprechenden Bericht. Dieser Bericht wird nach § 23 Parteiengesetz geprüft, und zwar vom Präsidenten des Deutschen Bundestages. Diese Prüfung erstreckt sich auf die Bundespartei, ihre Landesverbände sowie auf mindestens zehn nachgeordnete Gebietsverbände. Eine Zuständigkeit der Landesregierung ist hier nicht gegeben.
Soweit dieses Hohe Haus vergleichbare Transparenzregelungen auch dann für angemessen erachtet, wenn es um lediglich lokal oder regional aktive Wählergruppen oder um Einzelbewerberinnen oder Einzelbewerber bei Kommunalwahlen geht, müsste das gesetzlich geregelt werden. Dies ist aber nicht der Fall. Ich sage dazu: Bei der letzten Novellierung des Kommunalwahlgesetzes ging es nicht um weiter gehende Transparenzregelungen. Diese waren nicht Gegenstand der politischen Diskussion.
Nach den kommunalwahlrechtlichen Regelungen besteht für Frau Reker als Einzelbewerberin keine Rechenschaftspflicht über die Finanzierung ihres Wahlkampfes. Eine Unterstützung des Wahlkampfs von Frau Reker als Einzelbewerberin durch Parteien ist möglich und rechtlich zulässig.
Abschließend sage ich noch einmal, damit keine Missverständnisse entstehen: Über die Herkunft und die Verwendung der Finanzmittel der Parteien haben diese natürlich öffentlich Rechenschaft abzulegen, und für die Rechenschaftsberichtsprüfung ist der Präsident des Deutschen Bundestages zuständig, aber nicht die Landesregierung. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister. – Ich schaue einmal, ob es Nachfragen gibt. Die erste Nachfrage stellt Ihnen der Fragesteller, Herr Abgeordneter Tritschler.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Vielen Dank für die Antwort, Herr Minister. Ich habe Ihren Hinweis, eigentlich sei das Kommunalministerium zuständig, nicht verstanden. Schließlich hatte ich meine Anfrage auch an das Kommunalministerium adressiert. Aber sei‘s drum.
Zu meiner ersten Nachfrage. Großspenden an politische Parteien unterliegen gewissen Transparenzpflichten und müssen ab 10.000 Euro im Rechenschaftsbericht erscheinen bzw. ab 50.000 Euro sogar sofort veröffentlicht werden. Wenn ich meine Spende an Frau Reker aber nun splitte und einen Teil an die Grünen und den anderen Teil an die CDU spende, kann ich diesen Betrag am Gesetz vorbei verdoppeln. Sehen Sie darin ein Problem, Herr Minister?
Ein Problem. – Herr Abgeordneter, danke für Ihre Frage. Ich habe bereits versucht, sie so gut wie möglich zu beantworten.
Sie haben richtig darauf hingewiesen, dass das Parteiengesetz die Parteienfinanzierung regelt. Dieses Gesetz ist ein Bundesgesetz und seine Einhaltung
wird somit vom Präsidenten des Deutschen Bundestages kontrolliert. Darüber muss jährlich Bericht abgelegt werden. Wenn also die Grünen, die SPD, die AfD oder die CDU Gelder ausgeben, müssen sie nachher Rechenschaft darüber ablegen, und dann wird der Präsident des Deutschen Bundestages prüfen, ob das rechtmäßig war oder nicht. Das kann ich nicht und das werde ich nicht, denn das ist gar nicht meine Zuständigkeit.
Bei Einzelbewerbern wie bei Frau Reker greift eine andere Regelung. Diese unterliegen einer solchen Pflicht nicht. Sie können Gelder zur Wahlkampfunterstützung annehmen und müssen darüber nicht öffentlich Rechenschaft ablegen.
Vielen Dank, Herr Minister. – Gibt es weitere Nachfragen? – Die zweite Nachfrage stellt Herr Kollege Tritschler.
Ich versuche es etwas lauter. Ist es denn keine unzulässige Verwendung von Mitteln, wenn eine Partei Spenden entgegennimmt, der Spender dadurch gewisse Vorteile hat, zum Beispiel in Form einer Steuervergünstigung, die Spende aber gar nicht für Parteizwecke genutzt wird, sondern für eine sogenannte parteilose Kandidatin? Und ist diese Kandidatin in dem Fall wirklich parteilos, oder handelt es sich eher um einen Etikettenschwindel?
Im vorliegenden Fall, Herr Abgeordneter, handelt es sich um eine Kandidatin, die parteilos ist, aber von Parteien unterstützt wird. Das ist also noch einmal ein anderer Sachverhalt. Ob das zulässig ist oder nicht, muss am Ende der Präsident des Deutschen Bundestages entscheiden, wenn er das Budget des Jahresberichts der Grünen prüft. Ich kann das nicht, und ich werde das auch nicht tun, denn es ist nicht meine Zuständigkeit.
Vielen Dank. – Herr Kollege Tritschler stellt Ihnen jetzt eine dritte Frage. Damit sind seine Fragemöglichkeiten erschöpft.
