Protokoll der Sitzung vom 12.11.2020

Da frage ich mich übrigens, wie die Grünen mit ihrer Haltung zur Gentechnik zu diesem Impfstoff stehen. Die Spitzenkandidatin der Grünen in Rheinland-Pfalz scheint ja schon gentechnikfreundliche Kommentare unter ihrem Post zum Impfstoff gelöscht zu haben.

Auch weitere Impfstoffe sind schon in der Phase 3 und somit weit fortgeschritten. Das US-Unternehmen Moderna setzt ebenfalls auf einen mRNA-Impfstoff. In Kooperation von AstraZeneca und der Universität Oxford wird auf einen Vektorimpfstoff gesetzt.

Wir werden also voraussichtlich im kommenden Jahr mehrere alternative Präparate zur Verfügung haben. Eventuell werden auch – je nach Zielgruppe und Impfstrategie – unterschiedliche Vor- und Nachteile der jeweiligen Vakzine auftreten.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte hier aber auch vor Illusionen warnen. Ein zugelassener Impfstoff wird nicht sofort die Pandemie beenden. Die Produktion läuft zwar schon an, aber es müssen erst mehrere Hundert Millionen Impfdosen hergestellt werden. Gerade die Logistik bei der Verabreichung wird uns vor große Herausforderungen stellen. Ein mRNA-Impfstoff benötigt voraussichtlich durchgehende Tiefkühlung von unter minus 60 Grad. Vermutlich wäre ein Vektorimpfstoff hier einfacher zu handeln.

Der vorliegende Antrag fordert jetzt ein Impfkonzept des Landes. Dazu ist anzumerken, dass – wie gerade aufgeführt – wichtige Fragen der Logistik davon abhängen, welche Impfstoffe künftig eingesetzt werden.

Zudem ist die Landesregierung auch ohne diesen Antrag schon längst auf dem Weg. Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales befindet sich im Austausch mit dem Bundesministerium für Gesundheit, dem Robert Koch-Institut, dem Paul-EhrlichInstitut und den übrigen Bundesländern zur Abstimmung der Rahmenbedingungen bei der Umsetzung dieser Impfstrategie. Dabei sind insbesondere Fra

gen wie Transport und Lagerung des Impfstoffes und der Einrichtung von Impfzentren zu klären.

Auch mit den beiden Kassenärztlichen Vereinigungen laufen Gespräche, da wir die vertragsärztliche Versorgung so weit wie logistisch möglich in den Impfprozess einbinden wollen.

Nächster Schritt wird der konkrete Aufbau von Impfzentren sein. Die Beschaffung von Impfzubehör auf Kosten des Landes ist ebenfalls bereits angelaufen. Die Umsetzung der Impfstrategie des Bundes läuft also schon längst.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, wichtig ist natürlich, dass wir viele Menschen bewegen, sich impfen zu lassen. Am Ende wird es für den Erfolg einer Impfung maßgeblich darauf ankommen. Ich bin auch ein bisschen traurig darüber, dass laut einer Studie der Universität zu Heidelberg bisher nur 55 % der Menschen bereit sind, sich tatsächlich gegen Corona impfen zu lassen.

(Zuruf von Dr. Christian Blex [AfD])

Deshalb wollen wir auch eine Impfkampagne mit Informationen zum Impfstoff sowie der Impforganisation auf den Weg bringen, um Misstrauen zu reduzieren und die Motivation zum Impfen zu steigern.

Gestatten Sie mir abschließend die Bemerkung: Das Thema „Impfen“ ist sowohl bei der Union als auch bei der FDP-Fraktion ganz oben auf der Tagesordnung und mir ein persönliches Herzensthema. Von daher hätte ich jetzt diesen Antrag nicht gebraucht. – Ich danke Ihnen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Schneider. – Als nächster Redner hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Abgeordneter Mostofizadeh das Wort.

