Protokoll der Sitzung vom 16.12.2020

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich heiße Sie herzlich willkommen zu unserer heutigen 112. Sitzung des Landtags von Nordrhein-Westfalen. Mein Gruß gilt auch den Gästen auf der Zuschauertribüne, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Medien und den Zuschauerinnen und Zuschauern an den Bildschirmen.

Die Namen der für heute entschuldigten Kolleginnen und Kollegen werden in das Protokoll aufgenommen.

Geburtstag feiern heute – jeweils von der SPD – Frank Sundermann und Sebastian Watermeier.

(Beifall von allen Fraktionen)

Ihnen beiden herzlichen Glückwunsch und alles Gute, vor allem natürlich Gesundheit.

(Präsident André Kuper tritt ans Redepult.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nie haben wir Joseph von Eichendorffs berühmtes Weihnachtsgedicht so befremdlich gehört: „Markt und Straßen steh’n verlassen“ – wie nie in unserer Zeit.

Das öffentliche Leben ist heruntergefahren – nach Entscheidungen, die uns alle an eine Grenze bringen, die aber getragen sind von einer einzigen, unaufgebbaren Maxime: das Leben so gut es geht zu schützen – das Leben aller Menschen, auch derer übrigens, die das für sich ablehnen.

Es gibt Grund zur Hoffnung: Alle Menschen im Land hoffen darauf, dass durch die ergriffenen Maßnahmen sowie vor allem durch die bevorstehenden Impfungen diese Pandemie überwunden werden kann.

Ich danke den Verantwortlichen in Kommunen, Ländern und im Bund, die stets versuchen, abwägend und zugleich angemessen zu handeln.

Ich danke auch Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, für Ihre Bereitschaft zur Verantwortung. Das sagt sich so leicht: Bereitschaft zur Verantwortung.

Wer gesehen hat, wie Unternehmer und Beschäftigte, deren Existenz und Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen, kämpfen, wer einmal mit Menschen gesprochen hat, deren Partner allein verstorben sind, ohne sich noch einmal zu sehen oder sich die Hand zu halten, kann ermessen, wie schwer Bereitschaft zur Verantwortung bisweilen auf einem lastet.

Es gibt dieses berühmte Foto unten in der Bürgerhalle, auf dem Großmutter, Mutter und Tochter durch eine Glasscheibe getrennt sind, das NRW-Pressefoto des Jahres. Die Aussage dieses Fotos lautet: Als Menschen leben wir von Begegnung und Berührung. – Dahin wollen und werden wir wieder kommen.

Angela Merkel hat das Virus eine „demokratische Zumutung“ genannt. Es fordert, und zuweilen überfordert es uns. Da passieren auch Fehler im Kampf gegen das Virus, aber: Die Staatsgewalten unserer Demokratie sind intakt. Unsere Gerichte überprüfen die Coronaregelungen und verwerfen all diejenigen, die nicht im Einklang mit unserer Verfassung stehen.

Die Länder und der Bund diskutieren über den richtigen Weg im Umgang mit der Krise. Ebenso debattieren wir Parlamentarier intensiv und leidenschaftlich über die Coronakrise und deren Folgen.

Genau das zeigt, dass unsere Demokratie funktioniert, dass unsere Demokratie pulsiert, ja, dass sie vielleicht noch lebendiger ist und den Föderalismus für die Menschen greifbarer gemacht hat als in den Jahren zuvor. Die unmittelbaren Auswirkungen politischer Entscheidungen sind für alle zu spüren wie selten zuvor.

Unsere Gedanken sind in diesen Tagen besonders bei den Menschen, die um einen Angehörigen trauern. Das Robert Koch-Institut vermeldet heute 952 Todesfälle im Zusammenhang mit dem Coronavirus. Das sind nicht nur Zahlen, sondern dahinter verbergen sich Trauer und Schmerz von Angehörigen, Familien und Freunden.

Unsere Gedanken sind aber auch bei den vielen Menschen, die alles geben, um unser Gesundheitssystem aufrechtzuerhalten. Ich nenne ausdrücklich auch die Kolleginnen und Kollegen in den Ordnungsämtern, bei der Polizei, der Feuerwehr sowie bei den Rettungskräften, aber auch alle, die sich in den Dienst der Pflege von alten und kranken Menschen stellen: die Millionen pflegenden Angehörigen genauso wie die Menschen in den Einrichtungen.

Ich nenne beispielhaft auch all diejenigen, die die Grundversorgung aufrechterhalten. Unser Dank gilt auch allen, die in der Nachbarschaft als Kolleginnen und Kollegen, als Ehrenamtliche, als Freunde jene unterstützen, die auf Hilfe angewiesen sind. Ihnen allen gebührt unser besonderer Dank.

