Protokoll der Sitzung vom 08.10.2020

Debatte eingreift, seine letzte Rede als Landtagsabgeordneter in dieser Legislaturperiode sein.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kollegen! Wikipedia definiert das Stichwort „Klientelpolitik“ wie folgt:

„Klientelpolitik bezeichnet die Verfolgung einer Politik unter Ausklammerung des Gemeinwohls. Die handelnden Akteure verfolgen zu Gunsten ihrer Klientel eigene Interessen und treffen Entscheidungen, die auch zu Lasten der Allgemeinheit gehen können.“

Wenn es noch eines Beweises für Klientelpolitik bedurft hätte, hätten die Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen diesen mit ihrem Antrag erbracht.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Der Schutz von Salamandern, von Natur und Umwelt ist ein wichtiger Teil für das Gemeinwohl. Wer allerdings verantwortungsbewusst politisch handelt, muss den Gedanken der Nachhaltigkeit aufnehmen.

Nachhaltig ist aber nur eine Politik, die das Ganze im Blick hat und auch berücksichtigt. Das Denken in Segmenten und für Zielgruppen reicht dabei nicht aus.

Wer das Ganze im Blick hat, muss auch dafür sorgen, dass im bevölkerungsreichsten und größten Industrieland der Bundesrepublik Deutschland ein ausgewogenes Miteinander von Ökonomie und Ökologie möglich ist.

Dazu gehört auch, dass wir sorgfältig abwägen, welche Straßen in unserem Land neu oder ausgebaut werden müssen. Für die CDU-Fraktion ist der fließende Verkehr auf Straße und Schiene im Interesse aller und damit Teil des Gemeinwohls.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Dieser Antrag überrascht nicht, und er ist auch kein originäres Eigengewächs der NRW-Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen.

(Arndt Klocke [GRÜNE]: Das stimmt nicht!)

Es ist der Versuch der Umsetzung dessen, was Ihre Parteifreunde Baerbock und Hofreiter in der „SZ“ vorgestellt haben.

(Arndt Klocke [GRÜNE]: Nein, nein, nein!)

Sie wollen ein radikales Umdenken in der Verkehrspolitik. Sie wollen die Verkehrsteilnehmer gegeneinander ausspielen

(Arndt Klocke [GRÜNE]: Nein, das stimmt nicht!)

und gleichzeitig die Radfahrer priorisieren. Auch das erstaunt nicht: Wer die Politik in unserem Nachbarland Hessen beobachtet, wird sich erstaunt die Augen reiben, denn während die schwarz-grüne Landesregierung den Ausbau der Autobahn A49 beschließt, rufen gleichzeitig die Grünen zu Demonstrationen gegen das von ihnen selbst mitgetragene und mit entschiedene Verkehrsprojekt auf.

(Olaf Lehne [CDU]: Typisch!)

Das hat mit Wahrheit und Klarheit nichts mehr zu tun. Das ist Irreführung und Manipulation.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Man sagt ja oftmals: Wasser predigen und Wein trinken. – Bei Ihnen muss ich sehr oft daran denken, wenn Sie sagen, Sie wollen Flugreisen verteuern und verbieten, denn niemand fliegt öfter als Grüne und grüne Wähler.

Genau das Gleiche ist mir bei diesem Autobahnprojekt aufgefallen. Sie haben gesagt, Sie brauchen keine Straßen, alle fahren mit dem Rad. Die Polizei Mittelhessen twittert allerdings Folgendes:

„Wegen der Veranstaltung heute in #Dannenrod“

es geht also um die Baustelle der A49 –

„gibt es keine Parkplätze mehr in Nähe der Versammlungsfläche. Versucht bitte etwas weiter weg zu parken, um ein noch größeres Tohuwabohu zu vermeiden.“

Vielen Dank.

(Beifall und Heiterkeit von der CDU und der FDP)

Ich bin jetzt seit zehneinhalb Jahren Mitglied des Landtags – das ist vermutlich meine letzte Rede –, und von Beginn an war mir die Verkehrspolitik ein wichtiges Anliegen und auch ein Grund, für den Landtag zu kandieren.

Ich habe schnell gelernt, dass verantwortungsvolle Verkehrspolitik nicht mit Aktionismus und Populismus gemacht werden kann. Vielmehr ist Verkehrspolitik ein hochkomplexes Thema, das die unterschiedlichsten Bereiche und Bedürfnisse sorgsam abwägen und berücksichtigen muss.

Dieser hohen Komplexität der Verkehrspolitik wird dieser Antrag von Bündnis 90/Die Grünen aber nicht einmal im Ansatz gerecht. Ziel dieses Antrags ist es nicht, einen konstruktiven Beitrag zur Verkehrspolitik in unserem Bundesland zu leisten; der Antrag ist reiner Selbstzweck. Das Fahrradimage der Grünen soll damit unterstrichen werden – mehr auch nicht.

