Außerdem sehe ich in Ihren Vorschlägen einen erheblichen bürokratischen Mehraufwand, wobei er den Trägern pauschal unterstellt, sie würden ihrem Auftrag nicht nachkommen und man müsse sie jetzt erst einmal überprüfen – und das alles, ohne dem eigentlichen Ziel näherzukommen. Allein schon deswegen werden wir Ihren Antrag ablehnen.
Einerseits sagen Sie, Frau Paul, in Ihrem Antrag, dass der Kinder- und Jugendförderplan des Landes NRW ein gutes Beispiel für eine gelungene geschlechterdifferenzierte Förderplanstruktur sei, und stellen fest, dass dort die Mädchen- und die Jungenarbeit sowie Gender-Mainstreaming sowohl als Querschnittsaufgabe wie auch als eigenständige Förderpositionen verankert seien. – Hier stimme ich Ihnen zu.
Andererseits sagen Sie zwei Absätze später, insgesamt müsse resümiert werden, dass keine evidenten Evaluierungen vorlägen, die zeigten, ob in allen Förderbereichen des Kinder- und Jugendförderplans das Gender-Mainstreaming-Prinzip erfolgreich umgesetzt worden sei.
Erlauben Sie mir die Frage: Was denn jetzt? Ein gelungenes Beispiel oder nicht? Lob für die Träger oder Misstrauen?
Aus meiner Sicht ist Ihre Argumentation hier absolut nicht schlüssig. Außerdem müssen Sie sich die Frage gefallen lassen, ob Sie mit Ihrer Forderung nicht gerade wieder dabei sind, Geschlechterstereotypen reproduzieren zu wollen. Woher kommt Ihre Denke? Woher kommen Ihre Erkenntnisse? Auch das mehrfache Lesen des Antrags lässt mich ratlos zurück.
Wenn ich zum Beispiel lese, dass geschlechterhomogene Räume für Mädchen auch weiterhin unverzichtbar seien, ohne dabei stereotype Rollenvorstellungen zu reproduzieren und zu verfestigen, hört sich das erst mal schön hochtrabend an, hinterlässt aber bei mir den Eindruck, dass Sie bei den Trägern offensichtlich große Defizite bei der Mädchenarbeit sehen und die Mädchen in einer Art Opferrolle vermuten.
Wir von der CDU sind da weiter. Wir vertrauen den Trägern der öffentlichen und freien Jugendhilfe, dass sie ihren Verpflichtungen und ihrem Auftrag nachkommen. Wir vertrauen ihnen dabei, dass sie Problemlagen vor Ort und bei ihren Zielgruppen besser kennen als wir.
Wir werden die wichtige Arbeit der Träger der öffentlichen und freien Jugendhilfe nicht mit zusätzlicher Bürokratie belasten. – Herzlichen Dank. Ich freue mich auf die Überweisung und die Diskussion. Vielleicht kommen wir da zu neuen Erkenntnissen.
Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich gleich vorwegsagen: Natürlich wird die SPD-Fraktion der Überweisung Ihres Antrags sehr gerne zustimmen. Wir freuen uns auf die Fachdebatte im Ausschuss für Familie, Kinder und Jugend. Da gehört sie hin.
Sie kommt – da gebe ich der Kollegin Paul absolut recht – genau zum richtigen Zeitpunkt: Jetzt, wo wir in die Debatte über den neuen Kinder- und Jugendhilfeplan des Landes einsteigen, müssen wir auch über diese Frage debattieren. Doch bei aller Übereinstimmung darf ich darauf hinweisen, dass auch hier der alte Struck‘sche Grundsatz gilt: Nichts verlässt das Parlament so, wie es hineingekommen ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen, Sie fordern in Ihrem Antrag, die Geschlechtergerechtigkeit fortzuentwickeln in der Arbeit, in der Aufstellung von Haushaltsplänen, in der konkreten Bearbeitung durch die Träger der Kinder- und Jugendhilfe.
Das ist alles richtig; das unterstützt die SPD-Fraktion. Wenn man sich Ihren Antrag jedoch etwas genauer durchliest, kommt man zu dem Schluss, dass Sie das Genderprinzip nicht konsequent durchdeklinieren, sondern sich etwas zu stark auf die Mädchenarbeit konzentrieren. Wir halten Ihren Antrag an dieser Stelle für etwas zu kurz gesprungen.
Natürlich sind wir uns bewusst, dass wir auch in Zukunft darauf achten müssen, dass Mädchen während der kompletten Bildungskette, also sowohl im Kinder- als auch im Jugendalter, alle Möglichkeiten und Chancen zur Entwicklung ihrer Persönlichkeit erhalten.
Der Duktus in Ihrem Antrag lässt aber leider den falschen Schluss zu, dass wir in den vergangenen Jahren nicht wirklich viel erreicht hätten. Gerade unter Rot-Grün, unter der SPD-geführten Landesregierung der letzten sieben Jahre war doch immer wieder festzustellen, dass die geschlechtersensible Kinder- und Jugendarbeit im Bundesvergleich gut aufgestellt ist.
Der von den Grünen eingeforderte geschlechtergerechte Diskurs in der Kinder- und Jugendarbeit wird bereits praktiziert. Die vom Land geförderten Arbeitsgemeinschaften der Mädchen- bzw. Jungenarbeit sowie die Fachstelle Gender leisten hier bereits eine wichtige Unterstützung, damit die Träger ihre Konzepte in der Kinder- und Jugendarbeit fortentwickeln können. Nicht zuletzt haben auch die früheren Ministerinnen Kampmann und Löhrmann in ihren Bildungsgrundsätzen das Genderprinzip durchgesetzt und klar definiert: Es gibt einen Auftrag.