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es gibt ja immer Rednerinnen, die meinen, die Weisheit mit Löffeln gegessen zu haben

(Franziska Müller-Rech [FDP]: Da vorne steht einer! – Weitere Zurufe von Marc Lürbke [FDP] und Bodo Löttgen [CDU])

und hier auch Nebenkriegsschauplätze aufmachen zu müssen. Ich kann Ihnen nur sagen: Die Impfungen, die in Nordrhein-Westfalen und in ganz Deutschland durchzuführen sind

(Karl-Josef Laumann, Minister für Arbeit, Ge- sundheit und Soziales: Auf der ganzen Welt!)

und meinetwegen auf der ganzen Welt –, sind eine Aufgabe, die es in diesem Umfang so noch nicht gegeben hat. Vor dem Hintergrund zu sagen, es sei

schon alles klar, finde ich schon einigermaßen vermessen. Das sage ich sehr deutlich, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Vereinzelt Beifall von der SPD)

Herr Minister, ich komme gleich auch zu den Punkten, bei denen wir vielleicht unterschiedlicher Auffassung sind, aber ich sage zunächst sehr deutlich: Sie haben unsere volle Unterstützung dabei, dieses Impfprogramm so gut und so intensiv wie möglich durchführen zu können. Sie haben uns auch an Ihrer Seite, wenn es um das Werben für eine Impfkampagne geht, wenn es darum geht, die Menschen kommunikativ mitzunehmen, aber auch das Vertrauen aufzubauen, dass diese Impfstoffe wirken, wenn es denn dann auch so ist, denn da ist ja noch einiges an Forschung zu tun. Das kann ich Ihnen ausdrücklich vonseiten der Grünenfraktion hier zusichern.

(Beifall von Verena Schäffer [GRÜNE])

Das vorweggeschickt möchte ich hier noch ein paar Punkte deutlich machen.

Zunächst geht es jetzt vermutlich nur um diesen einen Impfstoff. Wir werden ja hoffentlich auch mehrere bekommen, aber BioNTech scheint ja am weitesten zu sein. Wenn man davon ausgeht, dass man – das sagen die Wissenschaftler – zweimal impfen muss, um den notwendigen Schutz zu erreichen, dann – das hat der WDR in einem Artikel mal hochgerechnet – würden die Impfungen über ein Jahr dauern, wenn man pro Tag einschließlich aller Samstage, Sonntage und Feiertage 60.000 Menschen impfen würde. Und dann hätte man nur 60 % der Bevölkerung geimpft.

Das ist schon ein Kraftakt, den es in der Medizin in diesem Maße in Nordrhein-Westfalen und auf der ganzen Welt noch nicht gegeben hat. Die Aufgabe ist riesig. Tun Sie nicht so, als ob das – wie Frau Schneider suggerieren wollte – schon alles auf dem Weg sei und schon alles geklärt sei. Das ist es definitiv nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Ich habe mich auch gefragt, ob man den Antrag hätte heute stellen müssen. Das gestehe ich zu. Wenn ich mir allerdings angucke, was jetzt bei den Testungen passiert, mache ich mir schon Sorgen. Da musste erst eine Bundesanordnung kommen, dass die Tests in den Pflegeheimen durchgeführt werden sollen, aber es steht kein Personal bereit. In der letzten Ausschusssitzung haben wir schon ein Stück weit darüber geredet. Da, Frau Schneider, konnte der Minister nicht beantworten, wo denn die Testzentren hinkommen. Aus guten Gründen konnte der Minister verschiedene Fragen nicht beantworten. Es ist Aufgabe des Parlaments, dem nachzugehen.

Herr Kollege Hagemeier, einen ganz wichtigen Punkt verstehe ich nicht. Ich gehe davon aus, dass nicht die Impfmüdigkeit das Problem sein wird, sondern die Masse wird das große Problem sein. Vielleicht wird später eine Impfmüdigkeit eintreten. Nach anderthalb Jahren müssen wir vielleicht über Aufklärungskampagnen diskutieren. Aber wenn das Impfen so schwierig ist, wird es Prioritätenentscheidungen geben müssen. Natürlich gibt es eine Vereinbarung auch mit dem Bund. Die Entscheidung der Gesundheitsministerkonferenz vom 6. November liegt uns ja vor. Es muss eine einheitliche Linie des Bundes mit den Ländern geben.

Aber, Herr Minister, es muss entschieden werden, ob zum Beispiel aufsuchende Impfungen in Pflegeheimen durchgeführt werden. Dafür bedarf es aber erheblicher logistischer Aufwendungen. Denn dieser Impfstoff ist eigentlich für Impfzentren gedacht. Man müsste sehr, sehr teure Geräte – Kühlkästen – kaufen, um diese Impfungen in den Heimen durchführen zu können.

