Protokoll der Sitzung vom 28.02.2013

Inhaltlich habe ich keine wesentliche Kritik der Opposition festgestellt. Hier und da gab es Bemerkungen, auf die ich zu Beginn ganz kurz eingehen möchte.

Das erste Stichwort vom Kollegen Thomas Kutschaty war „Regierungsfähigkeit“, ob jemand regierungsfähig ist oder nicht. Fest steht für mich: Thomas Kutschaty kann das nicht feststellen. Fest steht für mich: Umfragen stellen das auch nicht fest. Fest steht, glaube ich, für uns alle: Wahlen bringen das auf den Punkt. Die Landtagswahlen im Jahr 2017 haben es auf den Punkt gebracht. Da wurde nämlich eine Regierung abgewählt, weil man ihr die Regierungsfähigkeit nicht mehr zutraute,

(Verena Schäffer [GRÜNE]: Das ist vier Jahr her!)

und Thomas Kutschaty war mitten dabei.

(Beifall von der FDP und der CDU)

In den Reden von Frau Paul und Herrn Kutschaty ging es um eine Offensive und um Perspektiven gerade für Kitas und für Schulen. Da brauchen wir uns doch auch nur an das Jahr 2017 erinnern. Reihenweise standen Kindergärten vor dem Ruin, weil total unterfinanziert. Eine Dynamisierung der Zuweisungen hat sieben Jahre lang in keinem einzigen Jahr stattgefunden. Bei den Schulen war die Perspektivlosigkeit nicht anders: Kein Mut zur Umstellung von G8 auf G9 von dieser Regierung von Grünen und Roten.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Von „Vor- gestern“ ist ja noch untertrieben!)

Das Desaster bei den Förderschulen, eine systematische Auflösung der Förderschulen, haben die Menschen in Nordrhein-Westfalen noch alle in Erinnerung.

Vor diesem Hintergrund hat Frau Paul davon geredet, dass man auf Sonntagsreden verzichten sollte. Wenn ich als eine Koalition von SPD und Grünen dafür verantwortlich gewesen wäre, dass Kindergärten vor dem Ruin stehen

(Josefine Paul [GRÜNE]: Das ist doch ab- surd!)

und in der Bildungspolitik keine Perspektiven herrschen, dann würde ich es heute als Sonntagsrede bezeichnen, Frau Paul,

(Josefine Paul [GRÜNE]: Ei, ei, ei!)

wenn Sie heute genau das Gegenteil behaupten, nämlich uns unterstellen, wir würden in diesem Bereich nichts tun. Das Gegenteil ist der Fall.

(Beifall von der FDP und der CDU – Josefine Paul [GRÜNE]: Ei, ei, ei!)

Es ging uns in dieser Koalition immer um die richtige Balance zwischen Gesundheitsschutz auf der einen Seite und um gesellschaftliche und wirtschaftliche Risiken auf der anderen Seite, und diese richtige Balance – das ist nicht ganz so einfach – hat sich bewährt.

Die Grünen haben mir, uns immer wieder vorgeworfen, wir würden verantwortungslos handeln – mir hier am Rednerpult –, weil wir der Überzeugung sind, dass Gesundheitsschutz und verantwortungsvolle Öffnung kein Widerspruch sind, sondern das Gegenteil bedeuten.

Wir erleben die Situation doch heute in NordrheinWestfalen in vielen Städten in den Einkaufsstraßen: Existenzen sind zunehmend bedroht. Wir haben heute in der Rede von Kollegin Paul gehört, das spiele eigentlich überhaupt keine Rolle. Wir erleben reihenweise – und das sicherlich alle –, dass Menschen nach 15 Monaten an ihre emotionalen Grenzen stoßen. Wir sehen auch in vielen Bereichen im Sozialen, im Sport, in der Kultur, wie das Ehrenamt immer mehr bedroht wird, weil sich die Menschen davon zurückziehen.

Deshalb erst recht, liebe Kolleginnen und Kollegen: Nein, wir haben nicht verantwortungslos gehandelt! Ganz im Gegenteil, wir haben immer wieder ganz bewusst geprüft, ob wir Öffnungen verantwortungsvoll in einzelnen Bereichen riskieren können, und diese Prüfung – verdammt noch mal – war nicht leichtsinnig, sondern die war notwendig. Denn die Alternative wäre gewesen – so verstehe ich das Credo der Grünen –, aus Vorsicht lieber – zumindest drinnen – nach wie vor erst mal alles zu schließen. Das ist eine Risikominimierung, die aber niemals mit unserem Ziel, die richtige Balance zu finden, zusammenzubinden ist. Die richtige Balance kann ich nur finden, wenn ich bereit bin, ein minimales, aber verantwortungsvolles Risiko einzugehen. Das ist die Überzeugung dieser Koalition.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Das trifft genauso zu, wenn es darum geht, dass die jungen Menschen in dieser Pandemie nicht auch zu Verlierern werden. Auch dann sind wir gefordert, Risiken abzuwägen, und wir sind gefordert, gewisse Risiken einzugehen, erst recht, wenn wir nach der Prüfung der Überzeugung sind, dass diese Risiken beherrschbar sind. Denn die Infektionszahlen gehen zurück, die Lage auf den Intensivstationen hat sich entspannt.

Die Trendwende bei den Infektionszahlen erfolgte schon vor der Bundesnotbremse. Auch das wurde eben bei den Worten des Ministerpräsidenten deutlich. Übrigens: Viele Maßnahmen der Bundesnotbremse halten wir als FDP-Fraktion nach wie vor für unverhältnismäßig.

