Ganz genauso mache ich das, aber nicht mit Schaufensterreden. Ich kann diese Schaufensterreden nicht mehr leiden – dafür bin ich zu alt geworden – nach dem Motto: Simsalabim – schon sind alle Probleme gelöst.
Ich mache es wie im Fall Lügde: Sie schimpfen über mich, und ich fange an, einzeln abzuarbeiten. Fragt heute noch jemand danach, ob wir es richtig gemacht und ob wir Wirkung erzielt haben?
Die ganze Republik redet darüber, dass wir etwas in Gang gebracht haben. Wir sind übrigens noch lange nicht fertig und haben noch lange nicht alle Probleme gelöst.
Gründlich und unnachgiebig handeln – und zwar entschieden – und nach Lösungen suchen: So erhält man das Vertrauen von Menschen zurück, aber nicht, indem man solche Reden hält und nur herumschimpft.
Ich bin stolz, und ich bin sicher, dass es klappen wird, denn die allergrößte Mehrheit der Polizistinnen und Polizisten – das haben mir alle gesagt – schämt sich für das, was passiert. Deswegen sind sie Bündnispartner. Sie machen mit beim Aufräumen, und sie kümmern sich; da bin ich mir sicher.
Es wird sofort gehandelt. Es wurde eine Stabsstelle angesiedelt. Herr Reichel-Offermann ist ein absoluter Kenner des Rechtsextremismus. Er war jahrelang im Verfassungsschutz tätig und kennt die Polizei.
Die Stabsstelle hat sechs Mitarbeiter – doppelt so viele wie beim Thema „Kindesmissbrauch“, weil wir Experten verschiedener Art brauchen: Polizisten, Soziologen, Sozialwissenschaftler und andere. Sie alle sind in dieser Stabsstelle.
Ich werde alle Führungskräfte der Polizei NordrheinWestfalen persönlich ansprechen und herumfahren. Dann haben Sie auch Ruhe, denn dann bin ich eine Zeit lang nicht hier, aber das ist egal.
Ich werde versuchen, jede einzelne Führungskraft der Polizei zu erreichen und ihr sagen: Ihr habt bei der Polizei eine Verpflichtung, euch darum zu kümmern. Das kann man nicht zentral lösen, sondern ihr müsst mitmachen.
Wir brauchen, wie vorhin schon gesagt wurde, eine neue, veränderte Kultur in der Polizei: kein Wegducken, kein Weggucken, sondern Sagen, Benennen, Kümmern, Lösen und Aufklären.
Genauso werden wir das mit über 30 Konferenzen machen; da können Sie sich sicher sein. Ich will nicht nur die Polizeipräsidenten oder die Landräte ansprechen, sondern ich will mehr. Das klappt ja schon in Teilen. Sie können zwar sagen, dass es viel zu wenig sei, aber vorher ist gar nichts passiert.
Wir haben – Stand heute – 38 Meldungen, bei denen aus der Polizei gesagt wird: Da läuft etwas schief, kümmert euch darum.
Wir haben mittlerweile 104 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in disziplinarischen Maßnahmen. Ich will hinzufügen: Das wird von Tag zu Tag mehr werden.
Ich will es noch einmal sagen, damit es später nicht heißt, ich hätte es nicht gesagt: Was wir jetzt beginnen, wird bedeuten, dass wir täglich neue Fälle aufdecken werden. So ist es, und so wird es sein, bis wir es am Ende gelöst haben.
Wir haben das übrigens auch bei der Handlungsweise so gemacht. Darüber haben wir gestern gesprochen und auch schon an anderen Stellen in Bezug auf den Verfassungsschutz. Wir haben ganz konkret gehandelt und Entscheidungen getroffen.
Hinzu kommt der einzige Streitpunkt, der eigentlich gar keiner ist; Herr Lürbke hat es, denke ich, genau auf den Punkt gebracht: Die Studie ist zu irgendetwas verkommen.
Ich weiß gar nicht, was das soll. Es geht doch nicht um die Frage „Studie ja oder nein“, sondern es geht um die Frage, welche Studie es sein soll.
Eine Studie, die alle Probleme löst, gibt es nicht; das bestreitet wohl niemand, obwohl es manchmal in der Öffentlichkeit so scheint. Es geht doch darum, zu schauen, was wir schnell brauchen.
Ich will schnell Lösungen haben, und ich brauche Antworten und nicht nur Problembeschreibungen. Das ist der Grund, weshalb ich versuche, einen pragmatischen Weg zu gehen. Ich will anpacken und nicht abwarten. Ich will Probleme lösen und nicht davon lesen, dass es Probleme gibt.
