Protokoll der Sitzung vom 25.11.2020

(Beifall von den GRÜNEN und Stefan Käm- merling [SPD])

Ich hatte in der letzten Sitzung das Thema „Pandemie“ angesprochen. Da haben Sie zuständigkeitshalber gesagt, das sei ausschließlich Sache des Gesundheitsministers, er habe die Fachaufsicht darüber. Das mag so sein.

Aber Fakt ist: Wenn wir die Impfungen, die Nachverfolgung und viele andere Punkte, die wir jetzt ansprechen, vernünftig organisieren wollen, dann müssen die Kommunen Prioritätenentscheidungen treffen. Ehrlich gesagt bin ich mit der Form, in der Kommunalministerium und Gesundheitsministerium offensichtlich nicht miteinander zusammenarbeiten – wir haben heute schon das Thema „Krisenstab der Landesregierung“ angesprochen –, nicht einverstanden.

Bei dieser Aufgabe werden die Kommunen ein Stück weit vom Land alleingelassen. Es gibt keine Zusammenarbeit, es gibt keine einheitliche Kommunikation. Das führt dann dazu, dass wir weiterhin Ahnenforschung bei der Nachverfolgung der Infizierten betreiben und keine vorbereitende Strategie in Bezug auf das Impfen und auf das Testen entwickeln. Dazu bedarf es einer einheitlichen Strategie des Landes, und die haben Sie nicht zu bieten, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Einen letzten Punkt – über die Gewerbesteuer können wir noch an anderer Stelle während dieser Plenartage reden – möchte ich ansprechen. Es geht um die Quartiersentwicklung, die eigentlich zu einem anderen Einzelplan gehört. Das Kapitel hat eine sehr schöne Überschrift; es dient zur Abwicklung dieses Themas. Das macht sehr deutlich, wie die Landesregierung mit diesem Themenbereich umgeht. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. Wir werden diesen Einzelplan ablehnen.

(Beifall von den GRÜNEN und Stefan Käm- merling [SPD])

Danke schön, Herr Mostofizadeh. – Jetzt spricht Herr Haupt für die FDPFraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegen der Opposition, bei Ihren Reden gerade habe ich gedacht: So viel können die Ministerin und wir als regierende Fraktionen eigentlich nicht verkehrt ge

macht haben. Die Argumente, die Sie gerade gebracht haben, waren relativ dünn.

(Stefan Kämmerling [SPD]: Wir hatten ja nur fünf Minuten!)

Die Pandemiebekämpfung ist gerade schon angesprochen worden. Die fordert uns natürlich alle. An vorderster Front stehen hierbei in der Tat Kommunen und Kreise. Die Coronakrise hat nach der Flüchtlingskrise wieder einmal gezeigt, dass auf unsere Kommunen in NRW Verlass ist und diese in der Lage sind, Außergewöhnliches zu leisten.

(Vereinzelt Beifall von der FDP)

Daher möchte ich namens meiner Fraktion allen Verantwortlichen und Mitarbeitern in den Kommunen unseren Dank und unsere Anerkennung aussprechen.

(Beifall von Henning Höne [FDP], Angela Frei- muth [FDP] und Dr. Ralf Nolten [CDU])

Gleichzeitig werden die Kommunen aber von den wirtschaftlichen und finanziellen Verheerungen direkt und mittelbar getroffen. Deswegen gilt für uns als NRW-Koalition selbstredend, dass wir es nicht bei Dankesworten belassen, sondern mit vielfältigen Maßnahmen und Unterstützungsleistungen seitens des Landes unseren Kommunen Rückendeckung und Planungssicherheit geben.

Auch wenn wir uns mitten im Pandemiegeschehen befinden und derzeit alle noch nicht wissen können, wie lang und wie hart der Weg noch sein wird, so geben wir den Kommunen dennoch höchstmögliche Planungssicherheit, indem wir die kommunalen Haushalte absichern und die Investitionsfähigkeit der Kommunen erhalten, zum einen mit dem Gewerbesteuerausgleichsgesetz, welches mit mehr als 2,7 Milliarden Euro mittels schneller Auszahlung die Einnahmeverluste abfedert, des Weiteren mit fast 2 Milliarden Euro landeseigenen Mitteln aus dem Rettungsschirm zur Unterstützung der Kommunen bei der Städtebauförderung, in Bezug auf Mindereinnahmen aus dem ÖPNV, bei der Stärkung der Innenstädte etc.

Es bleibt trotz der schwierigen Einnahmeseite des Landes bei den Verbesserungen für die Kommunen, die wir bereits seit 2017 eingeführt haben: der Erhöhung der dynamisierten Schul- und Sportpauschale, der gegenseitigen Deckungsfähigkeit der Sportpauschalen, der Verbesserung bei der Investitionstätigkeit, zum Beispiel durch die neue Aufwands- und Unterhaltungspauschale, und vor allem bei echten, verlässlichen 23 % Umlagesatz.