Vielen Dank. – Jetzt muss ich doch noch einmal nachfragen. Sie sind selbstverständlich nicht für das Parteienrecht und auch nicht für die Rechenschaftspflichten der Parteien zuständig; das ist uns bekannt. Sie sind aber sehr wohl für die Kommunalaufsicht zuständig. Sehen Sie denn kein Problem darin, wenn sich ein Bürgermeister in unserem Land – ich formuliere es einmal vorsichtig – aus unklaren Quellen seinen Wahlkampf finanzieren lässt?
Herr Abgeordneter, das ist keine unklare Lage, sondern das ist eine Lage, über die man im parlamentarischen oder im politischen Raum gern einmal diskutieren kann. Ich weiß von anderen Gegebenheiten aus früheren Jahren, dass es immer wieder Debatten darüber gegeben hat, auf welche Weise parteilose Kandidaten oder auch Wählergruppen, die nicht wie Parteien zu behandeln sind, die Finanzierung ihrer Wahlkämpfe organisieren können.
Ich kann mich erinnern, dass es oft, unter anderem im Deutschen Bundestag, Debatten darüber oder Anfragen dazu gegeben hat, ob es richtig ist, dass solche Wählergruppen, sprich parteilose Kandidatinnen und Kandidaten, keine Rechenschaftspflicht haben. Aber heute ist das der Zustand. Die Parteien haben eine ganz besondere Verpflichtung, alles offenzulegen und Transparenz zu zeigen. Dafür ist die Spende, die gegeben wird, allerdings auch finanztechnisch nutzbar zu machen, indem sie bei der Steuer geltend gemacht wird. Das ist der Vorteil.
Vielen Dank, Herr Minister. – Jetzt liegen mir mehrere Wortmeldungen vor. Zuerst stellt Ihnen Herr Abgeordneter Seifen von der AfD-Fraktion eine Frage.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Reul, zwischen Januar 2016 und August 2019 war im Impressum von Henriette Rekers Social-Media-Konten die Stadt Köln ausgewiesen und nicht sie selbst als Privatperson. Die Accounts wurden für offizielle Verlautbarungen der Stadt Köln genutzt, aber ab 2019 dann für den Wahlkampf und für offizielle Verlautbarungen. Ist dies eine rechtswidrige Wahlkampffinanzierung, oder ist das so erlaubt?
Es gibt unterschiedliche Praxen im Bund und im Land, ob Minister-Accounts übertragen werden dürfen oder nicht. Das weiß ich. Ich vergleiche das mal; das ist nicht ganz redlich.
Es ist nach meinem Kenntnisstand kein verbotener Tatbestand in Köln, wobei letztlich die Kommunalaufsicht zu prüfen hat, ob sie Einsprüche hat. Das ist von dem privaten Account auf den städtischen Account übertragen und nachher wieder zurückübertragen worden. Es ist kein entsprechender Beschluss gefasst worden oder keine Aufsichtsbeschwerde eingeleitet worden.
Vielen Dank. – Herr Minister, ist die Landesregierung der Auffassung, dass für Wahlvorschläge, die nicht oder nicht offiziell von Parteien eingereicht werden, Regelungsbedarf mit Blick auf die Wahlkampffinanzierung besteht?
Danke schön. – Die nächste Frage stellt Ihnen Frau Kollegin Dworeck-Danielowski von der AfD-Fraktion.
Wunderbar, vielen Dank. – Herr Reul, uns stellt sich natürlich auch noch die Frage, wie die Landesregierung insgesamt das Korruptionsrisiko bewertet, wenn es kommunalen Spitzenbeamten möglich ist, Spenden anzunehmen, ohne dass diese offengelegt werden müssen.
Es ist die heutige Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland und in Nordrhein-Westfalen, dass solche Regelungen möglich sind. Sie wissen auch von anderen Städten, dass es immer wieder Diskussionen darüber gegeben hat. Dem Parlament steht es jederzeit frei, dafür rechtliche Bestimmungen zu erlassen.
Danke schön. – Jetzt muss ich einmal nachfragen: Herr Seifen, war das eine erneute Wortmeldung von Ihnen?
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Reul, ich komme noch mal auf meine letzte Frage zurück und muss da vielleicht etwas ergänzen: Herr Ministerpräsident Laschet lässt seine SocialMedia-Auftritte laut Impressum von der CDU NRW pflegen, offizielle Mitteilungen kommen dagegen vom Konto der Staatskanzlei. Warum ist diese Trennung in Köln nicht erforderlich?
Ich will mal mit einem Gegenbeispiel antworten. Wenn Sie sich die Zuständigkeiten der Bundesregierung ansehen, ist es so – nicht 100%ig gesichert, aber nach meinem Kenntnisstand –, dass Bundesminister ihre Accounts sehr wohl übertragen dürfen, und zwar sowohl private Accounts auf die Bundesregierung als auch umgekehrt.
Vielen Dank. – Die nächste Frage – und das ist auch ihre letzte Fragemöglichkeit – kommt von Frau Dworeck-Danielowski von der AfD-Fraktion.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Reul, ich würde gerne nachhaken, ob ich Ihre Antwort richtig verstanden habe. Sie sagten gerade, die Regelungen seien aktuell so, und wenn man die Regelungen für nicht gut befände, habe das Parlament die Möglichkeit, die Regeln zu ändern. Interpretiere ich Ihre Antwort so, dass Sie die aktuelle Regelung selbst für problematisch halten?