Herr Reichel-Offermann wird deshalb zum Beispiel ein Landeslagebild erstellen; das ist die Grundlage: Ohne Lagebild läuft hier gar nichts. Wir werden prüfen, welche Forschungen es schon gibt, denn man muss ja nicht alles doppelt machen.
Vorhin ist zum Beispiel auf die hessische Studie hingewiesen worden, die genau diesen Fragen nachgeht. Werten wir sie doch mal aus; vielleicht kommen wir da weiter.
Wir haben in der Hochschule für Polizei zwei Studien. Eine ist abgeschlossen, eine ist in Gang gesetzt, und
zwar erweitert, sodass sie nicht nur die Studenten im Blick hat, sondern auch, was später im beruflichen Leben mit ihnen passiert.
Wir werden natürlich – noch einmal für das Protokoll – auch neue wissenschaftliche Projekte in Auftrag geben, wenn wir bestimmte Fragen lösen müssen. Das wird hundertprozentig so sein; daran soll gar kein Zweifel bestehen.
Wir machen es doch nicht aus Prinzip, sondern um eine Frage zu beantworten, die ansteht. Wir werden auch Wissenschaftler einbinden. Das habe ich schon einige Male vorgetragen; ich muss es jetzt nicht wiederholen.
Wir werden dann in der Polizei auch Veränderungen herbeiführen müssen. Es wird nicht alles so bleiben; das ist völlig klar. Wenn es um Haltungen und Einstellungen geht – Frau Schäffer hat darauf hingewiesen –, gibt es schon eine ganze Menge wissenschaftlicher Expertise, auf die man aufbauen kann.
Wenn man der Frage nachgeht, woran es denn liegt, dass Polizisten in diese Schwierigkeit kommen, weiß jeder, dass es etwas mit bestimmten Arbeitsbedingungen zu tun hat.
Es kann auch etwas mit Angriffen und Vorwürfen gegen die Polizei zu tun haben, weil die Polizisten irgendwann nicht mehr weiterwissen.
Herr Wolf, nur ein kleiner Hinweis: Wenn man die Clanproblematik 30 Jahre lang verpennt und sich nicht darum kümmert, darf man sich nicht wundern, dass die Bürger und die Polizei unzufrieden werden. Man muss sich darum kümmern.
(Beifall von der CDU und der FDP – Sven Wolf [SPD]: Wer hat denn das erste Lagebild ge- macht, Herr Minister? Das war doch Ihr Vor- gänger!)
Ach ja, Lagebild. Ist denn irgendetwas passiert? Das ist doch genau das, was ich sage. Machen Sie doch keine Pläne, Konzepte und Studien, sondern handeln Sie. Ich werde dafür bezahlt, dass ich handle und Veränderungen herbeiführe.
Ich glaube, die Enttäuschung, die es in der Polizei gibt, hat auch, aber nicht nur etwas mit den Arbeitsbedingungen und dem zu tun, was die Polizisten in bestimmten Brennpunkten jeden Tag erleben.
Sie hat damit zu tun, dass sie meinen, Politik kümmert sich nicht genug darum. Wir haben Anfragen an
die Justiz; ich könnte Ihnen eine ganze Palette an Fragestellungen aufzählen. Die werden wir beantworten müssen. – Das ist ein Teil.
Das Wichtigste ist meiner Meinung nach – alle, die meine Reden bei Vereidigungsfeiern gehört haben, wissen das –: Wir brauchen in der Polizei eine klare Fehlerkultur und keine Haltung, nach der alles unter den Teppich gekehrt wird. Das geht auf keinen Fall.
Ich erwarte von Polizisten, dass sie sich aufeinander verlassen können; das ist der erste Teil. Ansonsten können sie ihre Aufgabe gar nicht wahrnehmen.
Ich erwarte aber genauso, dass sie ansprechen und sich darum kümmern, wo etwas schiefläuft, um die Kolleginnen und Kollegen zu schützen. Das ist auch die Aufgabe von Polizisten. Ich bin sicher: Wir kriegen das hin.
Ich biete es noch einmal an – Frau Schäffer, Sie haben es präzise gesagt –: Natürlich ist jeder Vorschlag, den Sie einbringen, herzlich willkommen. Bitte reichen Sie weitere ein.
Wir werden auch Gespräche organisieren, denn mich interessiert, dass wir hier nicht in den Kampf ziehen. – Doch: Wir ziehen in den Kampf gegen Rechtsradikalismus und Rassismus, aber wir ziehen nicht in den Kampf gegeneinander.
Danke schön, Herr Minister Reul. Ich will darauf hinweisen, dass Sie zwischendurch einen sehr stark emotionalisierten Begriff verwendet haben, der unparlamentarisch ist. Ich will ihn ungern wiederholen, verstehe ihn emotional aber.