Kinder sind in dieser Pandemie bisher weniger gesundheitlich gefährdet, auch wenn sich in den verschiedenen Wellen die Situation verändert hat. Dennoch sind sie stark betroffen. Aktuelle Untersuchungen machen deutlich, dass sie darunter leiden, dass der Alltag nicht mehr wie früher gestaltet ist, soziale Kontakte auf ein Minimum reduziert sind. Verpasste Kindergartenzeiten, Schulzeiten, Ausbildungszeiten, Zeiten an den Universitäten gehören dazu. Also, fest steht: Die Kinder, die Jugendlichen, die jungen Menschen auf der Welt, in Europa, in Deutschland und auch bei uns in Nordrhein-Westfalen sind stark betroffen.

Die NRW-Koalition und insbesondere Ministerin Yvonne Gebauer hatten immer das Bestreben, sie so lange wie möglich verantwortungsvoll in den Schulen zu unterrichten, wirklich so lange es geht die Kinder in die Schulen zu schicken. Das war richtig, und – wir haben es in der Debatte eben gehört – dafür wurden wir kritisiert. Bei dieser Kritik wurden psychische Aspekte, psychische Schäden nach unserer Überzeugung leider viel zu oft ausgeblendet. Inzwischen schreiben sogar einige Redakteure, dass eine zu ängstliche Coronapolitik Kinder krank machen kann.

Also, wir wollen nicht zu mutig sein und niemals leichtsinnig – das haben wir immer gesagt –, aber zu ängstlich zu sein, ist in der Politik, auch in NordrheinWestfalen, niemals der richtige Weg.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Die Rückkehr zum Präsenzunterricht ist jetzt verantwortbar, da sich die Voraussetzungen geändert haben: sinkende Tendenz – das haben wir gesagt –, der Lolli-Test ist sehr gut angelaufen, die Lehrkräfte sind in der Regel geimpft, und die Forschung an Impfstoff für Kinder und Jugendliche entwickelt sich sehr positiv.

Übrigens: Das gleiche Bild können wir natürlich auf die Kitas in Nordrhein-Westfalen übertragen. Auch hier müssen wir wieder zum Normalbetrieb kommen.

Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte fordert schnelle Öffnungen von Schulen und Kitas. Er

sieht schwerwiegende psychische Folgen auf die Kinder und Jugendlichen zukommen. Das sollten wir ernst nehmen. Wenn uns so ein Verband geradezu auffordert: „Bitte, wenn ihr die Möglichkeit habt, öffnet doch wieder im Sinne unserer Kinder, unserer Jugendlichen, unserer Schülerinnen und Schüler“, dann sollte dieses Bitten auch bei den Kolleginnen von Bündnis 90/Die Grünen ankommen. Ich habe immer den Eindruck, das wird leicht überhört. Da wird Politik zu einseitig gesehen: immer nur Risiko vermeiden, immer nur Schutz. – Doch hier geht es auch um Schutz, Schutz vor psychischen Schäden unserer Kinder in Nordrhein-Westfalen. Das sollten wir beachten.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Yvonne Gebauer wird gleich zu diesem Bereich ausführlich etwas sagen.

Wenn wir über Kinder und Jugendliche reden,

(Josefine Paul [GRÜNE]: Was habe ich denn gerade erzählt?)

dann reden wir nicht nur über Schulen und Kindergärten.

(Verena Schäffer [GRÜNE]: Ach!)

Von großer Bedeutung sind auch Freizeit und Sport.

(Verena Schäffer [GRÜNE]: Das sagen wir seit Monaten! Das ist ja eine neue Erkenntnis!)

Aber das haben gerade die Kollegen der Grünen, zumindest wenn es innen sein soll, ausgeschlossen, weil Risiko zu groß, außen möglich, innen nicht.

(Josefine Paul [GRÜNE]: Das ist doch absurd, was Sie hier erzählen! Wo waren Sie denn in den letzten Monaten?)

Sie können das gerne im Protokoll nachlesen. Ich habe sehr deutlich und auch sehr konzentriert zugehört.

(Verena Schäffer [GRÜNE]: Aber Sie haben es nicht verstanden, und das auch seit Mona- ten!)

Was haben Sie gerade gesagt, Frau Paul?

(Josefine Paul [GRÜNE]: Sie haben offen- sichtlich nicht verstanden, was ich gesagt habe! – Gegenruf von Armin Laschet, Minis- terpräsident: Alles schließen!)

Meine Hoffnung, Frau Paul, ist, dass Sie gar nicht beurteilen können, was ich verstehe und was ich nicht verstehe.

(Beifall von der FDP)

Ich traue mir allerdings zu, wenn ich Ihren Argumenten und Worten folge, dass ich Sie durchaus verstehen kann,

(Verena Schäffer [GRÜNE]: So ein arrogantes Verhalten!)

übrigens allen anderen Abgeordneten hier im Haus auch.

Also, von großer Bedeutung für Schülerinnen und Schüler sind unter anderem Freizeit und Sport. Über das Schwimmen haben wir oft geredet, dass es nicht eine Generation von Nichtschwimmern wird.

Ende Mai wird in vielen Sportarten die Sommersaison eröffnet. Wir möchten bei einer landesweiten Inzidenz von unter 100, hoffentlich in der nächsten Woche sogar unter 50, dass gerade im Außenbereich wieder vernünftig Sport betrieben werden kann – für die Jugendlichen und Kinder und für Erwachsene natürlich auch.

(Beifall von der FDP)