Das sind alles politische Entscheidungen, an denen das Parlament nicht nur beteiligt werden muss, sondern es hat die Prioritätenentscheidungen zu treffen. Denn da wird möglicherweise über Gesundheit, über Leben und Tod und andere Dinge entschieden. Das hat nicht in irgendeiner Kommission, sondern im Parlament stattzufinden, entweder im Bundestag oder im Landtag von Nordrhein-Westfalen, wenn es denn unsere Kompetenz betrifft, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von den GRÜNEN und Heike Gebhard [SPD])

Deswegen werden wir auch – auch wenn der Punkt 8 möglicherweise nicht ganz mit dem korrespondiert, was in der Bund-Länder-Vereinbarung steht – dem Antrag der SPD jetzt zustimmen.

Wir haben ja für den Ausschuss eine umfangreiche Anfrage zu den Testungen gestellt. Wir werden dieses Thema sehr intensiv begleiten. Denn eines müssen wir in Nordrhein-Westfalen schaffen: Wenn der Impfstoff verfügbar ist, wäre es die größte Peinlichkeit überhaupt, wenn wir dann logistisch nicht in der Lage wären, den so zu verimpfen, wie es sein müsste.

Mir liegen auch schon zahlreiche Anfragen von Leuten vor: Kommt das Impfzentrum möglicherweise zu uns? Nach welchen Kriterien werden die Impfzentren eingerichtet? – Herr Minister, ich bitte Sie, dass wir das auch ausführlich im AGS diskutieren und dort auch politische Entscheidungen vorbereiten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich komme zum Schluss. Wir werden dem Antrag der SPD hier zustimmen. Ich finde das Verhalten der Koalition, alles sei schon in Butter, alles sei schon klar und Sie machten das schon, angesichts der Sache und der

Aufgabe unangemessen. Deswegen werden wir Grüne uns weiterhin sehr intensiv in die Debatte einbringen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Mostofizadeh. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der AfD Herr Abgeordneter Dr. Vincentz das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Mostofizadeh, der zentrale Aspekt ist meines Erachtens nicht, dass man hier sagt, man habe schon alles im Griff.

Auf der einen Seite gibt es ja das, was man aktuell schon absehen kann. Da ist es in der Tat so, dass wir, wie gesagt, sehr wenige Informationen über den jetzt angekündigten Impfstoff haben. Eben wurde auch schon erwähnt, dass es noch eine Reihe anderer Impfstoffe gibt, die sehr erfolgversprechend sind. Insbesondere jener aus Oxford wurde thematisiert. Dieser bringt ganz andere Eigenschaften mit, und bei diesem ist es dann überhaupt nicht mehr nötig, zum Beispiel diese Kühlungen durchzuführen. Vielmehr hat man über einen Vektorimpfstoff ganz andere Möglichkeiten, zum Beispiel Menschen vor Ort aufzusuchen.

Das sind aber Fragen, die Sie jetzt noch überhaupt nicht beantworten können. Daher ist die Diskussion über diese Fragen an dieser Stelle viel zu verfrüht.

Auf der anderen Seite kommt dieser Antrag mir so vor – ich habe ihn mir extra mit ans Redepult gebracht, damit ich einige Stellen daraus zitieren kann –, als ob die SPD sich mal wieder gesagt hat: Wir müssen noch irgendetwas zu Corona machen, und was wir haben, das haben wir. Impfstoffe und Impfungen sind etwas, das momentan in Mode ist. Dazu muss man etwas haben.

Dabei kommt dann dieser Antrag herum, gemäß dem der Landtag feststellen soll – ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin –:

„Eine vorausschauende Planung in Pandemiezeiten ist unerlässlich.“

Ja, super. Wir sind uns wohl alle einig, dass man das, soweit es in Pandemiezeiten möglich ist, vorausschauend zu planen, so machen sollte. – Oder:

„Der Landtag stellt fest: … Die Richtlinie für die nationale COVID-19 Impfstrategie des BMG liegt seit Oktober 2020 vor.“

Das ist relativ unproblematisch. Das können wir gemeinsam miteinander feststellen. Diese liegt vor.

Die Frage ist aber ja, was dieser Antrag an diesen Realitäten ändert. Was gewinnen wir also, wenn wir diesem Antrag jetzt zustimmen? Haben wir irgendeinen Mehrwert, wenn wir sagen, dass das so ist, und wir das miteinander so feststellen?

Was ich ebenfalls sehr spannend finde, ist, dass Sie zum Beispiel auch schreiben: