Protokoll der Sitzung vom 26.11.2020

len kann. Wir investieren deshalb weiterhin kräftig in die Infrastrukturen aller Verkehrsträger, in bessere Angebote im ÖPNV und in die Mobilität der Zukunft.

Es wurde bereits viel über das Fahrrad gesprochen; das ist auch richtig. Das Fahrrad hat Hochkonjunktur. Durch die Elektrifizierung des Fahrrads kann es mehr als Freizeit sein. Es ist deswegen, lieber Herr Vogel, nicht nice to have, und für einen nicht gebauten Fahrradweg bekomme ich leider bei der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung keine fertiggemachte Schleuse.

(Carsten Löcker [SPD]: Schade eigentlich!)

Die Dinge hängen miteinander nicht zusammen. Insofern schadet es überhaupt nicht, Radwege zu bauen. Es ist sogar nötig, weil wir durch die Elektrifizierung bessere Chancen haben, dass das Fahrrad eben auch Antworten zumindest auf lokale oder regionale Pendlerverkehre geben kann.

Als Münsterländer bin ich seit meiner Kindheit Fahrradfahrer, und ich weiß, dass das im Sommer schöner als im Winter ist. Da liegen aber Potenziale. Diese Potenziale möchte ich nutzen, und in unserer Infrastruktur gibt es wirklich noch viel Luft nach oben. Deswegen ist das auch der Einzelposten, bei dem wir am meisten Geld draufpacken bzw. Ihnen als Parlament, als Haushaltsgesetzgeber demütig vorschlagen, mehr Geld draufzupacken. Mit 15 Millionen Euro on top sind das am Ende sogar 20 Millionen Euro mehr, als es sie bei Rot-Grün früher gegeben hat.

Wichtig ist – darüber führen wir die Fachdiskussionen –, dass wir hier das tun, was wir auch bei den Straßen sehr dringlich getan haben: Kapazitätshochlauf, Planungshochlauf, Genehmigungshochlauf und Bauhochlauf. Es nützt nichts – Kollege Klocke hat das eben richtig gesagt –, Projekte in den Raum zu stellen, sie zu beschreiben und den Menschen den Mund wässrig zu machen, aber dann die Voraussetzungen nicht zu schaffen.

Diese Projekte sind jetzt meine Aufgabe, und wir müssen dieses Brot-und-Butter-Geschäft machen. Erst müssen die Planer her, damit die Genehmigungen kommen können, um bauen zu können. Deswegen haben wir zehn zusätzliche Planer eingestellt. Unterstützung gibt es auch bei den Bezirksregierungen, damit das Fördergeschäft bei den kommunalen Radwegen noch einmal angekurbelt wird, denn sonst fließt das Geld am Ende nicht ab.

Meine Prämisse ist: Lieber einmal zwei Millionen Euro zurückgeben – auch wenn es mir wehtut, dem Finanzminister Geld zurückzugeben –, als dass irgendein Projekt, das fertig ist, am Ende am Geld scheitert. Es darf aber natürlich auch nicht zu viel Geld sein, das wir nicht verausgaben können; denn dann hätten wir das falsch priorisiert. – Das zum Thema „Fahrrad“.

Güter auf die Schiene: Wir setzen das Thema „NEBahn-Förderung“ fort – sieben Millionen Euro –; damit haben wir schon Zigtausende Lkw von der Straße geholt.

Wir investieren Rekordsummen in einen besseren ÖPNV, in die Betriebskosten und in die Digitalisierung. Im Jahr 2021 wird unsere ÖPNV-Offensive erstmals richtig große Zahlen auf die Schiene – auf die leichte Schiene, auf die Straßenbahn und die UBahn – bringen. Für die Modernisierung werden im nächsten Jahr 340 Millionen Euro abfließen.

Wir werden erste Projekte aus dem Programm „Robustes Netz NRW“ sehen, um die Pendlerzüge stabiler zu machen. Wir werden auch eine Vielzahl neuer Schnellbusverbindungen sehen. Im Rheinland war man schneller und hat dieses Jahr schon etwas geschafft. Im nächsten Jahr werden wir dann mit unserer Förderung auch im Ruhrgebiet und in Westfalen etwas schaffen.

Sehr schön ist auch etwas Neues, denn es ist bei einer Haushaltseinbringung auch wichtig, nicht nur zu sagen, was man alles weiter macht und wo man ein bisschen mehr macht. Neu sind 7,5 Millionen Euro für einen Planungsvorrat im Bereich Schiene, um mit von uns finanzierten Planungen mehr Geld vom Bund abrufen zu können, damit die Bahn in Nordrhein-Westfalen besser wird. Ich bin der festen Überzeugung, dass Deutschland wieder ein Bahnland werden muss, und das gilt in besonderer Weise für Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von Matthias Kerkhoff [CDU] und Ul- rich Reuter [FDP])

Das erfolgreiche Azubiticket ist natürlich auch jeden Applaus wert, denn es funktioniert gut. 15.000 junge Menschen sind damit landesweit besser mobil, und vermutlich werden es nach Corona noch mehr.

Wir nutzen außerdem die Chance der Digitalisierung für eine bessere Mobilität. Der Etat wir mehr als verdoppelt; wir gehen von 9 Millionen Euro jetzt hoch auf 20,5 Millionen Euro. Damit werden On-Demand-Verkehre in Nordrhein-Westfalen, Brain-Train, das autonome Binnenschiff und Ähnliches unterstützt, um die Mobilität zu verbessern.

Wir bringen unsere Straßen in Ordnung: 205 Millionen Euro sind vorgesehen, um auch die Kostensteigerungen abzufangen, und wir unterstützen auch die Kommunen. Und ja, Kollege Klocke, wir haben einen Dissens, denn wir investieren Geld in Ortsumgehungen. Es wäre schön, wenn die Grünen dort nicht nur das Geld streichen wollten, sondern den Menschen, die seit vielen Jahrzehnten auf die Ortsumgehung warten, sagen würden, welche Ortsumgehung dann gestrichen wird. Alle Projekte, die wir im Landesstraßenbauprogramm haben, sind voll im Geld, sie sind voll im Bau. Als Konsequenz Ihres Haushalts müssten Sie also Baustellen stoppen und Ausschrei

bungen. zurücknehmen. Deswegen war das abzulehnen.

Den Verkehr aus dem Ortskern herauszunehmen heißt vielfach, Lebensqualität in die Ortschaft hineinzubringen. Deswegen bin ich davon überzeugt, dass wir hier und da noch ein paar Ortsumgehungen bauen müssen. – Vielen herzlichen Dank fürs Zuhören. Ich werbe um Zustimmung zu diesem Etat.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Danke schön, Herr Minister Wüst. – Zum Einzelplan 09 liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Vereinbarungsgemäß stimmen wir zwischen 12:30 und 14:00 Uhr nicht über Einzelpläne ab. Diese Abstimmungen werden nach 14:00 Uhr nachgeholt. Ich schließe deshalb die Beratung zum Einzelplan 09.

Ich rufe auf:

Einzelplan 02 Ministerpräsident

Ich darf auf die Beschlussempfehlung und den Bericht des Haushalts- und Finanzausschusses Drucksache 17/11902 sowie auf die Änderungsanträge der Fraktion der SPD Drucksachen 17/11933 bis 17/11935 hinweisen. Wir haben vereinbart, in vier Abschnitten zu beraten, und starten mit

a) Staatskanzlei

Die Aussprache ist eröffnet. Für die SPD-Fraktion hat das Wort Frau Kollegin Müller-Witt.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Einzelplan 02, der Einzelplan für den Geschäftsbereich des Ministerpräsidenten, weist einen deutlichen Ausgabenzuwachs in Höhe von 27,5 Millionen Euro auf. Der Hauptausschuss ist beim Einzelplan 02 neben dem Haushalt für die Staatskanzlei auch für den Bereich der Antisemitismusbeauftragten sowie für die Mittel für das bürgerschaftliche Engagement, die Kirchen, die Religionsgemeinschaften und die Weltanschauungsvereinigungen zuständig.

