den Schlachthöfen und den Betrieben der Fleischveredelung unterschieden. Das sollte man vielleicht genauer herausarbeiten. Denn da gelten in der Tat ganz andere Regeln zum Thema „Arbeits- und Produktionsbedingungen“. Da müsste man aus Sicht der Freien Demokraten genauer hinsehen.
Drittens. Der Einsatz von Zeitarbeit in der Fleischwirtschaft wird immer wieder mit der fragwürdigen Nutzung von Werkvertragskonstruktionen gleichgestellt. Da muss man aber auch sauber hinschauen. Wozu brauche ich denn die Zeitarbeit? Habe ich schwankenden Personalbedarf? Möchte ich Produktionsspitzen etwa in der Grillsaison abdecken? Habe ich einen unerwarteten Ausfall von Beschäftigten? Dann möchte ich das durch Zeitarbeit abdecken.
Das Thema „Arbeitnehmerüberlassung“ ist in Deutschland eindeutig geregelt. Zeitarbeitnehmer sind nach Tarifverträgen zu entlohnen. Es gibt bei den Entleihern ganz klare Regelungen dahin gehend, dass ein Arbeitnehmer, den ich überlasse, in meine Betriebsstruktur integriert ist. Das heißt, dass der Entleiher für den Arbeitsschutz verantwortlich ist.
Somit sehen wir es äußerst kritisch, dass man beim Vorgehen gegen die mehr als fragwürdigen Werkvertragskonstruktionen in der Fleischwirtschaft ganz nebenbei die Zeitarbeit gleich mit verbieten möchte. Das halten wir nicht für erforderlich und auch nicht für angemessen.
Es gehört auch zur Sozialen Marktwirtschaft. Für einen flexiblen Arbeitsmarkt gehören Instrumente wie Zeitarbeit und Werkverträge für uns als Freie Demokraten mit dazu – genauso wie das Bekämpfen von Missständen. Das stellen wir überhaupt nicht infrage.
Deswegen hoffe ich, dass man, nachdem Beratungsbedarf angemeldet worden ist, zumindest bei diesen drei Punkten noch einmal ganz genau hinschaut. Vielleicht kommen wir dann auch in der Sache einen Schritt weiter. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Lenzen. – Für die Fraktion der Grünen spricht der Abgeordnete Mostofizadeh.
Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist gut, dass der Kollege von der FDP jetzt gesprochen hat. Dann wissen wir nämlich, worum es eigentlich geht: Sie wollen das alte, ekelhafte Geschäftsmodell der Ausbeutung hier weitertreiben. Das ist doch die Wahrheit, Herr Kollege von der FDP.
(Henning Höne [FDP]: Oh! – Stefan Lenzen [FDP]: Das habe ich mit keinem Wort erwähnt! Schauen Sie ins Protokoll! Völliger Quatsch!)
Die 50-Personen-Grenze ist doch genauso willkürlich und falsch wie, dass der Mittelstand dafür herhalten soll, dieses alte Geschäftsmodell fortzuführen.
Deswegen, Herr Minister, bin ich schon sehr gespannt, wie Sie gleich reagieren werden. Ich kann mich noch gut erinnern, dass Sie hier nicht als Kommunist, sondern als Arbeitsminister gesprochen haben und die FDP dann ziemlich sparsam in die Gegend geguckt hat, als Sie genau das angekündigt haben, was Kollege Neumann gesagt hat, nämlich, dort aufzuräumen.
Die Wahrheit ist: Die CDU hält es an. – Herr Kollege Schmitz, da können Sie herumeiern, wie Sie wollen.
Ehrlich gesagt, halte ich schon die 50-PersonenGrenze für falsch. Es muss doch darum gehen, dass wir in Deutschland Menschen finden, die in diesen Betrieben arbeiten wollen. Die Werkverträge sollen ja nur deswegen wieder angewendet werden, damit man aus dem Ausland unter schlechten Bedingungen wieder Personal in diese Betriebe holen kann, weil kein normaler Mensch hier in Deutschland diese Arbeit machen will. Das ist doch die Wahrheit, die hinter all diesen Floskeln aus Berlin steht.
Kommen wir zu dem zurück, was hier auf der Tagesordnung steht. Mich strengt es, ehrlich gesagt, auch an, dass die Koalitionsstreitigkeiten in Berlin hier im Landtag nachgezogen werden sollen. Aber – das muss man zugestehen – Rheda-Wiedenbrück liegt nun einmal in Nordrhein-Westfalen. Der größte Skandal in diesem Zusammenhang findet in Nordrhein-Westfalen statt.
