Protokoll der Sitzung vom 08.10.2020

gegen den Individualverkehr, gegen die Straße, immer und immer wieder dagegen.

Hätten Sie doch nur die eine oder andere dieser vier Seiten darauf verwendet, wofür Sie sind, was Sie besser machen wollen, was Sie den Menschen als Alternative anbieten wollen, wenn Sie doch gegen die Straßen, gegen das Auto sind. Für schnellere Umsetzung von Eisenbahnprojekten, für mehr Radwege, für besseren ÖPNV – jedes dieser Themen wäre vier Seiten wert gewesen, und jedes dieser Themen haben Sie ausgelassen. Nichts von alledem, kein konstruktiver Vorschlag.

Warum ist denn der ÖPNV nicht so gut, wie wir ihn uns alle wünschen? Warum gibt es nicht so viele Radwege, wie wir alle wollen? Warum sind nicht mehr Güter auf der Schiene oder auf der Wasserstraße?

Auch weil Sie sich in vielen Jahren Ihrer Regierung, insbesondere in den letzten sieben Jahren, viel zu viel damit aufgehalten haben, wo Sie vor Ort jeweils dagegen waren, an welcher Stelle auch immer. Dieses Gegeneinander, dieses Dagegensein, gemeinsam in einer Regierung Mobilitätspolitik zu machen, ist Ursache für ganz viele Versäumnisse, die Sie hier beklagen.

Es ist schon angesprochen worden, aber ich will Ihnen gerne sagen, wofür wir sind und was uns wichtig ist. Ja, wir wollen mehr Radwege. Sie haben hier ein ums andere Mal dagegen gewettet. Mit der Einbringung des Landeshaushalts, verehrter Kollege Klocke, haben Sie die Wette verloren: Wir legen noch mal 15 Millionen Euro drauf,

(Zuruf von Arndt Klocke [GRÜNE])

und zwar, weil ich sehr genau weiß, wie viele Radwegeprojekte nach dem Planungshochlauf der letzten Jahre jetzt – ich sage es mal so technisch – ins Geld kommen. Ich hätte sicherlich nicht noch 15 Millionen Euro obendrauf gepackt, wenn ich die Sorge hätte, dass ich das meinem ehrenwerten Kollegen und Freund Lutz Lienenkämper wieder zurückgegeben müsste.

Wir machen da Ernst. Das haben Sie nicht gemacht. Deswegen: zusätzliche Planer, zusätzliche Planfeststeller, 2 Milliarden Euro für die ÖPNV-Offensive, NE-Bahn-Förderung, die letzte Meile im Güterverkehr. Dagegen waren Sie auch. Ich habe es bis heute nicht begriffen. Wir haben es wieder eingeführt.

Kollege Reuter hat schon auf Ihre Zahlenspiele verwiesen. Sie vergleichen ganz schön häufig Äpfel mit Birnen. Nehmen Sie einfach die Investitionssummen. Es sind 1,5 Milliarden Euro sowohl für Straße als auch für Schiene. Sie versuchen mit vielen Vergleichen und vielen Taschenspielertricks, den gegenteiligen Eindruck zu erwecken.

Wir machen auch kräftig Tempo, weil wir noch mehr wollen, weil noch mehr nötig ist – das ist keine Frage –, beim Rhein-Ruhr-Express, beim Ausbau des Bahnknotens Köln, bei der Elektrifizierung, bei autonom fahrenden Zügen. Im Haushalt 2021 ist auch das Thema „digitale Schiene“ und vieles mehr angelegt.

Sie waren vielleicht nicht dagegen, aber die Mobilität der Zukunft hatten Sie einfach nicht auf dem Schirm. Vor drei Jahren habe ich da mit nichts angefangen.