Allein der Aufwuchs beim Ministerpräsidenten beträgt 11,5 % bei einem Anteil am Einzelplan von 26,2 %. Begründet werden die Mehrausgaben mit der Geschäftsführung und Durchführung der MPK, aber auch mit steigenden Ausgaben für die Informationsvermittlung und Öffentlichkeitsarbeit.

Unser besonderes Augenmerk gilt zunächst dem erneuten Aufwuchs der Ausgaben für Presse-, Informations- und Öffentlichkeitsarbeit um knapp 36 %.

Von besonderem Interesse sind die Ausgaben für das Kommunikationsmanagement. Hier gönnt sich die Staatskanzlei erneut einen Zuwachs von 13 %.

Die Debatte im Hauptausschuss hat gezeigt, dass der Aufwuchs mit der derzeitigen besonderen Lage begründet wird. Da stellt sich aber die Frage, welchen Anteil an der Öffentlichkeitsarbeit die Fachministerien, also das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales, aber auch das Familienministerium, das Schulministerium oder das Wirtschaftsministerium, in Zeiten der Pandemie übernehmen, was auch in deren Einzelplänen wiederum etatisiert wird, und was aus dem Etat der Staatskanzlei tatsächlich auf die pandemische Lage zurückzuführen ist.

Es ist auffällig, dass der Ministerpräsident und damit die Staatskanzlei anscheinend von Jahr zu Jahr ein wachsendes Kommunikationsbedürfnis hat. Es wird wahrscheinlich umso größer, je näher die nächste Wahl rückt. Daher kann es nicht verwundern, dass wir angesichts der anstehenden beiden Wahlen in den kommenden Monaten mit Akribie die Verwendung der Mittel verfolgen werden.

Den auffälligsten Aufwuchs kann man aber im Bereich „Ehrenamt zivilgesellschaftliches Engagement“ in der Titelgruppe 67 feststellen,

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Na, das ist doch toll!)

nämlich um ganze 250 %. Begründet wird dieser mit der Engagementstrategie, die allerdings bis zum heutigen Tag nicht vorliegt. Wir haben in den zurückliegenden Monaten mit großem Interesse den Einsatz von Frau Staatssekretärin Milz zur Stärkung des ehrenamtlichen Engagements begleitet. Allerdings kann es nicht sein, dass nun, ohne dass dem Parlament die lang angekündigte Strategie vorliegt, derart detailliert Haushaltsmittel für selbige veranschlagt werden. Hier wird der zweite vor dem ersten Schritt getan.

Abschließend noch kurz zur wertvollen Arbeit der Antisemitismusbeauftragten, eine Funktion, die durch Frau Leutheusser-Schnarrenberger zwar ehrenamtlich ausgeübt wird; gleichwohl sind sowohl ein zahlenmäßig ausreichendes Team zur Bewältigung der stetig wachsenden Aufgaben wie auch genügend Sachmittel zwingend erforderlich. Nicht zuletzt die jüngsten antisemitischen Vorfälle und Anschläge zeigen, dass die Schaffung der Stelle der Antisemitismusbeauftragten mehr als überfällig war.

Es ist aber notwendig, dass alle staatlichen Gewalten und Ebenen für antisemitische Anzeichen und Vorfälle sensibilisiert werden. Dazu bedarf es zum einen ausreichender Mittel, aber zum anderen auch der verpflichtenden Curricula in Aus- und Fortbildung. Und hier ist noch sehr viel zu tun.

Ich komme zum Schluss. Den Einzelplan 02 im Zuständigkeitsbereich des Hauptausschusses lehnen

wir wegen des einseitigen Aufwuchses, der intransparenten Ausgaben sowie der detaillierten Etatisierung der bis heute nicht dem Parlament vorliegenden Ehrenamtsstrategie und damit wegen der fehlenden Haushaltsklarheit und -wahrheit ab. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD und Verena Schäffer [GRÜNE])

Danke schön, Frau Müller-Witt. – Es spricht für die CDU-Fraktion Herr Kollege Hagemeier.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Volumen des Einzelplans 02 verändert sich immer mit den entsprechenden Schwerpunktsetzungen eines Ministerpräsidenten. Hier sind sicherlich unter anderem die Bereiche Sport, Ehrenamt, Europa und internationale Angelegenheiten zu nennen.