Herr Minister, das, was sich bei Tönnies abgespielt hat, war in erster Linie eine Frage der Infektionstätigkeiten. Was im Arbeitsschutz und im Arbeitsrecht schiefliegt, ist kein Prädikat, das Nordrhein-Westfalen alleine hat. Ich will die anderen Bundesländer gar nicht beurteilen.
Aber dieses Geschäftsmodell der Werkverträge in der Fleischindustrie gehört einfach abgeschafft, und zwar aus einem ganz einfachen Grund:
Die Kerntätigkeit, die in dem Betrieb stattfindet, ist eine Angestelltentätigkeit. Diese Leute werden angeleitet. Es ist doch irrwitzig, aus jetziger Sicht zu glauben, dass man dies mit Werkverträgen regeln kann. So etwas wäre mit normalen Tätigkeiten in anderen Betrieben überhaupt nicht vereinbar. Das sind abhängig Beschäftigte, die dort Lohnarbeit abliefern.
Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, muss dieses Kontrollgesetz endlich scharfgestellt werden. Es wird ohnehin noch lange Zeit dauern, bis dieses auf dem Papier stehende Gesetz auch wirklich in den Vollzug kommt, wenn man das glauben darf, was
Minister Laumann und auch seine Vorgänger hier auf den Tisch gelegt haben, nämlich, dass sich viele Betriebe selbst dann nicht an die geltenden Gesetze halten werden.
Deswegen blicke ich gespannt auf das, was sich da in Berlin abspielt. Unsere arbeitsmarktpolitische Sprecherin hat heute auch deutliche Worte gefunden. Sie ordnet das genauso ein, wie es der Kollege Neumann angedeutet hat: Hier wird auf Zeit gespielt. Hier sollen führende Betriebe geschützt werden. Hier soll nicht der Mittelstand geschützt werden. Um den Mittelstand geht es überhaupt nicht. Es gibt in diesem Bereich doch kaum Mittelstand. Es sind die großen Nummern, die in großem Maßstab die Werkvertragsarbeit ausnutzen.
Alles, was Sie hier vortragen, ist doch ein Scheingefecht. Deswegen sollten Sie einfach Folgendes tun, Kollege Schmitz: Gehen Sie zu Ihrer Bundestagsfraktion und sagen denen: Wenn Sie den Arbeitsminister Laumann nicht weiter blamieren wollen, dann stimmen Sie, verdammt noch mal, in der nächsten Plenarwoche diesem Gesetz zu.
Der Bundesrat hat sich in eindeutiger Weise dazu verhalten. Insofern ist dann der Spuk zumindest auf administrativer Ebene zu Ende. Und dann gucken wir, dass wir nächstes Jahr wirklich Fortschritte machen und am Ende andere Bedingungen in der Fleischindustrie vorfinden werden. – Herzlichen Dank.
Ich glaube, ich habe noch einen Moment Redezeit. Deswegen will ich eines an dieser Stelle noch einmal anmerken, weil ich es auch im Ausschuss vorgetragen habe.
Beim Vorgang „Tönnies“ ist immer noch die Frage offen, ob die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – Sie haben angedeutet, dass kein Geld geflossen sein soll – Ausfallgeld bekommen haben. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in dieser Werkvertragssituation gearbeitet haben, hatten nämlich das Problem, dass aufgrund des Infektionsschutzes das Werk geschlossen werden musste. Insofern sind möglicherweise Tausende von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht nur infiziert worden, sondern auch ohne einen einzigen Cent in ihre Heimatländer zurückgekehrt und deswegen ohne Vergütung geblieben.
Daher wäre es vonseiten des Betriebs Tönnies und anderer Beteiligter ein Zeichen des Anstands, dass sie diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – nichts anderes sind sie faktisch auf dem Papier – in entsprechender Weise entschädigen.
Sie sollten als Landesregierung aufklären, ob der Vorhalt des DGB stimmt, dass Tönnies auf der einen Seite Gelder beantragt hat und auf der anderen Seite nichts bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern angekommen ist.
Vielen Dank. – Bevor wir zur Beantwortung dieser Frage kommen, hat als nächster Redner für die AfD-Fraktion Herr Dr. Vincentz das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Neumann, Sie haben hier sehr emotional vorgetragen. Man nimmt Ihnen auch ab, dass Ihnen wirklich etwas daran liegt.
Wenn Sie die Wortmeldungen der anderen Parteien und jetzt auch meine mitnehmen – ich möchte mich da gerne anschließen –, werden Sie aber sehen, dass es überhaupt keinen Zielkonflikt gibt. Jeder sieht, dass es in der Branche schwarze Schafe gibt, dass dort schlechte Arbeitsbedingungen herrschen und dass dort einiges schiefläuft, bei dem man nachbessern muss.