Wir stärken alle Verkehrsträger nach ihren Stärken. Sie haben, verehrter Kollege Klocke, auf die WDRStädteumfrage verwiesen. Ja, auf die Städteumfrage! Das ist sehr entlarvend. Wer hier im Landtag sitzt, der muss Politik für Stadt und Land, also für alle Menschen machen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Was ist Ihr Angebot für die Krankenschwester aus Südwestfalen, die morgens zur Schicht ins Krankenhaus nach Dortmund muss? Was ist Ihr Angebot für den Chemiearbeiter aus dem westlichen Münsterland, der morgens sehr, sehr früh in den Chemiepark Marl muss? Die können Sie nicht mit einer an großstädtischer Klientel orientierten Rhetorik abspeisen.

Wir werden auch in Zukunft das Auto brauchen: sauberer – zwingend, elektrisch – gern, Wasserstoff – wunderbar, automatisiert und vernetzt sowieso. Dieses Auto wird auch in Zukunft auf guten Straßen fahren, weil wir auch in Zukunft weiter in Straße investieren. – Vielen herzlichen Dank fürs Zuhören.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. Sie haben sicherlich auch bemerkt, dass eine Kurzintervention von Herrn Kollegen Klocke angemeldet wurde. Das wird Sie nicht überraschen.

(Hendrik Wüst, Minister für Verkehr: Ganz wunderbar! Ich habe noch so viel zu erzählen!)

Dafür haben Sie dann 90 Sekunden Zeit, sobald Herr Klocke sich eingedrückt und seine 90 Sekunden verwendet hat. – Bitte schön.

Danke, Frau Präsidentin. – Herr Minister, wenn Sie noch so viel zu erzählen haben, dann können Sie ja mal ein paar Ausführungen zu dem Kernthema dieses Antrags machen, das ich in meiner Rede sicherlich mindestens zehnmal erwähnt habe, nämlich zum Thema „Klimaschutz“. In Ihrer fünfminütigen Rede haben Sie dieses Wort und diesen Zusammenhang mit keinem Wort erwähnt. Das ist Punkt eins.

Punkt zwei: Sie haben uns gerade unsere Versäumnisse in der Verkehrspolitik vorgehalten. Wenn ich

mir die letzten 15 Jahre angucke – das ist ja ein überschaubarer Zeitraum –, dann hat die CDU acht Jahre den Verkehrsminister in Nordrhein-Westfalen gestellt und die SPD sieben Jahre, die Grünen aber kein einziges Jahr. Wenn Sie also meinen, uns die Hauptverantwortung für die Situation im Land zuweisen zu können, dann müssen Sie, glaube ich, erst mal vor der eigenen Haustür kehren.

(Zuruf von der CDU)

Jetzt habe nur ich das Wort. Der Minister ist gleich dran.

(Zuruf von der CDU)

Als dritten Punkt nenne ich Ihnen mal ein paar Städtenamen. Sie kommen ja selbst aus einem ländlichen Raum, deswegen werden Ihnen die Städte auch nicht unbekannt vorkommen: Telgte, Havixbeck, Altenberge, Monschau, Lohmar, Rheinberg. – Das sind alles Städte – und ich könnte noch einige andere aus dem ländlichen Bereich aufführen –, in denen wir Grünen bei der Kommunalwahl das Bürgermeisteramt erobert haben. Wenn wir eine reine Partei für die Großstädte wären, dann hätten wir bei dieser Kommunalwahl sicherlich nicht in 15 Städten im ländlichen Bereich das Bürgermeisteramt erreichen können. Dann wäre uns das im Münsterland, wo Sie herkommen – Kreis Steinfurt, Kreis Coesfeld – nicht gelungen. Auch im Rhein-Sieg-Kreis stellen wir drei Bürgermeister, ebenfalls eindeutig ein ländlicher Bereich. Rösrath gehört beispielsweise noch dazu.

(Zuruf von der CDU)

Also: Die Grünen sind überhaupt keine Partei nur für die Großstädte, sondern wir sind in Stadt und Land gut verankert.

Die Zeit. – Danke schön, Herr Kollege Klocke. – Herr Minister.

Ganz herzlichen Dank für die Gelegenheit, noch ein paar Ausführungen zu machen.