Wir als NRW-Koalition bleiben unserem Kurs treu, gerade in diesen Zeiten. Mit dem vorliegenden GFG setzen wir unseren kommunalfreundlichen Kurs weiter fort.

Aber wir vergessen bei all den notwendigen Rettungsmaßnahmen nicht die Investitionen in die Zu

kunft. So wurden allein in den letzten acht Monaten 525 Millionen Euro zusätzlich für unsere Schulen ausgegeben. Davon gingen allein 310 Millionen Euro an die Kommunen. Denn die Investition in die Bildung unserer Kinder ist die beste Zukunftsinvestition, und das gerade auch in Krisenzeiten.

Natürlich ist es erfreulich, dass der Bund mit einer Entlastung der Kommunen um 1,1 Milliarden Euro bei den Kosten der Unterbringung ebenfalls seinen Beitrag geleistet hat.

Bei allen Unwägbarkeiten und Friktionen, die uns aktuell umgeben, sehen Sie: Die Systematik der Verlässlichkeit, der Ausgewogenheit und der Kommunalfreundlichkeit ist und bleibt ein Markenzeichen dieser Koalition.

(Vereinzelt Beifall von der FDP und der CDU)

Ein weiteres Beispiel ist die Veränderung bei der Finanzmasse. Ohne Änderung durch die Landesregierung wären hier durch die zurückgehenden Steuereinnahmen im Referenzzeitraum 170 Millionen Euro weniger zu verteilen gewesen. Deshalb gehen wir hier als Land in Vorleistung und schaffen Planungssicherheit für die Kommunen –Planungssicherheit, die es in der Pandemie ansonsten für fast niemanden und so in keinem anderen Bundesland gibt. Hier ist NRW vorbildlich und zeigt sich als verlässlicher Partner der Kommunen.

Das Land bleibt bei seinem kommunalfreundlichen Kurs und stützt die Kommunen mit nie dagewesenen Summen, trotz der eigenen mehr als schwierigen Einnahmenlage durch die Coronapandemie. Aber nicht nur der Bund und wir als Land, sondern auch die Kommunen werden diese Phase nicht gänzlich ohne Einschränkungen überstehen – so viel Ehrlichkeit muss sein. Um diese für die Kommunen möglichst gering zu halten, haben wir unter anderem das COVID-19-Isolierungsgesetz geschaffen – ein weiterer wichtiger Baustein unserer Krisenhilfe für die Kommunen. So halten wir bei allen Verheerungen und Folgen der Pandemie unsere Kommunen handlungsfähig und geben ihnen eine Zukunftsperspektive.

Sie sehen, liebe Kollegen und Kolleginnen, dass sich unsere Kommunen in NRW gerade auch in schwierigen Zeiten auf die NRW-Koalition verlassen können. Das zeigt der vorgelegte Haushalt deutlich.

(Vereinzelt Beifall von der FDP und der CDU)

Danke schön, Herr Haupt. – Jetzt hat das Wort Herr Tritschler für die AfD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Angesichts der Milliardensummen, die derzeit auf allen staat

lichen Ebenen quasi aus dem Nichts herbeigezaubert werden, angesichts des vielen Geldes, das an stillgelegte Betriebe, zwangsbeurlaubte Arbeitnehmer usw. ausgezahlt wird, und angesichts der gewaltigen Summen, die wir in andere Länder transferieren, kommen einem die Haushaltsdebatten, auch zum Bereich Kommunales, wie eine Geschichte von einem fernen Planeten vor.

Die Straßenausbaubeiträge beispielsweise machen je nach Schätzung landesweit rund 130 Millionen Euro aus. Das ist ein Kleckerbetrag, misst man ihn an den gewaltigen milliardenschweren Lasten, Sondervermögen, Bazookas und dem, was wir in den vergangenen Monaten sonst noch alles ausgepackt haben. Gleichwohl hält die Landesregierung – Herr Kämmerling hat es angesprochen – beharrlich daran fest, auch wenn sich diese Beiträge zu einem immer größeren Bürokratiemonstrum entwickeln und die Einnahmen zum Gutteil im Behördendickicht versickern.

Während das alles im Lichte der Coronakrise – wie gesagt – skurril erscheint, werden andere lange bekannte Probleme für unsere Kommunen jetzt wieder brandaktuell. Unsere Städte, unsere Gemeinden, unsere Kreise sind strukturell unterfinanziert – und das nicht erst seit gestern. Mitte der 1980er-Jahre wurde der Verbundsatz und damit der Anteil der Kommunen am Steueraufkommen gesenkt; und das von einer – man kann es sich heute schwer vorstellen – SPDAlleinregierung. Seither – es sind über 30 Jahre vergangen – ist niemand das Problem angegangen, nicht Rot-Grün und auch nicht Schwarz-Gelb. Die Kommunen sind nach und nach ausgetrocknet, und das hat sich langsam, aber sicher an den Schulen, den Straßen, der ganzen Infrastruktur bemerkbar gemacht.