Dann ist es aber nicht fair, dass Sie insgesamt ablehnen, dass es in dieser Richtung zu Verbesserungen kommt, nur weil andere mit einem Gesetzentwurf Ihrer Partei nicht einverstanden sind und darin Fehler sehen.
Denn Tatsache ist – ich möchte gerne ausführen, warum ich diesem Gesetzentwurf selbst dann nicht zustimmen würde, wenn ich die Gelegenheit dazu hätte –, dass der Gesetzentwurf am Ende nur zu einer Verlagerung der Probleme führt. Wenn Sie versuchen, die Probleme auf dem deutschen Arbeitsmarkt auf die Art und Weise auszuschalten, wie Sie es in Ihrem Gesetzentwurf beschreiben, wird es zu einer Verlagerung der Arbeitsplätze aus der Bundesrepublik Deutschland nach Norwegen, in die Niederlande und nach Polen kommen. Insbesondere in Polen, aber auch in anderen europäischen Ländern werden dann nicht nur die Arbeitsbedingungen unter Umständen nicht besser sein, sondern auch die Tierwohlstandards werden nicht besser sein. Daher ist an dieser Stelle überhaupt nichts gewonnen, wenn man so vorgeht.
Allerdings – auch das ist aus CDU/CSU-Kreisen sehr deutlich geworden – hat dieser Antrag auch handwerkliche Schwächen. Insofern ist er nicht unbedingt dazu geeignet, direkt abgestimmt zu werden.
Denn der Gesetzentwurf offenbart klare Definitionsschwierigkeiten, was zum Beispiel die Kernbereiche der Produktion oder auch das Kooperationsverbot angeht. Umfasst es zum Beispiel die Reinigungskräfte? Ist ein Betrieb dann nicht mehr in der Lage, zum Beispiel Reinigungskräfte aus dem Ort in den
Betrieb zu lassen und mit ihnen zu kooperieren? Was genau ist im Einzelnen gemeint? Das ist nicht definiert. Dort müsste nachgebessert werden, damit dieser Gesetzentwurf tatsächlich zustimmungsfähig wäre.
Ein Letztes – das gilt wahrscheinlich weniger für die CDU und die SPD; aber für uns gilt es auf jeden Fall –: Aus Ihren Beziehungsstreitigkeiten in der Regierung in Berlin
möchten wir uns – denn man weiß als Außenstehender nie, wer bei Beziehungsstreitigkeiten angefangen hat und wer mit dem Finger auf wen zeigt – gerne heraushalten. Daher werden wir an dieser Stelle abwinken. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Fortgang dieses Gesetzes im Deutschen Bundestag ist auch aus meiner Sicht mehr als ärgerlich. Natürlich ist klar, dass es große Lobbyverbände in Deutschland gibt, die alles daransetzen, dieses Gesetz zu verhindern. Das ist auch nichts Neues. Jetzt müssen wir schauen, wo die Gründe dafür liegen, dass es stockt.
Ich bin da ziemlich gut informiert. Es besteht zwischen der CDU und der SPD völlige Einigkeit darüber, dass ein Verbot von Leih- und Werkverträgen auf den Schlachthöfen und in der Grobzerlegung durchgesetzt werden muss. Der Gesetzentwurf des Bundesarbeitsministeriums beinhaltet allerdings ein Verbot von Werk- und Leiharbeit für die gesamte Fleischwirtschaft, also auch für jede Wurstfabrik.
Zur Wahrheit gehört aber auch – das muss ich Ihnen auch sagen –, dass es die Arbeitsverhältnisse, die auf Fleischhöfen herrschen, in den mittelständischen Wurstfabriken in der Regel nicht gibt. Das muss man einmal ganz sachlich festhalten. In Nordrhein-Westfalen haben wir, was den Arbeitsschutz angeht, keine Erkenntnisse, dass die Arbeitsverhältnisse in den fleischveredelnden Betrieben genauso sind wie auf den Schlachthöfen.
Dann hat die Union zum Arbeitsminister gesagt, dass sie gerne möchte, dass in das Gesetz – nicht für Schlachthöfe, nicht für die Grobzerlegung – eine Regelung dahin gehend aufgenommen wird, dass die Gewerkschaften – also die Tarifvertragsparteien,
nicht die Werkvertragsparteien – Quoten verhandeln können, in welchem Umfang Leiharbeit in den Betrieben möglich bleibt. Wie gesagt, geht es nicht um Werkverträge, sondern um Leiharbeit. Das ist der Streit.
Dann sagt die andere Seite, also der Bundesarbeitsminister und die Partei, die ihn besonders stark unterstützt: Wir sind zurzeit überhaupt bereit, mit euch von der CDU über diesen Punkt zu reden. Entweder wird der Gesetzentwurf so verabschiedet, wie wir ihn eingebracht haben, oder gar nicht. – Das ist die Situation.