Selbstverständlich muss Mobilität nicht nur besser und sicherer, sondern auch sauberer werden. Deswegen wäre es ja so schön, wenn wir uns mal konstruktiv mit der Frage beschäftigen würden, wie wir das mit Bahn, mit Radwegen, mit ÖPNV und mit Wasserstraßen machen. Überall da haben wir noch mal kräftig obendrauf gelegt, ohne an anderer Stelle was wegzunehmen, ohne das eine gegen das andere auszuspielen. Sie würden viel, viel mehr fürs Klima erreichen, wenn Sie sich auf diesen konstruktiven Politikansatz verständigen könnten. Erster Punkt.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Zweiter Punkt: Ich bin immer überrascht, wie Sie sich in die Büsche schlagen, wenn man auf die sieben Jahre Ihrer gemeinsamen Regierungszeit mit den Sozialdemokraten verweist.

(Arndt Klocke [GRÜNE]: Sie sind acht Jahre dran!)

Hatten Sie keinen Gestaltungsanspruch in der Verkehrspolitik zur Zeit Ihrer Regierung? Ist das alles nicht von Ihnen gewesen? Ich wusste schon, dass Sie kräftig miteinander gerungen haben, aber dass Sie gar nichts zu sagen hatten, finde ich jetzt interessant. Das glaube ich Ihnen auch nicht.

(Arndt Klocke [GRÜNE]: Das ist Ihre Interpre- tation! Das habe ich überhaupt nicht gesagt!)

Ich bin sehr, sehr gespannt darauf, was die grünen Bürgermeister, für die ich als Landesminister genauso offen bin wie für jeden anderen Bürgermeister, jede Bürgermeisterin, jede Landrätin und jeden Landrat, in Zukunft von mir wollen. Ich habe es in meiner Heimatstadt lange mit einem grünen Bürgermeister erlebt: Mit Totenlichtchen an den Schulwegen wurde gegen Straßen demonstriert. Durch das Anketten an Bäume wurde gegen die B67n demonstriert, und als sie da war, hat der Bürgermeister ganz verdruckst gesagt: Es ist schon schön, dass der Verkehr aus der Stadt raus ist. – Denn darum geht es bei vielen Ortsumgehungen und neuen Straßen:

(Vereinzelt Beifall von der CDU und der FDP)

Verkehr raus an die Peripherie, Autos raus, Lebensqualität rein.

Die Zeit.

Ich bin ganz sicher, dafür lassen sich auch grüne Bürgermeister im Sinne ihrer Orte und der Menschen, die dort leben, begeistern. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Damit kommen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 8. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 17/11156 an den Verkehrsausschuss. Wie üblich sollen dort die abschließende Beratung und Abstimmung in öffentlicher Sitzung erfolgen. Möchte jemand gegen die Überweisung stimmen? – Sich enthalten? – Das ist beides nicht der Fall gewesen. Dann haben wir jetzt so überwiesen.

Ich rufe auf:

9 Die Privatsphäre der Bürger darf kein Corona

Opfer werden! Der staatliche Zugriff auf Gästelisten muss auf Infektionsschutzmaßnahmen beschränkt sein.

Antrag der Fraktion der AfD Drucksache 17/11171

Ich eröffne die Aussprache. Als erster Redner hat für die antragstellende Fraktion Herr Kollege Tritschler das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das erste Coronaopfer ist offensichtlich die Freiheit. Nein, es geht hier nicht um den Maskenzwang – ob er sinnvoll ist oder sinnfrei –, es geht hier um fundamentale Grundrechte wie etwa das Recht auf Privatsphäre.

Seit Monaten müssen die Bürger unseres Landes, wo sie gehen und stehen, wo sie ein Bier trinken, eine Bockwurst essen oder bald auch einen Glühwein zu sich nehmen, eine Datenspur hinterlassen. Sie müssen Namen, Adresse, Telefonnummer in eine Liste eintragen oder gleich digital übermitteln.