Jedem, der beruflich und privat auf das Auto angewiesen ist, erweist ein solcher eindimensionaler Antrag einen Bärendienst.

Selbst wenn man wohlwollend umweltpolitische Aspekte vermuten würde, wäre der Antrag weder gut gemacht noch gut gedacht, denn entweder schafft er durch erneute Prüfungen mehr bürokratische Hürden und verlangsamt das Verfahren, oder er nimmt Staus und Verkehrsbehinderungen in Kauf, wenn Maßnahmen wie gefordert einer erneuten Prüfung nicht standhalten.

Sie wissen genauso gut wie wir alle, dass alle Maßnahmen, die umgesetzt werden sollen, bereits heute wie selbstverständlich auf ihren Sinn und Zweck geprüft werden.

Offen lässt der Antrag außerdem, wie genau Sie was prüfen wollen. Wenn man dem Antrag zustimmen sollte, müssten Sie das Ganze etwas präziser formulieren. Außerdem ist es auch nicht so, dass sich, wenn heute Straßen gebaut und ausgebessert werden, alle danach verwundert die Augen reiben, warum dort kein Mensch fährt. Straßen werden benutzt und dienen oftmals auch dazu, Engpässe zu entlasten.

Ich habe gesagt, Verkehrspolitik ist komplex. Insofern muss auch der Pkw bzw. der Lkw berücksichtigt werden. Wir als CDU und FDP stehen für ein integriertes, intelligentes Verkehrskonzept, das ein Miteinander aller Verkehrsteilnehmer ermöglicht.

Aus diesem Grund ist es richtig, dass nach dem zu beratenden Haushaltsplanentwurf 15 Millionen Euro mehr im Vergleich zum Vorjahr in den Ausbau des Radwegenetzes investiert werden, etwa 22,8 Millionen Euro in die Digitalisierung des ÖPNV und das Land auch in den Erhalt der Landesstraßen investiert. Über den Verkehrshaushalt werden Sie alle in den kommenden Wochen weiter beraten.

Das oberste Gebot für uns Politiker ist die Verpflichtung gegenüber dem Allgemeinwohl, und davon sollten wir uns auch leiten lassen: zuerst das Land, dann die Partei.

Ich danke Ihnen ganz herzlich für zehneinhalb spannende Jahre. Es hat mir viel Spaß gemacht, und ich drücke Ihnen die Daumen, dass Sie die Debatte in diesem kollegialen und in den allermeisten Fällen auch fairen Stil weiterführen.

Ich werde in Zukunft nicht mehr ganz so schnell auf das vorläufige Plenarprotokoll zugreifen können, aber wenn es dann veröffentlicht ist, werde ich umso gespannter sein, es zu lesen.

Herzlichen Dank für die tolle Zeit und Ihnen weiterhin eine erfolgreiche Zeit hier im Landtag. – Danke schön.

(Langanhaltender Beifall von allen Fraktionen)

Vielen Dank, Herr Kollege Moritz. Wahrscheinlich haben Sie gesehen, dass eine Kurzintervention beantragt wurde.

(Hendrik Wüst, Minister für Verkehr: Zugabe!)

Das heißt, bei Ihrer letzten Rede dürfen Sie noch einmal den Instrumentenkoffer des Parlaments erleben. Sie dürfen das von Ihrem Platz aus

(Bodo Löttgen [CDU]: Nein, wir wollen ihn se- hen!)

oder vom Redepult aus erledigen. Angemeldet hat die Kurzintervention Arndt Klocke von Bündnis 90/Die Grünen.

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Erst einmal, Kollege Moritz, wünsche ich Ihnen alles Gute für Ihre berufliche Zukunft in Lippstadt. Das ist eine Stadt, der ich ein bisschen verbunden bin, weil mein Großvater dort vor vielen Jahren bei der Brauerei Weissenburg gearbeitet hat. Ich kenne Lippstadt, also alles Gute für Ihre politische Arbeit.

Ich möchte Ihnen in Bezug auf Ihre Rede drei Punkte mit auf den Weg geben:

Sie haben das Konstrukt hergestellt, was das Papier Hofreiter/Baerbock angeht; das hatte ich vermutet. Ich hoffe, dass ich so viel Glaubwürdigkeit im Parlament genieße, dass Sie mir eine Sache glauben, die wirklich stimmt:

Vor der Sommerpause haben meine wissenschaftliche Mitarbeiterin Frau Tull und ich diesen Antrag geschrieben. Dass dies mit dem Bundespapier und der großen medialen Debatte, die es um das Thema gibt, zusammenfällt, ist sozusagen allein der Strukturierung von Anträgen bei uns in der Fraktion zu verdanken.