Unsere Aufgabe besteht darin, dass das Ganze auch umgesetzt und weiterverfolgt wird. Selbstverständlich werden wir dafür auch mehr Geld brauchen; das hat die SPD im Wahlkampf gesagt. Wir sind für eine deutliche Erhöhung, damit diese Querschnittsaufgabe tatsächlich erfüllt werden kann: Gleiche Rechte, gleiche Chancen für Jungen und Mädchen. Das gilt es umzusetzen.
Genau daran wollen wir festhalten. Im Moment haben wir ein wenig den Eindruck, dass Sie sich zu sehr auf eine Seite fokussieren und das Genderprinzip im Grunde verlassen. Wir sind für das Genderprinzip. Wir wollen differenzierte pädagogische Angebote und Maßnahmen unterstützen. Wir wollen diese Vielfalt in der Kinder- und Jugendarbeit. Wir wollen uns nicht auf eine Seite fokussieren. In diesem Sinne freue ich mich auf die Debatte im Fachausschuss. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Kollegin Dos Santos Herrmann, und herzlichen Glückwunsch zur ersten Rede! Es war gar nicht so schlimm; das habe ich gemerkt. Es ist schön, wenn man auch im Plenum mal zu Wort kommt. In den großen Fraktionen dauert es halt ein wenig länger, bis alle neuen Abgeordneten einmal das Wort ergreifen konnten. Deshalb treten auch jetzt noch Mitglieder des Landtags ans Redepult, die ihre erste Rede halten, obwohl das Plenum in der 17. Legislaturperiode schon seit Juni dieses Jahres regelmäßig tagt.
Die Redeliste ist ebenfalls wunderbar durchgegendert; denn nachdem jetzt drei Damen gesprochen haben, kommen nun drei Herren. Ich rufe zunächst für die FDP Herrn Brockmeier auf. Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Vielen Dank, dass jetzt auch ein Herr zu diesem wichtigen Thema sprechen darf.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich beginne mit dem Konsens: Die Kinder- und Jugendarbeit ist ein wichtiger Bestandteil der Lebenswelt vieler Kinder und Jugendlicher in Nordrhein Westfalen. Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass genau diese Arbeit junge Menschen dabei unterstützt, sich selbst und ihre Persönlichkeit, aber auch ihren Umgang mit anderen Menschen zu entwickeln, zu vertiefen und zu verbessern.
Genau aus diesem Grund haben wir mit unserem Minister Joachim Stamp die Jugendarbeit nach vorne gestellt und mit der NRW-Koalition gleich zu Beginn ein Zeichen gesetzt, indem wir uns dieses Thema auf die Fahnen geschrieben haben. Als eine der ersten Regierungshandlungen hat die Koalition nämlich angekündigt, die Mittel für die Kinder- und Jugendarbeit zu erhöhen und zu dynamisieren. Das wurde schon ausdrücklich von der Opposition gelobt. Sie haben das in sieben Jahren nicht geschafft.
Wir schaffen es jetzt mit der NRW-Koalition, Verlässlichkeit und Planungssicherheit aufzubauen. Ich freue mich, dass die Grünen das positiv bewerten; Josefine Paul hat es schon angedeutet. Bei der SPD erkennt man das noch nicht so wirklich; da dauert der Erkenntnisprozess noch an. Von dort kamen in der Vergangenheit noch leicht wirre Anträge.
Jetzt aber zu Ihrer Forderung. Das Gender-Budgeting im Kinder- und Jugendförderplan werden wir ablehnen. Wir werden natürlich darüber diskutieren. Ich will gleich dazu kommen, warum wir das ablehnen.
Zunächst möchte ich Ihnen noch sagen, warum wir die Mittelvergabe auch aus Prinzip für falsch halten.
Erstens geschieht das schon im Rahmen des Wirksamkeitsdialoges. Es gibt eine Evaluation genau mit dem Bezug der Geschlechterverteilung in der Kinder- und Jugendarbeit, so beispielsweise auch im 7. Bericht zum Wirksamkeitsdialog des Landesjugendrings aus dem vergangenen Jahr. Dort wird in Kapitel 2.3 die Gruppe der Teilnehmenden auf Geschlecht und Alter hin analysiert. Ein großer Teil Ihrer Forderungen findet bereits statt und ist deswegen obsolet.
Zweitens ist das Gender-Budgeting nicht nur nicht wünschenswert, sondern praktisch auch sehr schwierig umzusetzen. Wie wollen Sie denn die Förderung von Strukturen wie Landesgeschäftsstellen einem Geschlecht zuordnen? – Also, das was Sie hier fordern, ist ideologischer und handwerklicher Humbug.
Natürlich kann ich Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, die ideologische Debatte über das Gender-Budgeting nicht ersparen. Das Ziel, das dahinter steht, ist, dass man 50 % der finanziellen Mittel explizit für Jungen und 50 % der Mittel explizit für Mädchen ausgibt und entsprechend investiert.
Das ist völlig ideologisch und geht völlig an den Bedarfen der Kinder- und Jugendarbeit in NordrheinWestfalen vorbei.
Wir wollen nämlich, dass jedes Kind dort gefördert und unterstützt wird, wo es dies auch braucht, anstatt die Mittelvergabe ideologisch zu gestalten, wie Sie es hier vorschlagen.