Sie haben sich zum Teil über alle Maßen verschuldet. Davon haben wir in den vergangenen Jahren nicht so viel gehört, weil eine starke Konjunktur und äußerst niedrige Zinsen dafür gesorgt haben, dass die Steuereinnahmen sprudelten und gleichzeitig der Schuldendienst nicht allzu schwer drückte.

Leider hat man diese Zeit aber nicht, wie mehrfach angemahnt, genutzt, um das grundlegende Problem anzugehen. Diesen Vorwurf muss sich die aktuelle Landesregierung genauso gefallen lassen wie ihre Vorgängerin. Die Altschuldenlast drückt, und die Frage ist: Warum haben Sie nichts dagegen getan, als Sie konnten?

Die Kommunen, die bereits einen Schuldenberg vor sich herschieben, verfügen über keinerlei Reserven, um die Coronakrise zu bewältigen. Sie waren auch schon vor der Krise – um im Bild der Zeit zu bleiben – Risikopatienten. Ihr finanzielles Immunsystem war schon vor der Krise so geschwächt, dass sie nun direkt an den Tropf des Landes müssen, um nicht zu kollabieren. Die Gelegenheit, nachhaltig und lang

fristig Abhilfe zu schaffen, wurde von der amtierenden Regierung und ihren Vorgängern vertan.

Aber jetzt ist Krise, und die nächsten Schulden werden angehäuft. Wer will da nicht helfen? Immerhin geht es um unsere Städte, unsere Dörfer und unsere Museen, Schulen, Schwimmbäder und andere liebgewonnene kommunale Einrichtungen. Natürlich will man die nicht im Stich lassen. Aber die Frage wird erlaubt sein: Machen wir dann einfach wieder so weiter? Türmen wir jetzt noch ein paar neue Schulden auf die alten und hoffen darauf, dass die Konjunktur bald wieder anzieht? Nutzen wir, wenn sie wieder anzieht, die Gelegenheit, um Schulden abzubauen und gesunde Kommunalfinanzen zu schaffen? Oder machen wir weiter wie bisher und verschieben die Probleme in der Hoffnung, dass das Kartenhaus hält, bis wir alle in Pension sind, in die ferne Zukunft bis zur nächsten Krise?

Meine Damen und Herren, Sie bekräftigen an anderen Stellen immer wieder, dass es nach dieser Krise nicht weitergehen könne wie bisher. Damit meinen Sie meistens nicht sich selbst, sondern die Bürger, die sich gefälligst umstellen sollten. Besser wäre es aber, wenn Sie Ihre eigene Politik der vergangenen Jahrzehnte einmal kritisch hinterfragen und die Gelegenheit nutzen würden, sie umzustellen. Das wäre dann wirklich ein positiver Nebeneffekt von Corona. – Vielen Dank.

(Beifall von der AfD)

Danke schön, Herr Tritschler. – Jetzt hat das Wort die Ministerin, Frau Scharrenbach.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich denke, die Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen wissen, was sie an der neuen Landesregierung haben, denn unser Verständnis von Kommunalpolitik in Landesverantwortung bedeutet,

(Zurufe von den GRÜNEN und Hans-Willi Körfges [SPD])

eine für Kommunen offene Landesregierung zu sein, zuzuhören, zu entscheiden und zu handeln. Damit sind wir im Mai 2017 angetreten,

(Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

und das setzen wir seitdem in Nordrhein-Westfalen erfolgreich um.

(Beifall von der CDU und der FDP –Sarah Phi- lipp [SPD]: Das ist schon ein bisschen her!)

Auch in diesem Ausnahmejahr 2020 mit der schwierigen Perspektive für das Folgejahr geben wir den

Städten und Gemeinden über den Landeshaushaltsentwurf 2021 Verlässlichkeit.

Ich darf mit der Gemeindefinanzierung beginnen. Wir stellen die Gemeindefinanzierung für das Jahr 2021 so auf, als hätte es Corona nicht gegeben. Wir geben zusätzlich Geld aus dem Rettungsschirm hinein. Mit 943 Millionen Euro stützen wir die Gemeindefinanzierung im kommenden Jahr, sodass wir bei 13,6 Milliarden Euro landen und somit auf den Wert kommen, den die Städte und Gemeinden auch in der Mittelfristigen Finanzplanung haben.

Die 943 Millionen Euro kommen aus dem Rettungsschirm; das Land finanziert sie vor. Ich finde die eine oder andere Argumentation, die ich hier heute gehört habe, bemerkenswert, denn die Kommunen sind nicht die verlängerte Regierungsbank des Landes. Die Kommunen sind kommunal selbstverwaltet, und diese Selbstverwaltung ist garantiert. Sie entscheiden selber, und sie haben eigene Haushalte.