Gleich zu Beginn meiner Rede weise ich darauf hin, dass mit dem Haushaltsplanentwurf 2021 keine neuen Planstellen oder Stellen für Dauerbeschäftigte im Einzelplan 02 angemeldet worden sind.

2021 wird ein besonderes Jahr für Nordrhein-Westfalen sein. Zum 1. Oktober übernimmt unser Bundesland den jährlich wechselnden Vorsitz in der Ministerpräsidentenkonferenz, was zuletzt 2005 der Fall war. Diese Position ist natürlich mit zusätzlichen Aufgaben verbunden. Als Beispiele möchte ich an dieser Stelle die Übernahme der Bundesländerkoordination sowie die Organisation und Durchführung, Vor- und Nachbereitung der Ministerpräsidentenkonferenzen und der Konferenzen der Chefs der Staatskanzleien nennen.

Dies spiegelt sich insofern im Einzelplan 02 wider, als insgesamt sechs befristete Stellen geschaffen werden. Diese Personalplanung stützt sich auf die Erfahrungen und die Personalausstattung der letzten Vorsitzländer der Ministerpräsidentenkonferenz.

Diese sechs Stellen sind mit einem kw-Vermerk versehen, schlagen aber in diesem Einzelplan zu Buche.

Ebenso wird Nordrhein-Westfalen im Jahr 2021 seinen 75. Geburtstag feiern. Lassen Sie uns gemeinsam hoffen, dass die pandemische Lage bis dahin auch Feierlichkeiten zulässt. Auch diese Planung sorgt dafür, dass entsprechende Finanzmittel für begleitende Kommunikationsmaßnahmen bereitgestellt werden müssen.

Lassen Sie mich noch eines erwähnen, wo wir gerade bei der Öffentlichkeitsarbeit sind. Der Internetauftritt Land NRW benötigt zwingend notwendig einen kompletten Relaunch, weil er auf einem mittlerweile veralteten Landesmaster basiert, der auch nicht mehr weiterentwickelt werden kann. Die

Information über digitale und soziale Medien nimmt in der kommunikativen Vermittlung immer weiter an Bedeutung zu. Frau Müller-Witt, Sie hatten ja darauf hingewiesen.

Das gilt in besonderem Maße für die Online-Kommunikation der Landesregierung, die aktuellen Entwicklungen kontinuierlich gerecht werden muss. Das führt logischerweise dazu, dass sich der Ansatz für Presse-, Informations- und Öffentlichkeitsarbeit erhöht. Das ist aus der Sicht der NRW-Koalition kein Ansatz für Kritik der Opposition. Auch in Zeiten der Haushaltkonsolidierung ist es wichtig, durch Öffentlichkeitsarbeit die Interessen des gesamten Landes wirksam zu vertreten.

Insgesamt erhöht sich das Volumen des Einzelplans 02 gegenüber dem Vorjahr um 27,56 Millionen Euro bzw. rund 8,4 % auf nunmehr 356,9 Millionen Euro. Davon entfallen rund 17 Millionen Euro auf den Sportbereich, der heute separat debattiert wird. Die restlichen großen Ausgabensteigerungen betreffen die Bereiche Ehrenamt mit einem Plus von 4 Millionen Euro, Europa mit 1 Million Euro sowie internationale Angelegenheiten mit 2,5 Millionen Euro.

Zu guter Letzt möchte ich auf die Engagementstrategie des Landes eingehen. Die Haushaltsmittel für das bürgerschaftliche Engagement sollen in den nächsten vier Jahren um 24 Millionen Euro erhöht werden, davon 4 Millionen Euro in 2021.