(Beifall von allen Fraktionen, Marcus Pretzell [fraktionslos] und der Regierungsbank)

Wir hier im Parlament, aber auch alle zu Hause spüren die besondere Herausforderung. Das Virus wird Weihnachten keine Pause einlegen. Genau deshalb sind wir zusätzlich als Bürgerinnen und Bürger eigenverantwortlich gefragt im Interesse unserer Gesundheit und der unseres Nächsten.

Wir alle sind aufeinander angewiesen wie nie zuvor, dieses Mal in der Rücksichtnahme. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen ein helles und gesegnetes Weihnachtsfest. – Danke sehr.

(Beifall von allen Fraktionen, Marcus Pretzell [fraktionslos] und der Regierungsbank – Prä- sident André Kuper begibt sich wieder zum Platz des Landtagspräsidenten.)

Damit rufe ich auf:

1 Gesetz über die Feststellung des Haushalts

plans des Landes Nordrhein-Westfalen für das Haushaltsjahr 2021 (Haushaltsgesetz 2021)

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 17/11100 Drucksache 17/11800 – Ergänzung Drucksache 17/11850 – 2. Ergänzung

Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses Drucksache 17/12077

dritte Lesung

Änderungsanträge der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP Drucksache 17/12114 Drucksache 17/12115 Drucksache 17/12116 Drucksache 17/12117 Drucksache 17/12118 Drucksache 17/12119 Drucksache 17/12120 Drucksache 17/12121 Drucksache 17/12122 Drucksache 17/12123 Drucksache 17/12124 Drucksache 17/12125 Drucksache 17/12126 Drucksache 17/12127 Drucksache 17/12128 Drucksache 17/12129

Änderungsanträge der Fraktion der AfD Drucksache 17/12144 Drucksache 17/12145 Drucksache 17/12146 Drucksache 17/12147 Drucksache 17/12148 Drucksache 17/12149 Drucksache 17/12150 Drucksache 17/12151 Drucksache 17/12152 Drucksache 17/12153 Drucksache 17/12154 Drucksache 17/12155

Entschließungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/11944

Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/12104

Entschließungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/12111

In Verbindung mit:

Gesetz zur Regelung der Zuweisungen des Landes Nordrhein-Westfalen an die Gemeinden und Gemeindeverbände im Haushaltsjahr 2021 (Gemeindefinanzierungsgesetz 2021 – GFG 2021)

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 17/11623

Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses Drucksache 17/12078

zweite Lesung

und

dritte Lesung

Die Veränderungen durch die im Haushalts- und Finanzausschuss gefassten Beschlüsse zum Haushaltsplan zur Vorbereitung der dritten Lesung des Haushaltsgesetzes 2021 sind in den Veränderungsnachweisen in der Anlage Drucksache 17/12077 entsprechend dargestellt.

Ich weise darauf hin, dass alle fünf im Landtag vertretenen Fraktionen vereinbart haben, dass während des gesamten Tagesordnungspunktes Zwischenfragen sowie Kurzinterventionen nicht zulässig sind. – Ich sehe, hiergegen gibt es keinen Widerspruch; dann verfahren wir so.

Ich eröffne damit die Aussprache und erteile als erstem Redner dem Fraktionsvorsitzenden Kutschaty für die Fraktion der SPD das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! 952 Menschen sind in den letzten 24 Stunden infolge von Corona gestorben. Diese Zahl – nein, nicht diese Zahl –, diese Menschen, diese einzelnen Schicksale machen es schwer, hier einen gewöhnlichen Einstieg in eine Haushaltsdebatte zu finden.

Wir erinnern uns heute an sie und an ihren tragischen Tod, oftmals ohne Abschied nehmen zu können auf Intensivstationen und in Pflegeeinrichtungen. Noch nicht einmal alle Freunde und Verwandte können sie in den nächsten Tagen auf ihrem letzten Weg zur ewigen Ruhe begleiten.

Das schmerzt, das macht uns alle sehr betroffen. Ich danke Ihnen sehr, Herr Präsident, für Ihre Worte. Ich darf mich auch im Namen meiner Fraktion dem

Dank, den Sie allen Akteuren ausgesprochen haben, ausdrücklich anschließen.

(Beifall von der SPD, der CDU, der FDP und den GRÜNEN)

Das Schicksal aller Toten und Erkrankten sollte uns alle gemeinsam nachdenklich machen – und ich sage bewusst: uns alle –, vielleicht über die eine oder andere Äußerung noch einmal nachzudenken, wenn wir hier im Parlament über die Bekämpfung der Pandemie diskutieren.

Ich bin sehr froh und sehr dankbar, dass wir in einer lebendigen Demokratie leben. Indem wir über die Wege aus dem Elend der Pandemie diskutieren können, weiß ich zu schätzen, dass uns Demokratinnen und Demokraten ein Ziel eint, nämlich dieses Virus zu besiegen. Das macht uns stärker als das Virus.